Sechstes Buch: Das Olympische Zeitalter von 624 bis 642 ndFl

6. Kapitel:

Die Chronik der Könige Teil I:
Von Rehabeam bis zum Ende des ersten babylonischen Exils
(2. Teil)


Usia-Asarja

Im AT gilt Usia (2. Chron. 26) bzw. Asarja (2. Könige 15) als der Sohn des Amazja. Wie ich noch zeigen werde, ist diese Anbindung jedoch falsch; sie dient der Zeitüberdehnung der AT-Chronologie. Auch bei der Synchronisierung des Usia-Asarja mit Jerobeam II, der natürlich ohnehin mit dem einzigen Jerobeam identisch ist, lässt sich erkennen, dass diese Phase der Königsgeschichte konstruiert wurde:

Im 27. Jahr Jerobeams (II) soll Usia-Asarja mit 16 Jahren König von Juda geworden sein. Großzügig ausgelegt könnte damit das 27. Lebensjahr Jerobeams gemeint sein, der aber zu dieser Zeit noch gar nicht König von Israel war. Usia müsste im Jahre 607 ndFl geboren sein, als sein tatsächlicher Vater Abia(m) 24 Jahre alt war. Die Mutter des Usia soll Jecholja von Jerusalem gewesen sein, über deren Abstammung nichts mitgeteilt wird. Ganz offensichtlich war aber seine Großmutter Maacha die eigentliche Herrscherin; denn es heißt (2. Chronik 15, 16):

Auch setzte Asa, der König, ab Maacha, seine Mutter, dass sie nicht mehr Herrin war... Dieser Satz ergibt keinerlei Sinn, wenn Asas unmittelbarer Vorgänger sein Bruder Abia gewesen wäre. Zwischen Abia(m) und Asa regierte erst noch Usia-Asarja. Der hat nun keineswegs die 52 Jahre regiert, die ihm das AT zubilligt. Diese 52 Jahre stehen für etwas ganz anderes.

Im Jahre 622 ndFl hatte der Prophet Amos eine schreckliche Vision (Amos 1, 1-2):

(1) Dies ist's, was Amos, der unter den Hirten zu Thekoa war, gesehen hat über Israel zur Zeit Usias, des Königs in Juda, und Jerobeams, des Sohnes des Joas, des Königs Israels, zwei Jahre vor dem "raasch". (2) Und er sprach: Der Herr wird aus Zion brüllen und seine Stimme aus Jerusalem hören lassen, dass die Auen der Hirten jämmerlich stehen werden und der Karmel oben verdorren wird.

Damit nicht genug: (Amos 8,8) Sollte nicht um solches willen das Land erbeben müssen und alle Einwohner trauern? Ja, es soll ganz wie mit einem Wasser überlaufen werden und weggeführt und überschwemmt werden wie mit dem Fluss Ägyptens. (9) Zur selben Zeit, spricht der Herr Herr, will ich die Sonne am Mittag untergehen lassen und das Land am hellen Tage lassen finster werden.

Beim vierten Nahvorbeizug des Typhon war Usia schon König. Amos' Warnung "zwei Jahre vor dem raasch" müsste demnach noch unter Abia(m) im Jahre 622 ndFl stattgefunden haben. Das Wort raasch, dessen eigentliche Bedeutung Aufruhr ist, wurde von Luther mit Erdbeben übersetzt. Velikovsky hat schon ganz zutreffend ausgeführt, dass raasch nicht für einen Aufruhr im Sinne von Revolte steht. Eine politische Bedeutung hat dieses Wort also nicht. Es ist ein "Aufruhr der Elemente", ein "Erdbeben" oder so etwas ähnliches darunter zu verstehen. Selbstverständlich kann das AT weder bei Usia noch bei den Plagen des Pharao zur Zeit Abrahams (1. Mose 12, 17) zugeben, dass es sich bei diesen Katastrophen um dieselbe handelt, die in Exodus (2. Buch Mose) beschrieben wird. In der AT-Chronologie sind diese drei Ereignisse durch Jahrhunderte getrennt, obwohl sie ein und dasselbe sind.

Die 52 "Regierungsjahre" des Usia-Asarja entsprechen der Geltungsdauer des Kalenders, der nach der Katastrophe Typhon 4 begann und nach 52 Jahren, mithin im Jahre 676 ndFl, endete. Es handelt sich bei diesem Usia-Kalender um den jüdischen Kalender mit dem Schaltmonat Ve-Adar und um den griechischen Olympiaden-Kalender (mit 49 Monaten oder 50 Vollmonden in vier Sonnenjahren). Er endete, als 676 ndFl durch den scheinbaren Sonnenstillstand für weitere 52 Jahre das Epagomenenjahr mit 375 Tagen entstand, das in der "Xerxes-Nacht" durch das heute noch gültige 365,2422-Tage-Jahr abgelöst wurde (728 ndFl).

Wie ich schon andeutete, ist aus dem König Usia-Asarja der Priester Asarja-Salomo geworden. Als König soll er einen Frevel begangen haben, wofür ihn Gott mit Aussatz bestraft haben soll: Obwohl es dem König nicht gestattet war, das Räucherwerk im Tempel anzuzünden, da dies den Priestern vorbehalten war, habe Usia gegen alle Warnungen gehandelt und es dennoch getan (2. Chron. 26, 16-20). Da er offensichtlich erst in fortgeschrittenem Alter aussätzig wurde, so liegt der Verdacht nahe, dass es sich bei dem König Usia bzw. Asarja um den späteren Priester Asarja = Salomo (II) handelt. Wenn er aber zum Zeitpunkt dieses Räucherns schon Priester war, dann muss sein Aussatz andere Ursachen gehabt haben. Für das AT musste Usia-Asarja jedenfalls bis zuletzt König bleiben, bis er von seinem angeblichen Sohn Jotham abgelöst wurde.

Eine Verbindung des "Aufruhrs des Usia" mit dem Siddim-Einsturz ist wenig wahrscheinlich; denn zur Zeit dieses Ereignisses war Usia-Asarja noch unter seinem Namen Abed-Nego als Geisel in Babylon, wohin er im Jahre 626 ndFl gemeinsam mit Daniel und den beiden anderen Männern, die von Nebukadrezzur (und nicht von Nebukadnezar) in einen Feuerofen gesteckt worden sein sollen, deportiert worden war. Die Freilassung der Geiseln erfolgte erst im Jahre 642 ndFl, also ein Jahr nach dem Siddim-Einsturz.

Das Jahr mit der größten Wahrscheinlichkeit für den Beginn des ersten babylonischen Exils ist das Jahr 626 ndFl, in dem Kedor-Laomor, der spätere Nebukadrezzur, eine erste nachtyphonische Inspektion der amoritischen Besitzungen in Amurru-Kanaan unternahm. Er nahm den jungen König Asarja-Usia sowie eine Reihe anderer hochgestellter Persönlichkeiten aus dem Hause Davids I als Geisel mit nach Kisch (Babylon war noch nicht wieder erbaut!), setzte den Onkel Ba-Asa des Asarja-Usia als Oberstatthalter und Jotham, den Bruder (nicht Sohn) des Asarja-Usia als König von Juda in Jerusalem ein und beließ Achija offenbar weiter auf dem Thron von Edom-Israel. Auf das erste babylonische Exil komme ich weiter unten in diesem Kapitel noch zu sprechen.

Als die Truppen der Amoriter im Jahre 629 ndFl den Abfall Edoms, das zwölf Jahre unter amoritischer Oberherrschaft gestanden hatte (616-628 ndFl) und im 13. Jahr abgefallen war, im 14. Jahr rückgängig machen wollten (1. Mose 14), da hatten sie nur mit Edom-Ost zu tun, nicht aber mit den amurrutreuen Gefolgsleuten in Edom-West. Es ist aber denkbar, dass Asa schon im Jahre 628 ndFl - möglicherweise im Zusammenhang mit diesen Unruhen - Achija als König von Gesamt-Israel abgelöst hatte.

Jerobeam "II"

Da Jerobeam II, der Sohn des Joas von Israel, 41 Jahre regiert haben soll (2. Könige 14, 23), was von seiner ersten Version, in der er nur 22 Jahre König von Israel war, erheblich abweicht, so liegt der Verdacht nahe, es könne sich um einen Fehler in meiner Geschichtsdarstellung handeln, wenn darin nur ein einziger Jerobeam Platz fände. Der angebliche Vater des zweiten Jerobeam, König Joas von Israel, ist aber mit dem gleichzeitigen König Joas von Juda identisch. Letzterer soll 40 Jahre regiert haben.

Die Zahl "40" ist im AT unverhältnismäßig häufig vertreten, sie kommt öfter vor als irgendeine andere Zahl. Ich schließe daraus, dass die "unheilige Zahl 40" immer dann eingesetzt wurde, wenn es etwas zu kaschieren galt. Auch bei David und Salomo treffen wir auf diese Zahl. Beide sollen 40 Jahre regiert haben, was bei David I zutrifft. Bei Salomo kann mit dessen 40 Jahren jedoch bestenfalls die vierzigjährige Zeitspanne zwischen dem Tod Davids I (591 ndFl) und dem Regierungsantritt Jerobeams als König von Edom (630/1 ndFl) gemeint sein. Mit der Bewertung der Zahl "40" als "unheiliger" Zahl stehe ich übrigens nicht allein da.

Jerobeam II war kein anderer als Jerobeam "der Einzige". Seine Anbindung an Joas dient nur seiner Wiedereinführung in die Geschichte, also letztendlich der Zeitüberdehnung. Sein angeblicher Vater Joas, der Sohn des Joahas, des Sohnes von Jehu, war ein Zeitgenosse von Amazja, dem angeblichen Vater des Asarja-Usia von Juda. Hier wird die Machart der AT-Chronologie überdeutlich: Der König Jehu von Israel ist mit dem Propheten Jehu, einem Zeitgenossen Baesa-Asas, identisch. Er ist David II. Sein Sohn Joahas ist nicht der Sallum = Jo-Ahas, der mit  Ahas-jaAhas, dem Vater des Joas von Juda, identisch ist. Hiskia, der König von Juda, ist nicht der Sohn des Ahas, sondern der Sohn des Jehu  =  David II und das Alterego des Amazja:

Amazja von Juda, der Sohn des Königs Joas von Juda, kam im zweiten Jahr des Joas, des Königs von Israel und Sohnes von Joahas, im Alter von 25 Jahren auf den Thron von Juda (2. Könige 14, 1.2). Obwohl er von Joas von Israel besiegt wurde, überlebte ihn Amazja um 15 Jahre (2. Könige 14,17). Insgesamt regierte Amazja dieselben 29 Jahre, die auch Hiskia regiert haben soll,  der sogar im selben Alter wie Amazja auf den Thron von Juda kam. Nur die Namen ihrer Mütter sind unterschiedlich; aber ihre Schicksale sind sehr ähnlich.

Wie sehr an dieser Stelle die wahre Geschichte verzerrt worden ist, geht auch aus rechnerischen Unmöglichkeiten hervor. Hier ist die eklatanteste:

Israel                     Juda
 1. Jahr Jehu
 :  (regiert 28 J.)
 :
 7. Jahr Jehu            =  1. Jahr Joas von Juda (2. Kön. 12, 2)
 :                                  (regiert 40 Jahre)
 :  + 22 Jahre           + 22 Jahre
 :
29. Jahr Jehu =
 1. Jahr Joahas          = 23. Jahr Joas von Juda (2. Kön. 13, 1)
 :  (regiert 17 J.)
 :
 :  + 17 Jahre           + 14 Jahre   (Differenz: 3 Jahre)
 :
18. Jahr Joahas =
 1. Jahr Joas von Israel = 37. Jahr Joas von Juda (2. Kön. 13,10)
 :  (regiert 16 J.)            (muss wohl 40. Jahr heißen)
 :
 :  + 1 Jahr             +  4 Jahre (bzw. 1 Jahr, womit die obige
 :                                   Differenz wieder ausgeglichen
 :                                   wäre)
 :
 2. Jahr Joas von Israel = 41. Jahr Joas von Juda =
 :                          1. Jahr Amazja (2. Kön. 14, 1)
 :                                  (regiert 29 J.)
 :  + 15 Jahre           + 15 Jahre
 :
17. Jahr Joas von Israel =
 1. Jahr Jerobeam II     = 15. Jahr Amazja (2. Kön. 14,23)
 :  (regiert 41 J.)            (eigentlich 16. Jahr)
 :
 :  + 15 Jahre           + 15 Jahre
 :
16. Jahr Jerobeam II     = 30. Jahr Amazja (2. Kön. 14,17)
 :                       =  1. Jahr Asarja-Usia (2. Kön. 15, 1)
 :
 :  + 11 Jahre           +  0 Jahre (Differenz: 11 Jahre)
 :
27. Jahr Jerobeam II     =  1. Jahr Asarja-Usia (2. Kön. 15, 1)         


Während die 14 + 4 = 18 Jahre bei Joas von Juda durch eine kleine Veränderung (40. statt 37. Jahr des Joas) noch einfach erklärt werden können, erhebt sich bei der Differenz von 11 Jahren zwischen dem Tod des Amazja im 16. Jahr des Jerobeam II (Amazja überlebte Joas von Israel um 15 Jahre) und dem Regierungsantritt des Asarja-Usia erst im 27. Jahr des Jerobeam II die Frage, ob hier noch ein König zwischen Amazja und Asarja-Usia über Juda regiert haben könnte. Das aber schließt der Vers 2. Könige 14, 21 aus: Und das ganze Volk Judas nahm Asarja in seinem 16. Jahr und machten ihn zum König anstatt seines Vaters Amazja.

So bleiben wir allein mit dem Problem, die fehlenden elf Jahre erklären zu müssen. Dies ist leichter, als es auf den ersten Blick erscheint; denn das 27. Lebensjahr Jerobeams war tatsächlich das Antrittsjahr des Asarja-Usia, während die übrigen Synchronismen entweder noch gar nicht in diese Zeit gehören oder aber schlicht falsch sind.

Hier liegt eine jener Anschlussstellen vor, an der eine zurückliegende Epoche wieder an sich selbst angehängt wird!

Zu gegebener Zeit wird die gegenseitige Zuordnung obiger Könige von Juda und Israel in der richtigen Weise vorgenommen werden.

Wie aber konnte eine "synchronistische Geschichte" erzeugt werden, wenn Jerobeam (I) erst 630 ndFl auf den Thron kam, wogegen Rehabeam bereits 606 ndFl König von Israel wurde? Die Redakteure des AT halfen sich mit der Einführung des Baesa, den sie die 24 Jahre über Israel regieren ließen, die der Differenz zwischen den Jahren 606 und 630 ndFl entsprechen.

Boas-Asa, König von Juda

Als Nachfolger des Usia-Asarja gibt das AT "dessen Sohn" Jotham an, der jedoch kein Sohn, sondern ein Bruder des Usia war. Er war der wirkliche Nachfolger des Usia-Asarja auf dem Thron von Juda. Dessen Onkel Boas-Asa saß in Ammon auf dem Thron seines Großvaters mütterlicherseits. Dort könnte ihn sein Vater Rehabeam noch kurz vor seinem Tod eingesetzt haben. Ba'asa von Ammon, der Sohn des Ruchubi1, wurde von Nebukadrezzur auf den Thron des Oberstatthalters gesetzt. Jotham wurde offenbar von Asa, dessen Residenz in Ammon geblieben sein könnte, in Jerusalem als sein Unterkönig eingesetzt. Dort regierte er die angegebenen 16 Jahre, also bis zum Jahre 642 ndFl, in dem er als Panammu nach Samal ging und Abdi-Chiba = Josaphat Platz machte, dem Sohn des Asa.

Die Angabe, dass zu der Zeit des Asa "das Land zehn Jahre still" gewesen sei (2. Chron. 13, 23), bezieht sich offensichtlich auf die Jahre bis zum Auftreten des Äthiopiers Serach, das heißt bis zum Jahr 636 ndFl. Folglich muss Asa, wenn sich diese Angabe tatsächlich darauf beziehen sollte, im Jahre 626 ndFl auf den Thron von Juda gekommen sein. Wenn er "im 41. Jahr seines Königreiches starb" (2. Chronik 16, 13), dann hätte er bis zum Jahre 666 ndFl regiert: 40 Jahre. Wir werden jedoch sehen, dass diese Rechnung nicht korrekt ist; denn in den 40 Jahren stecken auch noch die Jahre, die Asa vor dieser Zeit woanders, möglicherweise als König in Ammon regierte.

Wenn es heißt, dass Asa im 20. Jahr des Jerobeam auf den Thron in Jerusalem gekommen sei (1. Könige 15, 9), der selbst 22 Jahre regiert haben soll (1. Könige 14,20), dann ist das rechnerisch zunächst korrekt; denn Abia(m) war im 18. Jahr sowohl seines Vaters als auch "Jerobeams" (1. Könige 15, 1) König geworden und hatte (aufgerundet) drei Jahre regiert, also bis zum 21. bzw. 20. Jahr "Jerobeams", was natürlich nicht diesen jungen Mann betreffen kann, da Rehabeam und Jerobeam keinesfalls gleichzeitig auf den Thron kamen und altersmäßig eine ganze Generation auseinander lagen. Wer auch immer für "Jerobeam" stehen soll - Rehabeam war schon drei Jahre vor ihm auf dem Thron. Es handelt sich um Achija von Silo, der von 606 bis 628 ndFl regierte, und zwar von 606 bis 615 ndFl in Benjamin und von 615 bis 628 ndFl über ganz Israel. Diese drei Jahre von 603 bis 606 ndFl, die Rehabeam schon vor diesem sogenannten "Jerobeam" regiert hatte, müssen an anderer Stelle wieder in die Geschichte des Königreiches Juda eingebaut werden. Das gelingt auch, sobald Asarja-Usia mit seinen drei Regierungsjahren dazwischengeschoben wird: von 623 bis 626 ndFl, in welchem Jahr Asa bzw. sein Unterkönig Jotham in Juda dann auf den Thron stieg.

Wie schon gesagt, setzte Asa auch seine Mutter Maacha ab, die als Regentin für ihren unmündigen Enkel Usia-Asarja die Regierung geführt hatte. Sie war keine Verehrerin des Jahwe, und ihr Aschera-Kult war den neuen Propheten eine Greuel. Asa, ein Vertreter der neuen Richtung, rottete das Greuelbild der Aschera aus, zerstieß es und verbrannte es am Bach Kidron (2. Chron. 15, 16). Diese "Bekehrung" war indes noch recht halbherzig; denn es heißt, dass "die Höhen in Israel nicht abgetan wurden" (2. Chron. 15, 17). Diese Höhenheiligtümer wurden mit Rücksicht auf die Höhen- bzw. Ellil-Verehrung des Amoriterkönigs und derzeitigen Herrn über Israel, also des Samsi-Adad, nicht angetastet. Sie wurden übrigens auch von den in Ägypten lebenden Chabiru (= Fremdarbeiter, Hebräer) verehrt und werden konventionell als "Bergspitzen" bezeichnet. Die Heiligung der Berge Horeb ("Berg der Gesetzgebung"), Nebo und anderer scheint gleichfalls in diese Richtung zu weisen.

Asa-Baesa, König von Israel

Von Baesa, dem Sohn Achijas aus dem Hause Isaschar, wird gesagt, er habe einen Bund wider Nadab gemacht und ihn bei Gibbethon, einer Philisterstadt, erschlagen, als das israelitische Heer diese Stadt belagerte (1. Könige 15, 27). Das Schlüsselwort lautet "Gibbethon". Diese Stadt wird an einer späteren Stelle nochmals erwähnt (1. Könige 16, 15). Die Ereignisse, die sich hier in Wirklichkeit abgespielt haben, sind demnach auseinandergezogen worden; denn im Prinzip "bleibt Gibbethon in der Familie". Weiter unten werde ich auf Gibbethon zurückkommen.

Festzuhalten ist zunächst, dass Baesa im dritten Jahr Asas auf den Thron von Israel kam, mithin im Jahre 628 ndFl. Hierunter ist die Übernahme der Herrschaft in (Edom-)Israel durch Baesa, den Sohn des Achija, in seinem dritten Jahr Asas zu verstehen (1. Könige 15, 33). Boas-Baesa-Asa war zwar nicht der Sohn des Achija, aber doch dessen Nachfolger, der zudem die Nichte und Exgemahlin Ruth des Machlon-Achija  geheiratet hatte. Asa-Baesa hatte diese Erhöhung zweifellos den Amoritern zu verdanken, die sich nun wieder verstärkt den beiden Edom zuwandten (1. Mose 14):

(1) Und es begab sich zu der Zeit des Königs Amraphel von Sinear (= Amar-Sin, Ur-Zababa, Samsi-Adad, König des Nordreiches), Ariochs, des Königs von Ellasar (= Arik-den-ilu, "Sargon", Zariku von Assur, Unterkönig und Adoptivsohn von Samsi-Adad), des Kedor-Laomor (= Nabu-kudur-ussur, Nebukadrezzur = Gimil-Sin), des (Unter-)Königs von Elam, und des Thideal, des Königs der Heiden (= Tudhaliyas, Ulamburiasch = Bur-Sin, Unterkönig von Chatti-Isin-Meerland), (2) dass sie kriegten mit Bera, dem König von Sodom, und mit Birsa, dem König von Gomorra, und mit Sineab, dem König von Adama, und mit Semeber, dem König von Zeboim, und mit dem König von Bela, das Zoar heißt. (3) Diese kamen alle zusammen in das Tal Siddim, wo heute das Salzmeer (= Totes Meer) ist.

(4) Denn sie waren 12 Jahre unter dem König Kedor-Laomor gewesen, und im 13. Jahr waren sie von ihm abgefallen. (5) Darum kam Kedor-Laomor und die Könige, die mit ihm waren, im 14. Jahr und schlugen die Riesen zu Astharoth-Karnaim und die Susiter zu Ham und die Emiter in dem Felde Kir-Jathaim (6) und die Horiter auf ihrem Gebirge Seir, bis El-Pharan, welches an die Wüste stößt.

Hier werden genaue Angaben zur Dauer der Herrschaft der Amoriter über Edom gemacht, und zwar über beide; denn der an den obigen anschließende Text lässt erkennen, dass auf dem beschriebenen Feldzug auch Teile westlich des Jordan von den Amoritern vereinnahmt wurden. Das 14. Jahr seit der Eroberung Edoms durch Kedor-Laomor, die im Jahre 615/ 616 ndFl stattgefunden hatte, war das Jahr 628/629 ndFl, das Jahr 1 des neuen ägyptischen Kalenders, in dem die ägyptische Königsfamilie aus dem nubischen "Exil" nach Norden zurückkehrte. Hierüber ist im Kapitel Ägypten nach "Typhon 4" im Band 3 bereits abgehandelt worden. Der nicht mit Namen genannte König von Bela-Zoar könnte der von den Amoritern im Jahre 615/616 ndFl eingesetzte Nachfolger des Genubath gewesen sein, dessen Hauptstadt offenbar das "an die Wüste stoßende" El-Pharan (= Petra?) in Nabatäa gewesen war.

Wenn Edom zwölf Jahre unter amoritischer Oberhoheit stand (seit 615/616 ndFl), und Edom im 13. Jahr, d.h. 628 ndFl, von den Amoritern abfiel, dann kann das nur bedeuten, dass sich die Edomiter in West- und Ostjordanland selbständig gemacht hatten. Es ist denkbar, dass die Amoriter schon im Jahre 626 ndFl eine Revolte niederschlugen, die von den leiblichen Söhnen des David I angezettelt worden war, die nicht länger von der Politik im Lande ihres Vaters ausgeschlossen sein wollten. Schließlich gehörten alle, die seit dem Tode Ab(i)saloms auf dem Thron von Israel gesessen hatten, zu der Familie des Stiefsohnes Elimelech des David I, während die spätgeborenen Söhne Davids von der Abigail das Nachsehen hatten. So gut wie alle diese David-Söhne wurden gemeinsam mit Usia-Asarja ins erste babylonische Exil (zunächst nach Kisch) geführt; der bekannteste von ihnen war Daniel.

Das AT will diese Tatsache kaschieren, indem es zwischen David und Rehabeam den David-Sohn Salomo als Vater des Rehabeam einfügt und so eine ununterbrochene Filiation von David zu den späteren Königen von Juda suggeriert.

Der junge Usia-Asarja schien den Herren Daniel und Chileab zur Absetzung geeignet zu sein. Das versuchte Ba-Asa, der zu dieser Zeit vermutlich König in Ammon war, zu verhindern, indem er die Amoriter zu Hilfe holte, die nun nicht nur die Aufrührer, sondern auch den jungen Usia-Asarja mitnahmen und Asa-Baesa zum König von Juda machten. Es ist nicht auszuschließen, dass Achija von Silo der Anführer der nächsten Revolte war, die im Jahre 628 ndFl stattfand. Die Strafexpedition, die die Amoriter daraufhin im Jahre 629 ndFl starteten, verlief für Westjordanland vermutlich deshalb so glimpflich, weil Asa-Baesa den Achija von Silo schon abgesetzt und sich selbst zu dessen Nachfolger auf dem Thron von Israel gemacht hatte, bevor die Amoriter hier eintrafen und Asa-Baesa in diesem Amt bestätigten. Auch darüber kann das AT kein Wort verlieren, da zwischen diesen Vorgängen angeblich Jahrhunderte liegen.

Diese Vorstellung von dem, was geschehen sein könnte, ist meines Erachtens eine sehr glaubhafte Rekonstruktion. Sie verbindet den Machtwechsel in Jerusalem im Jahre 626 ndFl mit der Geiselnahme. Beide Ereignisse liegen kurz nach der Katastrophe Typhon 4, die noch während der amoritischen Oberhoheit über Groß-Edom/Israel stattfand. Diese prompte Reaktion zeugt von der ungebrochenen Schlagkraft der Amoriter nach der Katastrophe, obwohl ihre Hauptstadt Kisch, die nach "Typhon 4" nicht mehr am Euphrat lag, sowie das ganze übrige Land stark in Mitleidenschaft gezogen worden sein dürfte.

Die Freude der Amoriter an beiden Edom währte nur ganz kurze Zeit; denn die Ägypter unter dem Heerführer Pianchi-Pinehas und seinem jungen General Ameni-Serach vertrieben die Amoriter aus Edom und verfolgten die Abziehenden noch bis in die Gegend von Damaskus, wo Abraham ihnen mit einer Handvoll Männern die Beute wieder abgejagt haben soll. Das ist vermutlich nicht ganz wörtlich zu nehmen, soll aber das Verdienst des Abraham bei der Reägyptisierung Kanaans unterstreichen. Wie ich in Band 3, Kapitel 8 schon sagte, handelt es sich bei diesem Handstreich Abrahams vermutlich um die Wegnahme der Bundeslade von den Kamoschiten. Jedenfalls setzten die Ägypter Abraham danach als (vorläufigen) Oberstatthalter über Kanaan in Hebron ein. Auch über diese Reaktion der Ägypter unterrichtet uns Kapitel 1. Mose 14.

Die dort wiedergegebene Darstellung lässt jedoch einige Zweifel an ihrer Richtigkeit aufkommen, wenn sie auch im Prinzip die Rückeroberung des Gebietes bis einschließlich Damaskus erkennen lässt. Wie aus ägyptischen Quellen hervorgeht, muss dies schon im Jahr 1 des neuen ägyptischen Kalenders geschehen sein, also Ende des Jahres 628 ndFl oder spätestens zu Beginn des Jahres 629 ndFl, demnach unmittelbar nach dem amoritischen Einfall in Edom. Ob der Abfall Edoms von Amurru im 13. Jahr ebenfalls auf ägyptische Initiative zurückgeht, ist zumindest insofern plausibel, als Genubath den ersten Vorstoß in sein Land gewagt haben könnte. Zu bedenken gilt hierbei jedoch, dass die beiden Exodus ebenfalls in diese Jahre gehören. Inwieweit oder ob überhaupt diese mit den Unruhen in Edom zusammenhängen, ist in allen Einzelheiten nicht zu erkennen.

Bis zur endgültigen Unterwerfung Edoms durch die Ägypter verging aber noch einige Zeit, während der Ägypten mit den bekannten innerpolitischen Schwierigkeiten befasst war, die durch den Tod des Chus-Thutmoses-Sesostris im Jahre 629 ndFl ausgelöst worden waren.

Wenn es heißt, dass Nadab, der Sohn Jerobeams, im zweiten Jahr Asas auf den Thron von Israel kam und dort zwei Jahre regierte (1. Könige 15, 25), dann bedeutet das, dass Nadab von 629 bis 630 oder 631 ndFl König von Israel war, mithin parallel zu Abraham, dem Oberstatthalter, der die Aufsicht auch über den König Nadab von Edom-Israel hatte. Wer aber war Nadab, der doch kaum ein Sohn Jerobeams gewesen sein kann?

Ich halte Nadab für Naboth, dessen Weinberg im Leben Ahabs eine fatale Rolle spielen wird. Ich halte ihn jedoch nicht für den Sohn, sondern für den Vater des Jerobeam, nämlich für Genubath-Ginath-Nebat. Als die Ägypter im Jahre 629 ndFl beide Edom zurückeroberten, wurde Ge-Naboth = Nadab, der einstige König von Groß-Edom, wieder in seiner Väter Länder eingesetzt. Erst nach seinem Tod nach zweijähriger Regierungszeit, also frühestens im Jahre 630 ndFl, stieg sein Sohn in Edom auf den Thron: Omri-Jerobeam.

Für seine Mutter Seira, die mit der David-Tochter Zeru(j)a identisch sein dürfte, soll Jerobeam die Stadt Seira in Ephraim gebaut haben. Hierbei handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um Je-Seira-El, das ist Jesreel. Hier könnte Naboth-Genubath-Nadab ebenfalls schon residiert haben; denn hier befand sich sein Weinberg, wo Ahab, der Sohn des Jerobeam-Omri, später eine unrühmliche Tat begangen haben soll. Die Stadt und die Ebene Jesreel liegen im AT-Verständnis nicht im Gebiet Ephraim; aber die Aufteilung Israels in Stammesgebiete ist in der vom AT gewünschten Form nicht möglich. Die Abgrenzungen dieser "Stammesgebiete" verschwimmen stark. Seira-Zeruja war mit ihrem Gemahl Genubath und ihrem Sohn Jerobeam nach Edom zurückgekehrt, wo ihr Mann ermordet wurde.

Was geschah im Jahre 630 ndFl bei oder in der "Philisterstadt" Gibbethon, als Baesa (= Asa) einen Bund gegen Nadab = Genubath-Ginath-Naboth-Nebat machte?

1. Könige 15, 27: Aber Baesa, der Sohn Ahias (= Achijas), aus dem Hause Isaschar, machte einen Bund wider Nadab und erschlug ihn zu Gibbethon, welches den Philistern gehört. Denn Nadab und das ganze Israel belagerten Gibbethon.

1. Könige 16: (15) Im 27. Jahr Asas, des Königs Juda's, ward Simri (für) sieben Tage König zu Thirza. Und das Volk lag vor Gibbethon der Philister. (16) Da aber das Volk im Lager hörte sagen, dass Simri einen Bund gemacht und auch den König (Ela) erschlagen hätte, da machte ganz Israel desselben Tages Omri, den Feldhauptmann, zum König über Israel im Lager. (17) Und Omri zog herauf und das ganze Israel mit ihm und belagerten Thirza.

Diese Ballung von Königsmorden ausgerechnet bei der sonst unbedeutenden Stadt Gibbethon halte ich für eine redaktionelle Konstruktion. Während 1. Könige 15 die Verschwörung zu Gibbethon ganz eindeutig der Zeit des Nadab und des Baesa zuordnet, weist 1. Könige 16 auf zwei unterschiedliche Zeiten hin: Einmal ist es dieselbe Verschwörung wie in Kapitel 15, zum anderen wird eine viel spätere mit dieser vermischt, und zwar die Verschwörung des Simri zu Thirza. Es müsste richtiger heißen (1. Könige 16, 16):

Da aber das Volk im Lager hörte sagen, dass Baesa einen Bund gemacht und auch Nadab erschlagen hatte, da machte ganz Israel am selben Tage Omri-Jerobeam, den Feldhauptmann, zum Nachfolger des Nadab-Genubath.

Durch das Einschieben der Angabe, Omri sei gegen Simri, der den Sohn Ela des Baesa erschlagen haben soll, nach Thirza gezogen, wird der Eindruck erweckt, der Beginn der Regierungszeit des Omri liege in der Zeit nach Baesa. Dies ist aber nicht der Fall. Außerdem haben wir es mit einem offensichtlichen Widerspruch zu tun, was die Asa-Datierung des Beginns der Regierung des Omri betrifft. 1. Könige 16, 15-16 zufolge wurde Omri bereits am "selben Tage", d.h. im 27. Jahr Asas, zum König über Israel gemacht. Der Vers 23 sagt aber etwas ganz anderes:

Im einunddreißigsten Jahr Asas, des Königs Juda's, ward Omri König über Israel zwölf Jahre, und regierte zu Thirza sechs Jahre.

Eine Erklärung dafür, warum Omri Jahre später noch einmal König wurde, könnten die vorangehenden Verse geben:

(1. Könige 16,21) Dazumalen teilte sich das Volk Israel in zwei Teile. Eine Hälfte hing an Thibni, dem Sohn Ginaths, dass sie ihn zum König machten; die andere Hälfte aber hing an Omri. (22) Aber das Volk, das an Omri hing, ward stärker denn das Volk, das an Thibni, dem Sohn Ginaths, hing. Und Thibni starb; da ward Omri König.

Thibni, der Sohn des Ginath-Genubath, mithin der Bruder des Omri-Jerobeam, des Sohnes des Nebat-Genubath, musste erst sterben, damit Omri König werden konnte. In der Zeit zwischen dem Tode des Nadab-Genubath und dem seines Sohnes Thibni scheint es zunächst zwei Parallelkönige in Israel gegeben zu haben, nämlich Thibni und Omri-Jerobeam. Dieses "Doppelkönigtum" muss einige Zeit bestanden haben.

Die Datierung in Jahren des Asa (1. Könige 16) betrifft weder den einen noch den anderen Vorfall. Das 27. Jahr des Asa ist - beginnend mit dem Jahr 626 ndFl - das Jahr 651/2 ndFl, in welchem Omri-Jerobeam starb. Da die Begebenheiten bei Gibbethon eindeutig in eine frühere Zeit gehören, so kann daraus nur die Konsequenz gezogen werden, dass die Datierung in Regierungsjahren des Asa nicht als vertrauenswürdige Grundlage für Datierungen in der berichtigten Chronologie herangezogen werden kann.

Um welche Jahre handelt es sich aber, wenn nicht um Jahre des Asa?

Der Wechsel von Genubath zu seinen Söhnen muss im Jahre 630 ndFl stattgefunden haben, 27 Jahre nach 603 ndFl, in welchem Jahr Rehabeam das Königreich Juda begründete. Da Omri zwölf Jahre regiert haben soll, muss er, der im Jahre 651/652 ndFl starb, im Jahre 638/640 ndFl auf den Thron in Thirza gekommen sein, wo er bis 646 ndFl residierte und von wo aus er nach Samaria umgezogen sein soll. Wenn Jerobeam (II) aber 41 Jahre regiert haben soll, dann hätte er schon im Jahre 610 ndFl auf den Thron kommen müssen, in dem er noch ein Knabe war, in dem aber auch die Ägypter erstmals wieder nach längerer Zeit ihre Hand nach Edom-Israel ausstreckten: Rehabeam zahlt Tribut (die goldenen Schilde) an Sisak-Manachpiria (dessen Jahre ab 610 ndFl = Jahr 1 KNB gezählt wurden). In dieser Rechnung wäre das 31. Jahr "Asas" das Jahr 640 ndFl, womit wir wieder im Antrittsjahr des Omri-Jerobeam in Thirza angelangt wären. In den 22 Regierungsjahren des Jerobeam (I) könnten auch die zehn Jahre Omri-Jerobeams (630-640 ndFl) vor seiner Alleinherrschaft in Edom-Israel noch untergebracht werden, obwohl wir für die 22 Jahre des Jerobeam schon eine andere Erklärung gefunden hatten: die 22 Jahre des Achija von Silo (606-628 ndFl).

Diese Zahlenspielereien mögen dem Leser willkürlich und daher sinnlos vorkommen; sie wären aber überflüssig, wenn die Angaben des AT eindeutig, d.h. rechnerisch und personenbezogen richtig wären. Da sie das jedoch nicht sind, so haben wir das Recht, diese Zahlen so einzusetzen, dass sie in der berichtigten Chronologie einen Sinn ergeben. Es kann eingewendet werden, dass bei einer anderen Chronologie auch eine andere Möglichkeit bestünde, die Zahlen des AT umzugruppieren, so dass die hier vorgenommene Zuordnung auf keinen Fall als Beweis für die Richtigkeit meiner Chronologie angesehen werden kann. Das ist prinzipiell richtig; doch eine andere Chronologie würde auch zu einer anderen Geschichtsrekonstruktion führen. Und da meine Rekonstruktion in der Umfeldgeschichte des AT Fragen beantwortet und keine aufwirft, so besteht keine Veranlassung, eine andere Rekonstruktion der Geschichte zu bevorzugen, die richtiger sein könnte.

Nachdem die Amoriter im Jahre 629 ndFl Edom vorübergehend zurückerobert hatten, trat Asa-Baesa anscheinend auch zu deren El-Religion über. Diesen Schritt könnte der Prophet Jehu, der angebliche Sohn Hananis, gemeint haben, als er Baesa dafür schalt (1. Kön. 16, 1-7), dass er undankbar gegen den Herrn handele, der ihn zum Fürsten über Israel gemacht hatte. Jehu, der mit David II identisch ist, war nicht etwa der Sohn des Hanani, des Sehers, sondern des Isai bzw. Jesse oder Jesaia. Jehu war wie Asa-Baesa ein Gegner Ägyptens, und das war er auch noch als Teuwatti (so sein Name in den Amarnabriefen) = David II. Hanani war - wie ich zeigen werde - ein Enkel des Jesaja.

Asa wich vor den Ägyptern nach Ammon aus, wo er schon vor seiner Zeit als König von Juda bzw. Israel gesessen haben kann. Als Og von Basan traf er hier mit dem Anführer der Amalekiter zusammen, mit Ka-Mose; hierüber wurde schon im Kapitel Die Einwanderung der Chabiru im Gelobten Land im Band 3 abgehandelt. Im Jahre 630 ndFl versuchte er sein Comeback in Israel und ermordete bei oder in Gibbethon den ägyptenhörigen Nadab-Genubath; vermutlich gehört das alles unter den Oberbegriff "Abfall Edoms von Ägypten". Das muss natürlich die Feindschaft der Ägypter heraufbeschworen haben. Im Jahre 631 ndFl, in dem Ramses IV starb und sein Sohn Ramses V auf den Thron kam, kam Sisak-Manachpiria wieder auf seinen Feldherrnposten. Er brach zum erstenmal nach der Katastrophe als Heerführer auf. Die Amoriter bzw. die Babylonier hatten ihre Truppen in der Festung Megiddo konzentriert. Dem Angriff dieser Zahi-Koalition kamen die Ägypter zuvor. Manachpiria schlug sie vor und in Megiddo. Im Manachpiria-Kapitel wurde hierüber schon abgehandelt.

Dass Asa zu dieser Koalition gehörte, ist sehr wahrscheinlich. "Zahi" entspricht vermutlich den Ländern Zalchi oder Zuchri in den Amarnabriefen, die nach Ansicht Knudtzons für Nordsyrien (nördlich von Palästina und südlich von Arwad) stehen. Dort aber, südlich von Arwad, lag die wichtige Stadt Sumur, die in den Amarnabriefen eine herausragende Rolle spielt. Sie war die Residenz des ägyptischen Oberstatthalters Pachanate, in dem ich Jerobeam vermute, dessen Hauptstadt Samaria schon von Velikowsky für Sumur gehalten wurde.

Der Name des Jerobeam kann, da sein Träger mit Rehabeam so gut wie gleichzeitig regiert haben soll, auch für letzteren als Jahwe-Verehrer stehen; denn die Vorsilbe Je- weist auf den Namen Jahwe, Jahue, Jeho(v)a hin, und Jerobeam war zu keiner Zeit ein Verehrer dieses Gottes, worauf hinzuweisen die Propheten nicht müde werden. Sein Name in Ägypten war I-Cher-Nofret, woraus pa-Chem-Neter geworden sein kann, was nach Ranke "der Gottesdiener" bedeutet und dem aramäischen Pacha(m)nate entspricht. Unter diesem Namen erscheint in den Amarnabriefen ein ägyptischer Oberstatthalter (Rabis), dessen Sitz offenbar die bereits erwähnte Stadt Sumur war. Das AT kann aus dem Namen Pa-Chem-neter- Re den Namen Omri gemacht haben, der in assyrischen Texten als Chum-ri noch deutlicher an den ägyptischen Namen Chem-Re anklingt. Außerdem hat das AT zwecks Kaschierung der Abstammung des Pekach und dessen Identität mit Ahab, dem Sohn des Omri, den Vater des Pekach mit Remalja angegeben, was sowohl eine Athba-Schreibung (Buchstabenumstellung) des Namens Omri wie des Namens Jerobeam sein kann.

Dass es sich bei Gibbethon um das alugitipadalla der Amarnabriefe handeln könnte, das in der Gegend um Megiddo zu suchen sein soll2 und das im Brief 250 des Addu-Ur.Sag mit alugiti-rimunima zusammen erwähnt wird, ist insofern wahrscheinlich, als bei Megiddo die Zahi-Koalition im Jahre 631 ndFl von Manachpiria besiegt wurde. Nur wenig nördlich von Megiddo liegen die Orte Gath-Hepher und Rimmon, die zweifellos mit giti-rimunima (auch = Gath-Rimmon) zu identifizieren sind. Gibbethon wird auch dem Stamme Dan zugeteilt (Jos. 19,44). Als Philisterstadt liegt es natürlich nicht weit von Dan; allerdings suchen wir Dan an der nördlichen Küste, westlich von Nord-Dan (Laïs), und zwar im Misrephoth-Majim an der Grenze zu Phönizien, dem Land der Sidonier, die wir als die eigentlichen Philister ansehen.

Daher ist die Identität von gitipadalla mit Gibbethon auch dadurch gestützt, dass alugittipadalla mit Gittaim, einer Stadt im Stamme Benjamin, identisch sein dürfte, die (Neh. 11, 33) im Zusammenhang mit den benjaminitischen Orten Geba, Michmas, Aja, Beth-El und seinen Ortschaften, sowie Anathoth, Nob, Ananja, Hazor, Rama, Hadid, Zeboim, Neballat, Lod, Ono und dem Tal der Zimmerleute (= Ge-Haraschim = Misrephoth-Majim) aufgezählt wird. Gittaim gilt auch als Stadt in der Nähe von Beeroth (2. Sam. 4,2.3; Beirut), das bekanntlich auch unter Benjamin gerechnet wurde; die Beerothiter waren geflohen gen Gitthaim und wohnten daselbst gastweise bis auf den heutigen Tag.

Vieles deutet darauf hin, dass es sich bei dem Königsmord in Gibbethon um ein Ereignis handelt, das im Zusammenhang mit dem Vorgehen des Manachpiria gegen die Zahi-Koalition aus dieser Gegend gesehen werden kann, wenn auch die entscheidende Schlacht weiter südlich bei Megiddo stattfand. Betroffen war aber der ganze Landstrich von hier bis Nord-Dan/Alt-Benjamin. Mag auch an der Zuordnung der einzelnen Orte bezüglich ihrer Namensentsprechungen wie auch ihrer geographischen Verteilung der eine oder andere Zweifel berechtigt sein, so lässt sich doch sagen, dass Manachpiria im Jahre 631 ndFl unter anderem auch den Königsmord des Asa-Baesa zu Gibbethon rächen wollte.

Es gelang Manachpiria aber nicht, des Asa-Baesa habhaft zu werden oder ihn gar zu töten. Deshalb ging der Krieg gegen ihn und seine Bundesgenossen weiter. Im Jahre 636 ndFl sah sich Asa dem Heer des "Äthiopiers" Serach gegenüber, das er in der Schlacht bei Maresa (= Moreseth oder Areseth) besiegte (2. Chron. 14, 8-12). Dadurch wurde sein und auch der Amoriter Einfluss wieder gestärkt. Allerdings gab es keine endgültige Entscheidung darüber, wer von den beiden Riesen, der vom Euphrat oder der vom Nil, sich die Oberhoheit in der Region Edom-Israel zusprechen konnte. Es gab in jeder Region welche, die diesen, und welche, die jenen Riesen bevorzugten, und dazu gab es vermutlich auch solche Gebiete, die sich vor jeder Fremdeinmischung zu schützen wussten. Im ganzen gesehen war die Situation eher undurchsichtig als eindeutig. Und das AT ist dabei keineswegs übermäßig hilfreich, den Schleier zu lüften.

Bis zum Jahre 636 ndFl dürfte das Doppelkönigtum Thibni/ Omri auf beiden Seiten des Jordan mindestens noch bestanden haben. Danach könnte West-Edom = Israel aus diesem Gebilde ausgeschert sein und ein Eigenleben geführt haben, bis es zwei Jahre später wieder in den ägyptischen Block einverleibt wurde. Demnach währte die Herrschaft von Omri-Jerobeam über Israel nicht ununterbrochen von 630 ndFl bis zum Tode Thibnis im Jahre 639/640 ndFl.

In den Kapiteln des Buches 2. Chronik trifft Jehu nicht mit Asa zusammen. Das ist einleuchtend, da er ja im Buch 1. Könige gar nicht mit Asa, sondern mit Baesa zu tun hat. Dass es sich bei Asa und Baesa um denselben König handelt, will das AT aber auf keinen Fall zugeben; denn Baesa ist im Gegensatz zu Asa ein Falschgläubiger und gehört daher zu den israelischen Bösewichten (1. Kön. 16,4):

Wer von Baesa stirbt in der Stadt, den sollen die Hunde fressen; und wer von ihm stirbt auf dem Felde, den sollen die Vögel des Himmels fressen. Ähnliches drohen die Propheten auch dem Hause des Omri-Jerobeam an. Daher ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass der Prophet Oded und sein Sohn Asarja, die in 2. Chron. 15 unter Asa auftreten, an die Stelle von Hanani und Jehu gesetzt wurden:

(2.Chron. 15, 1) Und auf Asarja, den Sohn Odeds, kam der Geist Gottes. (2) Der ging hinaus Asa entgegen und sprach zu ihm: Höret mir zu, Asa und ganz Juda und Benjamin ... (10) Und sie versammelten sich gen Jerusalem im dritten Monat des fünfzehnten Jahres des Königreiches Asas.

Dieses letzterwähnte Ereignis gehört möglicherweise in das Jahr 636 ndFl, in dem Asa die Ägypter bei Maresa besiegte. Für diese Gleichsetzung spricht, dass Kapitel 15 unmittelbar an diesen Sieg anschließt, der allerdings schon nach jenen zehn Jahren errungen worden sein muss, in denen "das Land still" war (2. Chron. 13, 23). Bei Licht besehen war das natürlich nicht der Fall; denn in dieser Zeit fanden die Kriege der Amoriter und Ägypter statt und es erfolgten die Deportationen.

Wenn das Jahr 636 ndFl aber tatsächlich das 15. Jahr der Gesamtregierungszeit Asas war, dann müsste er bereits 621 oder schon 620 ndFl, im Todesjahr seines Vaters, auf einen Königsthron gekommen sein. Einige spätere Datierungen, auf die ich noch zu sprechen komme, bestätigen das. Ich halte es aber für zutreffender, dass Asa im Jahre 618 ndFl auf den Thron von Ammon gekommen ist. Von hier an  können die 40/41 Gesamtregierungsjahre des Asa gezählt werden: bis 659 ndFl.

Oded, der für Jehu zu stehen scheint, vollzieht die endgültige Bekehrung Asas zum Jahwe-Glauben (2. Chronik 15, 12-15). Mir scheint, dass mit Asa zum erstenmal ein jahwetreuer König in Jerusalem auf den Thron kam; denn auch die Bemühungen Rehabeams um den neuen Kult klingen nicht sehr überzeugend. Da Asa aber der angebliche Sohn Baesa des Achija (von Israel) war, also in Wirklichkeit dessen Nachfolger als König von Israel, so kommt hier die peinlich-pikante Tatsache ans Tageslicht, dass der König von Israel der jahwetreue König war, während das AT sich doch alle Mühe gibt, den König von Israel als falschgläubigen Baals-Verehrer zu diffamieren.

In Babylon saßen in dieser Zeit die Söhne Davids I und noch andere Magnaten als Geiseln fest. Es ist anzunehmen, dass sie dort nicht im Kerker schmachteten, sondern ihren Geschäften nachgingen, wie es sich für hochgeborene Gäste geziemt. Nebukadrezzur, der vormalige Kedor-Laomor, sah die Geiseln in seiner neuen Hauptstadt Babylon als willkommene Bereicherung für den wirtschaftlichen Aufschwung der Metropole an. Bekanntlich wurde Daniel, der den Namen Beltsazar erhielt, sogar Gouverneur der Provinz Babylon (und Umgebung) und vermutlich sogar der Schwiegersohn des Großkönigs. Alles in allem hatten sie sich alle gut hier eingerichtet. Insofern empfanden weder sie noch die daheim Zurückgebliebenen einen politischen Druck, und außerdem saß den Israeliten das Hemd näher als der Rock. Sie sahen in den innenpolitischen Schwierigkeiten ihrer mächtigen Nachbarn endlich wieder eine Gelegenheit, sich selbständig zu machen wie zu den Zeiten des großen David I. Erst recht nach dem Sieg über Serach bei Areseth-Maresa schwoll ihnen gehörig der Kamm. Doch sie machten die Rechnung ohne den Wirt; denn Manachpiria, der Feldherr des nun auf dem Thron sitzenden Pharaos Serach = Sethos-Amenophis II, leistete ganze Arbeit in Israel-Kanaan-Phönizien.

Die Ära Manachpiria

Wie ich im Kapitel 2 (Die Feldzüge Manachpirias, Teil I: 631-642 ndFl) bereits ausführte, brach Manachpiria im Jahre 638 mit der neuen Flotte auf und nahm die phönizischen Städte Tunip und Arwad ein. Damit traf er die Versorgung der amoritischen Garnisonen im Rücken. Im Jahre 639 fiel die schwerbefestigte Residenz des babylonischen Oberstatthalters von Amurru-Kanaan nach langer Belagerung. Mit dieser Einnahme von Kadesch war der wichtigste Vorposten der Babylonier gefallen und das größte Hindernis für die Ägypter auf dem Wege nach Naharina beseitigt. Pharao Amenophis II setzte seinen Schwiegervater Schutarna aus der Mitanni-Dynastie als Vizekönig in Amurru-Kanaan ein.

Schutarna war es, der die für Omri angegebenen zwölf Jahre regierte, und zwar von 639 bis 651 ndFl. Er war es auch, der einem gewissen Schemer den "Wachtberg" abkaufte, nämlich die Stadt Samaria, wo er in den letzten sechs Jahren seiner Herrschaft seine Residenz hatte. Wer dieser Schemer war und welche Namen er und die Stadt Samaria sonst noch hatten, wird in einem späteren Kapitel erläutert. Zunächst zogen Schutarna und sein Sohn Aitugama offenbar in Kadesch ein, der mutmaßlichen alten Hauptstadt Davids I, die - so vermute ich - auch mit Groß-Hamath identisch ist. Hier saß später, nachdem Schutarna nach Samaria umgezogen war, noch der Sohn Ai-tu-gama, den das AT Tou von Hamath nennt.

Durch die Siege des Manachpiria geriet Israel trotz des Sieges, den Asa bei Maresa errungen hatte, wieder unter die Oberherrschaft der Ägypter, und Ba-Asa musste sich im Jahre 638 ndFl endgültig nach Ammon-Basan zurückziehen, wo er als Og von Basan im Jahre 641 ndFl abermals mit Ka-Mose = Kamosch von Moab zusammentraf und im Jahre 654 ndFl bei Salmanassar noch als Ba'asa von Ammon erwähnt wird. Hier baute Asa Rama, dass niemand sollte aus und ein ziehen auf der Seite Asas, des Königs Juda's (1. Kön. 15, 17). Dies wird zwar von Baesa gesagt, der lebenslänglich im Streit mit Asa gelegen haben soll; aber gemeint ist natürlich Asa-Ba'asa von Ammon, der seine neue Hauptstadt Rama = Ramoth in Gilead baute, damit die Ägypter ihm nicht zu nahe rückten. Offenbar taten sie das auch nicht; denn Ammon-Basan scheint nicht zum ägyptischen Imperium gehört zu haben.

Der Bau einer ammonitischen Stadt erscheint auf den ersten Blick für einen König von Israel äußerst unglaubwürdig. Hierin liegt zum einen der Beweis, dass Baesa, der Erbauer von Rama, zu dieser Zeit kein König von Israel gewesen sein kann, und zum anderen, dass Ba-Asa von Ammon mit Og von Basan identisch ist, der auch in der ammonitischen Stadt Astaroth-Karnaim wohnte, in der Asa schon als König von Ammon in seiner ersten Periode gewohnt hatte, als er mit Ka-Mose das erste Mal hier zusammengetroffen war. Zu der Zeit war Rama = Ramoth in Gilead noch nicht fertig. In Astaroth-Karnaim hatten Amraphel und seine Könige im Jahre 629 ndFl "die Riesen" besiegt (1. Mose 14,5). Bei denen handelte es sich um die großwüchsige Urbevölkerung der Enakiter-Esauiter-Horiter, mit der schon Isaak zu tun gehabt hatte.

Der Nachfolger des von Asa noch in Jerusalem eingesetzten Jotham wurde im Jahre 642 ndFl ein gewisser Abdi-Chiba, der in den Amarnabriefen erscheint und der von sich selbst sagte, er sei kein Regent, sondern nur ein Offizier des Pharaos (Brief Nr. 285). Auf ihn komme ich im zweiten Königs-Chronik-Kapitel noch ausführlich zu sprechen. Es kann aber jetzt schon darauf hingewiesen werden, dass Jerusalem für die Ägypter eine gänzlich unbedeutende Stadt war. Manachpiria führt sie unter seinen Eroberungen nicht einmal auf.

Im Jahre 640 unternahm Manachpiria seinen siebten Feldzug, der ihn nach Phönizien führte, wo er die Städte Arwad und Sumura (Simyra) bestrafen musste, zwei Städte, die uns in den Amarnabriefen wieder begegnen. Bekanntlich waren Tunip und Arwad schon im Jahre 638 ndFl erobert worden, was auch für Sumur-Simyra gelten könnte. Nach dem Abzug des Manachpiria waren die Städte offensichtlich wieder abgefallen, was in Anbetracht der amoritischen Präsenz rundum im Lande nicht verwundert.

Auf der Verwaltungsebene konnten nun die Statthalterkönige (in den Amarnabriefen als rabissu, Sing. rabis bezeichnet) wieder eingesetzt werden. In Ost-Edom, das während der letzten zehn Jahre treu zu den Ägyptern gehalten hatte, war im Jahre 630 ndFl Omri-Jerobeam auf den väterlichen Thron gekommen, während sein Bruder Thibni als Oberstatthalter von Amurru in Sumur-Simyra eingesetzt worden sein dürfte, einer Stadt, die Manachpiria im Jahre 640 ndFl zu "bestrafen" hatte. Wir denken bei dieser Revolte natürlich an den Tod des Thibni in diesem Jahr und vermuten wohl zu Recht, dass von nun an sein Bruder Omri-Jerobeam in Sumur als Pachamnate residieren wird. Es können die Angaben des AT zu Thibni nämlich in der Weise interpretiert werden, dass Thibni "dazumalen", das heißt im Jahre 630 ndFl, die eine Hälfte von Edom bekam, nämlich Edom-Israel, während die andere Hälfte, nämlich Schemesch-Edom, bei Omri-Jerobeam blieb. Thibni kann bei dem Umsturzversuch im Jahre 639/640 ndFl umgekommen sein. Nach seiner Übersiedlung nach Sumur-Simyra stellte Jerobeam das Goldene Kalb auf:

1. Kön. 12: (28) Und der König [Jerobeam] hielt einen Rat und machte zwei goldene Kälber und sprach zu ihnen: Es ist euch zuviel, hinauf gen Jerusalem zu gehen; siehe, da sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägyptenland geführt haben. (29) Und er setzte eins zu Beth-El, und das andere tat er gen Dan.

Mit diesen Apis-Emblemen der in Ägypten herrschenden Ptah-Dynastie dokumentierte er die ägyptische Herrschaft über seinen Bezirk, den er so nach Norden und Süden abgrenzte. Nach den Angaben des AT schloss das Gebiet, über das Omri-Jerobeam ägyptischer rabis war, Phönizien offenbar nicht ein. Wie aus den Amarnabriefen aber zu entnehmen ist, gehörten auch die phönizischen Städte zum Herrschaftsbereich des Pachamnata.

Das südlich von Beth-El bzw. Ephraim liegende Gebiet, also Benjamin und Juda, unterstand demnach einem anderen Rabis, der selbstverständlich nicht Rehabeam hieß. Es gibt in der Amarna-Korrespondenz, die hauptsächlich die Jahre 650, 651 und 652 ndFl betrifft, einen Regenten (Rabis) von Südpalästina mit Namen Addaia. Sein Name klingt jahwe-freundlich. Wir werden uns mit ihm beschäftigen, sobald wird in der Amarnazeit angelangt sind.

Der Sohn Pekachabbu-Ahab des Jerobeam = Omri-Remalja, der um 620 ndFl geboren wurde, kann ebenfalls zu dieser frühen Zeit schon in den neuen ägyptischen Provinzen als Unterstatthalter eingesetzt worden sein. Seine Namen in den Amarnabriefen sind Chabaia, Chabi oder Chaib. Er wird jedoch nicht eindeutig als Sohn des Pachamnata bezeichnet, könnte aber mit ihm verwandt gewesen sein. Die Zuordnung des Namens Pacham-nata zu Pekach-Ahab halte ich nicht für gerechtfertigt. Pachamnata und Chaib sind eindeutig zwei unterschiedliche Personen.

Ahab wurde schon bald mit Isebel, der Tochter des Phöniziers Ittobaal (= Ethbal) von Sidon vermählt, eines Sohnes des von Nebukadrezzur getöteten Achiram von Tyrus. Ahab  soll im 38. Jahr Asas auf den Thron gekommen sein und 22 Jahre in Samaria über Israel regiert haben. Da sein Tod in das Jahr 659 ndFl gehört - wie wir noch sehen werden -, so ist sein Regierungsantritt im 38. Jahr Asas (= 658 ndFl) problematisch; denn das beträfe eher sein Todesjahr.  Pekach-Ahab kam im Alter von (fast) 22 Jahren (geboren 619 ndFl) im Jahre 640 ndFl auf seinen Posten und regierte bis zum 20. Jahr (also nur 19 Jahre), d.h. bis zum Jahre 659 ndFl. Seine Residenz war Jesreel (Naboths Weinberg), wo Thibni  im Jahre 640 ndFl durch Ahab und wo dessen Frau Isebel im Jahre 661 durch Simri den Tod fanden.  Es war nicht Naboth selbst, der  in  seinem Weinberg von Ahabs Leuten getötet wurde!

In Samaria soll sein Vater Omri eingezogen sein, nachdem er vorher sechs Jahre in Thirza residiert haben soll. Das "Samaria" des Omri-Jerobeam war allerdings Sumura = Simyra in Phönizien. Die wirklichen Residenten von Samaria zu dieser Zeit waren andere, auf die ich weiter oben schon hingewiesen habe. Der Wechsel von dem einen zum anderen fand sehr wahrscheinlich im Jahre 646 ndFl statt, also (fast) im "38. Jahr Asas"; darauf gehe ich aber erst im nächsten Kapitel über die Königs-Chroniken ein.

Dass Ahab erst im Jahre 646 ndFl auf einen Thron gekommen sein soll, halte ich - auch wegen seiner Regierungszeit von 20 Jahren - für ausgeschlossen. Dass Ahab schon im Jahr des Siddim-Einsturzes (641 ndFl) in dieser Region tätig war, geht vielmehr aus seiner ersten Begegnung mit dem Syrerkönig Benhadad hervor.

Benhadad

Im AT erscheinen drei Könige von Syrien zu Damaskus mit dem Namen Benhadad. Die Reihenfolge der Begebenheiten mit Benhadad ist im AT chronologisch nicht korrekt aufgeführt. Ich beginne mit einer späteren, die jedoch in Wirklichkeit die früheste ist:

1. Könige 20: (1) Und Benhadad, der König von Syrien, versammelte alle seine Macht, und waren 32 Könige mit ihm und Ross und Wagen, und zog herauf und belagerte Samaria und stritt dawider (2) und sandte Boten zu Ahab, dem König von Israel, in die Stadt (3) und ließ ihm sagen: So spricht Benhadad: Dein Silber und dein Gold ist mein, und deine Weiber und deine besten Kinder sind auch mein. (4) Der König Israels antwortete und sprach: Mein Herr König, wie du geredet hast! Ich bin dein und alles, was ich habe.

Die "Alten und alles Volk" überreden den König Israels, der Aufforderung nicht zu folgen. Als die Boten Benhadads am folgenden Tag kommen, um den Tribut des Königs Israels abzuholen, gibt dieser ihnen folgenden Bescheid:

1. Könige 20: (9) Saget meinem Herrn, dem König: Alles, was du am ersten deinem Knecht entboten hast, will ich tun; aber dies kann ich nicht tun. Und die Boten gingen hin und sagten solches wieder. ... (12) Da das Benhadad hörte und er eben trank mit den Königen in den Gezelten, sprach er zu seinen Knechten: Schicket euch! Und sie schickten sich wider die Stadt.

Das Riesenaufgebot von 32 Königen macht uns stutzig. War dieser Syrerkönig Benhadad zu Damaskus wirklich ein so mächtiger Herr, dem 32 Könige unterstanden, darunter doch offensichtlich auch der "König Israels", der wegen seiner Untreue gegenüber seinem Herrn und König bestraft werden soll? War dieser "König Israels" tatsächlich Ahab, dessen Residenz Samaria belagert wurde? Das führt uns zwangsläufig zu der Frage: Wann fand diese Begegnung denn überhaupt statt?

1. Könige 20: (13) Und siehe, ein Prophet trat zu Ahab, dem König Israels, und sprach: So spricht der Herr: Du hast ja gesehen all diesen großen Haufen. Siehe, ich will ihn heute in deine Hand geben, dass du wissen sollst, ich sei der Herr. (14) Ahab sprach: Durch wen? Er sprach: So spricht der Herr: Durch die Leute der Landvögte. Er (der König Israels) sprach: Wer soll den Streit anheben? Er (gemeint ist der Prophet) sprach: Du.

Die "Leute der Landvögte" sind die Hilfstruppen, welche die einheimischen Herrscher dem "König Israels" bereitzustellen hatten, mit dem Ahab gemeint sein soll. Ahab kann das Heer der Syrer besiegen:

1. Könige 20: (20) Und die Syrer flohen, und Israel jagte ihnen nach. Und Benhadad, der König von Syrien, entrann mit Rossen und Reitern. (21) Und der König Israels zog aus und schlug Ross und Wagen, dass er an den Syrern eine große Schlacht tat. (22) Da trat der Prophet zum König Israels und sprach zu ihm: Gehe hin und stärke dich und merke und siehe, was du tust! Denn der König von Syrien wird wider dich heraufziehen, wenn das Jahr um ist. (23) Denn die Knechte des Königs von Syrien sprachen zu ihm: Ihre Götter sind Berggötter; darum haben sie uns (in den Bergen) überwunden. O dass wir mit ihnen in der Ebene streiten müssten! Was gilt's, wir wollten sie überwinden!

Dies alles erinnert mehr an einen großen Krieg als an eine Auseinandersetzung zwischen zwei benachbarten Provinzkönigen. Und was hat der Prophet des Herrn mit den Verehrern von Berggöttern zu schaffen? Dies alles klingt nicht überzeugend. Offensichtlich handelt es sich um einen Krieg von überregionaler Bedeutung.

Im nächsten Jahr stellt Benhadad sein Heer in der Ebene bei einer Stadt namens Aphek auf. Zu dieser Stadt gibt Abraham Meister3 vier verschiedene Lagen an, diese hier "in der Nähe von Jesreel". Das würde bedeuten, dass die Aphek-Schlacht in der Jesreel-Ebene ausgetragen wurde. Am siebenten Tag schlagen die Kinder Israel 100.000 Mann der Syrer. Die übrigen fliehen in die Stadt Aphek, wo 27.000 Mann von einer einstürzenden Mauer begraben werden, und Benhadad floh auch in die Stadt, von einer Kammer in die andere.

Die Schlacht bei Aphek scheint zu einem Zeitpunkt stattgefunden zu haben, als ein Erdbeben das Land erschütterte. Hierbei an den Siddim-Einsturz des Jahres 641 ndFl zu denken, halte ich für gerechtfertigt. Das würde bedeuten, dass die Schlacht, die im Vorjahr in den Bergen stattgefunden hatte, ins Jahr 640 ndFl zu datieren wäre. Bekanntlich kam das ägyptische Heer im Jahr 641 ndFl nicht nach Syrien. Es müssten also die "Syrer", die Israel angriffen, im Vorteil gewesen sein. Das "Erdbeben" machte diesen Vorteil jedoch zunichte, und die Niederlage des Nebukadrezzur in Mesopotamien besiegelte das Schicksal des "Königs von Syrien" endgültig.

Entweder war es gar nicht der "Syrerkönig" Benhadad, der bei Aphek besiegt wurde, sondern ein Heerführer des Nebukadrezzur, oder Benhadad war dieser Heerführer!

Im Jahr 640 ndFl hatte Manachpiria seinen siebten Feldzug unternommen, auf dem er die phönizischen Städte Arwad und Sumura-Simyra bestrafen musste. Sollte es sich bei Samaria um die Residenz Sumur des Pachamnate-Jerobeam handeln? Das hat auch Velikovsky angenommen; dabei hat er jedoch übersehen, dass Sumur eine Hafenstadt war, was von Samaria, das in den Bergen liegt, nicht gesagt werden kann. Die redaktionellen Anpassungen der historischen Vorgänge an die beabsichtigten Aussagen des AT müssen viel subtiler betrachtet werden!

Die Syrer, das sind demnach die Babylonier aus Naharina, Mesopotamien bzw. Groß-Amurru, wurden in diesem Jahr 640 ndFl von den Ägyptern im Bund mit Omri-Jerobeam und seinem Sohn Ahab in der Küstenebene besiegt. Damit ist auch die Problematik mit den Berggöttern aus der Welt; denn so große Heere, wie sie hier beschrieben sind, können gar nicht in den Bergen miteinander kämpfen. Vielmehr sind die Berggötter die Höhen der Enlils-Verehrer, der Amoriter also.

Im folgenden Jahr traten die "Syrer" bereits während der Flachsblüte zum Gegenangriff an, als das ägyptische Herr noch nicht wieder eingetroffen war. Der "König Israels" stand nun allein gegen dieses große Heer, das nicht von Benhadad, dem König Syriens zu Damaskus, angeführt wurde, oder wenn schon von ihm, dann als Heerführer der Amoriter bzw. Babylonier. Seine Auseinandersetzung mit Ahab, die auch noch in eine spätere Zeit gehört, wäre ohne diese Eigenschaft des Benhadad lediglich in diesen Vorderasiatischen Krieg hineinprojiziert worden. Als Anführer der 32 Könige der Babylonier hätte Benhadad allerdings kläglich versagt, wenn er gegen den "König Israels" unterlag.

Zur Zeit der Flachsblüte, also sehr früh im Jahr, fand bekanntlich die Hagelplage in Ägypten statt, als barad (heiße Steine) auf das Land herabfielen, die eigentlich nur vom Siddim-Einsturz herrühren konnten. Für eine so frühe Ansetzung dieser Begebenheit sprechen auch die Angaben in 2. Könige 6, 1-23:

Der Prophet Elisa kommt nach Samaria zum "König Israels" (auch hier keine Namensangabe) und unternimmt eine merkwürdige Aktion, auf die hier aber nicht eingegangen werden soll; doch seitdem kamen streifende Rotten der Syrer nicht mehr in das Land Israel, und (24) nach diesem belagert Benhadad, der König von Syrien, Samaria, wo schon bald eine große Teuerung ausbricht, die entsetzliche Auswirkungen auf die Menschen in Samaria hat und dem "König Israels" sehr nahe geht. Schließlich ziehen die Syrer ab:

2. Könige 7: (6)... der Herr hatte die Syrer ein Geschrei hören lassen von Rossen, Wagen und großer Heereskraft, dass sie untereinander sprachen: Siehe, der König Israels hat wider uns die Könige der Hethiter und die Könige der Ägypter gedingt.

Dieser letzte Satz enthält eine besonders aufschlussreiche Information; denn ein Militärbündnis zwischen Hethitern und Ägyptern kann es in konventioneller Sicht zur Zeit des Ahab (mitte des 9. Jahrhunderts v.Chr.) gar nicht gegeben haben, da die Hethiter nach konventioneller Auffassung zu dieser Zeit überhaupt nicht mehr existierten. Und Ägypten war in dieser Zeit der "Libyschen Dynastien" alles andere als eine große Militärmacht. Nur "zu den Zeiten Manachpirias" kämpften die Ägypter Schulter an Schulter mit den Hethitern: gegen den "Syrer" Nebukadrezzur.

Das "Kriegsgeschrei" könnte eine ähnliche Auswirkung des Siddim-Einsturzes gewesen sein wie die "Wunder", die sich in Mesopotamien zutrugen, als Zeus einen Donner erschallen ließ und eine Dunkelwolke schickte, um die Bastionen der Babylonier, Ninive und Assur, sturmreif zu machen.

Ein weiterer Hinweis auf die Platzierung dieser Ereignisse in die Zeit des Vorderasiatischen Krieges und um den Einsturz des Siddimtales ist in den folgenden Versen enthalten, auf die ich schon im Manachpiria-Kapitel hingewiesen habe. Der Prophet Elias, unzweifelhaft ein Zeitgenosse des Ahab, erlebt folgendes:

1. Könige 19: (11)... siehe, der Herr ging vorüber und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, vor dem Herrn her; der Herr aber war nicht im Winde. Nach dem Winde aber kam ein Erdbeben; aber der Herr war nicht im Erdbeben. (12) Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der Herr war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen.

Diese Beschreibung, wenn man das "stille, sanfte Sausen" an den Anfang der Reihe setzt, entspricht dem Verlauf des Siddim-Einsturzes in allen Einzelphasen. Die Katastrophe selbst wurde schon im 2. Kapitel des VI. Buches in diesem Band beschrieben.

Bezeichnend ist, dass der "König Israels" nicht nur im Buch 1. Könige (Kap. 20) nicht namentlich erwähnt wird, sondern auch im Buch 2. Könige (Kap. 6 und 7) keinen Namen hat. Es ist mit beiden aber offensichtlich derselbe König gemeint, der zu Samaria residiert: Omri-Jerobeam oder Ahab. Obwohl Ahab im 2. Buch der Könige schon tot sein müsste, erscheint er hierin als "König Israels" erneut.

Die "Himmelfahrt des feurigen Elias" kann nicht als dessen Tod im Zusammenhang mit der Siddim-Katastrophe aufgefasst werden, da er noch gar nicht alle Aufträge erfüllt hatte, die ihm der Herr aufgetragen hatte: Er sollte nicht nur Elisa zu seinem Nachfolger machen, er sollte zudem Hasael zum König von Syrien und Jehu zum König von Israel krönen. Da aber der Prophet Elisa während des größten Teils der Regierungszeit des Ahab dessen Begleiter ist, drängt sich der Verdacht auf, dass Elias in der Person des Elisa weitergelebt haben könnte. Die weiteren Aufgaben des Elia(s) gehören jedoch erst in eine spätere Zeit, ebenso die Fortsetzung des Kapitels 1. Könige 20: Benhadad kapituliert vor dem "König Israels" und schließt ein Bündnis mit dem "König Israels":

1. Könige 20: (34) Und Benhadad sprach zu ihm: Die Städte, die mein Vater deinem Vater genommen hat, will ich dir wiedergeben; und mache dir Gassen zu Damaskus, wie mein Vater zu Samaria getan hat. So will ich [sprach Ahab] mit einem Bund dich ziehen lassen. Und er machte mit ihm einen Bund und ließ ihn ziehen.

In Anbetracht der beinahe bedeutungslosen Rolle, die die "Könige" von Syrien-Damaskus und Israel-Samaria in dieser Phase der Großmachtpolitik innehaben, klingen diese Worte großspurig und lächerlich. Wenn es wirklich Ahab ist, der hier spricht, wie der Kopist oder der Übersetzer meint - daher die eckigen Klammern - dann müsste Tabrimmon, der Vater des Benhadad und Sohn von Hesjon, dem Vater Ahabs, also Omri-Remalja-Jerobeam, Städte weggenommen haben. Ein Bündnis zwischen Ahab und Benhadad hat es zwar tatsächlich gegeben; aber es gehört in eine spätere Zeit. Es kann erst zustande gekommen sein, als nicht nur die ägyptische, sondern sogar schon die sich daran anschließende hethitische Oberherrschaft über Amurru-Kanaan beendet war: in der Zeit der assyrischen Oberherrschaft.

Dass Benhadad zu dieser frühen Zeit (641 ndFl) noch nicht der Syrerkönig zu Damaskus gewesen sein kann, geht aus den Amarnabriefen hervor; denn die Ägypter setzten den Meder (Mitanni) Namiawaza, den Sohn des Schutarna, in Damaskus als Statthalter ein, Benhadad hingegen kann erst nach dem Amka-Überfall auf den Thron von Damaskus gekommen sein. Unter ägyptischer Oberhoheit muss er außer Landes gewesen sein.

Das Ende der ersten Babylonischen Gefangenschaft

Mit dem Untergang des Babylonischen Reiches endete auch das erste Babylonische Exil. Wie schon im Kapitel 1 (Nebukadrezzur) des 6. Buches in diesem Band gesagt wurde, gab es zwei verschiedene Exile in Babylon. Dies wurde anschaulich am Buch Daniel gezeigt. Dasselbe, was zum Buch Daniel zu sagen ist, gilt auch für das Buch Esra: dass es aus zwei Exil-Geschichten zusammengesetzt wurde, die beide unter einem Nebukadnezar stattgefunden zu haben scheinen, bei dem es sich um eine zusammengesetzte Person handelt. Die Verquickung beider Exilzeiten zu einer einzigen muss erst aufgelöst werden, bevor eine exakte Rekonstruktion der Geschichte bewerkstelligt werden kann. Die Trennung der beiden Exile wurde im Nebukadrezzur-Kapitel bereits vorgenommen.

Im AT wird das (einzige) babylonische Exil durch Kores beendet, den König von Persien, der Babylon erobert hat und den Juden nicht nur freien Abzug gewährt, sondern ihnen auch den Tempelschatz wieder herausgibt, den Nebukadnezar geraubt hatte. Darüber hinaus befiehlt er den Juden, den Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen, dessen Zerstörung demnach im Zusammenhang mit der Eroberung Jerusalems durch den Babylonier gestanden haben muss. Dass dieser König Kores nicht der große Perserkönig Kyros gewesen sein kann, habe ich an anderen Stellen schon gesagt. Es handelt sich bei dem Judenbefreier Kores um den Enkel dieses Kyros, um den Sohn des Darius I mit der Kyrostochter Atossa. Er wird als Kyros der Jüngere konventionell jedoch nicht als Babyloneroberer und König von Persien angesehen; denn aufgrund eines Missverständnisses, das wiederum die Folge einer der fatalsten Betrugsaffären der Geschichte war, hat die Märe vom vorzeitigen Tod des jüngeren Kyros Einzug in unsere Geschichtsbücher gehalten. Und das kam so:

Die griechischen Söldnertruppen, hauptsächlich Spartaner, die Kyros der Jüngere angeworben hatte und mit deren Hilfe er seinen Bruder Artaxerxes, den in Babylon residierenden König von Persien, stürzen wollte, hatten in der Schlacht bei Kunaxa nahe Babylon das weit überlegene Heer des Großkönigs besiegt und warteten nun auf ihren Sold. Da Kyros der Jüngere darauf brannte, in Babylon einzuziehen und vor allem seinen Bruder auszuschalten, beauftragte er seinen Kämmerer Mithridates, den Mithredat der Bibel (Esra 1, 8), den Griechen den Sold auszuzahlen. Dieser, der dem Fürsten Juda's, Sesbazar, den Tempelschatz zwar offenbar ehrlich wieder herausgab, tat sich aber mit einigen anderen Magnaten des Kyros zusammen und betrog die Griechen um ihren Lohn, indem er ihnen vorlog, Kyros sei bei der Verfolgung des Artaxerxes umgekommen und folglich nicht mehr in der Lage, den Sold auszuzahlen. Daraufhin zogen die Griechen hängenden Hauptes zurück, und ihre Anführer wurden unterwegs von den Spießgesellen des Mithridates hingerichtet.

Der Athener Xenophon, der diese Vorkommnisse in seiner Anabasis überliefert hat, führte die griechischen Söldner auf beschwerlichen Wegen wieder nach Europa zurück und war dadurch für einige Zeit von den Nachrichten abgeschnitten. So konnte er den wahren Sachverhalt nicht mitbekommen, und seine unbeabsichtigte Falschdarstellung entstellt noch bis in unsere Zeit die Geschichte. Das AT gibt aber eindeutige Hinweise auf die Machtergreifung des Kyros. Das ist einmal der Schatzmeister Mithredat, der selbstverständlich mit dem Mithridates bei Xenophon (und auch an anderen Stellen) identisch ist, und zum anderen sind es die Datierungen in Regierungsjahren des Kores im Buch Daniel, die nur dann Sinn ergeben, wenn man sie auf Kyros den Jüngeren statt auf Kyros den Älteren anwendet. Diese Identifizirung des biblischen Kores mit dem jüngeren Kyros bedeutet nicht, dass der ältere Kyros nicht ebenfalls Babylon erobert habe; doch der befreite dort keine Juden.

Es tritt nun der Zufall ein, dass auch das erste babylonische Exil durch einen "Kyros" beendet wurde, der ebenfalls aus Persien kam und Babylon eroberte: Kuros = Kuri-Galzu = Mursilis-Tudhaliyas. Er entließ die Juden, die sich jetzt unter Esra-Serubabel auf den Heimweg machten. Der Fürst Sesbazar dagegen gehört ans Ende des zweiten Exils. Auf die von Babylon nach Kanaan zurückkehrenden Personen werde ich erst im nächsten Königs-Chronik-Kapitel in diesem Band eingehen (VII. Buch, 4. Kapitel: Die Chronik der Könige, Teil II: Die Amarnazeit).

Es sollte an dieser Stelle auf einen eklatanten Anachronismus im AT hingewiesen werden: In Jesaja 44,28 und 45,1 wird auf die Befreiung der Juden durch Kores und den Wiederaufbau des Tempels zu Jerusalem (konv. 6. Jhdt. v.Chr.) hingewiesen, was einem Jesaja (konv. 8. Jhdt. v.Chr.) nur unter dem Aspekt einer detaillierten Prophetie möglich gewesen sein kann. Es ergibt sich auch in der berichtigten Chronologie weder eine Möglichkeit für Kyros den Älteren noch den Jüngeren, von Jesaja erwähnt werden zu können. Es wäre lediglich möglich, Kores mit Kyros-Kurigalzu gleichzusetzen, was aber dem Kontext im AT nicht gerecht werden würde. Hier wurde offensichtlich redigiert!    

Letzter Stand: 17. August 2013


1 So in assyrischen Inschriften aus späteren Jahren.
2 Knudtzon-Weber, Die El-Amarna-Tafeln
3 Abraham Meister, Biblisches Namen-Lexikon, Verlag Mitternachtsruf, Pfäffikon ZH/Schweiz
Die Geschichte des Altertums in neuer Sicht Band 1 bis 3 der Geschichte des Altertums in neuer Sicht
gibt es inzwischen auch gedruckt.

Sie können sie hier beim Lulu-Marktplatz bestellen:
 Band 1
 Band 2
 Band 3 (einschließlich 6. Buch)

Oder bei Amazon:
 Band 1
 Band 2
 Band 3 (einschließlich 6. Buch)



Zurück zum Inhaltsverzeichnis   Weiter