Neuntes Buch: Kyros

2. Kapitel:

Die Medo-Perser
Teil V: Vorderasien bis zum Tode des Kambyses (2. Teil)

Die babylonischen Texte beginnen mit der Zählung der Jahre des Kyros ab diesem Jahr 685 ndFl, so dass Kyros' erstes Jahr in Babylon bereits sein viertes Regierungsjahr sein wird.

Sein Verdienst wird von der Chronik zwar nicht gewürdigt; aber er erhebt sofort seinen Anspruch auf ganz Urartu, zumal Rusa II, der "Freund" des Schar-ukin, ebenfalls zu den Besiegten und Gefangenen, wenn nicht gar zu den Gefallenen gehören kann. In Urartu setzt sich als dessen Nachfolger sein Neffe Sarduri IV, der Sohn des Sarduri II, des Sohnes von Argischti I, auf den Thron und kommt damit seinem Vetter Argischti II, dem Sohn des Rusa II, zuvor, der womöglich ebenfalls in Gefangenschaft geraten war.

Die Gadd-Chronik zählt noch weitere Erfolge des Chaldäers für diesen Sommer auf. Im Herbst spitzt sich die Lage zu:

Im Monat Taschritu (Sept./Okt.) zogen das Heer des Landes Ägypten und das Heer des Landes Assur hinter dem König von Akkad her bis zur Stadt Qablinu, aber sie konnten den König von Akkad nicht mehr erreichen und zogen sich zurück.

War die Gefahr zunächst auch abgewendet, so standen den Alliierten für die Folgezeit doch neue Gegner ins Haus: Die Freunde des "Königsmachers" Bel = Schar-ukin kamen als Heerzug - vermutlich unter der Führung des betagten Necho - im Auftrage des Pharaos Haremhab bis an den Euphrat. Das bedeutet, dass sie durch assyrisches Gebiet ziehen und die Gastfreundschaft unter anderem des Josia in Anspruch nehmen durften. Es ist davon auszugehen, dass Ägypten seit der Niederlage gegen Sanherib-Assurbanipal unter assyrischer Oberherrschaft stand. Asarhaddon-Salmanassar dürfte die Zügel noch fest in der Hand gehabt haben. Erst seit 683 ndFl hatte Ägypten wieder einen Pharao, womit nicht gesagt sein soll, dass es seitdem völlig selbständig war. Konventionell gilt Psammetich I als Pharao dieser Zeit.

Gegen Ende des Jahres konnten sich die Alliierten erneuter Erfolge rühmen: Im Monat Adaru (Febr./März) kämpften das Heer des Landes Assur und das Heer des Landes Akkad in der Stadt Madanu, die zur Stadt Arrapcha gehört, miteinander, und das Heer des Landes Assur zog sich vor dem Heer des Landes Akkad zurück, und sie brachten ihnen eine gewaltige Niederlage bei. In den Fluss Zab warfen sie sie. Ihre Wagen und ihre Pferde wurden erbeutet, sie plünderten sie sehr aus. Viele seiner Großen ließen sie mit sich den Fluss Tigris überschreiten und brachten sie nach Babylon.

In Anbetracht der Niederlage der Mannäer in diesem Sommer ist es wohl nicht abwegig, in der Stadt Madanu Ekbatana zu sehen, das Channig-alu-mitan bzw. Channigalbat anderer Inschriften. Seine Zugehörigkeit zum Land der Stadt Arrapcha = Arapachitis, der Heimat des Perseus-Arphachsad, also zu Parsu-Masch im weitesten Sinne, bestärkt mich in dieser Annahme.

686 ndFl6: Im 11. Jahr bot der König von Akkad seine Truppen auf und zog am Ufer des Flusses Tigris entlang und belagerte im Monat Ajjaru (April/Mai) Assur. [Am ... Tage] des Monats Simanu griff er die Stadt an, aber nahm sie nicht ein. Der König des Landes Assur bot seine Truppen auf, und der König von Akkad wurde von Assur verdrängt und zog bis zur Stadt Takritain im Lande Assur am Ufer des Tigris zurück. Der König von Akkad ließ seine Truppen in die Burg der Stadt Takritain hinaufziehen. Der König des Landes Assur und sein Heer belagerte das Heer des Königs von Akkad, das in der Stadt Takritain eingeschlossen war, und 10 Tage lang griff er sie an, aber nahm die Stadt nicht ein.

Bei Takritain handelt sich um Kar-Tukulti-Ninurta, eine Stadt nahe Assur, die von Tukulti-Ninurta-apal-ekur = Tukulti-apil-escharra = Tiglath-Pileser gegründet wurde. Der Konsonanteninhalt der beiden Namen stimmt überein: 

Kar-Tukulti-Ninurta
Kri Ta   Tain

Nach  vielen Siegen und Einzelerfolgen wird es zum ersten Mal wieder kritisch für den Chaldäer. Er scheint auf sich allein gestellt gewesen zu sein, ein Umstand, der sich jedoch bald änderte: Das Heer des Königs von Akkad, das in der Burg eingeschlossen war, brachte dem Lande Assur eine schwere Niederlage bei.

Wie ist es möglich, dass ein eingeschlossenes Heer seinen Feinden eine schwere Niederlage zufügt? Das kann doch nur heißen, dass von draußen Entsatz für Nabopolassar eingetroffen war, und zwar entweder die Meder unter ihrem neuen König Kyros oder Hystaspes mit seinem Sohn Darius oder gar alle gemeinsam. Von den Medern wird allerdings gesagt, sie seien erst im Monat Arachsamnu (Okt./Nov.) nach dem Lande Arrapcha herabgestiegen, "um gegen die Stadt zu kämpfen".

Hier ist die Chronik nicht sehr präzise. Es liegt aber nahe, dass sich Kyros tatsächlich in einer nördlicheren Gegend aufgehalten hat, nämlich im Lande der Massageten, wie Herodot schreibt. Leider unterläuft ihm in diesem Zusammenhang ein gravierender Fehler (Herodot I, 211ff.): Er bringt die geschilderten Ereignisse mit dem Tod des Kyros in Zusammenhang, obwohl es sich um einen Vorfall handelt, der sechs Jahre vor dessen Tod spielt. Bei dieser Gelegenheit sei der letzte Satz des Abschnitts 214 vorab zitiert:

Dies ist meiner Meinung nach der glaubwürdigste Bericht über das Lebensende des Kyros, das auf so verschiedene Weise erzählt wird. Wer sollte da noch bedingungslos den Überlieferungen eines Herodot vertrauen? Hier wird wieder einmal Geschichte mit einem Geldstück erwürfelt: Zahl oder Adler?

Außerdem befindet sich Kroisos bei Herodot im Gefolge des Kyros, der jedoch erst im folgenden Jahr zu Kyros kommt. Im Einzelnen geschieht folgendes:

Kyros rückte einen Tagesmarsch vom Araxes, dem Hauptfluss Urartus hart an der Grenze nach Kaukasien, gegen die Massageten (= Tubal-Mesech) vor, die folglich in der Ararat-Region gewohnt haben müssen, also genau dort, wo der Sohn Sarduri II des Argischti I und dessen Familie zu Hause waren. Hierher war offenbar die Witwe des Rusa II mit ihrem Sohn Argischti II vor Kyros geflohen. Deren Heimat war die Gegend um Tuschpa am Vansee gewesen. Bei Herodot heißt die Witwe Tomyris und der Sohn Spargapises.

Welchen Sinn sollte ein Feldzug gegen Argischti II, der es nie zu einem Königstitel gebracht hatte, für Kyros gehabt haben? Sein Gegner hieß Sarduri IV, der seit dem Vorjahr als Nachfolger auf dem Thron des Rusa II saß, des Vaters von Argischti II. Der besiegte Spargapises begeht Selbstmord, doch die Mutter Tomyris bietet das Heer noch einmal zu einem großen Schlachtgetümmel auf und besiegt die Perser, Kyros findet den Tod.

So war es am Ende dann doch nicht, sondern Kyros war nach der Ausschaltung des Sarduri IV und des Argischti II Herrscher über das ganze Urartu. Zu seinem Glück als Großkönig über ein wiedererstandenes Perserreich fehlten nur noch "Lydien" und als Krönung Babylon.

Im folgenden Jahr starb ein anderer "Kyros", nämlich der Sohn der Mandane, der Tochter des Astyages, die Herodot für die Mutter "seines" Kyros hält, in dem er allerdings mindestens fünf unterschiedliche Kyroi vereinigt hat. Was überrascht, ist die Tatsache, dass Herodot diesen "Kyros", den wahren Sohn der Mandane, nicht erwähnt: Suppiluliumas.

687 ndFl7: (Babylon. Chronik) Im 5. Jahr Merodach-Baladans starb Ummanigasch, der König von Elam. 26 Jahre lang (743-717 v.Chr., in Wirklichkeit 661-687 ndFl entsprechend 219-193 v.Chr.) übte Ummanigasch die Königsherrschaft über das Land Elam aus. Ischtar-Chundu, der Sohn seiner Schwester, setzte sich in Elam auf den Thron.

Wo war Mursilis II, der Sohn des Suppiluliumas, der Dichterkönig, der sich als der Chaldäer Nabu-ukin-zer, als Muschezib-Marduk oder Schuzub, der Chaldäer, schon in und um Babylon einen Namen gemacht hatte? Er war im Gefolge des anderen Chaldäers, des Nabopolassar-Merodachbaladan, und kämpfte gegen den Assyrer. So ging ihm der Thron seines Vaters verloren. Vermutlich war das der Grund dafür, dass sich Kroisos, der Sohn des (Tudh-)Alyattes, im Interesse seines Neffen gegen Kyros empörte, und nicht der eher fadenscheinige, den uns Herodot vermitteln will.

Mag sein, dass Kroisos das Orakel zu Delphi befragte, ob er gegen Kyros Krieg führen solle oder besser nicht. Mag sein, dass ihm das Orakel zur Antwort gab: Wenn du den Halys überschreitest, wirst du ein großes Reich zerstören. Aber hatte Kroisos überhaupt ein großes Reich, das er schließlich durch seinen Leichtsinn zerstört haben soll? Lydien mit der Hauptstadt Sardes war doch nur ein Teil des Hethiter-Reiches seines Bruders Suppiluliumas, der jetzt, vier Jahre nach Tanutamun (und nicht nach Tutanchamun, wie gesagt wird), gestorben war.

Die entscheidende letzte Schlacht Kroisos gegen Kyros am Halys war gewiss nur ein Scharmützel. Die von Thales von Milet ausgerechnete Sonnenfinsternis mag stattgefunden haben; das sollen die Astronomen aufgrund der berichtigten Chronologie nachvollziehen. Ausschlaggebend für den Ausgang der Schlacht war sie wohl kaum. Da bei Herodot (I, 74ff.) ohnehin mehrere Halysschlachten vermischt werden, lässt sich kaum noch ein genaues Bild ermitteln. Sinn hat aber die (Neu-)Berechnung einer Sonnenfinsternis eigentlich nur nach einer Kalenderänderung, so wie sie 676 ndFl stattgefunden hatte.

Das Ende der Regierung des Kroisos nach vierzehn Jahren wird von Herodot wieder sehr ausgeschmückt. Angeblich wird der Perser Tabalos als Statthalter von Lydien eingesetzt, während sich der Lyder Paktyas als Verwalter der Goldvorräte des Kroisos zum Anstifter eines Aufruhrs gegen Kyros und Tabalos macht und dafür hart bestraft wird (Herodot I, 153 ff.). Das Schicksal des Kroisos bleibt ungeklärt. Vermutlich ist er als bedeutungsloser Begleiter des Kyros eines natürlichen Todes gestorben.

Herodot erwähnt zwei Söhne des Kroisos, von denen einer schwachsinnig gewesen und der andere von dem Phryger Adrastos auf der Bärenjagd versehentlich getötet worden sein soll (Herodot I, 35-43). Dieser Adrastos gibt sich als Sohn des Gordios (* 630 ndFl), des Sohnes des Midas (* 606 ndFl), zu erkennen. Das kommt zeitlich und generationsmäßig hin; denn Midas-Madyas, der Sohn des Protothyas, war im Jahre 641 ndFl von Kadaschman-Charbe besiegt worden. Nach diesem und Burnaburiasch hatte Gordios in der von ihm gegründeten Stadt Gordion die Herrschaft über Phrygien und Bithynien angetreten. Zur Zeit des Kroisos hatte er mindestens zwei Söhne, deren einer, nämlich jener besagte Adrastos (* 657 ndFl), seinen Bruder versehentlich getötet haben soll. Ob die Geschichte dieses Pechvogels wahr ist, sei dahingestellt. Auf jeden Fall kommt seine Tochter Eurydike generationsmäßig in die richtige Zeit.

Nicht nur Herodot irrte sich bei seinen Geschichten. Eine nicht weniger schlimme Entstellung der Geschichte ist die Kyropaidia des Xenophon. Hier wird ebenfalls von einer Bärenjagd und der Tötung eines Sohnes berichtet; aber es handelt sich um völlig andere Personen (Buch IV, Kap. 6, 1-3): Gobryas wird als Assyrer bezeichnet, der Kyros vor Babylon begegnet. Den assyrischen König bezeichnet Gobryas als seinen Freund, dessen Sohn jedoch als seinen größten Feind, da dieser den Sohn des Gobryas auf der Bärenjagd aus Neid getötet habe. Das alles ist ebenso unglaubhaft wie die ganze Kyropaidie (zu deutsch: Die Jugendjahre des Kyros), auf die ich auch gar nicht weiter eingehen will. Xenophon war ein Zeit- und Altersgenosse des anderen Kyros (des Jüngeren), des Enkels desjenigen, dessen Jugendjahre er in der Kyropaidie schildern möchte; aber der ältere war längst tot, und Xenophon verehrte den jüngeren so sehr, dass er diesem zuliebe möglicherweise eine Verquickung der beiden Kyroi vornahm, um besondere Eigenschaften und Taten des jüngeren im Glanze des älteren Kyros herauszustellen.

(Babyl. Chronik) Im 12. Jahr Merodach-Baladans zog Sargon zum Land Akkad hinab und kämpfte gegen Merodach-Baladan. Merodach-Baladan floh an der Spitze seiner Großen (gemeint sind wohl die bereits bekannten Herren) zum Lande Elam. 12 Jahre lang übte Merodach-Baladan die Königsherrschaft über Babylon aus. Sargon setzte sich in Babylon auf den Thron (710 v.Chr.).

Der Chronist meinte wohl das 12. Jahr Nabopolassars, dessen Identität mit Merodach-Baladan ihm bekannt gewesen sein dürfte; denn es hat weder ein 12. Jahr dieses Herrn nach der Zählung in der Babylonischen Chronik (das in Rede stehende war erst das fünfte in dessen Zählung, und Sargon = Schar-ukin wird nur noch zwei Jahre regieren), noch ein Gesamtende der Regierungszeit des Babyloniers unter diesem Assyrer gegeben. Nabopolassar regierte noch bis zum Jahre 696 ndFl in Babylon. Allerdings dürfte es Sargon gelungen sein, den Chaldäer vorübergehend aus Babylon zu vertreiben und sich hier bis 688 ndFl festzusetzen.

Das in der Babylonischen Chronik Beschriebene passt auch sehr gut zu dem, was die Gadd-Chronik zu diesem 12. Jahr Nabopolassars vermeldet:

Im 12. Jahr im Monat Abu (Juli/Aug.), als die Meder gegen Ninive ... und er eilte herbei, aber sie nahmen die Stadt Tarbissu, eine Stadt in der Provinz Ninive ..., am Ufer des Flusses Tigris zog er entlang und belagerte Assur. Er kämpfte gegen die Stadt [und nahm sie ein, die Stadtmauer?] zerstörte er. Eine schlimme Niederlage brachte er der gesamten Bevölkerung bei. Er plünderte sie aus. Als Gefangene führte er sie weg.

Der König von Akkad und seine Truppen, die den Medern zu Hilfe gekommen waren, erreichten die Schlacht nicht, [bis die Stadt bereits genommen war?]

Der König von Akkad und Umakischtar sahen einander bei der Stadt. Freundschaft und Bundesgenossenschaft schlossen sie miteinander. Umakischtar und seine Truppen kehrten in sein Land zurück. Der König von Akkad und seine Truppen kehrten in sein Land zurück.

Es ist schon Hochsommer, wenn diese Chronik einsetzt. Deshalb ist es denkbar, dass die Ereignisse, die die Babylonische Chronik zu Merodach-Baladan berichtet, im Frühjahr und Frühsommer stattfanden. Danach begann der gemeinsame Angriff der Meder, die jetzt von Kyros-Umakischtar geführt werden, und der Babylonier, die unter dem Chaldäer Nabopolassar-Merodachbaladan stehen, gegen den Assyrer.

Das wichtigste Ereignis dieser Kampagne ist die Eroberung von Assur, während die Einnahme von Ninive, der eigentlichen Hauptstadt Assyriens, noch nicht gelungen ist. Nach dem Abschluss der Operationen kehrten beide Heere getrennt in ihre Länder zurück. Nabopolassar musste allerdings mit einer anderen Stadt als Winterquartier fürliebnehmen, da ihm Babylon noch bis ins nächste Jahr verschlossen blieb.

Dass die Bundesgenossenschaft der beiden Anführer erst bei dieser Gelegenheit geschlossen worden sein soll, möchte ich bezweifeln. Meines Erachtens bestand sie schon seit den Tagen Sanheribs.

Kyros setzte in Chatti-Susa im kissischen Land, also in Hattusas, Darius-Telipinus ein und gab ihm seine Tochter Atossa in die Ehe. Schon im folgenden Jahr wurde der älteste Sohn aus dieser Ehe geboren: Kyros, der Jüngere.

688 ndFl:

Für das 13. Jahr Nabopolassars kann die Gadd-Chronik nur in Teilen herangezogen werden. Aus dem sehr beschädigten Text gehen Kämpfe mit Babyloniern hervor, die - so wird angenommen - einen Aufstand am mittleren Euphrat unternommen haben. Nabopolassar musste gegen Babylonier unter der Führung des Schar-ukin kämpfen, und der Aufstand war die aus dem Vorjahr noch bestehende Oberherrschaft des Assyrers in dieser Stadt. An der Eroberung Babylons war Kyros-Umakischtar ebenfalls beteiligt, und er hatte auch vermutlich das größere Heer.

Kyros zog in diesem Jahr als Großkönig von Persien in der Stadt Babylon ein, die aber nicht seine Hauptstadt wurde, wie immer angenommen wird. Später wird er seine Residenz von Ekbatana nach Pasargadai in der Persis verlegen und sich Oxyartes nennen; dieser Name steht in engem Zusammenhang mit seinem Namen Zoroaster (modern auch Zarathustra), der sich unmittelbar aus Umak-Ischtar herleiten lässt. Keinen Zweifel habe ich daran, dass Kyros, der Große und der Ältere, mit dem Stifter der auf Mithras-Prometheus, einen Stammvater des Kyros, zurückgehenden Religion identisch ist (siehe Schaubild weiter unten!).

Die Herren Hystaspes mit seinem Sohn Darius und Mursilis-Nabu-ukin-zer mit seinem (vermutlich noch minderjährigen) Adoptivsohn Nergal-Muwatallis dürften bei der Siegesfeier anwesend gewesen sein. Es kann Hochzeiten gegeben haben, wie ich sie auch bei früherer Gelegenheit schon angedeutet habe. Einen genauen Zeitpunkt für diese Familienverbindungen kann man nicht angeben. Es ist sogar nicht einmal ausgeschlossen, dass Alexander, der um 660/665 ndFl geborene Sohn des Makedoniers Perdikkas (= Prexaspes, Perideikes, Kastor), mit seinem Vater und womöglich auch mit seinem Onkel Philipp (= Polydeikes, Pollux, Pelops) schon an diesen Feldzügen mitgewirkt hat. Zehn Jahre später finden wir diese Herren im Perserheer wieder.

Die "göttlichen" Vorfahren des Zarathustra
Zeus-Adam I = Iluschuma     +-----+
|                           |     |
Japetos = Irischum          |     Perseus-Sarduri
|                           |     Achaimenes
Prometheus-Mithras          |     |
Methusael-Methuel           |     Ischpuini-Teispes
|                           |     |
Zeus-Adam II = Pusarummas,  |     Sarduri (II) = "Kyros I"
Lamech, Sallimachum,        |     |
Perses                      |     Rusa I = "Kambyses I"
oo AsterieIschtar         |     |
|                           |     Rusa IV = Kyros II =
Diana-Danae                 |     Umak-Ischtar-Chundu,
Artemis-Hekate              |     Tarkondemos von Erme,
|                           |     Tarkundimme von Mitanni,
+---------------------------+     Oxyartes, Zoroaster


Alexander, der erste Teilaspekt Alexanders des Großen, der Indien-Eroberer, wird nicht nur eine Tochter des Oxyartes-Kyros heiraten, Roxane, sondern er wird auch seinen Schwager Gautama-Smerdes-Bardiya auf seinen Indienzug mitnehmen und ihn im indischen Taxila zurücklassen, wo dieser - wie sein Vater Zoroaster in der Heimat - zum Begründer einer Weltreligion werden wird: Gautama-Sidharta-Buddha.

Nabopolassar zieht jetzt wieder in Babylon ein und bleibt König von Babylonien bis zu seinem Tode. Es beginnen die babylonischen Texte, die nach Jahren des Kyros zählen: Für sein 4. Jahr (seit 685 ndFl) erwähnen die Pohl-Texte 43, 45 und 46 Gubaru, den Statthalter von Babylon und dem Land jenseits des Stromes (Euphrat). Der Name Gubaru entspricht dem Namen Gobryas bei Herodot, also Nabopolassar. Das Land jenseits des Flusses wird im Originaltext als "Ebirnari" bezeichnet. Gemeint sind die Länder Syrien und Palästina. Daraus ist zu schließen, dass diese Gebiete den Herren Mesopotamiens und nicht den Ägyptern gehörten.

Als Einstieg des Kyros nach Babylon wird konventionell ein Sieg des Persers über den Babylonier Nabonid bei Opis (in der Nähe Babylons gelegen) angegeben (539/538 v.Chr.). Das ist ein grober Irrtum; denn Nabonid wurde weder von Kyros dem Älteren noch von Kyros dem Jüngeren besiegt. Ich halte Artaxerxes Mnemon für den Gegner, der bei Opis (oder auch bei dem nahegelegenen Kunaxa) von Kyros dem Jüngeren im Jahre 724 ndFl besiegt wurde. Nabonid tauchte erst vierzehn Jahre später in Babylon auf. Da aber der ältere mit dem jüngeren Kyros verwechselt worden ist, und da man mit aller Gewalt einen Anschluss des Kyros, und zwar des Älteren, an Nabonid brauchte, hat man offenbar die Schlacht bei Opis auf diesen Machtwechsel hin frisiert. Zwischen dem Einzug des älteren Kyros in Babylon und dem vermeintlichen Ende des Nabonid liegt etwa ein halbes Jahrhundert!

Ein weiterer Irrtum, der aus dieser Fehlsicht zwangsläufig hervorgehen musste, ist die Anbindung des Belsazar an "seinen Vater" Nabonid, wie es Dougherty in seiner Schrift Nabonidus and Belshazzar darstellt. Zu gegebener Zeit muss ich hierauf wieder zurückkommen. Belsazar ist natürlich ein Sohn des Nebukadnezar, wie es das Buch Daniel im AT auch richtig vermittelt.

689 ndFl8: [Im 14. Jahr] bot der König von Akkad sein Heer auf, und Umakischtar, der König der Umman-manda (= Meder, was jetzt aber auch Perser im weitesten Sinne bedeutet), zog (?) dem König von Akkad entgegen, in ... trafen sie einander. Der König von Akkad ... und Umakischtar die ... ließ er überschreiten, und das Tigrisufer zogen sie (entlang) und ... Ninive belagerten (?) sie. Vom Monat Simanu bis zum Monat Abu, drei ... (dann) unternahmen sie einen Großangriff gegen die Stadt.

Am ...ten Tag des Monats Abu eroberte er die Stadt ... und eine schwere Niederlage bereitete er der Bevölkerung. Zu jener Zeit floh (?) Sin-schar-ischkun, der König von Assyrien, nach (?). ... Schwere Beute aus Stadt und Tempel führten sie fort. Die Stadt verwandelten sie in einen Trümmerhaufen und Ruinen ... Der König und das Heer (?) von Assyrien flohen vor dem König (von Akkad) und ... des Königs von Akkad ...

Am 20. Tag des Monats Ululu kehrten Umakischtar und sein Heer in sein Land zurück. Nachher der König von Akkad ... Bis zur Stadt Naschibini (Nisibis) zogen sie. Beute und Gefangene ... und vom Lande Russapu brachten sie dem König von Akkad nach Ninive.

Im Monat ... setzte sich [... Assur-uballit ...] in Harran als König von Assyrien auf den Thron. Bis zum Monat ... blieb der König von Akkad in Ninive ... Vom 20. Tag des Monats ...(?) der König [von Akkad ...] zog er sich zurück (?), und in der Stadt (?).

Nach der Einnahme von Ninive und der Flucht des Sargon = Sin-schar-ukin/ischkun gibt es von diesem kein Lebenszeichen mehr. Dafür erscheint sein Onkel Assur-Uballit plötzlich wie ein deus ex machina auf der Szene, und solange nicht auch er ausgeschaltet war, konnte sich Kyros nicht als der Großkönig fühlen. Es musste weitergekämpft werden.

Harran (oder Haran, wie ich bisher immer geschrieben habe) ist das spätere Charrae der Römer. Es ist mit Nisibis und Ebla eine der wichtigen Städte im Sabäerland, dem traditionell semitischen Zabalam. Von hier kam die Familie des Pro-Methusael, aus der die drei letzten Frauen des Isaak stammten. Hier in Haran saß auch Abraham eine kurze Zeit als Nachfolger seines Vaters Salach = Sin-Muballit. Dieser Name stellt eine Verbindung zu Assur-etil-schame-irsitu-(M)Uballitsu her, der von seinem Halbbruder Assurbanipal-Sanherib im Jahre 659 ndFl nach hier in den Sin-Tempel abgeschoben worden war. Jetzt hielt er offensichtlich seine Stunde für gekommen, wieder auf den assyrischen Thron zu steigen.

Nabopolassar setzt (einvernehmlich mit Kyros-Umakischtar?) in Ninive oder eher noch in Assur vermutlich seinen Sohn Nabu-acha-iddinna ein, der auch Nabu-ach-idin-zer heißen dürfte, was zu seinem anderen Namen Nabuchodonoser oder - jetzt ist der Name angebracht - Nebukadnezar führt. Jedenfalls müssen dessen Regierungsjahre ab jetzt gezählt werden. Sie enden mit seinem Tod im Jahre 732 ndFl, seinem 44. Regierungsjahr. Persischer Name des Nebukadnezar ist Uschtannu, griechisch Hystanes; Herodot nennt ihn Otanes.

690 ndFl9: Im 15. Jahr, im Monat Du['uzu... bot der König] von Akkad [sein Heer auf ... und] zog nach Assyrien, und vom Monat ... an durchzog er Assyrien als Herrscher. ... Das Heer des Landes Chazazu (?) schnell ... und das Land Suppa erobert er. Sie nehmen ihre Beute und führten sie als Gefangene fort. Im Monat Arachsamnu übernahm der König von Akkad den Befehl über sein Heer und zog gegen die Stadt Rugguliti. Er griff die Stadt an und nahm am 28. Tag des Monats Arachsamnu die Stadt ein, ... kein Mensch [entkam. Der König von Akkad] kehrte in sein Land zurück.

Unangefochten bleibt Assur-Uballit in Haran. Von hier ruft er die Ägypter zu Hilfe, deren Pharao Haremhab sich dem "Königsmacher" Bel = Schar-ukin immer noch verpflichtet fühlt. Möglicherweise war Sin-schar-ukin nach Ägypten entflohen, von wo er den Versuch der Befreiung Assyriens eingeleitet haben könnte. Der ägyptische Heerführer Necho ist  ein Verwandter des Pharaos. Sein Vater Pianchi war ein Bruder des Großvaters von Haremhab-Nechthor, des Amenemheb, und der Vater dieser Brüder war Josef-Herihor aus der Heb-Dynastie von Elephantine, die einst von Jakob = Ja-chib, -(c)heb  oder -hab gegründet worden war.

Für das 6. Jahr des Kyros, sein 3. Jahr in Babylon, erwähnen die Tremayne-Texte 56,5 und 92,4 Gubaru als Statthalter von Babylon und dem Distrikt jenseits des Stromes.

691 ndFl10: Im 16. Jahr (Nabopolassars), im Monat Ajjaru bot der König von Akkad sein Heer auf und zog nach Assyrien. Vom Monat ... (?) bis zum Monat Arachsamnu durchzogen sie Assyrien als Herrscher. Im Monat Arachsamnu kamen die Umman-manda, ... dem König von Akkad zu Hilfe, sie vereinigten ihre Heere miteinander und zogen nach Harran gegen Assur-uballit, der sich in Assyrien auf den Thron gesetzt hatte. Furcht vor dem Feind befiel Assur-uballit, und das Heer des Landes Ägypten, das [ihm zu Hilfe] gekommen war, und sie verließen die Stadt und ... überschritten den Euphrat (?). Der König von Akkad erreichte die Stadt Harran und ... und nahm die Stadt ein. Schwere Beute aus Stadt und Tempel führten sie fort.

Im Monat Adar, dem letzten des Jahres, zogen sich die beiden Heere in ihre Länder zurück: Nabopolassar mit seinen Akkadern nach Babylon und Kyros-Umakischtar mit seinen Umman-manda nach Medien.

Obwohl dem Assur-Uballit ein ägyptisches Heer zu Hilfe kommt, wird er von Kyros und Nabopolassar nach nur zweijähriger "Regentschaft" besiegt. Damit ist die Geschichte Assyriens zu Ende. Assur-Uballit setzte sich definitiv nach Ägypten ab, was ich für Schar-ukin lediglich vermute. In Ägypten nimmt man die Gelegenheit wahr, den Großangriff auf das vermeintlich schwache Konkurrenzreich am Euphrat zu wagen. Doch die Ägypter hatten offensichtlich die Kraft dieses jungen Perserreiches unterschätzt.

Der Angriff des Kyaxares I auf die assyrische Provinz Harhar, wie er konventionell gesehen wird, entspricht der Einnahme von Haran durch Nabopolassar und Umakischtar, der konventionell für Kyaxares statt für Kyros angesehen wird.

Für das 7. Jahr des Kyros erwähnt der Contenau-Text 142 Gubaru als Präfekten von Babylon und dem Land jenseits des Flusses.

692 ndFl11: (Im 17. Jahr Nabopolassars) im Monat Du'uzu überschritt Assur-uballit, der König von Assyrien, (und) ein großes Heer des Landes Ägypten,... den Fluss (Euphrat) und zog nach Harran, um es zu erobern. ... eroberten sie (?). Die Garnison, die der König von Akkad (in der Stadt?) stationiert hatte ... töteten sie (?), und er belagerte die Stadt Harran. Bis zum Monat Ululu unternahm er Angriffe gegen die Stadt, nahm (aber) nichts, und sie zogen sich (auch) nicht zurück. Der König von Akkad kam seinem Heer zu Hilfe, aber einen Angriff unternahm er nicht, (sondern) in das Land Izalla zog er hinauf ...

Ohne gekämpft oder irgendeinen nennenswerten Erfolg errungen zu haben, kehrte Nabopolassar wieder in sein Land, also nach Babylon, zurück. Was die Chronik verschweigt, ist die Hauptsache dieses Jahres:

Kyros stirbt in seinem 8. Regierungsjahr. Er hatte seinen Wohnsitz bereits in diesem oder im vorigen Jahr von Medien (Ekbatana?) in die Persis nach Pasargadai verlegt. Es ist möglich, dass er in diesem Jahr noch nicht oder zumindest hier nicht starb, sondern sich in den Osten nach Baktrien zurückzog, wo er unter den Namen Oxyartes bzw. Zarathustra als Begründer der Mithras-Religion weiterlebte. Sein Sohn Gautama-Smerdis-Bardiya könnte sich ihm angeschlossen haben oder später zu ihm geflohen sein. Der Aufenthalt des Kyros in Pasargadai und sein dortiges Grab weitab vom Araxes sprechen dagegen, dass Kyros im Kampf gegen die Massageten (Tomyris, Spargapises) in Urartu fiel.

Falls dieser Kyros die 29 Jahre regierte, die Herodot ihm zuteilt, dann liegt der Beginn seiner Regierungszeit im Jahre 663 ndFl. Falls der Rhetor Deinon diesen Kyros gemeint hat, der mit 40 Jahren an die Regierung kam, dann muss Kyros 645 ndFl geboren sein (Deinon kann nicht von 663 ndFl ausgehen.).

Einen hohen Grad der Wahrscheinlichkeit hat eine Revolte des Kambyses gegen seinen Vater, den er absetzte und nach Baktrien abschob oder ihn hier in Geiselhaft nahm, wo er selbst als Statthalter (Satrap) residierte. Möglicherweise hat Kyros hier noch bis zum nächsten Jahr gelebt.

Für das 8. Jahr des Kyros erwähnt der Tremayne-Text 70,5 Gubaru als Statthalter von Babylon und Ebirnari. Außerdem wird darin Adad-schar-ussur erwähnt, der eventuell der spätere Bel-schar-ussur = Belsazar sein könnte, der ältere Sohn des Nebukadnezar. Möglicherweise gehört der Pohl-Text 61 in dieses 8. Jahr des Kyros und nicht in das 8. Jahr des Kambyses, da Nabopolassar-Gubaru im 8. Jahr des Kambyses nicht mehr lebte.

Für das Antrittsjahr des Kambyses erwähnt der Dougherty- Text 103,11 Gubaru, Statthalter von Babylon und Ebirnari, desgleichen der Keiser-Text 169,22 sowie der Nies- und der Keiser-Text 114,15. Der Strassmaier-Text 96, 3+4+8 erwähnt für das 1. Jahr des Kambyses Kornspeicher des Gubaru, und der Clay-Text 80, 13+14+15 den Kanal des Gubaru sowie den Diener Si-ila-ja des Gubaru.

Der Inhalt dieser wie der meisten anderen genannten babylonischen Texte ist belanglos.

Aus der Gadd-Chronik geht keine größere Kampfhandlung hervor, obwohl die Ägypter mitten im Land (Haran) stehen. Aus anderen Quellen wissen aber, dass eine ganz entscheidende Schlacht stattgefunden hat:

2. Chronik 35: (20) Nach diesem, da Josia das Haus (des Herrn) zugerichtet hatte, zog Necho, der König in Ägypten, herauf, zu streiten wider Karchemis am Euphrat. Und Josia zog aus, ihm entgegen. (21) Aber er (Necho) sandte Boten zu ihm (Josia) und ließ ihm sagen: Was habe ich mit dir zu tun, König Juda's? Ich komme jetzt nicht wider dich, sondern wider das Haus, mit dem ich Krieg habe; (in 2. Könige 23, 29 heißt es: wider den König von Assyrien an das Wasser Euphrat)...(22) Aber Josia wandte sein Angesicht nicht von ihm, sondern stellte sich, mit ihm zu streiten ... auf der Ebene bei Megiddo.

Josia überlebte diese Schlacht nicht, doch auch für den Feldherrn Necho des Pharaos Haremhab war dieser Feldzug kein Gewinn. Die Babylonier hatten einen jungen Heerführer mit Namen Neriglissar-Muwatallis, den Sohn des Nabu-/ Bel-/Schamasch-schum-ukin/ischkun und Adoptivsohn des Mursilis II = Nabu-ukin-zer, der den Ägyptern bei Karkemisch eine schwere Niederlage beibrachte. Velikovsky hat in seinem Band "Ramses II"12 versucht, diese Niederlage mit der verlorenen Schlacht bei Kadesch gleichzusetzen, die jedoch erst vier Jahre später stattfand und von Nebukadnezar, dem Sohn des Nabopolassar, gewonnen wurde. Darauf komme ich weiter unten zurück. Das Ergebnis der Niederlage war für die Ägypter indes nicht der Totalverlust der Länder in Syrien; vielmehr konnte Necho in Jerusalem noch einen Mann seiner Wahl einsetzen, und zwar Eljakim, den Sohn Hiskias, der sich seit der Zeit des Josia Jojakim nannte.

Wir werfen einen kurzen Blick über den Zaun: Alexander, der Sohn des Perdikkas, zieht vermutlich gegen Philipp, der sich mittlerweile in der Phryger-Stadt Gordion in Kleinasien aufhält, und trägt damit den (frühen) Perserkrieg ins Land: gegen Bessos = Kambyses.

693 ndFl16: (Im) 18. Jahr des Nabopolassar, im Monat Ululu, bot der König von Akkad sein Heer auf, folgte dem Ufer des Tigris und zog hinauf zum Bergland Bît-Chanunija, dem Bezirk von Urartu. Er verbrannte die Städte mit Feuer, ihre Beute führte er in großem Umfang fort. Im Monat Tebetu kehrte der König von Akkad in sein Land zurück.

Wenn Nabopolassar jetzt schon wieder in Urartu eingreifen musste, noch nicht ein Jahr nach dem Tode des Kyros, dann spricht das nicht für ein gefestigtes Reich. Wie wir im Vorjahr gesehen haben, spitzt sich die Lage in Kleinasien zu, weil die Makedonen unter Alexander ins Land gekommen sind. Wie wir in diesem Jahr sehen werden, wird sich das Kampfgeschehen auch aus der Sicht der Makedonen in den Nordosten verlagern.

2. Könige 24: (1) Zu seiner (des Jojakim) Zeit zog herauf Nebukadnezar, der König zu Babel, und Jojakim ward ihm untertänig drei Jahre; und er wandte sich und ward abtrünnig von ihm.

Nach dem Sieg des Muwatallis-Neriglissar = Nergalscharezer war Juda und der ganze Raum Amurru-Kanaan zunächst wieder babylonisch bzw. persisch. Jojakim war im Vorjahr erst von Necho eingesetzt worden, und jetzt unterstand er schon wieder den Babyloniern. Seine Rückwendung zu den Ägyptern gehört erst in die Zeit nach drei Jahren. Es ist bezeichnend, wie die Babylonier - oder eigentlich die Perser - und die Ägypter wieder einmal um Amurru-Kanaan ringen. Von kriegerischen Begegnungen mit Ägyptern weiß die Gadd-Chronik in diesem Jahr jedoch noch nichts.

Für das 2. Jahr des Kambyses erwähnen die Contenau-Texte 150 und 152 Gubaru als Statthalter (Präfekten) von Babylon und dem Land jenseits des Stromes, also Syrien-Amurru und Kanaan mit Juda. Es erscheint auch der Name Nabu-balatsu-scharri-iqbi, der zu einem Beamten gehört, der für die Pacht am Piqudu-Kanal zuständig ist. Der Namensbestandteil "scharri" (= König) hört sich in diesem Falle hochtrabend an. Es könnte sich um einen eventuellen Bruder Nebukadnezars handeln, den das AT Nebuscharadan (Nabu-schar-idin) nennt und der somit ein Nachfahre des Marduk-balatsu-iqbi, also des Iddo-Daniel-Beltsazar, des Vaters von Merodach-Baladan, gewesen sein könnte. Gubaru wird auch in den Tremayne-Texten 127,12 und 128,19 zu diesem Jahr erwähnt, desgleichen im Dougherty-Text 120, 3+14.

Wir begegnen in Kleinasien der ersten Hälfte von Alexander dem Großen, und zwar dem Indien-Eroberer. Die andere Hälfte ist der Ägypten-Eroberer, der jetzt noch nicht geboren ist. Da die Geschichte um Alexander den Großen durch diese Vereinigung zweier etwa sechzig Jahre auseinanderliegender Personen stark entstellt worden ist, so ergeben sich völlig neue Nahtstellen zwischen den Einzelereignissen. Ohne die ganze Problematik hier und jetzt bereits aufzugreifen, sei eines schon festgehalten: Alexander der Große Nr. 1, der Sohn des Perdikkas (der bei Herodot übrigens Prexaspes heißt) war der Enkel des Phrygers Alexander-"Kyknos", der mit seinem Heer vor Troja den Griechen unterlag. Folglich verwundert es nicht, dass Alexander in der phrygischen Hauptstadt Gordion, wo er überwintert hatte, aufbrach zu seiner Expedition. Ob das mit dem "Gordischen Knoten" ein historisches Ereignis war, braucht uns nicht zu interessieren. Alexander hatte seinen Onkel Philipp = Antigonos Monophthalmos vermutlich besiegt und bis Gordion verfolgt, oder ihn auch nur nach hier begleitet. Der Sitz des Tetrarchen Philipp war eigentlich in Thessalien.

Der Indien-Feldzug Alexanders des Großen beginnt konventionell im Jahre 330 v.Chr., das dem Jahr 694 ndFl in der berichtigten Chronologie entspricht. Die Dauer des Feldzugs wird konventionell bis zum Jahr 324 v.Chr. (700 ndFl) angegeben, also mit sechs Jahren. Das Jahr 693 ndFl wird inhaltlich konv. zum Jahre 330 v.Chr. gerechnet, was aber leicht zu korrigieren ist. Es steht im Zeichen der Operation des Alexander gegen den baktrischen Satrapen Bessos.

Dieser Bessos trat unter dem Namen "Artaxerxes" als Nachfolger der Achämeniden auf - wie es konventionell gesehen wird. Es handelt sich bei ihm um niemanden Geringeren als um den tatsächlichen Artaxerxes = Großkönig der Achämeniden, um Kambyses. Das kann konventionell nicht erkannt werden, da in der falschen Geschichte zwischen Kambyses und Alexander zweihundert Jahre liegen.

Hier sind allerdings wieder einmal Fakten durcheinandergebracht worden. Herodot schildert das Ende des Kambyses anders als es im Zusammenhang mit Bessos beschrieben wird. Ich meine, dass das Ende des Bessos nicht von Alexander herbeigeführt wird, wie Bengtson es darstellt, sondern im Anschluss an den verunglückten Ägyptenfeldzug des Kambyses gegen Amasis-Ptolemaios erfolgt, der zum Zeitpunkt der Aktivitäten Alexanders in diesem Jahr noch in Ägypten weilte. Bengtson schreibt17: Bessos wich nach Norden, nach Sogdiana, aus. Von seinen Angehörigen verlassen, ist er dem Ptolemaios in die Hände gefallen. ... dann wurde er in Ekbatana hingerichtet ... Der Tod des Kambyses gehört ins Jahr 699 ndFl.

Im folgenden Jahr wird sich Alexander, der auch Archelaos ist, der Sohn des Perdikkas (und nicht des Amyntas, wie man irrtümlich behauptet), auf den Indienzug begeben (694-700 ndFl).

Priamos
|
Alexander "Kyknos" oo Leda, Tochter des Thestios von Argos
|
Kastor-Perdikkas und Pollux-Pelops-Philipp I  =  Antigonos
oo Olympias          oo Antigone            Monophthalmos,
|                    |                      der Einäugige
|                    |
Alexander            Amyntas    = Antigonos-Doson
der Große Nr. 1      |
* ca. 660 ndFl       Philipp II = Demetrios Poliorketes
                     |
                     Alexander
                     der Große Nr. 2
                     * ca. 720 ndFl


Die Makedonen waren Thrako-Phryger. Die Zwillinge Kastor (= Perdikkas) und Pollux (= Philipp) waren Söhne eines Phrygers aus der Dardaniden-Dynastie: Priamos war der Vater des schwanenhalsigen Alexander-"Kyknos". Nach dem Trojanischen Krieg kam dessen Sohn Philipp nach Argos auf der Peloponnes, der Heimat seiner Mutter Leda, wo er von einem Verwandten aufgezogen wurde. Daher stammte sein Name Pelops  und die Bezeichnung Argeaden für das ganze makedonische Geschlecht. Seine Mutter hatte nach Thessalien geheiratet, und Perdikkas war bei ihr geblieben. Dorthin begab sich Philipp, nachdem er erwachsen geworden war, und heiratete die Tochter Antigone des "Oidipos" (= "Wundfußes"),  das heißt des "Einschuhmannes" Jason von Pherai.

Als (Adoptiv-)Sohn des Peleus-Pelias und Töter des Kyknos (= Schwan) könnte Jason auch der fußkranke Achilleus mit der bekannten Ferse gewesen sein, wenn es diesen zornigen Peliaden überhaupt gegeben hätte. Doch Achilleus ist weiter nichts als die Projektion des Archelaos in die Ilias, des ersten großen Alexander, dessen Grab sich tatsächlich in Kleinasien befunden haben kann, womöglich sogar bei Troja. An diesem Grab erwies der zweite große Alexander seinem verehrten Helden fast ein halbes Jahrhundert später die Ehre.

Jason hatte seinen Onkel und Adoptivvater Peleus-Pelias, den zweiten Gemahl der Leda, ermordet und seine Stiefmutter geheiratet. Mit ihr hatte er die Tochter Antigone und die Söhne Ismenias (= Menelaos, Spitamenes, Patizeithes) und Arrhidaios-Baryaxes. Diese ganze Familientragödie ist in der Sage mit Eurypos-Eurytos verquickt worden, der zwar seinen leiblichen Vater unerkannt getötet, nicht aber seine leibliche Mutter geheiratet hatte. 

Nach seiner Mutter Antigone trägt der einäugige Philipp (I) bei einigen Historiografen den Namen Antigonos Monophthalmos. Außerdem hatte dieser Pelops eine Elfenbeinschulter, eine Prothese wegen einer Verwundung. Diese Tatsache hat die Dichter zu folgender Geschichte inspiriert:

In der Dichtung stellt Tantalos, der König von Lydien, die Götter auf die Probe. Er ist mit Herakles-At(a)lantos, dem Sohn des Atlas, identisch, der vor seiner Heimkehr nach Ägypten tatsächlich längere Zeit König von Lydien war. Den Göttern, die Tantalos zum Mahl geladen hatte, setzt er den eigenen, zubereiteten Sohn mit Namen Pelops vor, um deren Allwissenheit zu testen. Alle bis auf den einen, der die Schulter des Pelops verzehrte, entlarvten den Frevler, der umgehend mit den nach ihm benannten Qualen bestraft wurde. Die Teile des Pelops warfen sie zurück in den Topf und zogen ihn unversehrt wieder daraus hervor. Nur die Schulter musste Hephaistos durch eine elfenbeinerne ersetzen. Herakles-Tantalos hatte keinen Sohn mit Namen Pelops, wohl aber - wie Tantalos in der Sage auch - eine Tochter Niobe.

Weiter soll uns das Schicksal der Makedonen noch nicht interessieren. 

 

Letzter Stand: 11. Januar 2013




6 Gadd-Chronik, entnommen Alfred Jepsen, Von Sinuhe bis Nebukadnezar, Calwer Verlag Stuttgart, Kösel-Verlag München, S. 185
7 entnommen Alfred Jepsen, Von Sinuhe bis Nebukadnezar, Calwer Verlag Stuttgart, Kösel-Verlag München, S. 165
8 Gadd-Chronik, entnommen Alfred Jepsen, Von Sinuhe bis Nebukadnezar, Calwer Verlag Stuttgart, Kösel-Verlag München, S. 186f.
9 Gadd-Chronik, entnommen Alfred Jepsen, Von Sinuhe bis Nebukadnezar, Calwer Verlag Stuttgart, Kösel-Verlag München, S. 187f.
10 Ebenda, S. 188
11 Gadd-Chronik, entnommen Alfred Jepsen, Von Sinuhe bis Nebukadnezar, Calwer Verlag Stuttgart, Kösel-Verlag München, S. 188
12 Immanuel Velikovsky, Ramses II, Umschau-Verlag Breidenstein KG, Frankfurt am Main
13 nicht mehr vorhanden
14 nicht mehr vorhanden
15 nicht mehr vorhanden
16 Gadd-Chronik, entnommen Alfred Jepsen, Von Sinuhe bis Nebukadnezar, Calwer Verlag Stuttgart, Kösel-Verlag München, S. 190
17 Hermann Bengtson, Griechische Geschichte, Verlag C.H. Beck München, Seite 321
 

 

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