Fünftes Buch: Die Plagen des Pharao

3. Kapitel:

Ägyptische Königsmumien
Teil I: Die bis 624 ndFl Verstorbenen

Die meisten ägyptischen Mumien sind abhanden gekommen, sei es durch Zerfall oder durch Diebstahl, sowohl vor als auch nach ihrer Entdeckung durch die neuzeitliche Wissenschaft. Die wenigen noch erhaltenen stellen allerdings ein wichtiges Potenzial zur Richtigstellung der Chronologie dar. Die Wissenschaft bedauert, dass die Mumien des Alten und insbesondere die des Mittleren Reiches verschollen, das heißt noch gar nicht gefunden sind. Dem Leser erscheint dieses Bedauern als überflüssig, da es sich bei den Pharaonen des Alten und Mittleren Reiches um Herrscher handelt, die mit denen des Neuen Reiches ohnehin identisch sind und deren Mumien noch so gut wie alle vorhanden sind, hauptsächlich die aus der 18. bis 22. Dynastie. Hieraus schließt der erfahrene Leser, dass es sich bei den gefundenen Mumien um die des weitaus größten Teiles aller ägyptischen Herrscher überhaupt handeln dürfte. Insofern ist das Nichtvorhandensein der restlichen Mumien nicht annähernd so tragisch, wie die konventionelle Wissenschaft annimmt.

In diesem Kapitel werde ich die noch vorhandenen bzw. von der Wissenschaft bereits beschriebenen Mumien in der chronologischen Reihenfolge ihrer Regierungsjahre besprechen und dabei zeigen, dass zu all den Herrschern, die ich zu einer einzigen Person zusammengeführt habe, auch jeweils nur eine einzige Mumie vorliegt. Es wäre die Zusammenführung mehrerer konventionell getrennt gesehener Pharaonen und anderer ägyptischer Personen in einer "Überidentität" nicht zu vertreten, wenn zu den Personen, die miteinander identifiziert wurden, zwei oder sogar mehrere Mumien vorlägen. Wo dies dennoch der Fall zu sein scheint, handelt es sich um leicht behebbare Irrtümer der Wissenschaft.

Hierzu sei auch noch angemerkt, dass in der konventionellen Ägyptologie keineswegs Einheitlichkeit der Ansichten über die Mumien herrscht. Von Fall zu Fall werde ich darauf zu sprechen kommen.

Was nun die Fundorte der Mumien angeht, so waren die Forscher im 19. und auch noch am Anfang des 20. Jahrhunderts in einer glücklichen Lage, da sich der Hauptteil der wichtigsten Mumien in zwei Gräbern befand, wohin sie schon im Altertum verschleppt worden waren; allerdings handelte es sich hierbei nicht um einen Gewaltakt, sondern um eine Maßnahme zur Vorbeugung von Grabplünderungen. Zu den Einzelheiten dieser Umbettungen besteht in der Wissenschaft ebenfalls kein einheitlicher Konsens. Die Ursache hierfür liegt - wie so vieler anderer Kontroversen auch - in der falschen Chronologie der Altertumsgeschichte. Berichtigt man diese, so erledigen sich auch viele Gelehrtenstreitereien wie von selbst.

Die Umbettung der Mumien in zwei "Massengräber" war eine Konsequenz aus den Grabplünderungen in Folge politischer Wirren. Ganz besonders kriminell war die Zeit unter bzw. nach Herakles-Achthoës. Wie ich im vorigen Kapitel schon gezeigt habe, hatten sich damals Menschen aller sozialer Schichten an den Gräbern vergangen, indem sie die Mumien auswickelten, dabei auch teilweise zerstörten und sie der wertvollen Grabbeigaben beraubten. Die Umbettungen selbst müssen in Nacht-und-Nebel-Aktionen vonstatten gegangen sein, da die neuen Verstecke zur höchsten Geheimhaltungsstufe gerechnet wurden. Die daran beteiligten Sklaven, die für den Transport der tonnenschweren Sarkophage benötigt wurden, überlebten diese Transaktion gewiss nicht. Wenn die Geheimhaltung gewährleistet sein sollte, dann war es unumgänglich, ihr Wissen für immer auszulöschen. Schließlich blieben die Lagerstätten bis weit in unsere Zeit tatsächlich verborgen. Ihre Entdeckung kann demnach nur durch Zufall geschehen sein.

Zum Bedauern der Wissenschaft waren die meisten Verstecke schon weitgehend geplündert; aber die Frage ist doch, ob die Wissenschaft von den Mumienverstecken überhaupt jemals Kenntnis erlangt hätte, wenn nicht Plündererware auf den Markt gekommen wäre.

Wie wir noch sehen werden, sind die Massenumbettungen in zwei verschiedene Gräber auch zu hauptsächlich zwei unterschiedlichen Zeiten vorgenommen worden. Die Einrichtung und Entdeckung eines Massenverstecks im Grab der Königin In-Hapi wurde im vorigen Kapitel schon beschrieben.

Bei der nun folgenden Besprechung der ägyptischen Mumien beziehe ich mich weitgehend auf das Buch Die Mumien von Ange-Pierre Leca1, was nicht bedeutet, dass ich nicht auch andere Quellen herangezogen habe. Schon beim Vergleich dieses unterschiedlichen Materials musste ich feststellen, dass die mit Zweifeln behafteten Phasen der konventionellen ägyptischen Geschichte durch die gefundenen Mumien keinesfalls aufgehellt, sondern eher noch zusätzlich verdunkelt worden sind.

Hauptursache dieser Verwirrungen ist und bleibt die falsche Chronologie. Auch Immanuel Velikovsky, auf dessen Schriften ich ebenfalls Bezug nehme, scheiterte mit dem Versuch, die für die Mumien so wichtige Priesterdynastie richtig einzuordnen. Trotzdem gebührt ihm die uneingeschränkte Anerkennung für den ersten Schritt zu einer drastischen Verkürzung der konventionellen Chronologie.

Um dem Leser vor der eingehenden Besprechung der Mumien noch einmal die Reihenfolge der ägyptischen Herrscher in der richtigen Zeit vor Augen zu führen, liste ich sie hier zunächst einmal alle auf, und zwar jeweils nur mit dem einen Namen, unter dem sie hauptsächlich bekannt sind. In der nachstehenden Aufstellung sind nicht alle Mumien enthalten, über die im Folgenden berichtet werden soll. So sind zum Beispiel nicht alle Gau- und Priesterkönige darin aufgeführt, die unter den jeweiligen Pharaonen gewirkt haben, ohne selbst jemals Pharaonen geworden zu sein.

Name geb. regierte Mumie liegt vor / Nummer
AMUN-RE 435 457-503 nein
POSEIDON 440 503-507 nein
SAUL 485 507-511 nein (war kein Ägypter)
OSIRIS 470 511-521 Teile? (Abydos-Grab)
(ZER)*   521-530 -
  HETEPHERES 475 - ja 1
CHEOPS 465 511-550 nein
(ZET)*   521-530 -
SETH-ATLAS 465 530-537 ertrank in der Ogyges-Flut
THOT-HERMES 465 537-538 fraglich
HORUS 518 538-540 nein
TUT-ANCH-AMUN 532 540-550 ja 2
ACHMOSE 488 550-567 ja 3 (In-Hapi-Grab)
  ASCHAIT 495 - ja 4
  HENHENET 505 - ja 5
SEBEKNEFRURE 530 567-570 ja 6 (In-Hapi-Grab)
SCHEDTAWE 538 570-572 nein (siehe Grabräuberprozess!)
SEKENENRE 550 572-580 ja 7 (In-Hapi-Grab)
  ACH-HOTEP ?   ja   (In-Hapi-Grab)
  SIT-AMUN ?   ja 8
"THUTMOSES I" 553   ja 9 A-cheper-ka-Re
MYKERINOS 535 580-590 nein
SCHEPSESKAF 575 590-591 nein
DJOSER 542 591-608 ja 10 (In-Hapi-Grab)
HERAKLES 538 608-610 möglich: 11 (Zedkare-Grab)
CHUS = 550 610-617 ja (Zweites Versteck)
SETHNACHT   628-629  
  IMHOTEP 550   ja 12 (In-Hapi-Grab)
Diese Liste wird im Teil II der Ägyptischen Königsmumien, in dem die nach 624 ndFl Verstorbenen besprochen werden, fortgesetzt; ausnahmsweise wird die Mumie des Chus, der erst nach 624 ndFl starb, ebenfalls schon hier besprochen. - Die fettgedruckten Regierungsjahre betreffen Alleinherrscher bzw. Pharaonen. *: Osiris-Zer und Seth-Zet teilten sich das Reich.


Beginnen werde ich mit einer Mumie, die als die älteste erhaltene Mumie überhaupt angesehen werden kann - wenn meine Vermutung richtig ist; denn sie gilt als die Mutter des Cheops, als welche wir schon die vergöttlichte Hathor kennengelernt haben:


1. HETEPHERES

Vermutlich ist dieser Name Chetep-heres oder möglicherweise CHAT-ef-HOR-es zu lesen. Vergleichbar mit ihrem Namen ist auch der von Hathors Urenkelin CHAT(sch)EP(sut), auf deren Sarkophag die Hathor-Hieroglyphe abgebildet ist.

Leca2: Ihre Eingeweide sind in vier Fächern eines Alabasterschreines in einer schwachen Natronlösung konserviert worden...Das erste bekannte Beispiel eines Kanopenkastens. Darin lagen verschlossen die vier traditionellen Pakete.

In den Kanopenkästen oder -krügen wurden - wohl sortiert - die Eingeweide aufbewahrt, die den Toten vor der Einbalsamierung entnommen worden waren. Sie waren mit den Namen der vier (angeblichen bzw. vordynastischen) Horus-Söhne beschriftet: Imsti, Hapi, Duamutef und Kebechsenuef, die mit den Eingeweiden personifiziert wurden. Geweiht wurden diese (später?) den Göttinnen Isis, Nephthys, Neith (= Nut) und Selket.

Es scheint mir nicht unbedeutend zu sein, dass die Kanopen der Hetepheres als die ältesten angesehen werden. Wenn auch die Annahme falsch ist, sie habe im dritten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung gelebt, so stimmt der frühe Ansatz durchaus mit der berichtigten Chronologie überein, da Hathor schon in die zweite Generation des dynastischen Ägypten gehört.

Von ihrem Sohn Cheops existiert keine Mumie. Sie wurde weder in seinem Totenschiff neben der nach ihm benannten Pyramide und schon gar nicht in deren Innern gefunden, wo noch nicht einmal eine einzige Hieroglyphe hinterlassen worden ist. Ich halte dies für den sichersten Hinweis darauf, dass die schreiblustigen Ägypter der dynastischen Ära dieses Bauwerk überhaupt nicht gebaut haben können. Hätten sie es gebaut oder auch nur den Eingang gefunden, sie hätten gewiss nicht mit Hieroglyphenbeschriftungen im Innern gespart.

Die Göttin Hathor gilt in Unterägypten als die (vermutlich ebenfalls prädynastische) Göttin Nut oder Neith. Bei den Griechen galt sie als "libysche Athene" oder Ta-Nit, womit auch der Name der Stadt Tanis erklärt wird, die ihre Stadt war. Unter dem Namen Re-nutet (richtiger geschrieben in der weiblichen Form Re-Nut.t) hatte diese Göttin den Sohn Neper, der als Gott oder Symbol des Frühlings angesehen wurde. Sie selbst war die Göttin der Ernte und Herrin der Vorratskammer. Sie wird dargestellt durch eine Frau mit dem Kopf einer Kobra, die ihren Sohn Neper auf den Knieen hält. Sie wurde in ganz Ägypten, aber besonders in Medinet Madi verehrt, wo ihr Amenemhet III (Ne-maat-Re, identisch mit Djoser-Amenophis I) und Amenemhet IV (Macheru-Re, wohl identisch mit Josef-Herihor, dem Wesir des Amenemhet III) einen Tempel errichteten, der jedoch so klein war, dass Sethos II, Ramses III und Osorkon eine munumentale Prachtstraße für Prozessionen zu ihren Ehren daranbauten.

Es ist bezeichnend, dass sich außer dem Sohn Cheops auch der Enkel Djoser der Re-nutet = Hathor zum Bau eines Tempels für diese Göttin entschloss, so wie Cheops in Dendera schon den ersten Hathor-Tempel für seine Mutter gebaut hatte.

Ihr vergöttlichter Sohn Neper könnte aus zweierlei Gründen Ap(oph)is-Achmose sein: erstens war er durch sein Wirken in Hellas schon zu einem Soter, zum Retter, und zum Lehrmeister in Dingen des Ackerbaues (eiserner Pflug) geworden, also zum Heil- und Fruchtbarkeitsgott Triptolemos (= der Dreimalpflüger), und zweitens besteht bei Nep-er eine Verbindung zu seinem Pharaonennamen Neb-pechti-Re.


2. TUT-ANCH-AMUN (reg. 540-550 ndFl)

Es ist geradezu müßig, über diese spektakuläre Graböffnung (Howard Carter, 1924) und den viel beschriebenen Fund dieser Mumie noch etwas zu sagen. Deshalb beschränke ich mich darauf, ihre zeitliche Einordnung richtig vorzunehmen, wie ich es auch schon mit dem Pharao Tutanchamun in dem diesbezüglichen Kapitel getan habe. Er war der von mir so genannte "Kompromisspharao", dessen Lebenszeit davon abhängig war, wie lange die Hathorsöhne Cheops und Achmose sich gegenseitig überlebten. Tutanchamun lebte tausend Jahre später als konventionell unterstellt wird. Gemessen an den zweitausend Jahren des Cheops, die dieser jünger ist als angenommen, erscheinen diese tausend Jahre schon beinahe als "geringfügig".

Die Kanopenkrüge im Grab des Tutanchamun sind daher nicht viel jünger als die der Hathor-Hetepheres. Wie ich in dem früheren Kapitel schon sagte, kann das Grab, in dem er gefunden wurde, aus vielen Gründen nicht das ursprüngliche gewesen sein. Ich nehme an, dass er zunächst eine Pyramide bekam in der Art, wie sie in dem schon erörterten Prozess Peser/Pewero geschildert wird.

In diesem Grabräuberpapyrus wird von der Pyramide eines Nub-cheper-Re, Sohn des Re-Antef gesprochen. Dieser entspricht dem Neb-cheper-Re Antef aus der 17. Dynastie (nach Drioton/Vandier) und dem Tutanchamun Neb-cheperu-Re aus der 18. Dynastie. Bei Neb-chepet-Re Mentuhotep II/III aus der 11. Dynastie (ebenfalls nach Drioton/Vandier) handelt es sich um Achmose Neb-pechti-Re aus der 18. Dynastie. Der Neb-tep-nefer Antef III aus der 11. Dynastie (bei Drioton/ Vandier) könnte eher eine aus den beiden plus einem Nefer zusammengesetzte Person sein. Gerade die 11. und die 17. Dynastie gelten in Fachkreisen keineswegs als "gesichert".

Als die Pyramide des Neb-cheper-Re "von Dieben angebohrt" wurde, war offenbar niemand darin beigesetzt. Neb-cheper-Re war ein Kind unter den Gaukönigen in Theben und noch kein Pharao, als seine Grabpyramide angelegt wurde, wie sie diesen "Fürsten von Theben" zukamen. Die Pharaonen legten sich prunkvolle Felsengräber im Tal der Könige an. Man kann demnach davon ausgehen, dass für den Pharao Nebcheperu-Re Tutanchamun ebenfalls ein Felsengrab angelegt wurde, das aber später von Nimmuria-Ramses VI mit Beschlag belegt worden zu sein scheint. Ramses VI soll sein Grab von seinem Vorgänger usurpiert haben. Allgemein besteht die Annahme, er habe sich das Grab des Ramses V angeeignet, was zumindest auf derselben Linie liegt wie eine Wegnahme des Grabes des Tutanchamun, dessen Mumie in die nahegelegene "Rumpelkammer" verlegt wurde, wo sie Howard Carter schließlich fand.

Die Möglichkeit, dass das später usurpierte Felsengrab des Tutanchamun erst nach dem Grabräuberprozess angelegt worden sein könnte, entbehrt jeder Logik. Dennoch ist es befremdlich, dass Tut-anch-Amun nicht ins In-Hapi-Grab umgelagert wurde; denn kurz nach dem Prozess, der um 613 ndFl stattgefunden haben muss, wurde das In-Hapi-Grab bereits versiegelt, nachdem die meisten der hier gefunden Mumien darin untergebracht worden waren. Auch in konventioneller Sicht ist dies eine ernste Frage. Möglicherweise war das Grab des Tut-anch-Amun nicht gefährdet. Lag er schon in der wenig auffälligen Rumpelkammer? Nimmuria-Ramses VI lebte zum Zeitpunkt der ersten Schließung des In-Hapi-Grabes noch nicht einmal, geschweige, dass er sich um sein Grab gekümmert hätte. Insofern kann schon ein anderer vor Ramses VI das Grab des Tutanchamun konfisziert haben, von dem es Ramses VI dann später usurpierte. War dieser andere möglicherweise Ramses V, so dass es doch zutrifft, dass Ramses VI diesem das Grab wegnahm? Ramses V starb erst nach 624 ndFl; aber es kann Hatschepsut  für den jugendlich verstorbenen Ramses V eiligst ein Grab "organisiert" haben. Hier sind nur Spekulationen möglich.

Pressemeldungen vom 17. Februar 2010 zufolge soll durch DNA-Tests bewiesen worden sein, dass Echnaton der Vater von Tut-anch-Amun war. Und wessen Mumie hat denn überhaupt für diejenige des Echnaton-Kamose hergehalten? Zwar sprechen APN und DPA von "wahrscheinlichen" Resultaten, auch im Hinblick auf die Mutter und die Todesart; aber für die Wissenschaftler, die bisher vollmundig die falsche Geschichte gepredigt haben, handelt es sich um Stützungen ihrer Sichten. Selbstverständlich sind alle Pharaonen irgendwie miteinander verwandt. Ohne zu dieser Großfamilie zu gehören, hatte doch niemand eine Chance, auf den Götterthron zu kommen. Der Leser, der meiner Sicht bisher gefolgt ist, sollte sich daher nicht bluffen lassen. Die Geschichte, wie sie von der Schulwissenschaft vertreten wird,  kann nicht richtig sein! Daran ändern auch die neuesten Befunde nichts - und das weiß die Wissenschaft auch.  

Wir wenden uns jetzt dem In-Hapi-Grab zu:

Erster Fund von Deir-el-Bahari

Der erste große Königsmumienfund ist mit dem Namen des französischen Ägyptologen Maspéro verbunden. Er entdeckte die Mumien aus der 18. bis 21. Dynastie im Grab der Königin In-Hapi, wohin man sie schon in antiker Zeit vor Grabräubern in Sicherheit gebracht hatte. Die Königin In-Hapi ist uns längst bekannt. Sie ist die vielnamige Gemahlin des Achmose, nämlich Tachpanes-Necht-Alkmene, und folglich ist es nicht sonderlich überraschend, dass fast dessen vollständige Familie hier versammelt ist. Für die Ägyptologen ist dieser Zusammenhang nicht so offenkundig. Es handelte sich bei den Angehörigen um die Särge und die Mumien folgender Könige3 (die Namen sind in konventioneller Schreibweise übernommen):

Sekenen-Re Ta'a II (17. Dyn.),

Achmose, Amenophis I, Thutmoses I und III (18. Dyn.), Ramses I, Sethos I, Ramses II (19. Dyn.),

Ramses III und Ramses X (20. Dyn.) und Pinodjem (21. Dyn.; bei anderen Peinuzem II geschrieben; auf dieses Problem gehe ich weiter unten ausführlich ein).

Außer den Königen waren hier auch noch die folgenden Familienmitglieder durch ihre Mumien vertreten4:

Achhotep, Königin, Gattin des Sekenen-Re Ta'a II,

Siamun (in seinem gigantischen Sarkophag), Sohn Achmoses, Achmes-Nofretere, seine Mutter, die (angebliche Schwester und) Gemahlin des Achmose, und "viele andere mehr".

Velikovsky5 meint dazu: Ursprünglich war diese Grabstätte für eine kaum bekannte Königin In-Hapi gebaut worden, und es scheint, als habe Siamun (Eig.Anm.: der Priesterfürst aus der 21. Dynastie) dort die königlichen Mumien gesammelt und zum letzten Male neu umwickelt, die vorher von den Priesterfürsten der 21. Dynastie neu eingehüllt worden waren. (Velikovsky hat In-Hapis Identität nicht erkannt.)

Es ist konventionell nicht vorstellbar, dass der unter den Verwandten des Königs Achmose aufgeführte Siamun derselbe ist, der das Grab als letzter verschlossen hat. Ich hingegen kann nicht glauben, dass es sich bei dem hier ruhenden Siamun um einen sonst unbekannten Sohn Achmoses handeln soll. Die Anbindung des tatsächlichen Grabverschließers Siamun als angeblichen Sohn an Achmose ist ein konventioneller Trick, um von dem Problem abzulenken, dass der Verschließer des Grabes selbst hier ruht. Dazu werde ich weiter unten mehr sagen. Probleme haben die Ägyptologen aber noch genug:

Während der Amtszeit Pinodjems wurde Prinz Siamun mit den anderen, die in Deir-el-Bahari gefunden wurden, neu begraben.6

Pinodjem ist ein Priesterfürst der 21. Dynastie. Pinodjem oder Painozem I ist mit Anubis-Phiops-Painozem-Echnamon identisch. Bevor er Pharao wurde, war er bekanntlich als Hoherpriester in Theben tätig. Die Erstversiegelung des In-Hapi-Grabes, nachdem dieses zum Versteck für andere Mumien geworden war, muss demnach von Pinodjem-Painuzem vor seiner Pharaonenzeit, also vor oder spätestens 617 ndFl vorgenommen worden sein. Weitere Überraschungen, aber auch einfache Erklärungen werden folgen.

Mehrere Priestergenerationen haben an der Neuumwicklung der Mumien gearbeitet, und eine ganze Reihe Öffnungen und Wiederverschließungen muss es gegeben haben.

Dieses Werk der Umwicklung hatte der Hohepriester Herihor begonnen; andere Mumien wurden unter der Aufsicht seines Sohnes Pianchi neu eingebunden, weitere unter Pianchis Sohn Peinuzem I und einige unter seinen Söhnen Mesahert und Mencheperre, ein paar weitere unter dem Sohn des Letztgenannten, Peinuzem II; abgeschlossen wurde die gesamte Aktion unter Siamun. ... und es scheint, als habe Siamun dort die königlichen Mumien gesammelt und zum letzten Male neu umwickelt, die vorher von den Priesterfürsten der 21. Dynastie neu eingehüllt worden waren.7

Die Mumien der Könige aus antiker Zeit und solche der priesterlichen Thronfolger hat Siamun aus verschiedenen Verstecken sammeln lassen, und er versiegelte das Versteck im »zehnten Jahr«.8

Es war Siamun, der das Königsversteck in Deir-el-Bahari schloss und versiegelte, allerdings nicht ehe er unter den Mumien der alten Pharaonen noch die sterblichen Überreste von Peinuzem II (bei Leca andere Schreibweise: Pinodjem, ohne Zusatz) untergebracht hatte, der selbst einige der Mumien von alten Königen neu gebettet hatte.9

Da in diesem Grab aber auch Könige bestattet waren, die in eine Zeit lange nach Siamun gehören, so ist davon auszugehen, dass das Grab, nachdem es ein zweites Mal von Siamun geöffnet und wieder verschlossen worden war, später noch ein drittes Mal geöffnet wurde, um nicht nur Siamun darin zu bestatten, sondern auch noch spätere Könige, wenn diese die "richtigen" sein sollten, die tatsächlich erst viel später lebten. Letzteres ist zum Teil durchaus gegeben, zum Teil aber auch sehr fraglich. Diese Probleme gehören jedoch nicht alle in dieses Kapitel. Siamun kann, wenn er selbst hier bestattet wurde, selbstverständlich nicht derjenige Priester gewesen sein, der als letzter dieses Grab verschloss.

Aber unter den Mumien im Versteck war die Mumie des Amunpriesters Djetptah-ef-onkh aus der 22. Dynastie. Es wurde daher angenommen (Eig.Anm.: weil Priester der 21. Dynastie das Grab bereits verschlossen haben sollen), das Versteck sei unter den Libyschen Königen (22. Dynastie) nochmals geöffnet worden, um dort die Leiche des Amun-Priesters zu bestatten.10

In einer verkanteten Chronologie lässt sich das Problem gar nicht lösen. Wenn wir den KNB-Kalender zugrunde legen, so ist das »Jahr 10«, in dem der Priester Siamun das Grab versiegelte, das Jahr 619 ndFl, legen wir jedoch den neuen ägyptischen Kalender zugrunde, dann entspricht das Jahr 10 äg.Kal. dem Jahr 637 ndFl. Zu jeder dieser Zeiten waren die älteren Herren und Damen bereits tot und mumifiziert. Von den jüngeren waren einige aber noch sehr lebendig - und einige noch gar nicht geboren. Thutmoses III erfreute sich zum Beispiel noch bester Gesundheit, Ramses I und Sethos I waren - wenn die "richtigen" gemeint sein sollten - noch gar nicht geboren. Auf den "Ramessiden-Wirrwarr" komme ich an anderer Stelle wieder zurück.

Es liegt wegen der in den KNB-Jahren stattfindenden Grabräuberprozesse nahe, dass die Grabversiegelung durch Siamun im »Jahre 10« im Jahr 10 KNB = 619 ndFl stattfand. Das würde bedeuten, dass wenige Jahre nach der Versiegelung, die Painuzem kurz vor 617 ndFl vorgenommen hatte, eine zweite Öffnung und Versiegelung durch Siamun stattgefunden haben müsste. Daher bin ich überzeugt, dass die offensichtlich zweite Öffnung und Wiederversiegelung durch den Priester Siamun ins Jahr 10 äg.Kal. = 637 ndFl gehört. Zu diesem Zeitpunkt war Siamun - wie sich auch aus anderen Überlegungen ergibt - noch nicht tot. Ebenso steht fest, dass diese Versiegelung nicht die letzte gewesen sein kann.

Den Namen des obigen, von Velikovsky erwähnten Priesters des Amun, Djetptah-ef-onkh, möchte ich etwas anders lesen:

Djed-Ptah-ef-anch

Möglicherweise handelt es sich bei ihm um den biblischen Zaphenat = Tefnachte aus der halbsemitischen An(ch-)Tef- Linie. Eine genaue Identifizierung erscheint mir derzeit nicht möglich.


3. ACHMOSE (reg. 550-567 ndFl)

Achmose Neb-pechti-Re ist unter anderem identisch mit Neb-chepet-Re Mentuhotep und Se-chetep-ib-Re Amenemhet, beide aus dem fiktiven Mittleren Reich. Er ist die Wiedergeburt des Gottes Ptah (= pechti, chepet, chetep) aus der prädynastischen Ära. Die Mumien seiner Alteregos aus dem Mittleren Reich können nicht gefunden werden, da es sie nicht gibt. Leca kann das nicht wissen:

Die einzigen Mumien aus der 11. Dynastie, die wir kennen, kommen vom Hof von König Mentuhotep II (Eig.Anm.: er heißt bei anderen Mentuhotep III; beide Mentuhoteps werden von Drioton/Vandier mit dem Namen Neb-chepet-Re belegt.). Die Ausräumung der Eingeweide durch einen Einschnitt in der Leistengegend wurde wenig praktiziert.11

Dazu muss angemerkt werden: Wenn dies in der 11. Dynastie überhaupt schon praktiziert worden sein soll, dann musste das die Gelehrten verblüffen; denn der Einschnitt für die Entnahme der Eingeweide an der Leiste entlang wurde - wie an anderer Stelle gesagt wird - erst ab Thutmoses III vorgenommen, konventionell also erst Jahrhunderte später. Es ergibt sich hier mithin ein weiterer Widerspruch innerhalb der konventionellen (falschen) Chronologie.

Leca fährt fort:

Man verließ sich noch auf das anale Einführen von Zedernöl. Die meisten Mumien dieser Epoche sind ungenügend oder gar nicht entwässert worden. Das hat zu fortschreitender Schimmelbildung geführt, wodurch sie zerbrechlich wurden, dass sie - ungeeignet für jeden Transport - sofort zerfallen, wenn man sie aus ihrem Grab nimmt. Das gleiche trifft auf die Mumien der 12. Dynastie und die der 2. Zwischenzeit zu.12

Meine Ansicht dazu ist, dass man schon sehr bald herausgefunden hatte, dass die beschriebene Art der Mumifizierung keinen dauerhaften Erfolg haben konnte. Die Mumien unbedeutender Leute überließ man stillschweigend dem Zerfall, während man die Königsmumien allesamt neu präparierte. Das wäre der wirkliche Grund für die Häufung von Neuwicklungen gewesen, wie sie an allen Königsmumien festzustellen ist.

Die Mumien der "12. Dynastie" und der "2. Zwischenzeit" betreffen ausschließlich "kleine Leute". Längst nicht alle Königs- bzw. Höflingsmumien konnten gerettet werden, und das nicht nur wegen der Plünderungen. Bei vielen war der Zerfall so weit fortgeschritten, dass auch eine Neubandagierung nichts mehr fruchtete.

Mentuhotep II/III baute sein Grabmal in Deir-el-Bahari, in dessen Bezirk sich auch die beiden wichtigsten Mumienfundorte befinden, zum Beispiel das In-Hapi-Grab, in das seine Mumie (unter dem Namen Achmose) ebenfalls verlegt wurde. Später hat seine Enkelin Hatschepsut ihr Grab in diesen "Totentempel von Deir-el-Bahari" integriert. Aus der Zeit des "Mentuhotep aus der 11. Dynastie" stammen auch die oberhalb dieses Tempels gefundenen Soldatengräber, die bereits im 8. Kapitel des vorigen Bandes (Apophis und das neue Ägypten) eingehend besprochen wurden. Apophis-Achmose gilt als der Gründer des Neuen Reiches, während Se-chetep-ib-Re als der Gründer des Mitleren Reiches gilt. Dazu ist anzumerken, dass von einigen Ägyptologen als der Gründer des Mittleren Reiches, um dessen Soldaten es sich hier handelt, Mentuhotep III angesehen wird. Mentuhotep ist mit Achmose - wie wir längst wissen - identisch.

Bevor wir mit männlichen Mumien fortfahren, nehmen wir uns zunächst die drei Gemahlinnen Mentuhotep-Achmoses vor, von denen eine sogar die Selbständigkeit einer Königin von Oberägypten erlangte. Ihre Vorgängerin an der Seite Achmoses, in deren Grab fast die ganze Familie versammelt war, kennen wir unter vielen Namen, die hier nicht mehr einzeln aufgeführt werden sollen, zumal über die Mumie der In-Hapi nicht viel zu sagen ist. Zwei andere Gemahlinnen Mentuhoteps, also Achmoses, die sonst nicht viel von sich reden machten, hinterließen uns wenigstens ihre aufschlussreichen Mumien:


4. ASCHAIT

Auch ihre Mumie wurde - diesmal von E. Winlock - in Deir-el-Bahari gefunden. Sie war nicht ausgeweidet. Die Einbalsamierung war durch rektal eingeführtes Zedernöl vorgenommen worden. Der Zustand der Mumifizierung scheint jedoch - allgemein betrachtet - von der Ausweidung unabhängig zu sein. Wenn also die nicht ausgeweideten "Mumien der 11. Dynastie" in einigen Fällen schweren Schaden genommen haben, dann ist das offensichtlich nicht auf die unterbliebene Entnahme der Eingeweide zurückzuführen; es kam vielmehr auf den Grad der Trockenheit bei der Lagerung an, wie wir es schon bei den sechzig Soldaten gesehen haben.

Zwei Bänder, mit denen ihre Mumie umwickelt war, trugen Inschriften. Auf einem stand: "Der König Mentuhotep" und "Haus der feinen Wäsche", auf dem anderen waren Auszüge aus dem "Buch der Toten" wiedergegeben.

Aschaït, die gemeinsam mit einer gewissen Prinzessin Mayet beigesetzt wurde, könnte - wie ich an anderer Stelle schon vermutet habe - mit Aa-sech-ait = AIDA identisch sein. Als Mutter des Apis-Apophis-Achmose-Sohnes Askleipios käme sie ebenfalls in Frage. Letzterer könnte der in der "15./16. Dynastie" geführte Aa-sech-Re Apophis sein, dessen Name im Griechischen zu A-sk-le-pios geworden sein kann.


5. HENHENET

Sie wird ebenfalls als eine Gemahlin Mentuhoteps aus der 11. Dynastie angesehen. Selbstverständlich muss auch hier gelesen werden: Achmoses. Ihre Mumie ließ ein ebenso erstklassiges Begräbnis erkennen wie die der Aschaït, womit gemeint ist, dass in die nicht ausgeweidete Mumie Zedernöl rektal eingeführt wurde, was bei trockener Lagerung zu einem sehr guten Erhaltungszustand bis in unsere Zeit geführt hat. Durch die Erhaltung der Eingeweide lässt sich der Inhalt des Magen-Darm-Traktes untersuchen, was Rückschlüsse auf die Essgewohnheiten zulässt, insbesondere auf die letzte Mahlzeit vor dem Tode. So wurden in den Gedärmen von Henhenet Gemüsefasern gefunden.13

Henhenet, eine der beiden Gemahlinnen von König Mentuhotep, könnte bei der Geburt (Eig.Anm.: es sollte heißen: bei einer Niederkunft) gestorben sein. Die Blase war so angeschwollen, dass sie von den Anatomen lange Zeit für eine erweiterte Vagina gehalten worden war, tatsächlich mündete die Vagina durch einen breiten Riss in die Blase. Das Becken der Frau war zu schmal, kaum breiter als das eines Schimpansen, und hatte eine normale Geburt eines Kindes wohl nicht gestattet, das mit Gewalt auf die Welt gebracht worden sein muss, daher auch der große Riss in Blase und Vagina. Die Ägypterin hatte für gewöhnlich ein relativ schmales Becken, was Anlass zu schwierigen Geburten ist.14

Von dieser Frau kann nicht viel bekannt sein; denn offensichtlich starb sie jung. Ich neige dazu, sie als Mutter Mehetabeel des Genubath anzusehen, die Schwester der Tachpanes und Gemahlin des Hadad von Edom, die bei der Geburt des Sohnes verstorben sein könnte, da Genubath von Tachpanes aufgezogen worden sein soll. Auch Mehetabeel lebte am Hofe des Mentuhotep-Achmose, und eine würdige Bestattung dürfte ihr ebenfalls sicher gewesen sein. Sie war eine Tochter des Cheops mit Matred, einer Tochter des Mesahab = Abscha = Sebekemsaf = Levi.

Mehr bekannt ist natürlich von der letzten Gemahlin des Achmose, die von den Ägyptologen als die einzige oder zumindest als die wichtigste angesehen wird. Von ihr soll Achmose auch den Sohn Amenophis I, seinen vermeintlich unmittelbaren Nachfolger, bekommen haben. Dass das nicht stimmt, habe ich in früheren Kapiteln schon gezeigt. Die Mutter von Djoser-Amenophis I, Chus-Sesostris II/III, Amenophis-Imhotep und Cheti-Herakles-Achthoës war jene In-Hapi, deren Grab zur Familiengruft wurde.


6. SEBEK-NEFRURE (567-570 ndFl)

Sie ist auch die konventionelle Hauptfrau Achmes-Nefertari und die Mutter der Achmose-Töchter Achmes und Neferu-Re,  die ihre Halbbrüder heirateten. Hierüber wurde ebenfalls an früherer Stelle schon abgehandelt.

Wie oben gesagt wurde, hat man auch ihre Mumie im Grab der In-Hapi ("Erster Fund von Deir-el-Bahari") aufgefunden. Dass sie ursprünglich ein eigenes Grab gehabt haben muss, ist selbstverständlich, und das gilt für die anderen Gäste im Grab der In-Hapi ebenso. In ihrem früheren Grab, dem sogenannten "Grab der Nefertari", wurde an einer Wand eine guterhaltene Abbildung des Re-Harachte gefunden, von dem sie mütterlicherseits abstammte (Poseidon war der Großvater ihrer Mutter). Wegen einsetzender Verwesung musste ihre Mumie im Jahre 1873 (?) von E. Brugsch ausgewickelt werden. Leca (Die Mumien) nennt sie Achmes-Nofretere, bisweilen auch Nefertari (ohne den Zusatz Achmes-), Königin, Gemahlin Achmoses. Er schreibt:

Ein ungewöhnliches Beispiel ist in Deir-el-Bahari gefunden worden, der Sarg der Königin Nefertari. Er hatte keinen Deckel und sah wie eine offene Truhe aus, aus der Schultern und Kopf aus der oberen Hälfte ragten, während der Rest im Innern geschützt lag. Diese Truhen in Mumiengestalt waren meist rechteckig und ziemlich groß und ruhten in noch größeren, rechteckigen Steinwannen. Erst mit der Dynastie von Saïs (24. Dynastie) passten sich auch diese Wannen aus schwarzem Granit oder Basalt, bewundernswert poliert und fein graviert, der Gestalt der Mumie an, während gleichzeitig die Särge gröber wurden und nur mehr hastig verziert scheinen.15

Bedenkt man, dass die 24. Dynastie, in der Tefnachte, der Sohn von Josef-Herihor, und sein Sohn Bokchoris regierten, nur etwa hundert statt konventionell knapp 900 Jahre nach Achmes-Nefertari anzusetzen ist, dann erscheint der Sprung nicht annähernd so gewaltig. In jedem Fall lagen aber zwischen der "18." und der "24. Dynastie" mehrere Jahrzehnte, in denen offenbar anders geformte Sarkophage gebräuchlich wurden.

Röntgenaufnahmen ihrer Kiefer weisen die typischen Familiencharakteristiken der Pharaonen aus der 18. Dynastie auf. Ihre Zähne waren wie die ihrer Großmutter Teti-scheri angeordnet, die oberen standen vor, besonders die Schneidezähne, die unteren Weisheitszähne waren nie zum Vorschein gekommen. Diese Charakteristiken sind nach diesen beiden Frauen auch noch an zahlreichen ihrer Nachkommen festgestellt worden.16

Wie ich im vorigen Kapitel schon dargelegt habe, war Tetischeri, die angebliche Mutter Sekenen-Re Ta'as, des vermeintlichen Vaters von Achmes-Nefertari, vermutlich die Tochter von Echnaton II und Nofretete namens Tascherit. Insofern sind die Zähne tatsächlich in der Familie geblieben; nur es war umgekehrt: Achmes-Nefertari war die Großmutter der Tascherit = Teti-scheri. Achmes-Nefertari war mit Sekenen-Re Taui (Ta'a) zwar verwandt; aber sie war die Schwester und nicht die Mutter des Sekenen-Re Tao.

Eine unüberhörbare Ähnlichkeit mit dem Namen Nefertari hat der Name eines männlichen Gottes, der mit einem Lotusblatt auf dem Kopf dargestellt wird: Neferte. Ich würde ihn hier nicht erwähnen, wenn er nicht als Sohn von Ptah und Bastet gelten würde, zwei unterägyptischen Gottheiten. Nun kann es sich zwar bei allen dreien um prädynastische Gottheiten handeln; doch die Verbindung nefer mit Ptah, dem in Achmose wiedergeborenen prädynastischen Gott der Unterägypter, lässt mich einen Zusammenhang sehen mit Nefertari, die in Unterägypten mit der dort verehrten Katzengöttin Bastet identifiziert worden sein könnte.

Die "Katze" (im Sinne von einer verschlagenen Frau) Dirke = Nefertari war es ja, die Bata-Potiphar-Aaron verführte oder nur verführen wollte, was im AT dem Weib des Potiphar zugeschrieben wird, die den standhaft gebliebenen Josef zu verführen suchte. Es ist immerhin merkwürdig, dass Potiph-Aaron später unter seinem Namen Petubastis in der Stadt der Katzengöttin, in Bubastis, residierte. Einen Sohn Neferte (die Endung -te könnte weiblich sein!) als menschliches Alterego für den Gott konnte ich aber nicht ausfindig machen. Es ist wohl kaum der Sohn Nefertaris mit Phiops-Anubis gemeint, Neferkare-Kamose, der nachmalige Echnaton (II), der geächtet wurde.

Sebek-Nefrure = Achmes-Nefertari starb drei Jahre nach dem Tod ihres ersten Gatten. Die Behandlungweise ihrer Mumie dürfte deshalb nicht sehr von der des Achmose abweichen. Gleichzeitig mit Sebek-Nefrure, die in Theben residierte, regierte in Unterägypten Anubis-Phiops. Da dieser noch eine lange Karriere vor sich hat, werde ich mich mit ihm hier noch nicht befassen. Er gehörte mit Sicherheit nicht zu den Verstorbenen vor der von Typhon ausgelösten Katastrophe, da er es war, der diesem Zerstörer den Namen gab.


7. SEKENENRE (572-580 ndFl)

Auch seine Mumie wurde im In-Hapi-Grab ("Erster Fund von Deir-el-Bahari") gefunden:

Sekenen-Re starb im Alter von 40 (Eig.Anm.: 30) Jahren eines gewaltsamen Todes. Die Mumifizierung muss in aller Eile mit welch auch immer greifbarem Material erfolgt sein; denn sein Gehirn war nicht entfernt, sein Körper wohl überhaupt nicht mit Natron behandelt worden und wenn ja, dann nur ungenügend. Schon ehe er bandagiert wurde, muss der Leichnam angefangen haben, in Verwesung überzugehen. Rippen und Rückenwirbel waren gebrochen und verrenkt, weil sie in zu enge Bandagen gepresst worden waren, die Gliedmaßen waren aus den Gelenken gerissen. Sekenen-Re Ta'a war ein gut aussehender Mann gewesen, groß, schlank und mit starken Muskeln ausgestattet. Sein gelocktes, schwarzes Haar umrahmte ein kleines, längliches Gesicht, seine Zähne waren in gutem Zustand, Gesicht und Schädel allerdings von sechs tiefen Wunden entstellt. Die Tatsache, dass er sonst nirgends verwundet wurde, weder an den Armen, noch am Körper, beweist, dass er sich nicht gewehrt hat und möglicherweise im Schlaf ermordet wurde.17

Über den Tod dieses "Fesselers" Mentuhotep I = IV = V bzw. II = V = VI (je nach Ägyptologe) Se-anch-ke-Re Neb-taui-Re habe ich in dem entsprechenden Kapitel schon ausführlich abgehandelt. Er wurde von seinem Wesir Ameni-Amenemhet-Menkauhor-Mykerinos abgesetzt, das heißt, er wurde von dessen Schergen oder sogar von ihm selbst ermordet.

Sekenen-Res Sarkophag (in Deir-el-Bahari) war seines Goldes beraubt, die Spuren des edlen Metalls jedoch gelb übermalt worden, die wertvollen Steine aus ihrer Fassung gebrochen, die Lücken übermalt, die religiösen und königlichen Embleme jedoch unberührt geblieben, was zu der Annahme Anlass gibt, dass diesmal Priester als Grabräuber in Frage kommen.18

Es ist anzunehmen, dass auch er zunächst in einem eigenen Grab bestattet wurde, das schon vor seiner Verlegung nach Deir-el-Bahari ausgeplündert wurde. Ob die Frevler unbedingt Priester gewesen sein müssen, sei dahingestellt.

Wir haben es jetzt zum erstenmal mit dem Problem zu tun, dass wir für ein und denselben Herrscher zwei verschiedene Mumien kennen. Wie der Leser aus dem früheren Kapitel, das sich mit Sekenen-Re befasst, weiß, ist dieser identisch mit einem in der 18. Dynastie angesiedelten Herrscher, nämlich mit Semenchka-Re, einem Verwandten des Tut-anch-Amun. In der Tat sind die beiden miteinander verwandt; aber sie gehören auch beide nicht in die Zeit nach Echnaton, wovon die konventionelle Ägyptologie allerdings überzeugt ist. Es liegt nun an mir,  zu zeigen, dass die eine der beiden Mumien nicht zu diesem Herrn gehört. Und dies ist eine nicht allzu schwierige Aufgabe.

(1903) begann T. A. Davis mit systematischen Ausgrabungen im Tal der Könige. Unter den zahlreichen Entdeckungen, die er gemacht hat, ist die umstrittenste die Entdeckung des Grabes Nr.55. In einem Sarkophag mit dem Namen Merit-Amun, älteste Tochter des Echnaton, lag eine Leiche, die man eine Zeitlang für die Königin Teje, die königliche Gemahlin von Amenophis III und Mutter des Echnaton hielt. Doch bald schon musste man erkennen, dass es sich um die Mumie eines Mannes handelte, und man glaubte aufgrund falsch ausgelegter Inschriften, man wäre auf den ketzerischen Pharao selbst gestoßen. Schließlich haben jedoch ernsthafte medizinische Studien ergeben, dass es sich in Wahrheit um einen Neffen und Schwiegersohn Semenchka-Re handelte. ... Wir können heute sicher sein, dass die menschlichen Überreste, die Echnaton zugeschrieben waren, in Wirklichkeit die von Semenchka-Re sind. Auch eine Verwandtschaft zwischen Semenchka-Re und Tutanchamun war diskutiert worden. Christiane Desroches-Noblecourt hielt sie sogar für Brüder. Der anatomische Vergleich zwischen den beiden Körpern hat ergeben, dass es anthropometrisch gesehen zwischen beiden große Ähnlichkeiten gibt. Eine Analyse ihres Blutes zeigte, dass sie tatsächlich Brüder sein könnten, zu beweisen ist es jedoch nicht. Beide hatten die Blutgruppe A2 und MN.19

Philipp Vandenberg sagt dazu: Der rätselhafte Semenchkare, der eine so zwielichtige Rolle spielt, wird von manchen Ägyptologen als Sohn von Amenophis III und dessen Tochter Sat-Amun angesehen.20

Die Verwirrung um diese Mumie wird noch vergrößert durch folgende Feststellungen: Seine Mumie wurde in einen Sarg, auf dem Tejes Name stand, gelegt, und die Leiche wurde tatsächlich lange Zeit für die der Königin Teje gehalten, besonders, da die breiten Beckenknochen einer Frau zu gehören schienen und ihre Körperhaltung, der linke Arm auf der Brust, der rechte neben dem Körper, auf die Haltung hinwies, die die Einbalsamierer königlichen Gemahlinnen zu geben pflegten. Keine Erklärung ist bis jetzt für diese irreführende Abweichung von der Tradition angeboten worden. Eine spätere Untersuchung ergab, dass es sich um die Überreste des ketzerischen Pharaos Echnaton selbst handeln muss, doch das Alter der Knochen, das mit 20 bis 25 Jahren angegeben worden war, ist nicht in Beziehung mit der Länge seiner Regierungszeit zu bringen. Schließlich haben sich alle Experten dafür entschieden, in dieser Mumie Semench-ka-Re zu erkennen. Zum Schluss wurde auch noch der Versuch unternommen, das Gesicht mit Hilfe von noch vorhandenen Schädelknochen nachzuschnitzen, das Resultat war ein Kopf, der eine frappante Ähnlichkeit mit der goldenen Maske von Echnaton (Eig.Anm.: meint der Autor etwa die des Tutanchamun?), Semenchkares Bruder, aufwies. Und schließlich entspricht die Kieferstruktur der des Thutmosis.21

Nach allem, was wir bisher über ernsthafte medizinische Studien an Mumien und verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Mumienspendern gehört haben, dürfte einzig die Frage noch erlaubt sein: Wem gehört diese Mumie wirklich? Es kann sich durchaus um einen Verwandten Tut-anch-Amuns handeln. Semenchkare war dessen Neffe; aber das ist hier insofern bedeutungslos, als es sich bei dieser Mumie nicht um die des Sekenenre-Semenchkare handeln kann; denn dessen Mumie ist so unverwechselbar gezeichnet, dass kein Zweifel angebracht ist. Für die Identität dieser beiden Herrscher spricht auch die Tatsache, dass es für Sekenenre-Semenchkare ohnehin keinen Platz in der Echnaton-Zeit gibt. Dies gilt auch für seinen Onkel Tutanchamun.

Eine Verwandtschaft von Onkel und Neffe mit Echnaton (II)-Kamose ist ebenfalls gegeben: Letzterer war der Neffe des Sekenenre-Semenchkare, und nicht umgekehrt. Da Thutmoses (gemeint ist wohl III) ebenfalls aus dieser Familie stammte, so würde auch dessen Ähnlichkeit nicht überraschen, und es würde mich ebensowenig in Erstaunen versetzen, wenn es sich herausstellen würde, dass die Mumie - ob männlich oder weiblich - aus derselben Familie stammte. Zur Veranschaulichung der Familienverhältnisse gebe ich dem Leser die schon bekannte Aufstellung weiter unten nochmals zur Ansicht.

Aus der Ähnlichkeit des Körpers der Mumie des Semenchkare mit einer Frau hat man sogar den Schluss gezogen, Echnaton habe mit diesem angeblichen Neffen ein homosexuelles Verhältnis gehabt, worauf auch die "Trennung" des "Pharaos" von seiner Frau Nofretete zurückgeführt wird. Echnaton-Kamose war nie offiziell Pharao. Er trug vor der Katastrophe Typhon 4 nur die Krone Unter- bzw. Mittelägyptens, wie aus allen Darstellungen hervorgeht. "Chaemuse war kein Gott, sondern nur ein Mensch", sagt Wen-Amun. Die Trennung von Nofretete hatte andere Gründe, wie der Leser mittlerweile weiß, und stand in keinem Zusammenhang mit dem schon längst verstorbenen Semenchkare. Andere halten diesen und Echnaton für Brüder (s. o.: Vandenberg). In Anbetracht der Tatsache, dass es für alle Herrscher dieser Zeit Mumien gibt, darf man fragen, ob es sich bei dieser Mumie, die nach vielem Hin und Her endlich Semenchkare zugeschrieben wurde, überhaupt um eine Königsmumie handelt.

+========================================================+
|        Die verwandtschaftlichen Beziehungen der        |
|             sogenannten "Ketzerpharaonen"              |
+--------------------------------------------------------+
                                  UP-MAAT-ANTEF II
                                  * ca. 510 + 538 (?) ndFl
                                          |
                                   +------+----+
                                   |           |
NEFER II  oo (1) SEBEKEMSAF (3) oo ISIS III oo NEBCHEPERRE
HELLE (?)        UADJ-CHAU         ANCH-ISES-  TUT-ANCH-
| *ca.524        LEVI CHEVI        EN-AMUN     AMUN  * 532
|                *ca.495 +ca.559   *ca.530           + 550
|                oo (2) Semitin    |             kinderlos
|                       |          +-------+
+--------+         +----+----+         +---+-----+
|        |         |         |         |         |
SEBEK-   SE-CHEM-  POTIPHAR  HERIOTEF  SE-ANCH-  ANCH-NES-
NEFRU-RE RE-DJED-  PETESEPH  HERIHOR   IB-TAUI   MERI-RE =
TAUSRET  CHU-TAUI  OSARSIPH  HARCHUF   SEKENEN-  | ISIS IV
DIRKE  SCHEDTAWE AARON     JOSEF     RE = SE-  |  MIRIAM
| *ca.   *ca. 538  | *ca.540 | *ca.    MENCHKARE | *ca.555
|   538     + 572  |   + 628 |   545   *ca.550   | +ca.628
| + 570            |         | +ca.      + 580   |
|                  |         |   635             |
|                  ASNAT -oo-+                   |
|                  *ca.565   |                   |
|                            |                   |
|                   ZAPHENAT(-)PANEACH           |
|                =  TEFNACHTE und PIANCHI        +-------+
|                  *ca.580                               |
|                                                        |
+- oo -PHIOPS = ANUBIS = PHRIX-TYPHONTES = PAINOZEM- oo -+
|                * 523 ndFl  + 624 ndFl                  |
|                = "ECHNATON I"                          |
|                                                        |
NEFERKARE-CHAEMUSE "ECHNATON II"             MEN-CHEPER-RE
MOSES  =   KA-MOSE                           THUTMOSES III
EGLON  =   KAMOSCH von Moab                  SISAK-SUSAKIM
*ca.568  +658 ndFl                           *ca.580  +663
==========================================================

Der in obigem Vandenberg-Zitat auftauchende Name Sat-Amun (auch Sit-Amun) gehört nach anderer Auffassung wiederum gar nicht in diese Zeit. Die Trägerin dieses Namens gilt anderswo als Schwester des Achmose, mithin konventionell als Tochter des Sekenen-Re. Was soll man zu diesen Wirrnissen noch sagen? Es empfiehlt sich aber, auf die Ungereimtheiten um die Mumie dieser Königin ebenfalls noch einzugehen. Auch sie wurde in Deir-el-Bahari gefunden.


8. SIT-AMUN

Die Untersuchung der Mumie von Sit-Amun war ... sehr aufschlussreich: Das flüssige und sehr heiße Harz hatte hier große Teile des Füllmaterials verbrannt. Es war sehr tief zwischen die Rippen eingedrungen und bei einer gebrochenen Rippe sogar in den Knochenmarkkanal hineingeflossen.22

Handelt es sich bei dieser etwa um die in Deir-el-Bahari gefundene Mumie der (Königin) Satkames, deren Mumie neu begraben werden musste? Wie verträgt sich sonst das Obige mit dem Folgenden?

Der Mumie von Sit-Amun, seiner (Achmoses) Schwester, die ebenfalls in Deir-el-Bahari begraben worden war, ist von Grabräubern übel mitgespielt worden. Später wurde sie restauriert, obwohl nur wenige Knochen gefunden werden konnten, die rund um ein Schilfbündel, auf das der Schädel gesetzt wurde, zusammengesetzt und bandagiert worden sind.23

Leca zitiert aus einem Bericht über die Auswicklung der Mumie von Sit-Amun im Jahre 1939: »Durch das Linnen konnte man die Schädeldecke und einige lose Knochen spüren, es war offensichtlich, dass wir eine Mumie vor uns hatten, die, nachdem die ursprüngliche Mumie zerstört war, neu bandagiert worden war.«3

Handelt es sich bei den Angaben zu Sit-Amun um dieselbe Mumie? Das vermag ich kaum zu glauben. Daher nehme ich an, dass es sich bei der zuerst beschriebenen Mumie um die der Satkames handelt. Deren Ausgießen mit Harz spricht dafür, dass sie zunächst in Sakkara beigesetzt wurde, wo dieses Verfahren auch an Djosers Mumie angewandt worden ist.


9. "THUTMOSES I"

Dieser Pharao wird von der konventionellen Chronologie mit unterschiedlich langen Regierungszeiten ausgestattet. Während ihm Drioton/Vandier lediglich 10 Jahre zubilligen (1530-1520 v.Chr.), ist Gardiner etwas großzügiger mit 18 Jahren (1528-1510 v.Chr.). Breasted hält sich sehr bedeckt und fasst ihn mit seinem Vorgänger Amenophis I und seinem Nachfolger Thutmoses II zusammen zu 52 Jahren (1557-1502 v.Chr.).

Die Texte geben sein Ableben mit fünfzig Jahren an. Die in Deir-el-Bahari aufgefundene und ausgewickelte Mumie enthüllte jedoch den Leichnam eines jungen Mannes von höchstens 18 Jahren, die mit Thutmoses I etikettiert und noch nicht einmal voll ausgewachsen war. Dieser Leichnam war von den Priestern der 21. Dynastie neu bandagiert worden, die ihn falsch ausgezeichnet haben müssen. Wo der wahre Pharao allerdings geblieben ist, bleibt ein Rätsel.4

Er war übrigens nicht beschnitten. Kann ein 18jähriger der Vater der Hatschepsut gewesen sein? Chus starb weder im Alter von fünfzig noch im Alter von achtzehn Jahren. Überdies wurde die Mumie des Chus überhaupt nicht im "Ersten Versteck" gefunden. Ich halte daher die angebliche Falschetikettierung für ein Missverständnis. Die Mumien sind zwar oft von den Priestern "zusammengebastelt" und auch falsch ausgezeichnet worden. Wie anders wäre ein Haufe von Stierknochen sonst wohl zu der Ehre gekommen, als Mumie eines Sohnes des großen Ramses bestattet zu werden?24

Im Falle des "Thutmoses I" A-cheper-ka-Re lautet die Frage aber nicht, wessen Mumie hier mit falschem Namen bestattet worden ist, sondern sie lautet: Wer war dieser Thutmoses A-cheper-ka-Re in Wirklichkeit, wenn er nicht der Vater von Hatschepsut (und noch einigen anderen) gewesen sein kann? Ein 18jähriger kommt dafür doch wohl kaum in Frage.

Ich habe an anderer Stelle schon betont, dass der Namensbestandteil "Thut" in den Thutmosiden-Namen nichts mit dem Gott Thot (= Hermes) zu tun hat, sondern von Djed-chu-ti abgeleitet wird, also von der Gottheit Seth (= Djed). Es sind also die Thutmosiden in Wirklichkeit die Sethariden, die Nachfahren des Djed-chu-ti, während die Nachfahren des Petech-Pechti-Chepet-Chetep = Ptah-Apis, des Sohnes von Hermes-Thot, die "Thotmosiden" heißen müssten. Sie sind die Nachfahren des Achmose, tragen daher sehr oft auch die Bezeichnung Meren-Ptah, Ptah-hotep oder Si-Ptah in ihren Namen. Es empfiehlt sich deshalb, die wahre Identität des Thutmoses I nicht bzw. nicht ausschließlich in der Familie des Ptah-Achmose zu suchen, sondern auch in der Familie des Anubis-Phiops.

Die Mutter des "Thutmoses I" A-cheper-ka-Re soll Seniseneb gewesen sein, eine "Nebenfrau" des Achmose. Hierauf hatte ich im vorigen Kapitel schon hingewiesen. Die Mumie der Seniseneb hatte ich bei der Gelegenheit mit der Mumie der Nibsni gleichgesetzt, die ebenfalls im In-Hapi-Grab gefunden wurde. Da nun Achmose nur sehr entfernt mit den Sethariden verwandt ist, müsste die Djedchuti-Linie über die Mutter gelaufen sein. Ich halte sie daher für eine um 537 ndFl geborene Tochter des Sebekemsaf-Levi mit Nefer-Helle, der um 524 ndFl geborenen Tochter von Djed-chu-ti-messe = Seth IV = Atlas und Nephthys.

A-cheper-ka-Re müsste um etwa 553/554 ndFl geboren und mit 18 Jahren, also 571/572 ndFl, gestorben sein. Somit fiele sein Tod in die Zeit der Unruhen nach dem Tod seiner Tante "Dirke" = Sebeknefrure.


10. DJOSER-AMENOPHIS I (592-608 ndFl)

In dem ausgeräumten Grab Amenophis' I in Deir-el-Bahari (1889 entdeckt) befand sich nur noch der Sarkophag aus rotem Sandstein. Seine Mumie wurde im Grab seiner Mutter In-Hapi gefunden ("Erster Fund von Deir-el-Bahari"). Sie ist (wegen ihres guten Erhaltungszustandes) die einzige nicht ausgewickelte Mumie. Die Lage der Arme (extra bandagiert, über der Brust gekreuzt, so dass die Finger die Schultern berühren) ist typisch für die Mumien der 18. bis 20. Dynastie. Bei den älteren Mumien liegen die Arme ausgestreckt neben dem Körper. Seine rechte Hand war - vermutlich von Grabräubern - abgerissen worden. Sie wurde ihm auf den Bauch gebunden. Die beiden Füße waren brutal aus ihren Gelenken gerissen. Dazu passt der Fund in der Grabanlage des Djoser. Dort fand man nämlich nur Mumienteile, darunter auch einen Fuß. Leca schreibt:

König Djosers Stufenpyramide enthält nicht eine einzige Kammer. Das Grab besteht aus einem unterirdischen Labyrinth, das elf Grabkammern miteinander verbindet, und ist durch einen zentralen Schacht und eine Seitenrampe zu erreichen.25

Ende 1932 entschloss sich der französische Ägyptologe J.P. Lauer ... in den Keller der Stufenpyramide vorzudringen, um Messungen vorzunehmen. Dieses Grabgewölbe, das schon verschiedene Male von Forschern und Ägyptologen heimgesucht worden war, enthielt nicht einen einzigen Sarkophag und war für leer erachtet worden. Vielleicht ist es nie wirklich betreten worden, vielleicht haben sich alle mit einem raschen Blick begnügt, der Zutritt war nämlich mit Schwierigkeiten verbunden. Ein 4 Tonnen schwerer Granitblock versperrte den Weg und war von Grabplünderern nur wenig zur Seite geschoben worden. ... Im Innern fand Lauer auch im Staub einige Fragmente von Rippen und einem Brustbein sowie einen linken Fuß, das älteste Zeugnis einer Mumifizierung in Ägypten. Der Fuß war in Tuch gehüllt, das mit Harz getränkt und hart geworden war. ... Ein Mann hatte noch vor Lauer das Grabgewölbe betreten, Battiscombe Gunn, und im Jahre 1926 ein Stück Wirbelsäule und einen Beckenknochen gefunden, beides übergab er dem Museum in Kairo. Er zögerte, sie Djoser zuzuschreiben, aber als sie mit den späteren Funden verglichen wurden, stellte sich heraus, dass sie alle zu ein und demselben Körper gehörten, zu dem eines Mannes mit robuster Gestalt, der in ziemlich fortgeschrittenem Alter verstorben war. ... 1821 hatten von Minutoli und Segato die Überreste einer Mumie gefunden, allerdings nicht in der Grabkammer, sondern im Korridor. Sie nahmen sie mit und brachten sie an Bord eines Schiffes, doch das Schiff ging unter...26

Die Mumie von Amenophis I gehört zu einem Mann, der zum Zeitpunkt seines Todes zwischen 40 und 50 Jahre alt war. Wenn die Stücke, die in Sakkara gefunden wurden, alle zu der Mumie des Djoser-Amenophis gehört haben sollten, was nicht sicher ist, dann müsste er älter geworden sein. Sein Alter war nach der berichtigten Chronologie (542-608 ndFl) 66 Jahre, was man als "fortgeschritten" bezeichnen kann.

Das Alter der nicht ausgewickelten Mumie des Amenophis I hat man wohl aus Voreingenommenheit (konventionell kann er nicht so alt geworden sein, wie er in Wirklichkeit wurde) zu niedrig geschätzt, wobei es eigentlich für die konventionelle Ansicht noch zu hoch gegriffen sein sollte. Lecca schreibt:

Amenophis I war der Sohn von Achmose und Achmes-Nefertari. Er heiratete eine seiner Schwestern, Achmose-Merit-Amun, allerdings nicht um ihrer Schönheit willen - eine Verkrümmung der Wirbelsäule hatte sie einigermaßen deformiert -, sondern um nicht mit der Tradition zu brechen. Sie starb jung, mit dreißig ungefähr, und schenkte nur Töchtern das Leben ... ein unehelicher Sohn unter dem Namen Thutmoses I wurde sein Nachfolger, indem er Amenophis' legitime Tochter, seine Halbschwester Achmose, heiratete.27

Dieser konventionellen Darstellung, einer von mehreren, ist nichts hinzuzufügen. Es gibt kaum eine Phase der ägyptischen Geschichte, die für die Ägyptologen glasklar ist, das gilt auch für die "lichtdurchflutete" 18. Dynastie, die in deren Augen noch die "besterhaltene" ist. Alle, die sich schriftstellerisch mit der Altertumsgeschichte, speziell mit der ägyptischen, befassen, werden in den Sog des konventionellen Chaos' hineingezogen, so zwangsläufig auch Ange-Pierre Leca, der sich mehr als einmal in Widersprüche verwickelt, für die er nicht verantwortlich ist. Die Vorgaben lassen eine eindeutige Aussage nicht immer zu.

Während Pinodjems (= Painozem, 21. Dynastie) Amtszeit als Hoherpriester ließ er die Mumien von Thutmosis I, Amenophis I, Sethos I, Ramses II und Ramses III restaurieren. Amenophis I musste sogar unter dem Pontifikat von Masaharte ein drittes Mal bandagiert werden, da die Räuber nicht davor zurückgeschreckt waren, seine sterbliche Hülle ein zweites Mal zu plündern. Achmoses, Königin Satkames, Prinz Siamun, alle mussten neu begraben werden. Unter Mencheperre musste Sethos I neu bandagiert werden, und Ramses III wurde in der 21. Dynastie dreimal in ein neues Grab verlegt, während am Ende des Pontifikates von Pinodjem I die Mumien von Ramses I, Ramses II und Sethos I alle aus dem Grab des letzteren, in das sie bereits einmal transferiert worden waren, zu dem weitaus bescheideneren Ruheplatz der Königin In-Hapi gebracht werden mussten. Pinodjem sollte ihnen bald selbst dahin folgen.28

Masaharte oder Mesahert gilt als Sohn des Pinodjem bzw. Peinuzem, der auch der Vater des Mencheperre war. Letztgenannter Hohepriester wird nicht entfernt mit dem späteren Pharao Thutmoses Men-cheperu-Re, vormals Feldherr Manachpiria, in Verbindung gebracht, den man drei Dynastien vor dem Hohenpriester Mencheperre ansetzt. Pinodjem-Peinuzem wird ebenfalls völlig verkannt. Er war zunächst der Hohepriester pa-Anez-geb = User-maat-Re Echn-Amon (nach der Angabe Breasteds), der als Echnaton I den Bau von Achet-Aton in Angriff nahm, wo dann sein Sohn Neferkare-Kamose - hauptsächlich nach seinem "Exodus", das heißt nach seiner vorübergehenden Rückkehr nach Ägypten - als Echnaton II Hof hielt. Außerdem nimmt man an, dass Pinodjem-Peinuzem auch den Namen Cheperka-Re hatte, was zusätzlich für Verwirrung gesorgt hat; einige Ägyptologen halten Cheperka-Re daher für Pinodjem II, wozu sie auch noch andere Gründe haben, auf die ich noch zurückkommen werde.

Wie viele Ruhestätten hatte denn nun Djoser-Amenophis? Wir erinnern uns an den Grabräuberprozess, dessen Unterlagen wir entnehmen, dass "das 120 Ellen tiefe Grab von König Amenophis I ... unberührt vorgefunden" wurde. Dies war der Befund aus einem Jahr um etwa 612 ndFl. Ungefähr vier Jahre vorher war Djoser-Amenophis von seinem Halbbruder Herakles ermordet worden. Wenn wir davon ausgehen, dass Djoser bzw. "Busiris" zunächst in seiner Grabanlage von Sakkara beigesetzt wurde, wann und von wem auch immer, dann muss er bereits wenige Jahre später in sein Grab bei Theben umgesiedelt worden sein, das er schon zu seiner Zeit als König von Oberägypten (580-592 ndFl) hier angelegt haben muss. Es ist möglich, dass er zunächst von seinem Mörder königlich in Sakkara bestattet wurde, dass es aber dann im Verlauf der Herrschaft des wahnsinnigen Herakles-Achthoës ("erste Zwischenzeit") zu Anarchie und Grabplünderungen kam, in deren Verlauf auch Sakkara geschändet wurde. Bekanntlich erging es dem Grab des Zer-Osiris in Abydos nicht anders.

Unter diesen Gesichtspunkten bezieht sich die Neuwicklung der Mumie Amenophis' I durch den Hohenpriester Peinuzem auf die Umbettung in das "120 Ellen tiefe Grab" in Theben, und zwar muss dies zu einer Zeit geschehen sein, in der er noch Priester und nicht schon Pharao Anubis-Phiops-Ramses III/VIII war, also vor 617 ndFl. Dieser Zeitpunkt stimmt mit demjenigen überein, der oben schon ermittelt wurde: um das Jahr 612 ndFl fand der Grabräuberprozess statt. Davor, und zwar frühestens 610 ndFl, muss die Mumie Amenophis-Djosers nach Theben überführt worden sein. Der Fuß blieb aus nicht erklärbaren Gründen in Sakkara. Die dritte Wicklung durch Mesahert-Masaharte, den Sohn des Peinuzem Echn-Amun, bei welcher die Hand separat einbandagiert werden musste, kann sich nur auf die Umbettung in das In-Hapi-Grab beziehen, die unter der Leitung des Peinozem stand. Dessen Sohn Mesahert-Masaharte (* ca. 590 ndFl) dürfte zu dieser Zeit schon im Amt gewesen sein.


11. "DJED-KA-RE ISESI"

Djedka-Re Isesi, der angeblich in der 5. Dynastie zu Hause sein soll, ist zweifellos mit Djedka-Re, angeblich aus der 8. Dynastie, identisch. Möglicherweise handelt es sich um einen Fehler bei Leca, wenn er zwei Mumien für zwei Herrscher beschreibt; denn es handelt sich offensichtlich um nur eine einzige Mumie, die allerdings in einem fremden Grab bestattet wurde, das der ursprüngliche Besitzer nicht mehr benötigte. Was veranlasst mich zu dieser Behauptung, und um wen könnte es sich handeln? Leca führt dazu aus:

Die Mumie von König Djedka-Re aus der 8. Dynastie befindet sich sicherlich in einem sehr schlechten Zustand ... weist sie an vielen Stellen Fragmente von Haut, Muskeln, Sehnen, Blutgefäßen und Nerven auf, ... Im Innern des Körpers weisen Spuren von Harz an den Rippen auf die Arbeit von Einbalsamierern hin ebenso wie die Kanopenvasen neben der Mumie.29

Dann heißt es an anderer Stelle:

Djedka-Re Isesi, vorletzter Pharao der 5. Dynastie, von dem die Geschichte nur mehr weiß, dass er einen Feldzug nach Nubien angeführt hat, wurde in der Grabkammer seiner Pyramide in Sakkara in ziemlich schlechtem Zustand aufgefunden. Lediglich die linke Seite seines Gesichts und seines Körpers waren vorhanden, und auch davon fehlten mehrere Knochen. Trotzdem konnte man an Hautstreifen und Muskelstücken, die noch an seinen Knochen hafteten, erkennen, dass man versucht hatte, ihn einzubalsamieren. Die Eingeweide lagen, in einem Paket verpackt, im Boden vergraben. Die Kanopenvasen, die sie ursprünglich enthielten, waren zerbrochen.30

Ob es sich um dieselbe Mumie oder um zwei verschiedene handeln sollte, ist unerheblich im Hinblick auf die Identität: Es kann sich auf gar keinen Fall um den ursprünglichen Inhaber des Grabes in Sakkara handeln, um Chus-Isesi = Djed-(bzw. Zed-)ka-Re. Die Tatsache, dass man die Mumie, die angeblich Zed-ka-Re bzw. Zed-ka-Re Isesi gehörte, der mit Chus-Sesostris identisch ist, der mindestens einmal in seinem Leben nach Nubien gezogen ist, in dessen Pyramidengrab in Sakkara gefunden hat, also an einem Ort, wo auch die Mumie seines Bruders Djoser-Amenophis I ursprünglich gebettet, später aber nach Theben verlegt worden war, hat zu dem Missverständnis geführt, es handele sich tatsächlich um die Mumie des Erstbesitzers dieses Grabes. Warum hätte sich Chus-Zedkare-Isesi aber in Sakkara statt in Theben beisetzen lassen sollen? Es gab hierfür weder einen Grund, noch ist dies auch geschehen. Nachdem Chus Pharao geworden war, verlagerte sich der Schwerpunkt des Reiches in den Süden, nach Theben. Die wahre Mumie des Chus ist die des Necht-Seth (auch Sethnacht geschrieben), die erwartungsgemäß in Theben gefunden wurde, im "Zweiten Versteck". Wem aber die in Sakkara im Grab des Zed-ka-Re gefundene Mumie gehört, ist damit noch nicht beantwortet.

Meine Erklärung, zu wem mindestens eine dieser Mumien oder auch nur die eine einzige Mumie aus dem für Chus-Isesi zwar angelegten, von ihm aber unbenutzten Sakkara-Grab des Djed-ka-Re Isesi in Sakkara gehören könnte, ist folgende: Nachdem Chus wieder nach Ägypten zurückgekehrt war, musste er das Schreckensregime des Herakles-Achthoës beenden. Er war das "Krokodil" Sobk oder Sebek(-Hotep), von dem Cheti-Achthoës getötet wurde. Die Tradition gebot dem Sieger, seinen Halbbruder ordentlich zu bestatten. Sie zwang ihn aber nicht dazu, ihm ein pompöses Grab zu bauen oder ihn in einem selbstgebauten Grab beizusetzen. Ob sich Herakles in Mer-Herakleopolis ein eigenes Grab bereits errichtet hatte, ist zwar nicht bekannt, aber es ist wahrscheinlich. Ihn dort beizusetzen, erschien Chus der Ehre zuviel zu sein, daher legte er ihn in sein eigenes Grab in Sakkara, das er schon allein deshalb nicht mehr benötigte, weil er sich mittlerweile ein Grab in Tanis angelegt hatte.

Als man die ungepflegte Mumie des Herakles-Achthoës in der Grabpyramide des Djedka-Re Isesi in Sakkara fand, musste man sie zwangsläufig für die des ursprünglichen Grabbesitzers halten.

Die angebliche Mumie des Djed-ka-Re ist die des Herakles!

Es gab noch ein anderes Grab für Chus- bzw. Ches-cheper-Re Scheschonk, das aus der Zeit stammt, als Ches-cha-nak oder Scheschonk Vizekönig seines Bruders Djoser im Delta war. Es handelt sich dabei um das sogenannte "Psusennes-Grab" in Tanis, das offensichtlich von Chus für sich und seine Familie angelegt worden war. Eine Beisetzung in diesem Grab verbot sich zu einer Zeit, als der ganze Grabkomplex unter Wasser stand, wie es unmittelbar nach der Osorkon-Flut (Typhon 4) der Fall war. Wenn wir aber in diesem Grab dennoch seine Mumie fänden, dann stünden wir vor einem Dilemma; dann hätte Chus nämlich mindestens zwei Körper gehabt, ohne die aus dem Sakkara-Grab, mit denen es dann sogar drei oder vier wären! Damit brauchen wir aber nicht zu rechnen.

Von Anfang an habe ich behauptet, CHUS-Isesi-Djedka-Re sei mit Scheschonk I CHES-cheper-Re setpen-Re identisch. Von Scheschonk I glaubt man keine Mumie und offenbar auch kein Grab gefunden zu haben. Er ist außerdem noch Takelotis II CHES-cheper-Re setpen-Re, dessen Leiche (von einer Mumie kann keine Rede mehr sein) sich in einer der drei an das Grab von Osorkon II User-maat-Re Setpen-Amun angrenzenden, in den Kalkstein gehauenen Kammern des Psusennes-Grabes fand. Ein Unbekannter, von dem man annimmt, es handele sich um Scheschonk III (für ihn gibt es keinen zusätzlichen Namen), wurde hier ebenfalls gefunden. Auf dieses Chaos werde ich in einem späteren Kapitel wieder zurückkommen.


12. IMHOTEP

Die Mumie des Imhotep, des Zwillingsbruders des Chus, der von seinem Schwiegervater Herakles nicht verschont worden sein dürfte, gehört zu den noch nicht aufgefundenen Mumien des Alten wie des Mittleren Reiches. Ich werde im Folgenden versuchen, diese Lücke zu füllen. Es ist nämlich nicht einzusehen, weshalb die Mumie dieses Familienangehörigen nicht auch im Grab seiner Mutter untergebracht worden sein sollte. Um es vorweg zu sagen: Ich halte die im In-Hapi-Grab gefundene Mumie des angeblichen Pinodjem-Painuzem II Cheperka-Re für die des weisen Beraters Amphion-Amenophis-Imhotep, des Sohnes des Pa'Apis-Hapi-Ptah. Was veranlasst mich zu dieser kühnen Annahme?

Wir sind schon daran gewöhnt, dass es in der Altertumsgeschichte Verwechslungen "übers Kreuz und in die Quere" gegeben hat. Nun wird gesagt, dass der Hohepriester, der die Mumien im Versteck von Deir-el-Bahari (In-Hapi-Grab) beigesetzt und das Grab verschlossen habe, Peinuzem Cheperka-Re gewesen sei, der wiederum ein Sohn des Mencheperre, des Sohnes des Peinuzem Echn-Amun gewesen sei. Ich halte dies für Unfug. Die Gelehrten sind sich nicht einmal einig darüber, ob es nur einen oder zwei Peinuzems gegeben hat. In der Tat war es Pinodjem-Peinuzem-Painozem = Anubis-Phiops-Ramses III/VIII, der noch in seiner Eigenschaft als Hoherpriester des Amun die Erstversiegelung des Grabes vornahm. Sein Siegel könnte die Formel "Cheperkare" ausweisen, die in seinem späteren Pharaonennamen zu "Cheperkaure" wurde:

User-maat-Re Meri-Amun Anub-cheper-ka(u)-Re
     Echn-(Achan-)Amun Djed-chuti-Ra-Messe.

Der vorstehende Name wurde von mir aus mehreren bekannten Einzelnamen dieses Herrn zusammengesetzt, und zwar aus:

(pa-)Ino-djem = Anubis, Sohn (messe) des Djed-Chuti-Re,
Nub-kau-Re = Amenemhet II (12. Dynastie),
Ramses III/VIII = User-maat-Re Meri-Amun Achan-Amun und
Painozem I/II = Cheper-ka-Re User-maat-Re Echn-Amon.

Die Mumie dieses ersten und - wie ich meine - einzigen Painozem liegt überhaupt nicht im In-Hapi-Grab, und der dem Priester Cheper-ka-Re "Peinuzem (II)" zugeordnete Leichnam gehört in Wirklichkeit dem als vermisst geltenden Imhotep-Amenophis. Die drei Söhne der Frau des Priesters von Heliopolis hätten demnach sehr ähnliche Namen gehabt:

Djoser-Amenophis-Sesostris I: Se-user-cheper-ka-Re
Chus-Sesostris II/III:
= Zethos-Isesi
Ches-cha-cheper-kau-Re
Zed-(= Djed-)ka-Re
Amphion-Imhotep-Amenophis: (Horus-?)cheper-ka-Re.

Imhotep, der wie sein Bruder Djoser-Busiris mit seinen Angehörigen von Herakles-Achthoës getötet wurde, wäre demnach in demselben Grab "versteckt" worden, in dem auch sein älterer Bruder ruhte, nämlich im Grab seiner Mutter In-Hapi. Wo sein ursprüngliches Grab war, lässt sich nur vermuten: im Bezirk der Sakkara-Pyramide. Von dort kam er unter ähnlichen Umständen nach Theben wie auch sein Bruder Djoser-Amenophis. Das Sterbealter des Imhotep war ziemlich genau achtundfünfzig Jahre.

Bei dieser Gelegenheit kann auch die Frage gestellt werden, ob seine Gemahlin Niobe, die Tochter des Tantalos = Teti-Achthoës-Sahure-Herakles und somit die Schwester des Una = Wen-Amun, mit Sit-Amun oder eventuell mit Satkames identisch ist. Eine dieser Mumien (siehe weiter oben!) war mit heißem, flüssigem Harz ausgegossen worden, was auf die in Sakkara geübte Praxis hinweist. Die Kinder der Niobe und des Amphion (= Imhotep) wurden von Herakles (und nicht von Leto, wie die Griechen sagten) getötet. Es ist wenig wahrscheinlich, dass er auch seine Tochter umbrachte. Deshalb kann nicht zwangsläufig gefolgert werden, dass die Bestattung der Niobe in Sakkara gleichzeitig mit Djoser und Imhotep stattfand. Hier bleiben noch Fragen offen.

Fazit:

Zum einen ist es gelungen, die Mumien derjenigen Pharaonen und deren Angehörigen, die vor der Katastrophe Typhon 4 verstorben sind, entweder im Grab der In-Hapi wiederzufinden oder an älteren Plätzen; doch zum anderen sind auch Probleme offenkundig geworden, die meiner Geschichtsrekonstruktion zu widersprechen scheinen. Dem Leser ist aber deutlich gemacht worden, dass die konventionelle Mumienwissenschaft keineswegs ein erdbebensicheres Gebäude ist. Widersprüche und Zweifel herrschen hier wie überall in der anerkannten Altertumskunde. Vorurteile, die auf der völlig falschen konventionellen Chronologie beruhen, mögen hier eine große Rolle gespielt haben, um voreilige aber falsche Schlüsse zu ziehen. Prinzipiell kann meine Rekonstruktion jedoch nicht in die Irre leiten; sie trägt sich selbst, wie an vielen Beispielen gezeigt wurde und noch zu zeigen sein wird.

Letzter Stand: 28. Juli 2014


1 Les Momies, 1976, deutsch 1982 bei Econ Verlag, Düsseldorf/Wien.
2 Ange-Pierre Leca, Die Mumien, Econ Verlag
3 Ange-Pierre Leca, Die Mumien, S. 26
4 Ange-Pierre Leca, Die Mumien, S. 26
5 Immanuel Velikovsky, Die Seevölker, S. 161
6 Ange-Pierre Leca, Die Mumien, S. 235
7 Immanuel Velikovsky, Die Seevölker, Seite 161
8 Ebenda, Seite 163
9 Ebenda, Seite 199
10 Immanuel Velikovsky, Die Seevölker, S. 164, unter Bezug auf Maspéro, Gardiner und Gauthier.
11 Ange-Pierre Leca, die Mumien, Econ-Verlag
12 Ange-Pierre Leca, die Mumien, Econ-Verlag
13 Ange-Pierre Leca, die Mumien, Econ-Verlag;
14 Ebenda;
15 Ange-Pierre Leca, die Mumien, Econ-Verlag
16 Ange-Pierre Leca, die Mumien, Econ-Verlag
17 Ange-Pierre Leca, die Mumien, Econ-Verlag;
18 Ebenda
19 Ange-Pierre Leca, die Mumien, Econ-Verlag
20 Philipp Vandenberg, Nofretete, Echnaton und ihre Zeit, Verlag Droemer Knaur, S. 199
21 Ange-Pierre Leca, die Mumien, Econ-Verlag
22 Ange-Pierre Leca, die Mumien, Econ-Verlag, Seite 92
23 Ebenda
24 Ange-Pierre Leca, Die Mumien, Econ Verlag, Seite 187
25 Ange-Pierre Leca, Die Mumien, Econ Verlag, Seite 227
26 Ebenda, Seite 148
27 Ange-Pierre Leca, Die Mumien, Econ Verlag, Seite 152/3
28 ebenda, Seite 234/5
29 Ange-Pierre Leca, Die Mumien, Econ Verlag, Seite 96/97
30 Ebenda, Seite 149
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