Sechstes Buch: Das Olympische Zeitalter von 624 bis 642 ndFl

2. Kapitel:

Die Feldzüge Manachpirias (631 bis 642 ndFl)
und der Einsturz des Siddimtales

Allgemeines

Die Thronfolge in Ägypten nach Typhon 4 wurde schon im dem gleichnamigen Kapitel besprochen. Sie sei hier nochmals kurz zusammengefasst:

ndFl König im Delta/in Libyen (Saïs/Tanis; Bubastis)
592-600a Ches-cheper-Re = Chus unter Djoser-Amenophis I
600-608 Sechem-cheper-Re = Sisak, Men-cheper-Re unt. dto.
608-610 unter Herakles kein König im Delta ?
610-617 Sechem-cheper-Re = Sisak, Men-cheper-Re unt. Chus
617-622 dto. unter Anubis-Phiops-Ramses III/VIII
622-624 User-maat-Re = (späterer) Ramses IV unt. dto.
  Sechem-cheper-Re nur als Stadtfürst in Bubastis ?
622-628 Tefnachte        "   "   "          in Saïs ?
624-628 Pemu-Petubastis = Aaron, Arsa cheru in Bubastis
628-629b A-cheper-Re = (spät.)Amenophis II unter Chus
628-629 Tefnachte in Saïs (rehabilitiert) unter Chus
629 die beiden letzteren unter Hatschepsut
629-630 Tefnachte in Saïs unter Ramses IV
629-631 A-cheper-Re unter Ramses IV
630-631 Sechem-cheper-Re = Smendes in Saïs unt. Ramses IV
631-633 die beiden letzten unter Ramses V
633-636 die beiden letzten unter Hatschepsut
636-652c Sechem-cheper-Re = Sechem-/Men-cheper-Re unter
  Amenophis(-Sethos) II
a: kursiv: circa.
b: Acheperre immer in Bubastis.
c: Sechemcheperre in Saïs/Tanis.


An anderer Stelle hatte ich auch schon darauf hingewiesen, dass Ramses IV mit Ramses VII und Ramses XI identisch ist. Da verschiedene Historiker nur elf Ramessiden kennen, entspricht bei denen der elfte dem zwölften Ramses bei anderen, den ich lieber mit Ramses V identifizieren möchte. Auf die restlichen Ramessiden komme ich weiter unten wieder zurück. Ich hatte aber auch schon mehrfach darauf hingewiesen, dass der Pharao Ramses II (der Große) ein nur in der konventionellen Darstellung existierendes Kompendium mehrerer Pharaonen mit dem Thronnamen User-maat-Re ist, das den Historikern einige Probleme bereitet. Auf diese Problematik komme ich noch öfter wieder zurück.

Mit Nubien, das von Chus-Sesostris nach Typhon 4 wieder fest an Ägypten angeschlossen worden war, werden wir uns gegen Ende dieses Kapitels ausführlicher befassen.

Die Vorgeschichte im Rückblick

Ab dem Jahre 592 ndFl, seit der Krönung des "wahren Horus" Djoser-cheper-ka-Re, hatte Chus-Sesostris Kanaan und Phönizien (= Syrien im ägyptischen Sprachgebrauch) bis an den Euphrat erobert. In der Abwesenheit des Chus waren diese Gebiete wieder abgefallen, wurden aber im Jahre 610 ndFl, als Chus auf dem Pharaonenthron saß, von Sisak-Susakim = Scheschonk Se-Sechem-cheper-Re zum Teil zurückerobert, um in den Jahren 615 und 616 ndFl erneut von den Amoritern erobert zu werden, und zwar von Kedor-Laomor = Nebukadrezzur im Auftrage des Amraphel von Sinear = Amar-Sin, Samsi-Adad. Der Versuch, diese Gebiete im Jahre 617 ndFl wieder an Ägypten zu holen, scheiterte. Hierüber wurde im Kapitel Der Neubeginn in Ägypten ausführlich abgehandelt.

Wie im Kapitel Ägypten unter Djoser schon gezeigt wurde, hatte Chus unter seinem assyrischen Namen Assur-Re-Isesi = Assur-resch-ischi den "Babylonier" Nebukadnezar I (= Nebukadrezzur; konventionell um 1120 v.Chr.) im Bunde mit seinem Schwiegervater Astyages im Jahre 608 ndFl (oder auch ein Jahr früher oder später) bereits einmal besiegt. Danach zog er mit Semiramis in Assur ein.

Nach der Katastrophe Typhon 4 gelang es den Ägyptern unter Ameni = Osorkon Acheperre, die Rückeroberung der von den Amoritern abgefallenen Edom-Provinzen durch Kedor-Laomor zu verhindern. Im Jahre 629 ndFl waren die vier Könige gekommen, hatten die fünf Könige von Edom-Ost (1. Mose 14: "Vier gegen fünf") besiegt und die Könige von Edom-West (= "Israel") wieder auf ihre Seite gezogen bzw. durch amurrutreue ersetzt. Die Vertragstreue wurde durch Geiselnahme gewährleistet, wie sie im vorigen Kapitel beschrieben worden ist. Doch Ameni (und Abraham?) schlugen die Amoriter im Lande Hoba (= Ube, die Gegend um Damaskus) endgültig in die Flucht. Die Ägypter konnten nicht nur sieben Fürsten in Tichsi (= Phönizien) gefangennehmen, sondern es gelang ihnen auch, die Städte Nii (bzw. Nij) und Ikathi zurückzuerobern. Möglicherweise hinterließen sie eine Garnison in Ikathi ( = Ir-Kathi, Ir-Kata = Arka, das spätere römische Arca Caesarea).

Damit war der Süden Palästinas wieder fest in ägyptischer Hand. Der Norden, der noch unter amoritischer Oberhoheit war, versuchte im Gegenzug, das verlorene Gebiet zurückzugewinnen.

Im Jahr darauf, also 630 ndFl = Jahr 3 äg.Kal., unternahm Ameni-Osorkon Acheperre erneut einen Feldzug und schob die Nordgrenze sogar bis Aphek vor, das von Breasted  noch "nördlich des Sees Genezareth" gesehen wurde. Moderne Quellen (Der Bibel Atlas, Weltbild Verlag, Karte Nr. 50) verlegen Aphek jedoch an die Nordgrenze gegen Amurru nahe dem Berg Hor. Der Statthalter Ägyptens in Edom, der aus dem AT bekannte Jerobeam, konnte in Dan als Grenzmarkierung das "Goldene Kalb" aufstellen, den Apis-Stier als Symbol der Ptah-Dynastie (Hatschepsut aus dieser Dynastie war die "Herrin des Landes").

Wichtigste Stadt der Amoriter vor der Grenze nach Kanaan war Kadesch am Orontes, wo ihr Statthalter seine Residenz hatte. Der Name dieses Magnaten wird in den Annalen des Thutmoses-Manachpiria leider nicht genannt.

In einem früheren Ägypten-Kapitel habe ich schon darauf hingewiesen, dass es eine weitverbreitete Unsitte in der konventionellen Altertumsgeschichte ist, die Feldherrnannalen erst mit dem Regierungsantritt eines Pharaos zu verbinden. Der Berliner Bankier Carl von Fürstenberg soll gesagt haben, als ihn jemand mit "Herr Bankdirektor" angeredet hatte: "Ich bin kein Direktor, ich halte mir Direktoren." So ähnlich würde ein Pharao reagieren, wenn er wüsste, dass er heute bisweilen als "General" bezeichnet wird. Als Pharao war er Gott, nicht General noch Admiral.

Die Annalen des Ameni-Acheperre, die natürlich auch keine Pharaonen-Annalen sind, enthalten für die folgenden Jahre keine Angaben zu Feldzügen in Syrien, sondern sie konzentrieren sich auf Nubien, wohin er entweder abgeschoben oder von Pianchi, seinem früheren Oberbefehlshaber, mitgenommen wurde. Erst im Jahre 7 und dann wieder im Jahre 9 (= 634 bzw. 636 ndFl) werden in seinen Annalen Aktivitäten in Syrien vermerkt. Wir werden sehen, dass diese die Jahre sind, in denen Manachpiria in seinen Annalen keine Feldzüge erwähnt. Dies ist ein wichtiger Hinweis darauf, dass beide Heerführer gleichzeitig operierten, und zwar scheinbar "im Abstand von 18 Jahren"; denn Acheperre zählte seine Jahre ab dem Jahr 1 des neuen ägyptischen Kalenders, der im "Jahr 1 entsprechend Jahr 19" (KNB) eingeführt worden war. Wir sehen aber auch, dass die Jahre 7 und 9 des Ameni-Sethos-Acheperre Jahre sind, in denen seine Mutter Hatschepsut wieder auf dem Thron saß.

Auf die Identität des Thutmoses Mencheperre mit Sisak bzw. Susakim, den die Historiker mit Scheschonk I gleichsetzen, hat Velikovsky schon hingewiesen. Da nun Scheschonk (I) konventionell in der zweiten Hälfte des zehnten vorchristlichen Jahrhunderts angesetzt wird, sehen die Historiker zwar eine Chance, ihn mit Sisak-Susakim, dem Zeitgenossen des Rehabeam, zu identifizieren, nicht aber mit Thutmoses Mencheperre, der in ihrer Vorstellung mehr als fünfhundert Jahre früher lebte. Velikovsky konnte diese zeitliche Diskrepanz eliminieren; eine exakte Datierung gelang ihm jedoch nicht. Immerhin konnte er dem Unfug ein Ende setzen, den Scheschonk-Tempel im Delta, der konventionell wiederum dem vierten Träger dieses Namens zugeschrieben wird, als eine schlechte Kopie oder Imitation des Tempels Thutmoses' III in Theben auszugeben.

Besagter Tempel im Delta ist das Vorbild, nicht das Abbild des thebanischen. Beide Tempel wurden mit denselben Annalen desselben Mannes und von demselben Künstler beschriftet. Es sind nicht nur die gleichen Inschriften, die auf die Identität der Erbauer hinweisen, sondern es ist vor allem die typische Darstellung, in welcher der "Eroberer Syriens" eine Schar Besiegter an Stricken hinter sich herzieht, von denen jeder den Namen der Stadt, die Manachpiria in Syrien eroberte, auf der Brust trägt. Diese Städtenamen stimmen mit denen überein, die Manachpiria auch in seinen Annalen erwähnt.

Warum sollte Scheschonk-Sisak, von dem nur bekannt ist, dass er in Jerusalem Tribut kassierte, ganz Syrien auf seinem Tempel im Delta erwähnen? Die Historiker erklären dies mit "einer Vermessenheit, sich mit Thutmoses III, dem großen Syrien-Eroberer auf eine Stufe zu stellen". Diese Erklärung entfällt in meiner berichtigten Darstellung, wie sie auch schon von Velikovsky ad absurdum geführt wurde. Nachdem Thutmoses III zum Pharao Thutmoses IV aufgestiegen war, konnte er in seiner Hauptstadt Theben eine größere und schönere Verherrlichung seiner Siege in Syrien in Auftrag geben, und zwar vermutlich an denselben Künstler, der auch die Tempelwand im Delta ausgeschmückt hatte.

Bevor es aber überhaupt zu einer Darstellung seiner Siege in Syrien kommen konnte, musste Manachpiria sie erst einmal erringen. Dazu benötigte er elf Jahre, nämlich von 631 bis 642 ndFl, von seinem 22. bis zu seinem 33. Jahr. Das heißt in unserer Zeitrechnung von 249 bis 238 v.Chr. statt von 1479 v.Chr. an, wie Breasted meint. Das sind 1230 völlig überflüssige Jahre! Thutmoses' Feldherrn-Annalen geben uns ausführlich Aufschluss darüber, was er in den einzelnen Jahren unternommen, erreicht oder auch nicht erreicht hat. Am Ende steht der Große Naharina-Sieg der Ägypter, der im Jahr nach dem Tode Nebukadrezzurs erst errungen wurde. Dies gelang auch nur mit Unterstützung durch Chatti und Mitanni. Seine Feldherrn-Annalen reichen noch bis in sein 43. Jahr (652 ndFl), in dem er endlich Pharao wurde. Doch viel gab es in diesen letzten zehn Jahren nicht mehr für ihn zu tun.

Es musste der Bedrohung durch die Amoriter ein für allemal ein Ende gesetzt werden. Jetzt, im Jahre 631 ndFl, hatte man es nicht mehr mit einem Lehnsmann zu tun, der Syrien für seinen Oberherrn Samsi-Adad eroberte, sondern mit dem Großkönig und wirklichen Babylonier (er baute Babylon völlig neu auf) Nebukadrezzur (= Nabu-kudur-ussur), der auch Elam besaß. Und wenn man dessen "siegreiche Kämpfe gegen die Bergvölker im Zagros-Gebirge" richtig interpretiert, dann war er auch im Besitz von Medien, Persien, Armenien und Ostanatolien; denn alle diese Gebiete sind Ost-Elam. West-Elam, also das Gebiet der Chatti in Anatolien, gehörte vermutlich auch zu seinem Reich. Hier herrschte derzeit Tudhaliyas, der bis vor kurzem ein Lehnsmann (oder Bundesgenosse) des Amoriters und somit ein Kollege Kedor-Laomors unter seinem Namen Tideal oder Thidhal, König der Heiden, (1. Mose 14) gewesen war.

Im Jahre 22 (KNB, entsprechend den Amtsjahren seit seiner Einsetzung durch Chus im Jahre 610 ndFl), das heißt nach dem neuen ägyptischen Kalender im Jahre 4 (äg.Kal.) = 631 ndFl, beginnen die Feldherrn-Annalen des Thutmoses (III) = Mencheperre, des späteren Pharaos Thutmoses (IV) = Mencheperure, und zwar zunächst im Dienste seines Halbbruders, des Pharaos Ramses IV User-maat-Re. Solange Scheschonk-Smendes-Manachpiria (= Se-sechem-men-cheper[-chau-ib]-Re) in Saïs/Tanis im Delta saß als König ohne Aussicht, jemals Pharao zu werden, konnten ihn die Pharaonen nach ihrem Gutdünken als Heerführer einsetzen und ihn hinschicken, wohin sie wollten. Von einem Mitspracherecht eines Feldherrn bei solchen Entscheidungen bin ich nicht überzeugt. Jetzt wurde ihm aufgetragen, den Krieg gegen den "elenden Fürsten von Naharina" zu führen, nämlich gegen Nebukadrezzur, der den Thron von Amurru nach dem Tode des Samsi-Adad an sich gerissen hatte, indem er dessen unmündigen Sohn Adad-schum-nassir in die Provinz schickte.

Die Annalen des Manachpiria (Teil I)

Bei der Besprechung dieser Annalen beziehe ich mich auf die Ausführungen Breasteds1. Seinen Interpretationen, die ja bekanntlich auf einer falschen Chronologie beruhen, für die Breasted letztlich auch mitverantwortlich ist, werde ich meine eigenen gegenüberstellen bzw. sie durch meine ersetzen müssen.

Für die Feldzüge nach Syrien (Kanaan-Palästina und Phönizien) war es wesentlich einfacher, wenn der Heerführer in Saïs/Tanis im Delta residierte, als wenn er jedesmal den weiten Weg von Theben den Nil herunter hätte machen müssen. Eine derartige Anreise wäre für einen Pharao erst recht unzumutbar gewesen. Immerhin brauchte man für diesen etwa 800 km langen Weg Tage oder Wochen.

Da Phönizien schon 615 ndFl von den Amoritern erobert worden war und die beiden Edom sich wieder in ägyptischer Hand befanden, verlief die Front zwischen den Giganten an Nil und Euphrat quer durch Kanaan. Hier fanden infolgedessen auch die ersten Kämpfe statt.

Im Jahre 4/22/6312, in dem Ramses IV starb und sein Sohn Ramses V auf den Thron kam, kam Manachpiria wieder auf seinen Feldherrnposten. Er brach zum erstenmal nach der Katastrophe als Heerführer auf. In der Festung Megiddo, bis zu der sie schon wieder vorgedrungen waren, hatten die Amoriter - oder jetzt besser: die Babylonier - ihre Truppen konzentriert. Manachpiria besiegte sie vor und in Megiddo. Über dem Plündern, so meint Breasted, vergaßen die Soldaten, die wichtigste Person, nämlich den amoritischen Statthalter von Kadesch, der sich ebenfalls in Megiddo aufgehalten hatte, gefangenzunehmen. So musste sich Manachpiria damit begnügen, dessen Familie in Geiselhaft zu nehmen. Vermutlich hatte sich "die wichtigste Person" rechtzeitig abgesetzt.

Im Jahre 5/23/632 ruhten die Kampfhandlungen in Syrien. Die Ägypter unternahmen etwas Ungewöhnliches. Sie schickten einen Mann nach Phönizien, dessen Reise dorthin von den Historikern als "kindisches Gereise" bezeichnet wird, weil sie diesen Test völlig verkannt haben.

Und um einen Test handelte es sich bei der Reise des Wen-Amun in der Tat. Während der Regierungszeit des Ramses XI oder XII (wie man sagt; in Wirklichkeit handelt es sich um Ramses V Se-user-cheper-ne-maat-Re) sandte der Hohepriester des Amun in Theben, Herihor-Josef, den uns aus einem früheren Kapitel schon bekannten Sohn des Herakles-Necht-Tit mit Namen Una oder Wen-Amun nach Phönizien, um Zedernholz vom Libanon für den Bau der Barke des Amun einzukaufen. Das Geld dafür sollte er sich bei Smendes in Tanis abholen, das heißt bei Scheschonk-Sisak-Thutmoses, der hier mit seiner Gemahlin Ta-Amun = Tentamun-Henataui, der Herrin des Landes, wohnte.

Letztere ist natürlich Hatschepsut, mit der Thutmoses-Manachpiria seit kurzem wieder verheiratet war. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass der "Hintergrundpharao" (so wird obiger User-maat-Re Ramesse XII in diesem Zusammenhang bisweilen bezeichnet) nicht mehr der vierte gewesen sein kann, da dessen Ehe mit der Herrin des Landes aus leicht einzusehendem Grund nicht vor seinem Tode aufgelöst worden sein kann: er wäre dann nämlich nicht mehr thronberechtigt gewesen.

Bei der Ankunft in Gubla (in Phönizien) wurde Wen-Amun das Geld schon beim Ausschiffen gestohlen. So musste er ohne Barschaft vor Zakar-Baal treten, den Herrscher von Gubla, der auf die Seite der Amoriter übergetreten oder von diesen hier eingesetzt worden war. Er hatte im Jahre 616 ndFl eine ägyptische Gesandtschaft, die wegen des Abfalls Phöniziens zu den Amoritern (im Jahre zuvor) protestieren wollte, gegen alle auch damals schon gültigen Regeln der internationalen Diplomatie in Geiselhaft genommen.

Diese von Cha-em-use (Neferkare = Kamose-Echnaton), der zu jener Zeit Wesir des Chus war, entsandten Diplomaten waren kurz vor der Ankunft des Wen-Amun von Zakar-Baal nach 16-jähriger Haft getötet worden. Hinter dieser Tat steckte sehr wahrscheinlich Nebukadrezzur, der mit diesen Geiseln die Ägypter erpressen und sie von weiteren Vorstößen nach Syrien-Phönizien abhalten wollte. Nachdem Manachpiria dem Babylonier gezeigt hatte, dass sich die Ägypter dadurch in keiner Weise abschrecken ließen, gab er kurzerhand den Befehl, die Geiseln zu ermorden. Wie schon gesagt, hatte auch Manachpiria Geiseln genommen, und zwar im Jahre 631 ndFl in Megiddo. Es waren die Verwandten des amoritischen Statthalters von Kadesch. Deren weiteres Schicksal ist nicht überliefert, wohingegen uns das Schicksal der babylonischen Geiseln, die Nebukadrezzur aus Edom-Israel weggeführt hatte, später noch einmal beschäftigen wird.

Wen-Amun zeigte sich vom Tode der Geiseln nur wenig beeindruckt: Sie seien von Cha-em-use gesandt worden, und der sei kein Gott (Pharao) sondern nur ein Mensch gewesen. Mit dieser Formulierung gibt er zu erkennen, dass die Ägypter die Krönung des Chambudscha (Cha-em-use oder -udja) zum Pharao Mesuti-Re durch Herihor völlig ignorierten. Man trug letzterem diese Handlung auch nicht nach; denn sonst wäre er kaum zu dieser Zeit Hoherpriester in Theben gewesen. Ganz offensichtlich hatte die Krönung unter Druck stattgefunden, was bei der Beurteilung Herihors nach der Rückkehr der Herrscherfamilie berücksichtigt worden war. Außerdem war der mächtige und verdiente Pinehas-Pianchi der Sohn des Herihor, der nicht zugelassen hätte, dass seinem Vater irgendetwas angetan worden wäre.

Nach abenteuerlicher Irrfahrt kehrte Wen-Amun nach Hause zurück. Das Ergebnis seiner Testreise war, dass Zakar-Baal sich den Ägyptern gegenüber unfreundlich erwiesen hatte; denn er weigerte sich, das Holz für die Barke des Amun zu liefern. Die Begründung, Wen-Amun habe ja gar kein Geld bei sich, war ein fadenscheiniger Vorwand; denn er selbst war der Hintermann des Geldraubes gewesen, um die Forderung der Ägypter, "wie in alten Zeiten" das Holz herauszugeben, ablehnen zu können. Mit dem Hinweis auf frühere Zeiten kann auch eine Anspielung auf Tributleistungen verbunden gewesen sein, die in der augenblicklichen Situation natürlich wenig angebracht gewesen wäre, da sich Phönizien nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Ägypten befand.

Auf jeden Fall - und davon können wir getrost ausgehen - hatte Zakar-Baal mit diesem unfreundlichen Akt sein Todesurteil bereits gesprochen. Er ist meines Erachtens kein direkter Vorfahre des Rib-Addi von Gubla gewesen, der uns in den Amarnabriefen ausgiebig beschäftigen wird; denn von ihm hören wir, dass alle seine Vorfahren ägyptentreu gewesen seien. Wenn das auch nicht unbedingt stimmen muss, so kann es dennoch zutreffen, wenn nämlich die Ägypter nach ihrer Eroberung Gublas einen Vorfahren Rib-Addis oder gar diesen selbst in Gubla eingesetzt hätten. Schließlich können dessen Vorfahren auch schon zu früheren Zeiten ägyptenfreundlich gewesen sein, also vor Zakar-Baal.

Im Jahre 6/24/633 kam es nicht zu einem Feldzug, sondern die Ägypter begannen mit dem Bau einer Flotte, um den Seekrieg gegen Phönizien führen zu können. Jetzt dürfen wir uns auch fragen, ob nicht dieser beabsichtigte Flottenbau der wirkliche Grund für die Reise des Wen-Amun wegen der Zedern aus dem Libanon war. Dann wäre der Hinweis auf "die Barke des Amun" eine Vortäuschung gewesen.

Der Chronist vermerkt auch, dass der König von Assyrien Geschenke gesandt habe. Hier gibt es einigen Spielraum für Spekulationen, die ich im vorigen Kapitel schon durchgeführt habe. Diese Kontaktaufnahme des Astyages und der Semiramis mit ihren Söhnen Arioch-Nimrod und Adad-narari mit Ägypten führte zu der Flucht oder Exilierung der vier nach Urartu.

Ramses V soll nach zweijähriger Regierung an den Pocken gestorben sein. Das wird aus dem Zustand seiner Mumie geschlossen, die ein von Pickeln entstelltes Gesicht erkennen lässt. Es ist eher zu bezweifeln, dass der Pockentod den Tatsachen entspricht. Wahrscheinlich wurde er in diesem Jahr ermordet. So kam Hatschepsut wieder auf den Pharaonenthron. Es liegt zwar nahe, ihren Gemahl Manachpiria mit den dazu führenden Umständen in Verbindung zu bringen. Ich sehe ihn jedoch lediglich mit ihr nach Theben gehen; denn in den beiden folgenden Jahren nahm er seine Feldzüge noch nicht wieder auf.

Die Zeit arbeitete zunächst für jenen anderen, der zu dem Tod des jungen Ramses V beigetragen haben dürfte, nämlich für Amenophis-Sethos, den Sohn der Hatschepsut. Wie ich weiter oben schon sagte, führte er in den folgenden drei Jahren einige Feldzüge.

Der Feldzug des Jahres 7/25/634 erscheint - wie der des folgenden Jahres auch - in den Annalen des Manachpiria deswegen eher unbedeutend. Für das Jahr 7 (äg.Kal.) der Annalen des Amenophis-Sethos ist ein Feldzug nach Syrien festgehalten worden, was bedeutet, dass Ameni-Acheperre-Osorkon seine Feldherrntätigkeit in dieser Region wieder aufgenommen haben muss. Wenn dies damit zu tun hat, dass Hatschepsut zum zweitenmal auf den Thron gekommen war (633 ndFl), dann ist es gerechtfertigt, darin eher das Werk ihres Sohnes als das ihres Gatten zu sehen. Den Feldzug dieses 7. Jahres kennen wir aus dem AT:

Serach, der Äthiopier

Über die Geschichte des AT und deren Richtigstellung wird im Kapitel Die Chronik der Könige in aller Ausführlichkeit abgehandelt. Trotzdem soll hier der Krieg an Hand der AT-Angaben geschildert werden:

(2. Chron. 14, 6): Und er (Asa) sprach zu Juda: Lasst uns diese Städte bauen und Mauern darumher führen und Türme, Türen und Riegel, weil das Land noch offen vor uns ist; ... Also bauten sie, und es ging glücklich vonstatten. (7) Und Asa hatte eine Heereskraft, die Schild und Spieß trugen, aus Juda 300.000 und aus Benjamin, die Schilde trugen und mit dem Bogen schießen konnten, 280.000; und diese waren alle starke Helden.

(8) Es zog aber wider sie aus Serah, der Mohr, mit einer Heereskraft 1000 mal 1000, dazu dreihundert Wagen, und sie kamen bis gen Maresa. (9) Und Asa zog aus, ihm entgegen; und sie rüsteten sich zum Streit im Tal Zephatha bei Maresa. ... (11) Und der Herr schlug die Mohren vor Asa und vor Juda, dass sie flohen. (12) Und Asa samt dem Volk, das bei ihm war, jagte ihnen nach bis gen Gerar ... (13) Und er schlug alle Städte um Gerar her ...

Serah, der Mohr, oder Serach, der Äthiopier, hatte mit diesem Feldzug kein Glück. Der große, sieggewohnte Manachpiria hätte vielleicht besser abgeschnitten. Doch der bereitete sich auf eine Reise mit seiner Gemahlin Hatschepsut vor, die sich mit der neuen Flotte ins Land Punt begeben wollte. Es wird angenommen, "der Kleine", der auf der Darstellung der Puntreise neben Hatschepsut im Schiff steht, sei entweder ein Sohn der Pharaonin oder deren Gemahl Mencheperre. Die verkleinerte Abbildung eines Menschen neben einem Pharao oder einer Pharaonin entspricht der ägyptischen Gepflogenheit. Daher braucht "der Kleine" nicht unbedingt ein Kind zu sein. Wenn dem so war, dann konnte Manachpiria natürlich nicht bei Maresa (= Moreseth, Areseth) dabei sein. Für die Ägypter war diese Schlacht ein Rückschlag. User-A-cheper-Re tröstete sich, indem er im Jahre 9/27/636 seine (totgeglaubte?) Mutter in ihrer Abwesenheit absetzte und selbst auf den Pharaonenthron stieg.

Sethos II User-cheperu-Re, den ich mit Amenophis II A-cheperu-Re identifiziere, gilt als ein Pharao, der vor seinem Regierungsantritt Vizekönig von Nubien war. Daher rührt die Bezeichnung "der Äthiopier" für Serach. Insofern ist auch seine Identität mit Sethos-Ramses-Ameni plausibel. Die Identität des "Mohren" Serach mit Amenophis II stellte Velikovsky schon fest, der dessen Identität mit Sethos, dem Sohn des Amenophis-Ramses, oder mit Sethos II jedoch nicht erkannte. Die Identität des A-User-cheperu-Re mit A-User-Re Apophis aus der 16., der sogenannten "Hyksos-Dynastie", liegt indes auf der Hand; denn Achmose-Apophis war sein Großvater und Urgroßvater. Auf die Identität des Amenophis II mit Sethos II gibt es noch einen nicht zu übersehenden Hinweis3:

Der französische Archäologe Victor Loret wunderte sich darüber, dass er im Grabe Amenophis' II die Mumie Amenophis' III im Sarkophag Ramses' III fand, der mit dem Deckel des Sarkophags von Sethos II verschlossen worden war. Ich meine, dass man sehr wohl Mumien transportieren kann, nicht aber halte ich es für wahrscheinlich, dass man ganze Sarkophage mit ihrem Riesengewicht von einem Grab zum anderen transportiert hat, zumal man dann doch noch einen anderen darin beisetzte. Ich halte es daher für angebrachter, den Sarkophag Ramses' III für den des Ramses-Sethos anzusehen, der mit dem Inhaber des Grabes, mit Amenophis II identisch ist, was durch die Tatsache erhärtet wird, dass man diesen Sarkophag mit eben dem Deckel verschlossen fand, der zu Sethos II gehört. Hier ist noch ein weites Feld zu bestellen. Was die Mumien anbelangt, da ist Eindeutigkeit ohnehin ein Fremdwort, wie ich in einem früheren Kapitel schon zeigte.

Bemerkenswert ist auch die Darstellung des sogenannten "Udja-Auges" auf dem Sarkophag Sethos' II, das als ein typisches Symbol der Ptolemäer gilt, die konventionell erst Jahrhunderte nach Sethos II auftreten. Es ist daher legitim, in Sethos-Amenophis II = A-User-Re Apophis einen frühen Ptolemäer (= Ptah-Ra-messe) zu sehen. Schließlich stammte er - wie oben schon gesagt wurde - von Achmose = Ptah, Apophis, ab, und zwar väterlicher- wie mütterlicherseits:

ACHMOSE NEB-PECHTI-(= PTAH-)RE
|                     |
|                     CHUS-THUTMOSES I
|                     |
DJOSER-AMENOPHIS I oo SEBA-HATSCHEPSUT
|
SETHOS-AMENOPHIS II


Konventionell gilt allerdings sein Zeitgenosse Lagos als der Stammher der Ptolemäer; er ist der Sohn Baina-Lechem = Menelik = Paionech von Pianchi. Als Pharao trägt er die Namen Necho bzw. Psammetich (= Ptah-maat) Mentemchet.

Wenn Ameni-Sethos im Jahre 7 = 634 ndFl schon wieder Feldzüge in Syrien führte, und wenn er sogar schon im Jahr zuvor seiner Mutter auf den Thron geholfen hatte, dann kann er ab diesem Jahr kaum noch Vizekönig in Nubien gewesen sein. Wann aber hatte sein Wechsel vom Delta, wo er noch im Jahre 630 ndFl gesessen hatte, als Pianchi gegen seinen Bruder Tefnachte zog, nach Nubien stattgefunden? Zweifellos war auch Pianchi ein äthiopischer Fürst. Eine denkbare Erklärung dafür wäre, wieso sich die Herrscher in Nubien so drängeln, dass es einen Vizekönig und einen oder mehrere Teilfürsten in Nubien gab, die jeweils nur über ein Teilgebiet regierten. Ich halte Pianchi für einen Fürsten, der sich nur einige Jahre in Nubien-Äthiopien aufhielt, und meine, dass der Pharaonen-Thronanwärter Ameni-Sethos in Nubien Vizekönig war, bis er spätestens im Jahre 634 ndFl nach Norden zurückkehrte. Als Nachfolger des Ameni-Sethos in Nubien käme zunächst Pianchi in Frage, der vom Fürsten zum Vizekönig befördert worden sein könnte, oder sogar schon dessen Sohn mit (der Königin von) Saba, jener oben erwähnte (Paio-)Necho oder Nehi.

Memnon, der Sohn des Tithonos und der Eos, der Schwester des Helios, der uns aus der Dichtung über den Trojanischen Krieg bekannt ist, worin er von Achilles getötet wird, war ebenfalls ein Fürst von Nubien. Er war entweder der Bruder des Wen-Amun, oder er war mit diesem sogar identisch. Aus dem Namen Unamun den Namen Memnon zu machen, das war für die Griechen keine Schwierigkeit. Ich halte es aber eher für unwahrscheinlich, dass ein Sohn des Herakles-Nacht-Tit = Tithonos, selbst wenn dieser die um 572 ndFl geborene Schwester Eos = Ese-nofre = Nefer-renpet des "Helios", also des amtierenden Pharaos, geheiratet hatte, Vizekönig von Nubien werden konnte. Er dürfte mit einem Fürstenthron sehr gut bedient gewesen sein. Die Eltern der "jüngeren Nefer" (= Nefer-renpet) waren Djoser und Neferu-Re. Insofern war Eos eine Halbschwester des Pharaos Acheperure. Sie und Herakles waren auch die Eltern des Una = Wen-Amun. Memnon, der vermutlich im Jahre 8/26/635 mit der ägyptischen Expeditionsflotte nach Troja kam, wo Hatschepsut einen Zwischenaufenthalt eingelegt haben könnte, wurde hier bald darauf in den Trojanischen Krieg verwickelt und kam darin zu Tode (spätestens 636 ndFl). Memnon und Priamos waren Schwäger.

In Fortführung dieses Gedankens wäre es vorstellbar, dass, nachdem in Ägypten die Nachricht vom Untergang der Memnon-Expedition eingetroffen war, der Tod der Pharaonin und ihres Gefolges unterstellt wurde. So könnte es zu der Krönung ihres Sohnes als ihrem Nachfolger gekommen sein. Immerhin lässt die Tatsache, dass Hatschepsut nach ihrer Rückkehr ihren Totentempel mit den Reliefdarstellungen ihrer Puntreise schmücken konnte, den Schluss zu, dass sie keinesfalls verfemt war. Sie wäre mithin nicht nur der einzige weibliche Pharao (nicht der einzige weibliche König!) gewesen, sondern auch der einzige Pharao, der "von den Toten wiederauferstand".

Auf dem Relief an ihrem Totentempel in Dêr-el-Bahri nahe Theben, das ihre Puntreise sehr lebendig schildert, ließ Hatschepsut einen gewissen pa-Aruach mit einer recht unvorteilhaft aussehenden Frau darstellen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass es sich bei diesen beiden um den Vogt Arioch und seine Mutter Semiramis handelt, die die Pharaonin bei ihrer Landung in Punt begrüßen. Arioch-Nimrud war nicht nur der Halbbruder der Chus-Tochter Seba = Hatschepsut, er war vor allem ein Feind des Ägyptengegners Nr. 1, des "elenden Fürsten von Naharina", des Nebukadrezzur. So mag die Pikanterie, ja die Peinlichkeit dieser Begegnung bald realpolitischen Gesprächen gewichen sein.

Am Konferenztisch saßen außer Hatschepsut (und Men-cheper-Re?) und den Exulanten Astyages, Semiramis, Arioch-Nimrod und Adad-narari auch die Herren Schutarna von Medien, der Neffe des Astyages (Sohn seines Bruders Artatama), und der Chattikönig Tudhaliyas. Letzterer hatte - wie die Meder - ein Bündnis mit Ischtar-Muwa von Amurru, also mit Nebukadrezzur. Dessen bevorzugte Göttin war die Mutter der chaldäo-elamitischen Stammutter Artemis-Hekate-Diana, nämlich Leto-Asterie-Ischtar. Ihr widmete er eines der Stadttore in Babylon (das "Ischtar-Tor"), und ihr zu Ehren nannte er sich auch Ischtar-Muwa. Die Göttin konnte seinen Untergang nicht aufhalten. Seine Verbündeten wechselten die Seiten.

Ihr Interesse an Medien dokumentierten die Ägypter schon bald nach der Rückkehr der Pharaonin. So ist denn auch für das Jahr 10/28/637 in den Annalen Manachpirias kein Feldzug verzeichnet, vielmehr findet eine Hochzeit statt, die als das Ergebnis der in Punt geführten Verhandlungen aufgefasst werden kann. Über das freudige Ereignis informiert uns der Hochzeits-Skarabäus:

Jahr 10 unter der Majestät Horus Starker Stier, Amenophis, Herrscher von Theben, dem Leben gegeben werde. Die Große Königliche Gemahlin Teje, sie lebe, der Name ihres Vaters ist Juja, der Name ihrer Mutter ist Tuja. Ein Wunder gebracht seiner Majestät: Giluchepa, die Tochter des Fürsten von Naharina, Schutarna, und die Besten ihres Harems, 317 Frauen.

Konventionell hält man Amenophis III (Neb-maat-Re) für den glücklichen Bräutigam. Dies geht aus der Inschrift nicht hervor. Dafür weist der Beiname "Starker Stier" ganz eindeutig auf einen Nachfahren des Ap(oph)is-Stieres Achmose hin, und zwar auf den wegen seiner körperlichen Kräfte gerühmten Amenophis II A-cheperu-Re, dessen Bogen außer ihm niemand spannen konnte. Ka-Necht (= "Starker Stier") war ein typischer Bestandteil in den Namen der Nachfahren des Achmose, der selbst schon wegen seiner Kraft den Beinamen "Stier" trug. Ein zweiter Grund, warum man diese Hochzeit mit dem dritten Amenophis in Verbindung bringt ist der, dass Teje als Mutter des Amenophis IV-Echnaton gilt, was auf dem (meines Erachtens) eklatantesten Irrtum der Ägyptologie beruht, auf der Gleichsetzung des Napchuria aus den Amarnabriefen mit Echnaton. Tatsächlich ist Teje die Mutter dieses Napchuria (= Taharka), aber weder ist dieser Echnaton noch ist sein Vater Nimmuria-Amenophis III, wenn das letztere auch aus den Briefen hervorzugehen scheint.

Nimmuria (= Neb-maat-Re, Amenophis III) war später in der Tat, und zwar nach dem Tode Amenophis' II, mit Teje verheiratet. Insofern war er der Adoptivvater des Napchuria-Taharka. Im Jahr 10 ist Teje "Große Königliche Gemahlin", als welche sie nur die Hauptfrau eines Pharaos gewesen sein kann. Sie ist die Gattin mit Namen Te'o des Amenophis II. Ihr Vater war Juja, also der Priester Chaja = Eje, der in konventioneller Sicht ebenfalls mit Teje verheiratet gewesen sein soll, was die Historiker in Verwunderung versetzt hat. Selbstverständlich muss der Name der Gattin Ejes Tuja und nicht Teje gelesen werden.

Amenophis III Neb-maat-Re war demnach auch nicht mit der Mitanni-Prinzessin Giluchipa verheiratet. Vielmehr hatte er, als weder er noch sein Vater Pharao waren, eine Schwester des Kadaschman-Charbe geheiratet, also eine Tochter des Karaïndasch (auf diese beiden Herren komme ich wieder zurück). Als Nimmuria später auch noch eine Tochter des Kadaschman-Charbe zur Frau nehmen wollte, reagierte dieser sehr vorsichtig, da er seine Schwester als vermisst ansah.

Amenophis II nahm kurz nach seiner Eheschließung mit Giluchipa eine Tochter des Tudhaliyas zur Frau, dessen Sohn Suppiluliumas später einen bösen Brief an den König von Hayasa (= Ägypten) schrieb, in dem er sich über die Moral am ägyptischen Hofe beklagte, die ihm für seine Schwester zu liberal vorkam.

Die Annalen des Manachpiria (Teil II)

Amenophis II machte den bewährten Feldherrn Manachpiria wieder zum Oberbefehlshaber des Heeres. Im Jahre 11/29/638 brach dieser erstmals mit der neuen Flotte auf und nahm die phönizischen Städte Tunip und Arwad ein. Dieser erste große Erfolg nach sieben Jahren war ein Ereignis, das von den Soldaten ausgiebig begossen wurde: "Das Heer seiner Majestät war trunken", vermerkte Manachpiria, der Feldherr Seiner Majestät, in seinen Annalen. Er hatte für das nächste Jahr die Basis geschaffen, von der aus er den Vorstoß nach Kadesch wagen konnte.

Im Jahre 12/30/639 fiel endlich die schwerbefestigte Residenz des babylonischen Oberstatthalters über Amurru-Kanaan nach monatelanger Belagerung. Mit der Einnahme von Kadesch war der wichtigste Vorposten der Babylonier und das größte Hindernis für die Ägypter auf dem Wege nach Naharina beseitigt. Der Euphrat war ein entscheidendes Stück näher gerückt.

Amenophis II setzte seinen Schwiegervater Schutarna, den der Hochzeits-Skarabäus schon vorausschauend als "Fürsten von Naharina" betitelt hatte, in Muschichuna ein, der mutmaßlichen Hauptstadt des Landes Mu...chi (in hethitischen Texten). Beide, Stadt und Land, sind bisher nicht eindeutig lokalisiert worden. In den Amarnabriefen Nrn. 182 bis 184 nennt Schutarna seine Residenz jedenfalls Muschichuna. Ich halte sie für Samaria.

Der Sohn Aitugama des Schutarna wurde ebenfalls in den von Manachpiria eroberten Ländern eingesetzt, und zwar in der Stadt Kinza (Amarnabriefe), das mit Kadesch gleichgesetzt worden ist. Wieso der Sohn statt des Vaters in der Festung des Statthalters eingesetzt wurde, kann damit zusammenhängen, dass Kadesch (am Orontes, die mutmaßliche Hauptstadt von David I) keine blühende Stadt mehr war, nachdem die Ägypter sie erobert hatten.

Die Frage ist hier angebracht, wie Asa und seine Verbündeten ihren Sieg des Jahres 636 ndFl über die Ägypter unter Serach, dem Äthiopier, zu nutzen verstanden hatten; denn zweifellos bekam im Jahre 639 ndFl die ägyptentreue Partei durch den Sieg des Manachpiria bei Kadesch und den Fall dieser Stadt wieder Oberwasser. Der Anführer dieser Partei war sehr wahrscheinlich Jerobeam-Omri, der in diesem Jahr seinen Sohn Pekachabbu (= Ahab) als Unterstatthalter in Jesreel einsetzte und ihn mit der Tochter des Phöniziers Ethbal (= Ittobaal) von Sidon vermählte, mit Isebel. Welches Schicksal Jerobeam und Ahab in den drei Jahren nach dem Sieg des Asa-Baesa bis zum Fall der Stadt Kadesch hatten, ist schwer zu sagen. Auf diesen ganzen Komplex komme ich im Kapitel Die Chronik der Könige wieder zurück.

Wenn man die berichtigte Geschichte des Alten Testaments den Ereignissen gegenüberstellt, die sich aus den Annalen Manachpirias entnehmen lassen, dann gewinnt man den Eindruck, als habe der Sieg Asas und seiner Verbündeten nur bewirkt, dass eine Atempause geschaffen wurde, in der Asa und seine Bundesgenossen den Kampf gegen Jerobeam-Omri von den Ägyptern ungestört fortsetzen konnten. Eine letzte Entscheidung wurde bis 639 ndFl (Fall von Kadesch) von keiner der beiden Seiten errungen. Ein Ende des Kampfes ist allerdings auch 639 noch nicht in Sicht.

Im Jahre 13/31/640 führte Manachpiria seinen siebten Feldzug. Breasted schreibt4:

Die Einschließung (Eig.Anm.: gemeint ist die von Kadesch im Jahr zuvor) hatte so lange gewährt, dass den Küstenstädten in der Hoffnung, Thutmosis sei ein Unglück zugestoßen, schon wieder der Kamm geschwollen war. Ehe also der lange geplante Zug nach Naharina unternommen werden konnte, mussten die aufrührerischen Küstenstädte wieder zur Räson gebracht werden. Der Schluss dieses Jahres und das ganze darauffolgende (31.) verging mit der Bestrafung des hartnäckigen Arwad und seiner Nachbarstadt Simyra. Dann fuhr Thutmosis von Hafen zu Hafen die Küste entlang, zeigte überall seine Truppen und brachte nun völlige Ordnung in die Verwaltung der Städte.

Bezogen auf das Alte Testament bedeutet das letztere, dass Schutarna und Omri-Jerobeam in ihre neuen Ämter eingeführt wurden. Darüber wird an anderer Stelle abzuhandeln sein. Auch die Städte Arwad und Simyra (= Sumur) werden uns wieder begegnen: in den Amarnabriefen.

Das Jahr 641 ndFl: Der Einsturz des Siddimtales

Im Jahre 14/32/641 führte Manachpiria keinen Feldzug; denn es brach wieder einmal die Hölle los. Zwar war diesmal die Katastrophe nicht weltweit, aber für die Betroffenen war sie schlimm genug. Ich meine den Einsturz des Siddimtales ("wo heute das Salzmeer ist"), oder besser bekannt unter der Bezeichnung "der Untergang von Sodom und Gomorra". Der Einsturz fand offenbar ganz am Anfang des Jahres statt, wie aus 2. Mose 9, 31.32 hervorgeht, nämlich zur Zeit der Flachsblüte, als die Gerste schon Ähren trug, was in Israel in den Februar gehört. Daher hatte sich das ägyptische Heer noch nicht in Marsch gesetzt. Konventionell gehört die Angabe in besagtem Kapitel nicht zum Siddim-Einsturz, sondern zu den Plagen; aber ich hatte schon in dem Kapitel über die Plagen gesagt, dass die in 2. Mose 9 überlieferte Hagelplage nichts mit gewöhnlichem Hagel zu tun hat, sondern mit heißen "barad"-Steinen, die zu dieser Jahreszeit nicht zu den Plagen gehören können.

Von der Schulwissenschaft wird diese in 1. Mose 19 wiedergegebene Katastrophe mit dem dazugehörigen Zeitgenossen Abraham etwa um das Jahr 1900 v.Chr. gesehen, von manchen auch 100 bis 200 Jahre später. Eine befriedigende Datierung ist das keineswegs, selbst für die Historiker und die Bibelexperten nicht. Da nun in der berichtigten Geschichte Abraham nicht 600 oder 700 Jahre vor dem Exodus lebt, so besteht auch keine Veranlassung, den Einsturz des Siddimtales um eine so große Zeitspanne vor den Exodus zu verlegen. Im Gegenteil; der Einsturz gehört sogar in die Zeit nach dem Exodus!

Im 14. Jahr der Herrschaft des Königs Kedor-Laomor von Elam über Edom-Israel war das Tal noch intakt, wie der Sieg der vier Amoriterkönige über die fünf Edomiterkönige von Sodom, Gomorra, Adama, Zeboim und Bela-Zoar erkennen lässt (1. Mose 14). Bis auf das "wegen seiner Kleinheit verschonte" Zoar fielen diese vier Städte dem Einsturz zum Opfer. Besagte Schlacht fand im Jahre 629 ndFl statt, und zwölf Jahre später versanken die Siddim-Städte in der Tiefe des Grabens, der heute von dem "Salzmeer" ausgefüllt wird, vom Toten Meer.

Wer nun Amraphel von Sinear, den einen der vier Amoriterkönige, mit Hammurabi identifiziert - was konventionell immerhin versucht worden ist -, der muss auch Abraham und den Siddimeinsturz in die Zeit Hammurabis verlegen, die etwa zweihundert Jahre später angesetzt wird als für die Datierung des Einsturzes allgemein üblich. Damit brauchen wir uns jedoch nicht zu befassen. Stattdessen beschäftigen wir uns mit dem Einsturz selbst.

Der Jordangraben ist der Anfang eines Grabensystems, das durch das Rote Meer bis tief nach Afrika hineinreicht und hier durch den Tanganjika- und den Njassasee führt. Der Nahvorbeizug Typhons hatte möglicherweise bewirkt, dass die Spannung in den Gesteinsformationen des Jordantals erheblich zugenommen hatte. Dem Einsturz, der als Folge der Grabenerweiterung eintrat, widmet das Alte Testament ausführliche Beschreibungen. Nicht nur in 1. Mose 19, wo die Katastrophe eingehend geschildert wird, sondern auch in anderen Kapiteln des AT weisen Beschreibungen eindeutig auf diesen Vorgang hin.

Weniger offensichtlich als die Gleichzeitigkeit des Taleinsturzes mit Abraham ist die mit dem Propheten Elia(s), den ich schon als den Sohn Eleasar des Aaron vorgestellt habe. Elia gilt als "Thisbiter", was darauf hinweist, dass er aus Ägypten, womöglich direkt aus Thisbe = Theben kam. Elia(sar) wohnte wie Abraham in Hebron, der Levitenstadt; er kann durchaus der von Abraham (1. Mose 15, 2) erwähnte Elieser von Damaskus gewesen sein, der der Erbe Abrahams gewesen wäre, wenn Abraham kinderlos geblieben wäre. Seine Beziehung zu Damaskus ist allerdings nicht ohne weiteres ersichtlich. Es kommt aber - wie ich im letzten Richterbuch-Kapitel andeutete - auch noch ein anderer Elieser als Erbe Abrahams in Frage.

Der Prophet Elias vernahm das "sanfte Sausen" und damit die Frühwarnung vor dem Einsturz:

1. Könige 19: (11) ... Und siehe, der Herr ging vorüber und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging vor dem Herrn her; der Herr aber war nicht im Winde. Nach dem Winde aber kam ein Erdbeben; aber der Herr war nicht im Erdbeben. (12) Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der Herr war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen. (13) Da das Elia hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel und ging heraus und trat in die Tür der Höhle. Und siehe, da kam eine Stimme zu ihm ...

Die Reihenfolge dürfte in Wirklichkeit eine andere gewesen sein: Zuerst das "sanfte Sausen", dann der Sturm, das Erdbeben und das Feuer in dieser logischen Konsequenz. Das Phänomen des "sanften Sausens" basiert physikalisch auf dem piëzoelektrischen Effekt, der auch den modernen Quarzuhren zugrundeliegt. Durch den beim Durchbiegen des Tales entstehenden Druck auf die Gesteinskristalle entsteht so genannte Piëzo-(= Druck-)elektrizität, die eine Ionisierung (elektrische Aufladung) der Luft bewirkt. Das beim Entladen der elektrisierten Luft entstehende Knistern in Verbindung mit dem für derartige Entladungen typischen "Ozongeruch" nehmen die Tiere vermutlich schon in sehr geringer Intensität wahr, wodurch sie vor Erdbeben rechtzeitig gewarnt werden und die Flucht ergreifen können. Ein Mensch vernimmt diese Vorwarnung normalerweise nicht; doch im Falle des Siddimeinsturzes war dieses "sanfte Sausen" zumindest für Elia wahrnehmbar. Einen besseren Sinn vermag ich dieser Bibelstelle (1. Könige 19, 11-13) nicht zu geben.

Wesentlich besser zu hören als das "sanfte Sausen" waren im Anschluss daran "die Trompeten von Jericho", einer Stadt im Jordantal, die nicht weit vom Nordrand des Toten Meeres liegt. Dem Einsturz des Talbodens muss ein aus dem "sanften Sausen" gesteigertes langgezogenes, ächzendes oder trompetenartiges Geräusch voraufgegangen sein, als sich das Tal allmählich durchsenkte. Dieses Geräusch schwoll im Verlauf des eigentlichen Einsturzes zu einer ungemein lautstarken "Trompete" an, bis sich der eigentliche Sturz des Tales in die darunterliegende feurige Magmamasse mit einem donnerartigen Knall von unvorstellbarer Lautstärke vollzog.

Sofort stieg auch "Rauch wie von einem Ofen" auf, und ein Feuerschein, der über hunderte von Kilometern sichtbar war, begleitete die Eruption, die zwangsläufig als Folge des Einsturzes eintreten musste. Hebron, Abrahams Wohnsitz zur damaligen Zeit, und viele andere Städte in der unmittelbaren Umgebung des Toten Meeres wurden begreiflicherweise arg in Mitleidenschaft gezogen. Erdbeben und Brände verheerten weite Teile des Landes. Schließlich kamen, wie ich schon in einem früheren Kapitel gezeigt habe, "barad"-Steine, die heiß waren, sogar in Ägypten herunter. Wir werden aber sehen, dass noch weiter entfernt gelegene Orte von der Katastrophe zu spüren bekamen.

Usia, der auch Asarja hieß und mit dem Abed-Nego aus dem Buch Daniel identisch sein dürfte, war vermutlich bereits wieder in Jerusalem, obwohl die Zeit des Exils eigentlich noch nicht abgelaufen war. Entweder war Asarja = Abed-Nego nicht Asarja-Usia, sondern Esra-Seraja-Serubabel, oder er war von Nebukadrezzur als "Aufpasser" nach Jerusalem entsandt worden. Er soll während des Räucherns erlebt haben, wie der Tempel Risse bekam und ein Erdrutsch die Stadt ernstlich bedrohte. Es ist jedoch auch möglich, dass diese Begebenheit gar nicht "der Aufruhr des Usia" war, sondern die Typhon-Katastrophe. Auf jeden Fall war Asarja-Usia zu dieser Zeit nicht der König von Juda, wie ich in einem späteren Kapitel noch zeigen werde.

Das AT verbindet mit diesem Vorgang, der eine verbotene Handlung gewesen sein soll, den Ausbruch des Aussatzes bei Usia. Er gilt bekanntlich als Usia, der Aussätzige. Die Erklärung, er habe als König verbotenerweise im Tempel geräuchert, was nur dem Priester zukam, entfällt in dem Augenblick, in dem Usia kein König zu sein braucht, sondern er der Priester selbst oder noch gar nicht wieder im Lande war.

Abraham überlebte die Katastrophe meines Erachtens nicht; ich vermute, dass er im Alter von 75 Jahren in Hebron dabei ums Leben kam:

1. Mose 15: (12) Da nun die Sonne am Untergehen war, fiel ein tiefer Schlaf auf Abram; und siehe, Schrecken und große Finsternis überfiel ihn. ... (15) Und du sollst fahren zu deinen Vätern mit Frieden und in gutem Alter begraben werden. ... (17) Als nun die Sonne untergegangen und es finster geworden war, siehe, da rauchte ein Ofen, und eine Feuerflamme fuhr zwischen den Stücken hin. (18) An dem Tage machte der Herr einen Bund mit Abram und sprach: Deinem Samen will ich dies Land geben, vom Wasser Ägyptens an bis an das große Wasser Euphrat: ...

Ich halte diese Bibelstelle für die Beschreibung von Abrahams Tod, der im AT jedoch erst nach weiteren hundert Jahren vorgesehen ist:

1. Mose 25: (7) Das ist aber Abrahams Alter, das er gelebt hat: 175 Jahre. (8) Und er nahm ab und starb in einem ruhigen Alter, da er alt und lebenssatt war, und ward zu seinem Volk gesammelt.

Die Mauern von Jericho stürzten infolge des "Trompetenstoßes" ein. Damit war aber auch gleichzeitig eine Schwachstelle entstanden, durch die Eindringlinge von östlich des Jordan in das Gebiet westlich des Jordan einmarschieren konnten. Das wird bald geschehen; denn bei Tage der Rauch- und bei Nacht der Feuersäule folgend machte sich Ka-Mose, der 622 ndFl wegen des misslungen Putsches und 628 ndFl wegen seiner Niederlage gegen Aaron-Petubastis in den Midian geflohen war, auf und zog nach Norden. Die Rauchsäule wurde von einer südwestlichen Luftströmung in hohen Schichten der Atmosphäre fortgetragen. Sie war nach spätestens zwei Tagen über Mesopotamien angelangt.

Zwei Hinweise ermöglichen uns die Datierung der Siddim-Katastrophe und der gleichzeitigen Vorgänge, die zu ersten großen Erfolgen der Verbündeten in Babylonien führten. Den einen Hinweis gibt Xenophon in seiner "Anabasis". Er sagt (Anab. III, 4):

(6) ... die Griechen aber marschierten ... weiter und gelangten zum Tigris. (7) Dort lag eine verlassene große Stadt mit Namen Larisa. Früher hatten die Meder sie bewohnt. ... (8) Diese Stadt hatte der persische König auf keine Weise einnehmen können, als die Perser den Medern die Herrschaft zu entreißen trachteten. Es verdunkelte aber eine Wolke die Sonne und machte sie unsichtbar, bis die Menschen abgezogen waren. So wurde die Stadt erobert.

Larisa soll das antike Kalach-Nimrud gewesen sein, eine der wichtigen Städte der Assyrer. Ich halte Resen (vgl. La-Risa !), eine nur im AT erwähnte assyrische Stadt, oder Assur für mindestens ebenso wahrscheinlich, wenn nicht sogar wahrscheinlicher. Xenophon kam etwa 85 Jahre nach der Eroberung und noch keine vierzig Jahre nach der Zerstörung dieser Stadt hier vorbei. Seine Kenntnisse sind lückenhaft und ungenau. Trotzdem lässt sich aus seinen Angaben noch ein Bild der Vorgänge machen, die die letzte Phase jenes Vorderasiatischen Krieges ausmachen, den ich - mehr im Scherz denn im Ernst - als Fortsetzung des Trojanischen Krieges bezeichnet habe. Xenophon berichtet weiter:

(10) Von dort zogen sie in einem Tagesmarsch sechs Parasangen zu einer einsamen Mauer, die eine große Stadt umgab, Mespila mit Namen; Meder hatten sie einst bewohnt. ... (11) ... Hierher soll Medeia, eine Gemahlin des Großkönigs, geflohen sein, als die Meder die Herrschaft an die Perser verloren. (12) Diese Stadt konnte der Großkönig bei der Belagerung trotz langer Zeit und großer Anstrengung nicht einnehmen. Zeus erschreckte die Einwohner durch einen Donner, und so wurde die Stadt erobert.

Mespila ist das antike Ninive, jene gefürchtete Hauptstadt der Assyrer. Da Xenophon in umgekehrter Richtung an den Städten vorbeikam als deren Eroberung vor sich gegangen war, beschreibt er deren Einnahme natürlich in umgekehrter Reihenfolge. Logisch ist diese:

Der Einsturz des Siddimtales im Jahre 641 ndFl verursachte einen bis nach Mesopotamien - über mehr als tausend Kilometer! - zu hörenden Donner. Es ist nicht auszudenken, wie lautstark dieser Donner in der unmittelbaren Umgebung des Siddimtales gewesen sein muss. Die wesentlich langsamere Dunkelwolke traf selbstverständlich später als der mit Schallgeschwindigkeit forteilende Donner in Mesopotamien ein. Folglich liegt die Reihenfolge der Eroberungen fest: zuerst das nördlicher gelegene Ninive und dann das mindestens eine Tagesreise weiter südlich liegende Assur, um das es sich bei Larisa handeln dürfte.

Der zweite Datierungshinweis stammt von einem Tonprisma, das als Grundsteinurkunde im Doppeltempel der Götter Anu und Adad in Assur gefunden wurde. Die hierin angegebene Zahl "641" hat Verwirrung gestiftet. Der Text lautet:

In jenen Tagen geschah dies: der Tempel Anus und Adads, der großen Götter, meiner Herren, welchen vordem Samsi-Adad, der Statthalter Assurs und Sohn des Ischme-Dagan, des Statthalters Assurs, gebaut hatte, und der im Laufe von 641 Jahren mehr und mehr zerfallen war, Assur-Dan, der König von Assyrien, der Sohn des Ninurta-apal-ekur, des Königs von Assyrien, hatte diesen Tempel niedergerissen, aber nicht wieder hergestellt, 60 Jahre hindurch war sein Grundstein nicht wieder gelegt worden.

So jedenfalls wird übersetzt. Dadurch wird der "Einreißer" des Tempels, der als Assur-Dan angegeben wird, in der konventionellen Chronologie sechs- bis siebenhundert Jahre jünger als Samsi-Adad. Da aber Ninurta-apal-ekur ein Nachfolger seines Adoptivvaters Samsi-Adad war und nur wenige Jahrzehnte nach dessen Tod schon Großkönig wurde, und da Nimrud-Ninurtas Sohn Assur-Dan, der mit Sardanapal-Asarhaddon-Salmanassar (= Schalmanu ascharidu) identisch ist, schon fünf Jahre nach dem Tode seines Vaters und lange vor dem Ende des siebten nachsintflutlichen Jahrhunderts verstarb, kann der Tempel nicht "im Zeitlupentempo im Laufe von 641 Jahren" eingestürzt sein: er wurde im Jahre 641 ndFl entweder von den "Persern" - wie Xenophon zufolge angenommen werden muss - oder von dem vom Siddim-Einsturz ausgehenden Erdbeben zerstört. Nebenbei erfahren wir noch, dass man in Assyrien damals ebenfalls mit dem Sintflutkalender arbeitete, genauso wie das AT und die "Etrusker".

Sechzig Jahre nach der Niederreißung der Mauern durch den aufbauwilligen Assur-Dan (Großkönig von 677 bis 682 ndFl) war es natürlich nicht (Tukulti-)Ninurta-apal-ekur, bzw. wie ihn das AT nennt: Tiglath-Pileser (= Tukulti-apal-ekur bzw. Tukulti-apil-escharra), der den Tempel wieder aufzubauen begann, sondern ein Urenkel (in der fünften Generation nach Assur-Dan oder nach Ninurta) Salmanassars, auf den ich noch zu sprechen komme. Tiglath-Pileser residierte nur kurze Zeit in Assur. Als Großkönig unter seinen Namen Sanherib bzw. Assurbanipal baute er seine Residenz Ninive aus, so dass sein Interesse an der Stadt Assur mit ihren Tempeln nicht sonderlich groß war, schon gar nicht an Anu und Adad; seine Götterfavoriten waren Assur und Ischtar.

Der Vorderasiatische Krieg

Wir wollen uns jetzt auch die anderen Personen noch ansehen, die im Zusammenhang mit den Siddim-Ereignissen bisher genannt worden sind.

Der von Xenophon erwähnte persische König ist Tudhaliyas-Ulamburiasch, der die assyrischen Städte des Nebukadrezzur der Reihe nach einsammelte und schließlich vor Babylon stand, das als uneinnehmbar galt. Einer so genannten "synchronistischen Inschrift" zufolge töteten sich der Assyrerkönig Ellil-kudur-ussur (zweifellos mit Nabu-kudur-ussur = Nebukadrezzur identisch) und der Babylonierkönig Adad-schum-nassir gegenseitig im Zweikampf. Dass Ellil-kudur-ussur als Assyrerkönig bezeichnet wird, könnte bedeuten, dass der Zweikampf schon bei der Einnahme von Assur stattfand, wohin sich Nebukadrezzur nach verlorener Feldschlacht abgesetzt haben könnte. Ich bin allerdings davon überzeugt, dass Adad-schum-nassir nicht gefallen ist, wenn er auch zunächst nicht auf einem Thron erscheint, welcher Tatbestand für sein Ableben gehalten worden sein kann. Ich denke, dass er erst im Jahre 657 ndFl als Nabu-nassir auf den Thron in Babylon kam.

Die Babylonier übergaben ihre Stadt kopf- und kampflos. So wurde der mit Tudhaliyas identische Hethiterkönig Mursilis zum "Babylon-Eroberer" in der hethitischen Geschichte. Der vorgesehene und diplomatisch bereits anerkannte König von Babylon, Adad-schum-nassir, der Sohn des Samsi-Adad, wurde von Tudhaliyas-Mursilis I ausgeschaltet, so dass dieser als Eroberer Babylons den Ruhm für sich allein beanspruchen konnte. Allerdings wird konventionell nicht nur übersehen, dass die Könige Tudhaliyas und Mursilis (I) miteinander identisch sind, sondern auch deren Identität mit einem anderen Babylon-Eroberer, mit Ulamburiasch, der den König Ea-Gamil aus der 1. Dynastie des Meerlandes stürzte (konventionell im 16. Jhdt.v.Chr.). Im Namen des letzteren steckt unübersehbar der Hinweis auf Nebukadrezzur = Nabu-kudur-ussur = Kudur-Lach-Gumal = Kedor-Laomor = Gimil-Sin. Das Gottespräfix "Ea-" entspricht dem Namen der babylonisch-sumerischen Wassergottheit Lach(a)-mu.

Es heißt, der Hethiter Mursilis I habe Babylon erobert und sei dann wieder nach Kleinasien zurückgekehrt, wo er kurz danach ermordet worden sei. In Babylon aber seien nach dem Abzug des Hethiters die Kossäer oder Kassiten eingerückt, deren erster nachweisbarer König Kurigalzu geheißen habe. Dieses Volk hat in der konventionellen Vorstellung offenbar nur darauf gewartet, dass jemand käme und Babylon für sie erobere, damit sie endlich dort einrücken könnten, sobald der Eroberer wieder abgezogen sei. Dass die Hethiter des aus dem Hause von Kussara stammenden Mursilis-Tudhaliyas selbst die Kossäer-Kassiten-Kussarer waren, ist der Schulwissenschaft bisher entgangen. Sie nimmt auch an, dass Mursilis I den letzten Herrscher aus der Amurru-Dynastie gestürzt habe, Samsuditana, der jedoch bereits vor zwölf Jahren verstarb und dessen Thron seither von Nebukadrezzur eingenommen wurde. Samsuditana ist Samsi-Adad, der Vater des verhinderten Thronprätendenten. Es wird durch die Verbindung mit dem Vater untermauert, dass der Vasall des Vaters dessen Sohn in Babylon als König einsetzen wollte - oder auch nicht!

Der Hethiter war aber auch der in 1. Mose 14 erwähnte Mitstreiter des Amraphel von Sinear = Samsi-Adad, vermutlich dessen Vasall, der hier Thideal, der König der Heiden, genannt wird. Die Indoarier, speziell die in Kleinasien ansässigen, galten den Juden im Altertum als "gojim", als "die Heiden" schlechthin. Das geht auch aus deren Bezeichnung für die von den Hethitern betriebene Waffenschmiede im "Tal der Werkleute" hervor: Haroseth-Gojim = "Schmiede der Heiden".

Die Phantasie des Tudhaliyas-Ulamburiasch reichte offenbar nicht sehr weit; denn er übernahm die beiden wichtigsten Namensbestandteile seines Vorgängers: Kedor, Kudur bedeutet Krone, Kuduros, abgewandelt zu Kuros, woraus die Griechen Kyros machten, kann vom altpersischen kurusch = Hirte abgeleitet werden: Er war außer den bisher genannten Identitäten auch Kurigalzu und einer der fünf (!) Kyroi des Herodot (ein anderer "Kyros" war Nabu-KUDUR-ussur selbst), die dieser zu einem einzigen verarbeitet hat.

Sodann nannte Tudhaliyas sich Mursilis = Marduk(-nadin-ach), wozu ihn die Einnahme Babylons legitimierte. Der letzterwähnte Name erinnert an seinen Namen als Statthalter von Assur: Assur-nadin-ach. Die Ermordung des Mursilis I gehört in einen späteren Lebensabschnitt.

Ulam-Bur-iasch wird als Zeitgenosse Bur-Sin des Gimil-Sin irrtümlich mit diesem und sogar noch mit Amar-Sin gleichgesetzt, also mit beider Oberherr Amraphel-Samsiadad. Hier ist in der konventionellen Geschichts-Darstellung ein derartiges Chaos, besonders auch hinsichtlich der Dynastien, die ohnehin nicht scharf abzugrenzen sind wegen der übergreifenden Verwandtschaften und Regentschaften, dass es sich empfiehlt, hierauf nicht näher einzugehen.

Im Jahre 641 ndFl hatte die Koalition der asiatischen Verbündeten zwei entscheidende Erfolge über die Babylonier zu verzeichnen: Nebukadrezzur war tot und Babylon eingenommen. Es hatte den Anschein, als hätten sich die Asiaten mit den Ägyptern die Welt aufgeteilt, wie es ihre Vorfahren im Jahre 487 ndFl (in Hebron!) gemacht hatten. Es ist nicht abwegig, in deren Vertrag das Vorbild für die nun folgende Landverteilung zu sehen:

Babylonien sollte dem Sohn Samsi-Adads, Adad-schum-nassir, zufallen, während die Meder und Chatti ihren Besitzstand garantiert bekamen. Ägypten sollte Syrien-Palästina bis zum Euphrat (Grenzfestung Karkemisch) erhalten. Für ihre Teilnahme am Krieg wurde den Medern und Chatti Unterstützung und Entschädigung von ägyptischer Seite angeboten. Ägypten sollte Gold liefern, das es dort "wie Sand" gab. Mit dieser Formulierung mahnten die Chatti später immer wieder (in den Amarnabriefen) die ausbleibenden ägyptischen Goldlieferungen an, die - wenn sie überhaupt eintrafen - von schlechter Qualität waren.

Gab es nach den Vorleistungen, die die Verbündeten der Ägypter im Jahre 641 ndFl erbracht hatten, für Manachpiria überhaupt noch etwas zu tun, nachdem der "elende Fürst von Naharina" tot war? Die Antwort muss lauten: ja; denn das babylonische Heer war noch keineswegs besiegt. Heerführer der Babylonier war ebenfalls ein Sohn des Samsi-Adad, woraus hervorgeht, dass zwischen den Söhnen Samsi-Adads Uneinigkeit darüber bestanden hatte, wer denn der rechtmäßige Thronfolger nach dem Vater war. Über die Söhne Samsi-Adads wurde im Kapitel Nebukadrezzur bereits abgehandelt.

Nach dem Verrat des Astyages mit seiner Geschenkelieferung nach Ägypten hatte Nebukadrezzur zunächst Schutarna, den bereits erwähnten Neffen des Astyages, in Medien als seinen Statthalter eingesetzt. Nachdem auch dieser durch die Verehelichung seiner Tochter Giluchipa mit Amenophis II ganz offen, als nehme er den Babylonier nicht für voll, mit den Ägyptern in Verbindung getreten war (636 ndFl), wurde der Posten in Ekbatana erneut vakant. Schutarna siedelt mit seiner Familie auf ägyptischen Boden über, während Nebukadrezzur dessen Stiefsohn, einen Sohn des Samsi-Adad, in Ekbatana als Statthalter von Medien einsetzte.

Dieser jüngste Sohn Samsi-Adads hieß Arta-schum-ara. Seine Mutter war nach dem Tode Samsi-Adads von Schutarna geheiratet worden und hatte ihm den Sohn Tuschratta geschenkt, der um 630 ndFl geboren wurde. Für diese Behauptung, Artaschumara sei der Halbbruder des Tuschratta gewesen, gibt es außer dem Hinweis "schum" in seinem Namen, der auf den Vater Samsi-Adad hinweist, keinen Beweis. Ich halte aber diese Konstruktion in hohem Maße für wahrscheinlich, da sonst das Verhalten von Schutarna und Astyages nicht verständlich wäre. Da nämlich zutreffendenfalls Artaschumara kein leiblicher, sondern nur ein Stiefsohn Schutarnas und auch kein direkter Verwandter des Astyages gewesen wäre, so brauchen wir auf die Rücksichtnahme der Meder auf den Amoriter wie auch umgekehrt nicht zu setzen. Tuschratta, der noch junge leibliche Sohn Schutarnas, stand seinem Vater auf jeden Fall näher, ebenso die übrigen, die schon erwachsenen Söhne Schutarnas. Andererseits war aber das Verhältnis zwischen Schutarna und seinem Onkel Astyages, dem Bruder seines Vaters Artatama, den Astyages mit Unterstützung des Chus dereinst abgesetzt hatte (ca. 608/609 ndFl), eher etwas gespannt. Es sieht so aus, als habe Schutarna mit seinen erwachsenen Söhnen und seiner Tochter Giluchipa samt deren Gefolge mit Hatschepsut von Punt aus die Reise nach Ägypten angetreten, während sein jüngster Sohn Tuschratta mit seiner Mutter in Ekbatana zurückgeblieben waren. Das machte Schutarna vorübergehend anfällig für Erpressungen durch Nebukadrezzur und durch seinen Stiefsohn Artaschumara.

Tuschratta schrieb später an seinen um zwanzig Jahre älteren Schwiegersohn Amenophis III Neb-maat-Re (= Nimmuria; Amarna-Brief Nr. 17), Tuchi habe seinen älteren Bruder Artaschumara getötet und ihn selbst als halbes Kind auf den Thron gesetzt. Später habe er wiederum Tuchi und seinen Anhang getötet. Es wurde nicht erkannt, dass Tuchi mit Astyages = Isch-tuegu identisch ist.

Die Annalen des Manachpiria (Teil III)

Wie ich weiter oben schon sagte, hat Manachpiria Im Jahre 14/32/641, im Jahre des Siddim-Einsturzes, keinen Feldzug unternommen. Das erscheint im Hinblick auf die zur Zeit der Flachsblüte stattgefundene Katastrophe auch verständlich. Das ägyptische Heer war noch nicht aufgebrochen, als das Land verwüstet wurde und daher für den Durchzug des Heeres mit der dafür erforderlichen Logistik ungeeignet war. So erscheint in den Annalen zu "Jahr 32" keine Eintragung.

Im Jahre 15/33/642 wurde das babylonisch-amoritische Heer des Artaschumara, des letzten loyalen Anhängers des schon nicht mehr lebenden Nebukadrezzur, bei Karkemisch besiegt. Unter "Jahr 33, achter Feldzug" ist in den Annalen Manachpirias vermerkt, dass er bei dieser Stadt den Euphrat erreichte und den Feind endgültig besiegte. Damit waren die jahrelangen Kriege gegen den elenden Fürsten von Naharina erfolgreich beendet. Bezeichnend ist, dass Manachpiria kein Wort darüber verliert, was er mit dem "Elenden", den er übrigens niemals beim Namen genannt hat, angestellt hat, nachdem er ihn besiegt hatte. Wäre er seiner habhaft geworden, hätte er uns bestimmt verraten, was er mit ihm gemacht hat.

Manachpiria hatte diesen Großen Naharinasieg jedoch nicht allein erfochten. Als großer Finanzier des ganzen Spektakels konnte er es sich aber leisten, sich ebenfalls als großen Sieger zu feiern. Auch aus der jüngeren Geschichte sind solche Vorgänge bekannt. Allerdings dürfen nicht verkannt werden seine Leistungen in Syrien-Palästina-Kanaan, ohne die es die Verbündeten im Jahre 641 ndFl gewiss nicht so leicht gehabt hätten, den Babylonier zu besiegen.

Artaschumara wurde offenbar zunächst begnadigt und in Arpad (nördlich von Aleppo) eingesetzt, wo er sich Atarschumki nannte. Im folgenden Jahr wird er von Tuchi-Astyages oder von den Hethitern ermordet werden. Im Einvernehmen mit dem Vater Schutarna und mit Manachpiria wurde Tuschratta im Alter von zwölf Jahren auf den medischen Thron gesetzt. Manachpiria salbte Astyages zum König von Nuchasse, worüber an anderer Stelle ausführlicher abzuhandeln sein wird.

Im Anschluss an den Sieg lud der große Jäger vor dem Herrn, Nimrod-Arioch, Vogt von Babylon a.D., die Verbündeten zur Jagd ein. Wir erfahren aus einer Inschrift des "ersten" Tiglath-Pileser, dass er Löwen, Elefanten und Wildstiere in großer Zahl auf der Jagd erlegt hat. Auch aus den herrlichen Palastreliefs Assurbanibals, der mit Nimrod ebenso identisch ist wie Tiglath-Pileser, wird seine Neigung zur Löwenjagd ersichtlich. Alle diese Tiere waren damals in Mesopotamien heimisch. Manachpiria wäre selbst beinahe von einem Elefanten getötet worden, wie er in seinen Annalen schreibt, wenn ihn nicht sein Unterfeldherr Amenemheb, den ich schon in einem früheren Kapitel als Sohn des Josef-Herihor beschrieb, das Leben gerettet hätte (bei der Stadt Nii).

Möglicherweise ist Amenemheb mit dem Admiral Neb-Amun des Manachpiria und mit dem gleichnamigen Scheunenvorsteher Thutmoses' III identisch, der in dem Peser-Pewero-Papyrus erwähnt wird, weil durch dessen (schon zu seinen Lebzeiten angelegtes) Grab die Räuber in das Grab des Schedtawe und seiner Frau Chasnub eingebrochen waren. Der Bruder dieses Amanappa (= Amenemheb) war ebenfalls Scheunenvorsteher oder Kornverteiler: Ianchamu (= Pianchi). Beide sind Söhne des biblischen Kornspenders Josef (= Herihor).

In den Annalen Manachpiria-Thutmoses' III kann nun kein vergleichbar großer Sieg mehr verzeichnet sein. Trotzdem kann von einem dauerhaften Frieden keine Rede sein. Die Fürsten in Syrien-Palästina (= Amurru-Kanaan) gaben keine Ruhe. Von Kyros-Kurigalzu (= Tudhaliyas-Mursilis) aus der ersten Babylonischen Gefangenschaft befreit, in die sie Nebukadrezzur (und nicht Nebukadnezar, der erst das zweite Exil zu verantworten haben wird) im Jahre 628 ndFl weggeführt hatte, kehrten diese "Jaschubs" (= Exilheimkehrer) unter der Führung Esra-Serubabels in ihre Heimat zurück. Es ist schon verwirrend und doch plausibel, dass auch das zweite Babylonische Exil von einem "Kores" oder Kyros aufgehoben wurde: von Kyros dem Jüngeren (724 ndFl).

Zu den Exilheimkehrern gehörten fast alle jüngeren Söhne Davids I, die auch in den Amarnabriefen als ägyptische Statthalter in Palästina wieder auftauchen, deren Loyalität zu Ägypten anfangs als gegeben angesehen werden kann. Nach und nach fielen sie aber ab, trachteten nach der Wiedererrichtung eines Groß-Israel nach Art des Reiches ihres Vaters oder nach der Aufrichtung eines Gottesstaates unter der Obhut Jahwes. In Tudhaliyas-Mursilis-Kurigalzu fanden sie zwar keinen Bundesgenossen, aber seinem Heer schlossen sie sich an, als erst die Chatti und dann die Assyrer gegen Ägypten zogen. Sie schreckten auch nicht davor zurück, fremde Völkerschaften als Bundesgenossen zu dingen.

Über diese Phase der Geschichte geben die Amarnabriefe ausführlich Auskunft. Ihnen werde ich mich daher in einem besonderen Kapitel widmen. Auskunft über dieselben Vorgänge gibt auch das Alte Testament, worin diese Aktivitäten jedoch über einen längeren Zeitraum verteilt worden sind. Darüber werde ich im Kapitel Die Chronik der Könige abhandeln. Die Feldzüge Manachpirias ab dem Jahre 16/34/643 bespreche ich in den Kapiteln 1 und 2 des 7. Buches in diesem Band.

Letzter Stand: 11.August 2013


 

1 J. H. Breasted, Geschichte Ägyptens, Parkland Verlag Stuttgart; Seiten 180-193
2 Diese Form der Datierung werde ich im folgenden benutzen; sie enthält die Jahresangabe im neuen ägyptischen, im alten KNB- und im Sintflut-Kalender in dieser Reihenfolge. Im Originaltext werden die KNB-Jahresangaben verwendet.
3 Bei Philipp Vandenberg, Der Fluch der Pharaonen, Scherz Verlag, 1973 und 1974
4 J. H. Breasted, Geschichte Ägyptens, Parkland Verlag Stuttgart
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