Zehntes Buch: Darius und Xerxes

2. Kapitel:

Hellas im Peloponnesischen Krieg
Teil I: Allgemeines und Makedonien

Wie ich an anderen Stellen schon sagte, ist die Geschichte der Griechen und Römer stark entstellt überliefert. Hauptursachen hierfür sind einmal die fehlerhafte Darstellung der griechischen und römischen Geschichte durch die antiken Historiografen selbst und dann die Textverderbnis, die spätere Kopisten, und zwar sowohl schon im Altertum als auch in den mittelalterlichen Klöstern, zu verantworten haben. Durch diese Entstellungen, die von der konventionellen Altertumskunde nicht erkannt worden sind, ist auch die Reihenfolge der Kriege falsch in unsere Geschichtsbücher hineingeraten:

Der Perserkrieg (Salamis und Platää) begann nicht fünfzig Jahre vor dem Peloponnesischen, sondern acht Jahre danach.

Die in meinem IX. Buch Kapitel 3 gemachten Aussagen füge ich hier im Wortlaut nochmals ein:

Der Verfasser des "Polemos"1 soll derselbe Thukydides gewesen sein, der die Annalen des Krieges geführt hat. Das Werk geht jedoch viel zu weit über den Rahmen dieses Krieges hinaus, als dass es nur von diesem Mann geschrieben worden sein könnte. Es müssen mindestens zwei Schriftsteller für den Inhalt dieses Werkes verantwortlich sein. Das bestätigt auch der erste Abschnitt des Ersten Buches im "Polemos"2:

1. Thukydides von Athen erzählt in diesem Werke den Krieg, den die Peloponnesier und die Athener gegeneinander geführt haben. Er hat gleich bei dessen Ausbruch mit der Aufzeichnung begonnen; denn er sah voraus, dass es ein großer Krieg, der denkwürdigste von allen, die sich jemals ereignet, werden würde. ... In der Tat ist dieser Krieg die gewaltigste Erschütterung, die Hellas und ein Teil der Barbarenländer, ja fast die ganze Menschheit erlebt hat.

Zunächst bis hier: Erstens wird Thukydides in der dritten Person genannt, was schon verdächtig ist, und zweitens wird von einem "denkwürdigsten Krieg" erzählt, was wohl kaum bei Beginn der Aufzeichnungen schon abzusehen war. Wenn diese Passage nicht erst in viel späterer Zeit, in der auch noch andere Veränderungen am Text vorgenommen worden sind, hinzugefügt worden ist, dann kann sie im Original nur vor den Perserkriegen niedergeschrieben worden sein; denn diese Kriege waren für die Griechen noch viel dramatischer als der Peloponnesische Krieg. Erst recht werden wir stutzig, wenn es weiter in obigem Absatz heißt:

Freilich habe ich von den Ereignissen der Vergangenheit und der fernen Vorzeit nichts Genaueres in Erfahrung bringen können, weil zu lange Zeit dazwischen liegt; aber nach den Zeugnissen, denen ich auf Grund meiner so weit wie möglich ausgedehnten Nachforschungen wohl Glauben schenken muss, kann ich nicht annehmen, dass damals große Dinge, weder große Kriege noch sonst große Ereignisse, vorgefallen sind.

Hier spricht die Person, die den "Polemos" als Geschichtswerk verfasst hat. Dieser Schriftsteller bediente sich der Annalen des Thukydides, aber er war nicht Thukydides. Der "Polemos"-Autor verfasste eine Geschichte Griechenlands, die nur bis kurz vor den Perserkrieg reicht. Durch einige geschickte Manipulationen haben spätere Kopisten erreicht, dass der Eindruck entsteht, der Peloponnesische Krieg habe erst etwa fünfzig Jahre nach dem Perserkrieg begonnen. Ein Mittel war die Verquickung von Peisistratos mit Perikles, ein anderes war die Verlegung des Perserkrieges zwischen Ereignisse, die noch vor den beiden Kriegen lagen, so dass der Eindruck einer "Pentekontaëtie" entstand, eines Zeitraumes von fünfzig Jahren zwischen dem Perserkrieg und dem Peloponnesischen Krieg.

Die Kapitel, in denen die Kriegsannalen des Thukydides abgehandelt werden, sind in einer großen Unordnung, durch die das Gesamtbild wesentlich beeinträchtigt wird. Einige Rechnungen können nicht aufgehen, weil offenbar die Kapitel nicht in der richtigen Reihenfolge stehen. Auch die Angabe zu den spartanischen Ephoren und den athenischen Archonten, die in den einzelnen Jahren des Krieges regiert haben, stimmt nicht genau mit den Angaben in den Hellenika überein.

So wie der "Polemos"-Autor mit seiner Geschichte keinesfalls an die Geschichte Herodots anschließt, so schließen auch die Hellenika des Xenophon nicht an den "Polemos" an, wenn man die Kapitel wieder in die richtige Reihenfolge bringt. Vielmehr liegen die Berichtszeiträume aller drei Historiografen miteinander parallel. Allerdings enden die Hellenika tatsächlich im Anschluss an den "Polemos", ja ich bin sogar geneigt, den "Polemos"-Autor Xenophon zu nennen. Merkwürdigerweise endet nämlich der "Polemos" an einer Stelle mitten im Text, an der sich die Hellenika fast nahtlos anschließen lassen. Dieser Anschluss ist zudem sehr befremdlich; denn das erste Kapitel im ersten Buch der Hellenika beginnt mit den Worten "meta de tauta" (= nach diesem; danach). Dass ein Buch mit "Danach" anfangen soll, ist kaum zu glauben.

Soweit der Text, den ich bereits an früherer Stelle angebracht hatte. Was nun die übrige Geschichte angeht, die im Ersten Buch des "Polemos" noch abgehandelt wird, so können wir davon ausgehen, dass hier Manipulationen vorliegen, die in späterer Zeit erst vorgenommen worden sind. Darauf deutet zum Beispiel die folgende Passage hin, in der es heißt (Thuk. I, 97):

Als Führer der anfangs noch autonomen und in gemeinsamen Konferenzen beratenden Bundesgenossen (Eig.Anm.: gemeint ist der erste, der Delisch-Attische Seebund) setzten die Athener zwischen den Perserkriegen und dem gegenwärtigen Kriege folgende kriegerischen und politischen Unternehmungen ins Werk, die sich teils gegen die Barbaren, teils gegen ihre eigenen aufrührerischen Bundesgenossen und teils gegen die allenthalben sich einmischenden Peloponnesier richteten.

Wenn ich hier über diese Dinge berichte und damit von meinem Gegenstande abschweife, so geschieht es deshalb, weil bei allen meinen Vorgängern diese Epoche fehlt, da sie entweder die hellenische Geschichte vor den Perserkriegen oder diese Kriege selber beschrieben haben. Und Hellanikos, der in seiner "Attischen Geschichte" diese Dinge wenigstens berührt hat, behandelt sie zu kurz und der Zeit nach ungenau.

Das riecht doch förmlich nach der Eigenmächtigkeit eines Kopisten, der diese "Super-Torsion", nämlich den Perserkrieg vor den Peloponnesischen einzuordnen, zu verantworten hat. So kann denn auch der Herausgeber des "Polemos" nur in dieser Sicht argumentieren, wenn er vermerkt:

Hellanikos aus Mytilene auf Lesbos, der Generation zwischen Herodot und Thukydides angehörig, Verfasser mehrerer nicht erhaltener, nur noch durch eine Anzahl von Zitaten bekannter Geschichtswerke. Von diesen waren die wichtigsten "Die Priesterinnen der Hera in Argos", eine allgemein-griechische Chronik, die wahrscheinlich bis zum Frieden des Nikias 421 v.Chr. hinabreichte, und die hier von Thukydides angeführte Atthis, eine Lokalgeschichte Athens und Attikas, die sicher bis zum Jahre 407, vielleicht sogar bis zum Ende des Peloponnesischen Krieges, d.h. bis zum Jahr 404, hinabführte.

Die Angabe zwischen den Perserkriegen und dem gegenwärtigen Kriege kann nicht von einem Zeitgenossen stammen; denn der hätte die richtige Reihenfolge der Kriege gekannt. Ein Seebund wurde tatsächlich zwischen beiden Kriegen geschlossen, und zwar der zweite, der Attische Seebund. Der erste, der Delisch-Attische Seebund, wurde zu Beginn des Peloponnesischen Krieges geschlossen.

Perikles oder Peisistratos?

Schon Plutarch, der im ersten nachchristlichen Jahrhundert lebte, beging den Fehler, Perikles an die Stelle des athenischen Tyrannen Peisistratos zu setzen, woraus zu ersehen ist, dass zu der Zeit des Plutarch der "Polemos" bereits verfälscht war. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass spätere Kopisten eine sehr gründliche Durchforstung der Werke Plutarchs vorgenommen haben. Das alles ist heute nur noch zu vermuten. Es entbehrt nämlich nicht einer gewissen Pikanterie, dass Plutarch in seiner Biografie des Perikles hierauf eingeht - oder waren es doch die Bearbeiter?

(Kap. 7): In jungen Jahren hielt sich Perikles dem Volke vorsichtig fern. Seine äußere Erscheinung gemahnte nämlich an den Tyrannen Peisistratos, und alte Leute bemerkten mit Entsetzen eine weitere Ähnlichkeit: die wohllautende Stimme und die Fähigkeit, rasch und gewandt zu sprechen.

Die Abstammung des Perikles dürfte Plutarch (Kap. 3) von Herodot übernommen haben, der ihn nur an dieser Stelle (VI 131) erwähnt: Sein Vater ist Xanthippos, der Sohn des Ariphron, seine Mutter Agariste ist die Nichte des (jüngeren) Kleisthenes, der die Söhne des Peisistratos vertrieben und die Demokratie in Athen eingerichtet hatte. Xanthippos war bei Mykale (konv. 479 v.Chr., tatsächlich 729 ndFl = 151 v.Chr.) siegreich über die Perser, was einem um 672 ndFl geborenen Herrn noch zuzumuten ist. Perikles dagegen wird konventionell erst zwanzig Jahre nach dem Perserkrieg politisch aktiv. "Sein Sohn" nimmt dann am Peloponnesischen Krieg teil. Dieser angebliche Sohn ist niemand anderer als Perikles selbst, der konventionell nicht mehr an diesem Krieg teilnehmen könnte, da er schon zu dessen Beginn der Pest zum Opfer gefallen sein soll. Das Jahr seiner Erwähnung entspricht dem Jahr 718 ndFl (Arginusenprozess), in dem Perikles etwa 24 Jahre alt gewesen sein dürfte. Somit hätte er noch glaubhafte zwanzig Jahre Zeit bis zu seinem Aufstieg als Herrscher von Athen wenige Jahre nach dem Perserkrieg.

Als weitere Zeitgenossen des Perikles erwähnt Plutarch die Herren Kimon, Aristeides und Themistokles. Kimon der Ältere war ein Zeitgenosse und Gegenspieler des Peisistratos, der schon kurze Zeit nach der Geburt des Perikles von den Söhnen des Peisistratos ermordet wurde. Herodot erwähnt einen weiteren Kimon als Sohn des Marathon-Feldherrn Miltiades. Den anderen Kimon, den er als den Sohn des nach seinen eigenen Worten kinderlos gestorbenen Stesagoras bezeichnet, haben wir bereits als einen Halbbruder des Miltiades des Älteren identifiziert. So wie es hier zu einer fatalen Verwechslung gekommen ist, so kann es auch mit dem jüngeren Kimon geschehen sein, der teilweise als Zeitgenosse des Peisistratos und teilweise als Gegenspieler des Perikles angesehen worden ist.

Es muss nämlich der in Herodot VI 136 erwähnte Miltiades keineswegs der jüngere gewesen sein, von dem zwar im Vorbericht (VI 132-135) die Rede ist, der jedoch als Zeitgenosse des Xanthippos, der in VI 131 soeben der Vater des Perikles geworden ist, durchaus zum Teil auch der ältere gewesen sein kann. Miltiades der Ältere wurde im Jahre 695 ndFl ermordet.

Es ist aus den Angaben bei Herodot (VI 136) heraus auszuschließen, dass das Paros-Abenteuer zu dem älteren Miltiades gehört. Es war der jüngere Miltiades, der am Wundbrand starb, den er sich auf Paros zugezogen hatte. Von den Athenern zunächst zum Tode verurteilt, hatte man die Strafe wegen seines zu erwartenden baldigen Ablebens zur Zahlung von 50 Talenten abgemildert. Wenn Herodot nun sagt, der Sohn Kimon habe nach des Vaters Tod diese Strafe bezahlt, dann kann dieser nicht der ältere Kimon sein, der ein Halbbruder des Miltiades war. Herodot fährt in VI 137 fort mit Miltiades, des Kimon Sohn; das ist tatsächlich der jüngere Miltiades.

Stammtafel der Ajakiden
              Ajax der Ältere
 Kypselos     = Aias = Aiakos   Oloros, König von Thrakien
 * ca. 598    * ca. 585 ndFl    * ca. 585 ndFl
 |            |                 |
 Tochter  oo  Philaios    oo    Hegesipyle  oo   1. Ehemann
 * ca. 620 |  * ca. 608   |     * ca. 615        * ca. 600
   ndFl    |    ndFl      |       ndFl           | ndFl
           |              |               +------+
 +---------+- --- -+------+               |
 Miltiades d.Ä.    Kimon d.Ä.             Melesias?
 oo Hegesipyle     * ca. 635 ndFl         * ca. 630 ndFl
 nach Tod des      + 696 ndFl             |
 Vaters?           Zeitgenosse des        Thukydides
 * ca. 633 ndFl    Peisistratos           * ca. 662
 + ca. 695 "       |                      + nach 728 ndFl
 kinderlos gem.    |
 Herodot VI, 38    +---------------+
                   Miltiades d.J.  Stesagoras
                   * ca. 663 ndFl  * ca. 660 ndFl
                   Feldherr bei    + kinderlos gem.
                   Marathon        Herodot VI, 38
                   |
                   Kimon d.J., Zeitgenosse des Perikles
                   * ca. 690 ndFl


Herodot erwähnt den Sohn Kimon des jüngeren Miltiades erst wieder im Zusammenhang mit einem Vorfall (VII 107), der zu der Zeit des Xerxes stattgefunden hat. Insofern ist von einer Gleichzeitigkeit des Perikles und einem zweiten Kimon nach dem ersten, der ein Zeitgenosse des Peisistratos war, auszugehen. Es kann aber diese Tatsache, nämlich dass es zwei Personen namens Kimon gegeben hat, mit zu der Verwirrung Perikles-Peisistratos beigetragen haben. Besonders auffällig ist, dass der jüngere Kimon von Herodot im Perserkrieg keine Rolle zugewiesen bekommt. Das spräche dafür, dass Kimon d.J. schon vor dem Perserkrieg starb. Die Vertreibung der persischen Statthalter aus den zu Persien abgefallenen Städten auf europäischem Boden wie zum Beispiel Eion am Strymon (= Struma) in Makedonien (konv. 476/475 v.Chr.; Herodot VII 107) wäre dann nach der Marathon-Schlacht schon anzusetzen.  Für einen ernsthaften Gegner des Perikles, der seinerseits auch schon vor dem Perserkrieg politisch aktiv war, wäre dieser Kimon dann später nicht mehr in Frage gekommen. Die Geldstrafe seines Vater hätte er aus dessen nachgelassenem Vermögen zahlen können.

Perikles' angeblicher Neffe Euryptolemos, der Sohn des Atheners Peisianax, war in Wirklichkeit sein (und auch des Alkibiades) Vetter, der folglich nicht "den Sohn Perikles des Perikles" im Arginusenprozess verteidigt hat, sondern den jungen Perikles selbst.

Aristeides, der Sohn des (von Herodot nur in dieser Eigenschaft erwähnten) Lysimachos, hatte als einer der zehn Strategen an der Schlacht bei Marathon teilgenommen und dann das Amt des Archon Eponymos bekleidet. Als politischer Gegner des Themistokles wurde er (konv. 484/483 vor Chr.) aus Athen verbannt. In den Schlachten bei Salamis und Platää kämpfte er wieder auf der Seite der Athener.

Themistokles, der Archon des Jahres (konv.) 493 v.Chr., das dem echten Jahr 716 ndFl entsprechen dürfte, gilt als der Erbauer der athenischen Flotte und damit auch als der Vater des Attischen Seebundes. Mit dem Bau der Flotte soll er (konv.) 482 v.Chr. begonnen haben, also ein Jahr nach der Verbannung des Aristeides. Er selbst soll dann im Jahre (konv.) 471 v.Chr. durch den Ostrakismos (Scherbengericht) verbannt worden sein, was aber durchaus auch schon kurz vor dem Perserkrieg geschehen sein kann. Hier herrscht ein besonders großes Chaos in der Chronologie wegen der erfundenen Pentekontaëtie. Erst nach dem Tode des Aristeides und der Verbannung des Themistokles konnte Perikles in Athen an die Macht kommen. Über die Archontenjahre dieser Herren ist noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Nachtrag Mai 2011: Ich bin schon seit einiger Zeit der Ansicht, dass der Name Themistokles möglicherweise ein Deckname für den verfemten Perikles sein könnte, der aus Athen wegen Hochverrats verbannt war, gleichzeitig mit Pausanias aus Sparta. Seine Flucht zu Artaxerxes, dem Sohn des Xerxes, der gerade erst auf den Thron gekommen war (konv. 466 v.Chr. analog 736 ndFl), stimmt eigenartigerweise fast genau mit seinem Regierungsantritt  (konv. 461 v.Chr.) überein. Auch andere Angaben bei Herodot und im  Polemos deuten in diese Richtung, stellen auch keinesfalls ein Hindernis für diese Identifizierung dar. Ich denke vor allem an die fehlende Rolle des Perikles im Perserkrieg, den er in der berichtigten Geschichte als etwa 35jähriger hätte mitmachen müssen. Seine größte Zeit lag meines Erachtens auch schon vor diesem Krieg, als er zum Beispiel auf den Bau der Flotte drängte, den Seebund erneuerte, die Mauern gegen die Bedenken der übrigen Hellenen (neu) errichtete und den Piräus ausbaute. Dass Themistokles der Sohn eines sonst unbekannten Neokles gewesen sein soll, stört dabei wenig; denn wenn schon ein Name gefälscht wurde, dann konnte auch noch ein weiterer Name gefälscht werden. Die Pentekontaetie, in der sich konventionell sein Leben abspielt, ist ohnehin eine grandiose Geschichtsfälschung. (Ende des Nachtrags)

Ob es sich bei dem Vater Lysimachos des Aristeides um denselben handelt, der unter den konventionellen Diadochen im Anschluss an den Tod Alexanders des Großen erscheint, soll zunächst nicht weiter verfolgt werden. Zeitgenossen wären sie auf jeden Fall gewesen. Überhaupt gibt es noch eine Reihe von Zeitgenossen des Perikles bei Plutarch, die wir jedoch teilweise dem Peisistratos zuordnen müssen. So ist eine Bemerkung des Thukydides, die dieser gegenüber dem Spartanerkönig Archidamos gemacht hat, nicht mit Perikles in Verbindung zu bringen (Kap. 8); denn Archidamos starb, als Perikles noch ein Knabe war. Hier ist eindeutig Peisistratos gemeint.

Diesen Thukydides, den Plutarch hier meint, bezeichnet er als den Sohn des Melesias, der konventionell von jenem Thukydides, dem Sohn des Oloros, unterschieden wird, der den "Polemos" geschrieben haben soll. Diese Unterscheidung ist jedoch hinfällig; denn der Sohn des Melesias war der Urenkel des Thrakerkönigs Oloros, was zu der Bezeichnung "Sohn" geführt haben kann. Hier sei noch einmal ein Blick auf die Stammtafel der Ajakiden weiter oben empfohlen!

In demselben Kapitel 8 erwähnt Plutarch, dass Perikles wegen seiner Redekunst den Beinamen der Olympier getragen habe. Diese Bezeichnung, die auf griechisch "Olympiodoros" lautet, kennen wir von einem anderen Zeitgenossen, der jedoch erst durch die Berichtigung der Chronologie zu einem solchen gemacht werden kann. Auf ihn komme ich noch zurück.

Um dieselbe Zeit muss auch der Ostrakismos des Thukydides stattgefunden haben, also die Verbannung durch das Scherbengericht, ein Vorgang, der nur unter einer demokratischen Verfassung in Athen denkbar war und konventionell erst im Jahre 443 v.Chr. gesehen wird. Seine Verurteilung zwanzig Jahre nach dem Antritt des Perikles als Herrscher von Athen ist ein chronologischer Irrtum; denn die Jahreszahlen 444 v.Chr. (Gründung von Thurioi unter Mitwirkung des Herodot) und 443 v.Chr. (Ostrakismos des Thukydides, des Sohnes des Melesias) stehen isoliert zwischen Jahreszahlen, die sich auf solche Ereignisse beziehen, die in Wirklichkeit zu ganz anderen Zeiten stattgefunden haben. Hier ist der "Polemos" (Erstes Buch) stark manipuliert worden.

Ob die Ähnlichkeit des Perikles mit Peisistratos tatsächlich gegeben war, bleibt offen. Wir dürfen aber gewiss viele der dem Perikles zugeschrieben Eigenschaften und Taten mit Peisistratos verbinden. Sehr verdächtig ist zum Beispiel, dass Aristoteles im Gegensatz zu anderen (in einer verlorenen Schrift) behauptet, der Musikerzieher des Perikles sei Pythokleides gewesen. Der von den anderen in derselben Rolle genannte Damon, der Sohn des Damonides von Oia (in der Gegend von Eleusis), wurde durch das Scherbengericht verbannt; er dürfte demnach ein Zeitgenosse des Perikles gewesen sein, da zur Zeit der Peisistratiden noch kein Scherbengericht bestand, während Pythokleides in eine andere Zeit zu gehören scheint: zu Peisistratos?

Perikles, so meint Plutarch, habe dem Areopag, also der athenischen Stadt- und Gerichtsverwaltung, nie angehört, da er niemals durch das Los zum Archon Eponymos oder zum Thesmothetes (= Gerichtsherrn), Basileus (eigentlich = "König", gemeint ist jedoch der Sakralbeauftragte) oder Polemarchos (= militärischer Oberbefehlshaber) bestimmt worden sei. Nur über diesen Weg konnten verdiente Männer in den Areopag aufsteigen. Deshalb sei er, angestiftet von Damon, auf den Ausweg verfallen, das Volk zu bestechen.

Sein schärfster innenpolitischer Gegner soll Kimon gewesen sein, den er als angeblichen Spartanerfreund in die Verbannung schicken ließ. Das haben wir weiter oben schon mit dem älteren Kimon und Peisistratos verbunden; ein junger Kimon war keine ernsthafte Gefahr für einen Vollblutpolitiker wie Perikles. Die ganze Verquickung der Personen Perikles und Peisitratos ist leicht zu durchschauen, da es immer wieder Ungenauigkeiten gibt, wie zum Beispiel in der Angabe, Kimon habe die herrlichsten Siege über die Perser erfochten. Welche sind gemeint? Eion am Strymon? Was sagten überhaupt die Makedonen dazu, dass die Hellenen die persischen Stützpunkte auf ihrem Gebiet beseitigten?

Die Makedonen

Zu der Zeit des Peisistratos und in der nach seinem Tod folgenden Epoche begannen die Makedonen und Thraker eine immer wichtiger werdende Rolle zu spielen. Ich werde daher zunächst auf das makedonische Königshaus der Argeaden ausführlicher eingehen und danach auch auf Thrakien. In die Einzelbesprechung der makedonischen Herrscher in ihrer konventionellen Sicht und Reihenfolge (hauptsächlich bei Bengtson3) habe ich ihre Zuordnung und Identifizierung in der neuen Sicht und Chronologie schon eingearbeitet:

1) Perdikkas I (Anf. 7. Jhdt. v.Chr.) steigt in die Ebene des Haliakmon hinab. Hauptstadt ist das Felsennest Aigai, wo auch später noch die Könige begraben wurden, als Pella die Hauptstadt war.

Eig.Anm.: Er ist Perideikes = Perdik-Kastor, der Bruder des Polydeikes = Pollux: Söhne des Phrygers Alexandros = Kyknos, des schwanenhalsigen Sohnes des Phrygo-Dardaniden Priamos, mit Leda, der Tochter des Thyestes von Argos = Thestios von Kalydon. Er war nach der Wiederverheiratung seiner Mutter bei dieser in Thessalien geblieben und nicht wie sein Bruder nach Argos zu seinem Onkel gegangen. Das makedonische Königshaus der Argeaden leitet sich aus dem peloponnesischen Argos ab. Es hat nur diesen einzigen Perdikkas gegeben, den Herodot als Zeitgenossen des Kambyses auch Prexaspes nennt.

Herodot V, 22: Dass die von Perdikkas abstammenden Könige Hellenen sind, sagen sie (Eig.Anm.: die Makedonen) nicht bloß selber, sondern auch ich selbst weiß es ganz genau und werde ihre hellenische Abkunft in den späteren Büchern beweisen (Herodot VIII, 137; siehe weiter unten!). Auch die Hellenodiken, die Kampfrichter in Olympia, haben das anerkannt.

Allerdings begeht Herodot (VIII, 137) den Fehler, dass er Perdikkas statt Philipp aus Argos weggehen lässt; wie aber sollte Philipp zu den Beinamen Argaios und Pelops gekommen sein, wenn nicht er derjenige war, der in Argos auf der Peloponnes aufgewachsen war?

2) Amyntas I (Ende 6. Jhdt. v.Chr.) bietet dem aus Athen vertriebenen Hippias in Anthemus eine Zuflucht an. Amyntas I gilt als fünfter Nachfolger des Perdikkas I.

Eig.Anm.: Diese Rechnung ergibt sich auch aus der neuen Sicht - ohne die überflüssigen konventionellen 150 Jahre dazwischen - wie folgt:

  1. Perdikkas, Großvater von Eurydike
  2. Philipp I, Bruder von 1.
    = Antigonos Monophthalmos
  3. Alexander I/II der Große Nr. 1 = Archelaos I,
    Sohn von 1. (oo Eurydike und Roxane)
  4. Ptolemaios von Aloros (oo Eurydike)
  5. Roxane, die Mutter für ihren Sohn Alexander IV
    von Alexander dem Großen Nr. 1
  6. Amyntas, Sohn von 2. (oo Eurydike)
    = Antigonos Doson
3) Alexander I Philhellen (ca. 495-450/40 v.Chr.) wird von Bengtson nicht als "dessen Sohn" (des Amyntas I) bezeichnet, gilt aber offensichtlich als Nachfolger des vorigen. Er erwirkt für die Makedonen die Teilnahme an den olympischen Spielen. Seine Heeresreform sieht neben den Hetairen auch so genannte Pezhetairen vor. Er war ein großer Mäzen.

Eig.Anm.: Hier beginnen eklatante Verwechslungen: (Herodot VII, 173) Es kamen Boten von dem makedonischen Fürsten Alexandros, Sohn des Amyntas, die ihnen (Eig.Anm.: den zwischen Olympos und Ossa lagernden Hellenen; konv. 480 v.Chr. zu Beginn des Perserkrieges) zum Abzug rieten. Sie sollten sich nicht in dem Engpass von dem anrückenden Heer erdrücken lassen... Diesem Rat folgten sie, weil er ihnen gut schien und die freundschaftliche Gesinnung des Makedonen bewies. Insofern war er tatsächlich der Griechenfreund Alexander Philhellen; aber Alexander Philhellen war nicht Alexander I. Er war zwar der Sohn und einer der beiden Nachfolger des einzigen Amyntas, den es gab; aber Alexander I war der Sohn des Perdikkas. Philhellen war später tatsächlich der große Mäzen, an dessen Hof unter anderen Werken die große, vollendete Ilias entstand.

Alexander I ist mit Alexander II von Makedonien, mit Alexander von Pherai und mit Alexander dem Großen Nr. 1, dem tatsächlichen Heeresreformer, sowie mit der Nummer 5) in dieser Aufstellung, mit Archelaos I, identisch.

Der richtige Alexander Philhellen, nicht Alexander I, hat die Makedonen zu den Olympischen Spielen geführt:

Herodot V, 22: Als Alexandros (Eig.Anm.: gemeint ist Alexander Philhellen, der Sohn des Amyntas) an den Wettspielen teilnehmen wollte und nach Olympia kam, wollten ihn seine hellenischen Mitkämpfer von den Spielen ausschließen und sagten, die Spiele seien nur für Hellenen, nicht für Barbaren. Alexandros aber bewies, dass er Argeier sei, und seine hellenische Abstammung wurde durch die Richter anerkannt. Er nahm am Wettlauf teil und kam mit dem Sieger zugleich ans Ziel.

4) Perdikkas II (450/440-414/413 v.Chr.) wird nicht als Sohn, wohl aber als Nachfolger des vorigen bezeichnet. Er soll sich im Archidamischen Krieg "geschickt" verhalten haben. Er und Brasidas, der Sohn des Tellis, arbeiteten zusammen gegen Athen (konv. 424 v.Chr. wie auch schon im ersten Kriegsjahr bei Methone; vgl. 354 v.Chr.!).

Eig.Anm.: Perdikkas II ist derselbe wie der erste und auch der dritte; denn in die Zeit des Kambyses und des Prexaspes gehört noch der Beginn des Peloponnesischen Krieges, dessen erster Teil als Archidamischer Krieg bezeichnet wird.

5) Archelaos I (414/413-400/399 v.Chr.) wird von Bengtson (S. 279) als Sohn des Perdikkas II, des Nachfolgers Alexanders, bezeichnet. Auch er gilt als Heeresreformer. Er hat Pydna zurückgewonnen, in die inneren Angelegenheiten Thessaliens eingegriffen und Makedonien an das persische Währungssystem angeschlossen.

Eig.Anm.: Einiges davon betrifft auch Alexander II von Makedonien = Alexander von Pherai, der wie Archelaos I der Sohn des Perdikkas ist: Alexander der Große Nr. 1. Die Rückgewinnung Pydnas, das konventionell überhaupt erst im Winter 357/356 v.Chr. durch einen falschen Philipp (II statt I) genommen wurde, schon ein halbes Jahrhundert vor seiner Eroberung ist ein konventionell unvermeidlicher Anachronismus. In die inneren Angelegenheiten Thessaliens hat Archelaos I alias Alexander von Pharai durch den Mord an seinem Onkel Polyphron (= Pelops-Philipp, Polyperchon) eingegriffen.

Die Angabe im "Polemos", Archelaos habe mehr für den inneren Ausbau des Königreiches und für die Organisation des makedonischen Heeres getan als seine acht Vorgänger zusammen, kann sich nur zum Teil auf den ersten Träger dieses Namens beziehen, der mit Alexander I/II identisch ist. Selbst Archelaos II = Alexander Philhellen wäre weder in der konventionellen noch in der berichtigten Chronologie der neunte Makedonenkönig gewesen. Ich vermute auch hier eine Kopisteneigenwilligkeit. Die Heeresreform erinnert an die angebliche des Alexander I "Philhellen", die selbstredend von Alexander dem Großen Nr. 1 durchgeführt worden ist (siehe unter Pos. 3 in dieser Auflistung!). Möglicherweise hatten beide Alexander den Beinamen Archelaos, aus dem sich der Name Achilleus entwickelt zu haben scheint.

Ich hatte an anderer Stelle schon vermutet, dass Archelaos = Alexander der Große Nr. 1 als Vorbild für den Peliaden Achilleus gedient haben könnte. Für die Heeresreform des Archelaos spricht, dass nach dem Tode Alexanders des Großen die Heeresversammlung über seine Nachfolge entschied. Besonders auffällig in bezug auf das Heer ist die Parallele zu den Myrmidonen (= Mygdonen, Makedonen) des Achilleus (= Archelaos?).

Der Mäzen war der andere Archelaos, der richtige Alexander Philhellen, der "wie sein (angeblicher) Großvater Alexander I Philhellen" ermordet wurde. Konventionell sind beide Archelaoi in mehrfacher Hinsicht verwechselt worden. Es kann der richtige Alexander Philhellen nach seinem mittlerweile weitläufigen Verwandten den Beinamen Archelaos bekommen haben. War er es doch, der mit der jüngeren Ilias der Figur des Achilleus zu dauerhaftem Ruhm verhalf.

Die Anbindung Makedoniens an das von Darius eingeführte persische Währungssystem kann schon von Archelaos I durchgeführt worden sein.

6) Amyntas II (399-393 v.Chr.?) wird von Bengtson nicht aufgeführt.

Die phrygische Linie

Protothyas-Partatua-Perithoos-Phraortes
* ca. 570 ndFl
|
+-------------------+
|                   | ?
Madyas-Midas        Tochter --- oo --- Priamos von Troja
* ca. 606 ndFl      * ca. 595 ndFl     |
|                                      Alexander  oo  Leda
Gordios                                "Kyknos"
* ca. 628 ndFl                         * ca. 610 ndFl
|                                      |
|                   Perdikkas-Kastor  und  Pollux-Philipp
|                   * ca. 631 ndFl         * ca. 631 ndFl
|                   |
Adrastos --- oo --- Tochter
* ca. 650 ndFl      * ca. 655 ndFl
|
Eurydike ---- oo -- 687 ndFl: Smerdis,
* ca. 672 ndFl      699 "   : Pseudo-Smerdis = Arrhidaios,
                    700 "   : Amyntas
                    701 "   : Alexander I/II d.Gr. Nr. 1,
                    705 "   : Ptolemaios von Aloros 


7) Amyntas III (393-370 v.Chr.) wird ebenfalls nicht als Sohn des vorigen, des Archelaos I, bezeichnet; auch klafft konventionell eine Lücke von sechs Jahren zwischen ihm und Archelaos I. Er hat Probleme mit den Chalkidiern, bei deren Lösung ihm Sparta behilflich ist. Nach der Zerstörung von Olynth ist er der uneingeschränkte Herrscher von Makedonien.

Eig.Anm.: Amyntas, der Sohn des Philipp I, ist verheiratet mit Eurydike, die die Tochter des Phrygers Adrastos sein muss, der versehentlich den Sohn des Kroisos tötete (Herodot I, 41ff.). Eurydike gilt auch als Enkelin des Perdikkas, dessen Tochter mithin Adrastos, den Sohn des Gordios, geheiratet haben muss. Da sich Adrastos, der sich auf der Flucht befand, in Lydien selbst tötete, kann seine Tochter Eurydike bei Kroisos eine neue Heimat gefunden haben.

Aus seiner Ehe mit Eurydike sollen die Söhne Alexander II und Philipp II des Amyntas III hervorgegangen sein. Der eine Sohn des Amyntas ist nicht Alexander II, sondern Alexander Philhellen,  der schon vor der Ehe mit Eurydike von einer anderen Frau geboren worden sein muss. Daneben soll Amyntas III auch noch einen Sohn mit Namen Archelaos gehabt haben, der aus erster Ehe mit Gygaia stammen soll. Bei diesem handelt es sich um Archelaos II = Alexander Philhellen.

Auf Amyntas und seinen Sohn Alexander kommt Herodot schon in seinem V. Buch (17ff.) zu sprechen:

Nach dem Skythenzug des Darius (698/699 ndFl), an dem sich auch Philipp I beteiligte hatte, unterwarf der persische Feldherr Megabazos die Thraker. Hierbei kann es sich um die Bildung der thrakischen Provinz handeln, die konventionell in das Jahr 342 v.Chr. datiert wird. Bis zu diesem Zeitpunkt muss die Unterwerfung Thrakiens bereits erledigt gewesen sein; denn die nach dem Tode des Kambyses ergangenen Beschlüsse von Babylon sahen Lysimachos schon als den Satrapen von Thrakien vor.

Die Feldherrnaktivitäten des Megabazos gehören noch in die Zeit des Kambyses und des Pseudo-Smerdis, als Darius-Telepinus nur Unterkönig in Susa-Hattusas war. Nebukadnezar-Otanes übernahm die Truppen des Megabazos-Pharnakes-Artaphernes-Intaphernes-Antipatros nach dem Tod des Kambyses erst. Kurz vorher hatte er noch in Ägypten gekämpft. Er übernahm das Heer des Megabazos am Hellespont (700 ndFl).

Noch von Megabazos wurde eine Gesandtschaft zu Amyntas auf den Weg gebracht, der in dieser frühen Phase offensichtlich schon auf einem makedonischen Fürstenthron saß. Viel später, eher früher als 697 ndFl, kann diese Mission nicht angesetzt werden, weil Persien und Makedonien noch keinen Vertrag miteinander zu haben scheinen; der wird erst im Jahre 698 ndFl geschlossen, in dem anschließend an diesen Paktschluss der Skythenzug unternommen wurde.

Die persische Gesandtschaft soll von Amyntas Wasser und Erde, also die Unterwerfung unter Darius bzw. Persien verlangen. Der Sohn Alexandros des Amyntas sei noch ein Jüngling gewesen (Herodot V, 19ff.); er stellt den Persern eine Falle beim Gastmahl und lässt sie alle töten und ihre Körper, ihren ganzen mitgeführten Hofstaat und alle Gerätschaften verschwinden. Als die Perser später Nachforschungen anstellten, gab Alexandros seine Schwester Gygaie (= Gygaia!) und viel Geld dem Perser Bubares, dem Anführer des Suchtrupps, um ihn zum Stillschweigen zu bestechen. Der Kommentator Herodots bezweifelt diese Begebenheiten, die mir jedoch in der berichtigten Geschichte sehr plausibel erscheinen. Außerdem hält er Alexandros I, der konventionell für Philhellen gehalten wird, für den Sohn und Nachfolger des Amyntas. In Wirklichkeit ist zwar der Sohn Alexandros des Amyntas tatsächlich Philhellen, aber er ist nicht Alexandros I.

Wichtig ist die Feststellung, dass es sich bei diesem Sohn Alexandros um einen Jüngling handelt, also um einen jungen Mann von etwa siebzehn oder höchstens achtzehn Jahren. Das heißt, er wäre um etwa 681 ndFl geboren, als sein Vater um die 24 Jahre alt war. Wenn seine Schwester Gygaia hieß, dann kann sie nicht seine Mutter gewesen sein, die ihrerseits aber ebenfalls Gygaia geheißen haben kann. Möglicherweise war Gygaia (die Ältere) tatsächlich die Mutter des Archelaos II = Alexander Philhellen. Eurydike kann auf gar keinen Fall seine Mutter gewesen sein.

Der Beweis, den Herodot für die hellenische Abstammung der Makedonen zu erbringen versprochen hat (V, 22), findet sich in Kapitel VIII 137, und zwar in einem Zusammenhang, der schon mit dem Kapitel 126 beginnt. An dieser Stelle liegt eine Auffälligkeit vor; denn das Kapitel 125, in dem die Schilderung des Rückzuges des Xerxes nach dem verlorenen Krieg in Hellas nach Persien abgeschlossen wird, endet mit einem ebenso banalen wie belanglosen Satz, der außerdem noch am Beginn eines neuen Absatzes steht, was eigentlich überflüssig wäre:

Das also waren die Ereignisse in Hellas. 126. Artabazos aber, der Sohn des Pharnakes, ... usw. Es verwundert, dass das Kapitel 126 auf ungewöhnliche Weise quasi "mitten im Absatz" beginnt. Ab diesem Kapitel 126 wird nämlich ein ganz anderer Rückzug geschildert, der schon zwölf Jahre vor dem Beginn des Perserkrieges (konv. 480 v.Chr.) stattfand: Der Mardonios-Zug nach Thrakien (konv. 492 v.Chr.). Es ist vielleicht sogar der Rückzug des Artaphernes, jenes oben erwähnten Artabazos, Sohnes des Pharnakes = Artaphernes des Älteren, nach der Niederlage bei Marathon (konv. 490 v.Chr.) damit vermischt worden; denn - wie gewohnt - hat Herodot mehrere Varianten dieses Rückzuges im Angebot.

Auf die Einzelheiten dieses Rückzugskompositums will ich hier noch nicht eingehen; aber es ist wichtig, dass diese Ereignisse nicht erst nach dem Perserkrieg stattfinden, sondern bis zu zwölf Jahre davor: Mardonios, der Sohn des Gobryas-Nabopolassar, ist vermutlich der Bruder Nebuscharadan (Nabu-schar-idin) des Otanes-Nebukadnezar. Letzterer wurde im Jahre 715 ndFl von Darius besiegt, der daraufhin mit der Belagerung von Babylon begann. Im Jahre 716 ndFl, das dem Jahr des Thraker-Zuges des Mardonios entspricht, dem konventionellen Jahr 492 v.Chr., eroberte Darius "der Meder" (Buch Daniel im AT!) Babylon. Es ist daher zeitlich vertretbar, dass Mardonios jetzt in Europa Krieg führt, wenn es auch ungewöhnlich erscheint, dass er politisch auf anderer Seite stand als sein Bruder in Babylon. Ich hatte an anderer Stelle schon gezeigt, dass diese beiden Söhne des Gobryas-Nabopolassar eine demokratische Grundeinstellung hatten, was selbst den Griechen damals nicht so ganz einleuchten wollte, was dem Zeitgeist zumindest in Athen jedoch durchaus entsprach, wo Kleisthenes um diese Zeit seine Demokratie durchsetzte; alles dies ist aber hier nicht von Belang.

Herodot sagt im Zusammenhang mit Otanes (V, 26), dieser sei unter Darius der Nachfolger des Feldherrn Megabazos geworden. Wenn man das so versteht, dass Megabazos, der "Stratege Europas", in dieser Position abgelöst wurde, dann kann er mit Antipatros, Intaphernes und Artaphernes dem Älteren, also mit Pharnakes, identifiziert werden. Im Jahre (Triparadeisos, konv.) 321 v.Chr. wurde Antipatros Reichsverweser. Als Halbbruder des Darius stand er diesem näher als Prexaspes-Perdikkas, der ehemalige Chiliarch (= Kanzler oder Reichsverweser) des Kambyses, der auf der Reichsordnungskonferenz von Triparadeisos (Hattusas) nicht wieder in dieses Amt beordert wurde.

Herodot möchte die Abstammung der Makedonen von den Hellenen beweisen:

Herodot VIII, 136: Als Mardonios ... schickte er den Alexandros, Sohn des Amyntas von Makedonien, als Gesandten nach Athen. Er wählte gerade ihn, weil Alexandros mit den Persern verwandt war; seine Schwester Gygaia, Tochter des Amyntas, war mit dem Perser Bubares vermählt (vgl. V, 21), und deren Sohn Amyntas, wie er nach dem Vater seiner Mutter hieß, lebte in Asien und wurde vom König zum Statthalter der Großen phrygischen Stadt Alabanda ernannt. Ferner wusste Mardonios, dass Alexandros in Athen das Gastrecht hatte und die Stadt ihm zu Dank verpflichtet war. ...

Zunächst bis hier. Ob es den Enkel Amyntas des gleichnamigen Großvaters gegeben hat, ist unerheblich; denn er wurde nie König der Makedonen. Es ist aber der Brauch in dieser Zeit, dass Enkel nach ihren Großvätern benannt werden. Der Dank, zu dem die Athener dem Alexandros - es handelt sich selbstverständlich um Alexander Philhellen - verbunden waren, betrifft vermutlich dessen Warnung der Hellenen vor dem heranrückenden Perserheer im Jahre 728 ndFl; in dieser Zeit befinden wir uns aber noch nicht. Insofern handelt es sich hierbei um einen Anachronismus, der nachträglich in dieses Kapitel hineingebracht worden ist. Weiter heißt es bei Herodot VIII:

137. Der Vorfahr siebenten Gliedes dieses Alexandros war Perdikkas. ...

Vergleichen wir diese Aussage bei Herodot mit der konventionellen Darstellung, dann kann das in etwa möglich sein. Gemeint ist mit Perdikkas, der übrigens in der berichtigten Chronologie noch ein Zeitgenosse dieses Alexandros war, jener Perdikkas I, der konventionell am Anfang des siebten Jahrhundert v.Chr. nach Makedonien gekommen sein soll. Der nächste konventionell gesehene Makedonenkönig ist Amyntas I, der Vater desjenigen Alexandros, der von Herodot als das siebte Glied bezeichnet wird. Es müssten demnach zwischen Perdikkas I und Amyntas I noch weitere vier Makedonenkönige geherrscht haben, von denen offenbar nichts bekannt ist: Zwei noch im siebten und zwei im sechsten Jahrhundert v.Chr. etwa. Das ist unakzeptabel. Wir befinden uns hier nämlich im "dunklen Zeitalter Griechenlands und Kleinasiens". Nach unseren Recherchen dürfte in der Vorfahrenreihe des Alexander Philhellen überhaupt kein Perdikkas vorkommen; denn er ist als Sohn des Amyntas ein Enkel des Philipp I und über die Mutter Gygaia sehr wahrscheinlich auch kein Nachfahre des Perdikkas, schon gar nicht im siebenten Glied.

Herodot fährt fort mit der Schilderung der Herkunft der Makedonen (VIII, 137): Die Brüder Gauanes, Aeropos und Perdikkas, Nachkommen des Temenos4, seien aus Argos nach Illyrien geflohen, von wo sie über die Berge nach dem oberen Makedonien kamen. Nach einigen drolligen Begebenheiten, wie Herodot sie gern zum besten gibt, brechen die Brüder erneut auf und kommen in einen anderen Teil Makedoniens, den Herodot als "Gärten des Midas, des Sohnes des Gordios", bezeichnet. Gordios war aber der Sohn des Midas, und seine Gärten müssten demnach in Phrygien liegen, das heißt in Kleinasien. Zwar stammten die Phryger wie auch die Makedonen aus Thrakien; aber die hier von Herodot ausgebreitete Geschichte kann nicht stimmen; es war nämlich Pelops-Philipp, der Argeier, der aus Argos von der Peloponnes kam, nicht Perdikkas. Dieser war bei seiner Mutter in Thessalien geblieben, wo die drei Brüder - wenn es denn so gewesen sein sollte - mit Mutter und Bruder gegen Ende der Fünfzigerjahre des siebten nachsintflutlichen Jahrhunderts zusammentrafen.

1) Perdikkas, der die Königsherrschaft an sich gebracht hatte;
   |          Anfang des 7. Jahrhunderts v.Chr.
   |
2) Argaios, dessen Sohn, Mitte des 7. Jhdts. v.Chr.
   |
3) Philippos, dessen Sohn, Ende des 7. Jhdts. v.Chr.
   |
4) Aeropos, dessen Sohn, Anfang des 6. Jhdts. v.Chr.
   |
5) Alketes, dessen Sohn, Mitte des 6. Jhdts. v.Chr.
   |
6) Amyntas, dessen Sohn, Ende des 6. Jhdts. v.Chr.
   |
7) Alexandros, dessen Sohn, 495 bis 450/440 v.Chr.


Herodot überrascht uns mit dieser Ahnenreihe, die für die konventionelle Chronologie von Nutzen sein könnte, da sie die fehlenden Glieder aufweist (VIII, 139). Diese ganze Kapitelreihe von 126 an ist jedoch mit größter Vorsicht zu betrachten. Vermutlich stammen diese Kapitel überhaupt nicht von Herodot, der Perdikkas möglicherweise sogar noch als Zeitgenossen gekannt haben könnte, wenn er ihn auch als den Chiliarchen des Kambyses Prexaspes nennt. Tatsache ist aber auch, dass derjenige, aus dessen Phantasie diese Kapitelreihe hervorging, keinen blassen Schimmer von der wirklichen Ahnengalerie des Alexander Philhellen gehabt haben kann.

Die anschließende Rede, die Alexandros dann vor den Athenern gehalten haben soll (VIII, 140) atmet denselben Geist der freien Erfindung und stellt zudem noch einen Anachronismus dar: Alexandros zitiert Mardonios, der sich wiederum auf Xerxes beruft, der den Hellenen das Land zurückgeben, ja ihnen sogar noch eines dazu geben will und ihnen die Unabhängigkeit belässt. Eine derartige Rede ist purer Unsinn und an dieser Stelle ohnehin anachronistisch.

Für den anderen Sohn des Amyntas, für Philipp II, gilt, dass Eurydike nur unter der Bedingung seine Mutter gewesen sein kann, dass die Ehe zwischen ihr und Amyntas schon vor ihrer Ehe mit Alexander geschlossen worden ist (700 ndFl) und Philipp kurz darauf geboren wurde (701 ndFl); denn die Ehe zwischen ihr und Amyntas wäre nach Ptolemaios zu spät dafür abgeschlossen, dass Philipp während dieser Ehe geboren wurde.

Amyntas ist auch Antigonos Doson, Zeitgenosse der Spartanerkönige Agis (IV) und Kleomenes (III; um 241/227 v.Chr. konv.), bei denen es sich natürlich um die einzigen Träger dieser Namen handelt. Dasselbe gilt auch für Amyntas.

8) Alexander II (370-369/8 v.Chr.), unmittelbarer Nachfolger seines Vaters Amyntas, soll auf Anstiften seiner Mutter Eurydike von Ptolemaios von Aloros umgebracht worden sein. Ein Vermittlungsversuch des Pelopidas von Theben sei gescheitert (Bengtson S. 255). Ptolemaios von Aloros soll als Vormund für den "jungen Prinzen" Perdikkas III, den Bruder des Alexander, die Regierung an sich gerissen haben.

Eig.Anm.: Einer der beiden unmittelbaren Nachfolger seines Vaters Amyntas ist der bereits besprochene Alexander Philhellen = Archelaos II, der mit einigen anderen Alexanders, die aber alle jeweils nur ein einziger sind, verwechselt worden ist. Außerdem handelt es sich hier um ein weiteres Missverständnis: Eurydike (* ca. 672 ndFl) war zuerst die Gemahlin des Smerdis (* ca. 667 ndFl) gewesen und mit dessen Harem an den schwachsinnigen Arrhidaios Pseudo-Smerdis gefallen. Sie heiratete nach dessen Ausschaltung (vermutlich auf der Massenhochzeit zu Susa) zunächst Amyntas, doch schon im Jahr darauf musste sie aus dynastischen Gründen Alexander I/II, den Großen Nr. 1, heiraten und bekam in dieser Ehe den Sohn Philipp II = Demetrios Poliorketes des Amyntas. Nach Alexanders von ihr selbst (als Ehefrau, nicht als Mutter) angestiftetem Tod heiratete sie einen Mittäter an der Ermordung Alexanders: Ptolemaios von Aloros. Auf ihn und auf Philipp komme ich weiter unten ausführlich zurück.

Alexander II von Makedonien wurde nicht auf Anstiften seiner Mutter Eurydike umgebracht (Bengtson S. 255), sondern auf Anstiften seiner Gemahlin Eurydike. Ihr Name wird zwar in den Hellenika (Xen. Hell. VI 4, 36ff.) nicht erwähnt; aber die Frau, die ihre Brüder zum Mord an ihrem Gemahl Alexandros (von Pherai) anstiftet, kann nur seine Ehefrau Eurydike sein. Im übrigen ist diese ganze Passage in den Hellenika nicht sonderlich glaubwürdig im Hinblick auf die Gleichzeitigkeiten. Sie macht den Eindruck, nachträglich eingefügt worden zu sein, wie ich es auch bereits an anderer Stelle vermutet habe, als ich die Begebenheiten mit Jason von Pherai besprochen habe, die in demselben Kapitel der Hellenika kurz vor dem Mord an Alexandros beschrieben werden. Diese Manipulationen haben sich meines Erachtens zwangsläufig ergeben, nachdem man bemerkt hatte, dass das ganze Pherai-Kapitel an den Anfang der Hellenika gehört. So musste der Inhalt auf die falsche Plazierung hin überarbeitet werden, als ob das Kapitel an die Stelle gehöre, an der es jetzt liegt.

Die Rückeroberung von Pydna durch Archelaos kann ebensogut seinem Alterego Alexander II = Alexander von Pherai, der mit Alexander dem Großen Nr. 1 = Archelaos (I) identisch ist, zugeschrieben werden: Nach der Ermordung des Polydoros besetzte der Makedonenkönig Alexander II das thessalische Larisa. Dort nimmt Alexandros von Pherai seine Onkel Pelopidas und Ismenias fest, welcher letzterer mit Ariobarzanes, dem Sohn Arsames des Darius, zusammenarbeitete, um die griechischen Städte "einzukaufen". Ismenias ist Menelaos, einer der Halbbrüder des Philipp (I), der mit Pseudo-Smerdis, das heißt mit seinem Bruder (B)Arrhidaios, nach der Aufdeckung des Mager-Putsches nach Olynth geflohen war. Er muss begnadigt worden sein, da er noch mit dem Prinzen Ariobarzanes in Hellas umherzog. Pelopidas, der Herrscher von Theben, war schon längst auf die Seite der Perser übergegangen.

Pelopidas ist ein " Mann ohne Herkunft"; er wird von Xenophon (Hellenika VII 1, 33-40) ohne Vaterangabe als thebanischer Staatsmann erwähnt. Betrachtet man diese Passage mit kritischem Blick, dann fallen einige Ungereimtheiten auf, die auf eine Textmanipulation schließen lassen. Der angebliche "Staatsmann von Elis" namens Archidamos kann aber durchaus der amtierende König von Sparta sein, der mit dem Lakedaimonier Euthykles, dem Thebaier Pelopidas und mit dem Arkadier Antiochos (einem Pankrationkämpfer) und einem Argeier, der nicht beim Namen genannt wird, "hinauf zum Perserkönig" (nach Susa = Hattusas) zieht, um die Perser als Bundesgenossen zu gewinnen. Sogleich sandten auch die Athener zwei Leute nach Susa, Timagoras und Leon; doch Pelopidas hatte im "Wettkriechen um die Gunst des Artaxerxes II" (Bengtson S. 256) bereits das Beste für Theben ausgehandelt.

Dieser Vertrag zwischen Persien und Böotien aus dem Jahre (konv.) 367 v.Chr. muss nicht das Ergebnis eines Friedensschlusses sein. Es handelt sich hierbei um dieselben Verhandlungen, die es auch zwischen Persien und Makedonien gab. Sie gehören demnach ebenfalls - wie die aus dem Jahre 343 v.Chr. - ins Jahr 698 ndFl und wurden zwischen Hellenen, Makedonen und Kambyses geführt, was konventionell natürlich nicht erkennbar ist. Konventionell muss immer ein Artaxerxes auf persischer Seite dafür herhalten, und das stimmt im Grunde genommen auch; denn jeder persische Großkönig ist ein Arta-Chschatrach, griechisch Artaxerxes, nämlich ein Großkönig, und somit ist auch Kambyses ein Artaxerxes!

Der Argeier könnte Philipp I aus dem Argeadengeschlecht sein, und ich behaupte, dass er mit dem "abstammungslosen" Pelopidas ebenfalls identisch ist! Vermutlich war seine Residenz auch gar nicht Theben, wie immer gesagt wird, sondern eine Stadt in Thessalien, in der Philipp-Polyphron seit 689 ndFl als Archon der Thessaler saß. Ich schiebe hier eine Überlegung ein, die die Frage beantworten soll:

Pelopidas = Pelops = Philipp I?

Was steht dem entgegen? Es sind die beiden Todesarten. Philipp I = Polyphron wird von seinem Neffen Alexandros ermordet, Pelopidas fällt in der Schlacht bei Kynoskephalai (konv.) 364 v.Chr.. Xenophon erwähnt Kynoskephalai (die Hundsköpfe; Hügelkette westlich von Pherai in Thessalien; Hell. V 4, 15 und VI 4, 5) im Zusammenhang mit dem Spartanerkönig Kleombrotos und Thebanern, ohne Pelopidas zu nennen. Konventionell werden diese Vorgänge allerdings mindestens zehn Jahre vor der Schlacht bei Kynoskephalai gesehen, bei der Pelopidas gefallen sein soll. Von einer solchen weiß Xenophon wiederum nichts. Die Spartanerkönige Kleombrotos und Agesilaos gehören in die Jahre von 725 bis 728 ndFl, liegen also fast drei Jahrzehnte nach Pelopidas in der berichtigten Geschichte. Fiel Philipp als Pelopidas "bei einem Einfall in siegreichem Kampf bei Kynoskephalai" (Bengtson,S. 258), oder wurde er als Polyphron von seinem Neffen ermordet? Ich glaube das letztere; Bengtson sagt nämlich im selben Atemzug, die Macht des Alexander von Pherai sei auf seine eigene Tetrarchie beschränkt und er selbst durch die Böoter zur Heeresfolge verpflichtet worden. Diese Verpflichtung war das Verdienst des Pelopidas-Polyphron-Philipp I als König der Makedonen! Sein Neffe Alexandros aber gab nicht auf; zwar nahm er noch am Zug der Thebaner auf die Peloponnes teil; aber kurz darauf besetzt er das thessalische Larisa, nahm Pelopidas und Ismenias gefangen und ließ Pelop(ida)s-Polyphron sogar umbringen. Dann stieg er endlich selbst auf den Thron seines Vaters Perdikkas, den dessen Zwillingsbruder Pelopidas-Philipp I usurpiert hatte. Kurz vor der Ermordung Alexanders kann Pelopidas nicht einen Vermittlungsversuch gemacht haben; denn er war ja bereits tot. In welchem Streit er möglicherweise vermittelt hat, wenn überhaupt, muss noch offen bleiben. Fazit:

Pelop(ida)s IST Philipp I !

Besonders kritikanfällig ist die Erwähnung der Schlacht bei Platää (Hell. VII 1, 34): Pelopidas trumpft beim Perserkönig mit der Teilnahme Thebens an dieser entscheidenden Schlacht auf der Seite der Perser! Und das ist nicht nur in der berichtigten Chronologie, in der die Schlacht bei Platää noch fast dreißig Jahre Zeit hat, sondern auch in der konventionellen Sicht unglaubwürdig: hier liegt die Schlacht bei Platää schon hundertzwölf Jahre zurück und würde in Persien keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlocken. Es gibt noch weitere Ungereimtheiten, die nicht alle einzeln aufgezählt zu werden brauchen. Feststeht, dass diese ganze Passage nachträglich auf die falschen Gleichzeitigkeiten hin präpariert worden ist.

Einige letzte Teile der Hellenika gehören an den Anfang, so auch die Schlacht bei Mantineia (362 = 418 v.Chr. = 706 ndFl), mit der die Hellenika eigentlich enden sollen. Von da an müssen noch Kapitel ergänzt werden bis zum Anschluss an das Jahr (konv.) 410 v.Chr. entsprechend 714 ndFl, das mitten im Peloponnesischen Krieg liegt. Dieser Anschluss bildet den Anfang der Hellenika in ihrer derzeit vorliegenden Form: "Nach diesem".

Eigenartigerweise gehören die falschen Gleichzeitigkeiten in der berichtigten Chronologie tatsächlich an die letzten Ereignisse angeschlossen, die in den Hellenika noch in der richtigen Reihenfolge stehen. Die konventionelle Geschichte verträgt dies natürlich nicht, da dort schon der Beginn der Hellenika viel zu spät angesetzt wird. Es muss demnach der "Redakteur" der "umgedichteten" Kapitel gewusst haben, dass das Debakel mit Platää nur wenige Jahre nach den Aktivitäten des Kleombrotos und des Agesilaos stattgefunden hatte. Allerdings vermisst man in den Hellenika nicht nur den Perserkrieg, sondern auch den Zug des jüngeren Kyros. Xenophon hat anscheinend kurz vor dem Perserkrieg aufgehört, und den Zug des jüngeren Kyros, den er selbst mitgemacht hatte, in seiner Anabasis ausführlich beschrieben, daran anschließend auch noch die Aktivitäten der Spartaner Kleombrotos und Agesilaos. Mit dem Heer des Agesilaos ist Xenophon erneut nach Asien gezogen, und über Agesilaos hat er sogar ein Buch geschrieben. Ereignisse, die in den Hellenika die Zeit nach dem Perserkrieg betreffen, sind vermutlich vom "Redakteur" aus anderen Büchern entnommen worden.

9) Ptolemaios von Aloros (369/368 bis 365 v.Chr.) regiert in Makedonien als Vormund des "jungen Königs Perdikkas", des Bruders des Alexander II, und als Gemahl der Eurydike.

Eig.Anm.: Weder ist Ptolemaios von Aloros der Vormund eines Sohnes des Amyntas, noch heißt sein Mündel Perdikkas. Vielmehr handelt es sich bei dem Mündel um den Sohn des Alexander II, das heißt um den Sohn Alexanders des Großen Nr. 1 und der Kyros-Tochter Roxane. Ptolemaios von Aloros wurde der Vormund des 701 ndFl geborenen und noch minderjährigen Sohnes Alexander (IV) dieses Paares. Durch die Nachfolge nach Alexander II in der konventionellen Sicht entstand der falsche Eindruck, der "junge König" sei der Bruder dieses vorigen Makedonenkönigs. Dass der "junge König" auch Perdikkas sein musste, liegt daran, dass konventionell die Geschichte mit den Brüdern Perdikkas und Philipp von vorn beginnt. Dabei werden Philipp II alle die Taten zugewiesen, die von Philipp I schon vollbracht worden sind. Hierauf gehe ich aber erst weiter unten ein.

Bei Ptolemaios von Aloros handelt es sich um den Sohn desjenigen Ptolemaios, den Kambyses aus Ägypten mitgeführt hatte, des Ptolemaios V (Epi)Phanes = Ach-hapi = Amasis = Men-pechti-Re "Ramses I". Amasis wurde bereits im Jahre 703 ndFl wieder in Ägypten eingesetzt, und deshalb kann er nicht an der Ermordung des Alexandros beteiligt gewesen sein. Dies kann nur seinen Sohn betreffen: Ptolemaios, der spätere Euergetes-Physkos, der auch Psamtschek, Psammis, Psammuthis, Amyrtaios und Teos sowie Sethos I Men-maat-Re war. (Aloros war eine Stadt der Bottiäer und lag an der Mündung des Haliakmon nahe des heutigen Kapsochori westlich der Chalkidike.) Er ging nach dem Tode seines Vaters im Jahre 717 ndFl wieder nach Ägypten, um dort die Nachfolge seines Vaters als persischer Statthalter anzutreten. Kurze Zeit später fiel er von Persien ab. Eurydike war die Gemahlin des Ptolemaios von Aloros; aber sie war vor diesem auch schon mit Alexander II verheiratet gewesen, und sie war folglich nicht dessen Mutter (wie von Bengtson S. 255 angegeben).

Die Tatsache, dass nach dem Tode Alexanders des Großen Nr. 1 zwei in etwa gleichaltrige Söhne von zwei bedeutenden Frauen da waren, war vermutlich der Hauptgrund für die Thronfolgequerelen nach seinem Tod, die in der konventionellen Sicht teilweise groteske Formen annehmen. Es gab die persische Linie über Roxane, die auf den großen Kyros zurückführte, und die der Makedonen bzw. Phryger, die über Perdikkas wie über Eurydike auf Alexandros Kyknos zulief. Nach dem Tode Alexanders des Großen Nr. 1 rangen Eurydike und Roxane um die Thronfolge ihrer Söhne. Ptolemaios setzte sich offenbar für die Perserin Roxane und ihren Sohn Alexander ein. Auf seiner Seite standen auch die Thebaner, die schon längst perserfreundlich waren. Der Athener Iphikrates trat in Athen für Eurydike und ihren Sohn Philipp ein, für die makedonische Linie mithin.

Aus diesem einfachen Vorgang ist der konventionelle Wirrwarr entstanden, dass nach dem Tode Alexanders des Großen dessen schwachsinniger Halbbruder Arrhidaios unter dem Namen Philipp III auf den makedonischen Thron hätte kommen sollen, und zwar gemeinsam mit dem von der Baktrierin Roxane erwarteten Kinde Alexanders, falls es ein Knabe sei (Bengtson S. 339). Dieser Kompromiss sei durch Vermittlung des klugen Griechen Eumenes, des ehemaligen "Kanzlers" (ebenda) zustande gekommen. Arrhidaios bzw. Philipp (III) sei von der makedonischen Phalanx, der Ungeborene von den Hetairen, also der vornehmen Ritterschaft, favorisiert gewesen. Man kann die wahren Verhältnisse nur erahnen: Es handelt sich um die Verquickung zweier Thronfolgen, die kurz hintereinander fällig waren. Die eine, die nach dem Tode des Kambyses erforderlich geworden war, brachte den vom makedonischen Heer unter Perdikkas favorisierten Mager Arrhidaios, das heißt Pseudo-Smerdis oder eigentlich den Bruder Smerdis des Kambyses gegen den von der persischen Ritterschaft favorisierten ungeborenen Sohn des Kambyses mit der Roxane auf den Thron. (Perdikkas-Prexaspes wäre somit tatsächlich der einzige gewesen, der von dem Schwindel gewusst hätte!) Die andere, die nach der Ermordung des Perdikkas anstand, brachte Philipp I (statt III) auf den Thron, und zwar durch das Votum der Phalanx, der Fußtruppen, also des persischen Hauptheeres unter der Führung des Makedonen Philipp I.

Bengtson sieht das an anderer Stelle (Seite 255) in einem anderen Zusammenhang: Nach dem Tode Alexanders II, der bekanntlich mit Alexander dem Großen Nr. 1 identisch ist, soll Ptolemaios von Aloros die Regierung als Vormund des "jungen Prinzen Perdikkas (III)" an sich gerissen haben, und als Unterpfand der Treue des neuen Regenten von Makedonien wanderte mit anderen jungen Makedonen im Jahre 368 auch der junge Bruder des Perdikkas, Philipp, nach Theben.

Da Bengtson auf weitere Einzelheiten dieses Debakels nicht eingeht, nehme ich an, dass es auch keine weiteren gibt. Es sieht danach aus, als habe es hier - bedingt durch die verzerrte Chronologie - Missverständnisse und unrichtige Zuordnungen gegeben. Außerdem erwähnt Bengtson in diesem Zusammenhang einen Vermittlungsversuch des Pelopidas zwischen Alexander II und "dem Prätendenten" Ptolemaios von Aloros, die sich beide um die Herrschaft in Thessalien bemüht haben sollen. Das wirkt alles gestelzt und wird nicht überzeugend dargestellt; es scheint aus sehr dünnen Fakten konstruiert worden zu sein, um überhaupt einen Sinn in diese ganzen Vorgänge zu bekommen. Zudem ist Pelopidas schon tot, wenn Alexander ermordet wird.

Alexander IV kam nach Querelen, die mit solchen nach dem Tode des Kambyses auf verhängnisvolle Art und Weise vermischt worden sind (Roxane war vorher die Gemahlin ihres Bruders Kambyses gewesen!), als Unmündiger auf den Thron. Seine Mutter und Ptolemaios von Aloros waren seine gemeinsamen Vormünder, und letzterer heiratete Eurydike kurzerhand, damit wieder Ruhe war. Auf den Thron war ihr Sohn Philipp II noch nicht gekommen. Auch hier der Hinweis auf eine mögliche Verwechslung aller drei Philipps bei mehreren Thronfolgen!

Der "kluge Grieche Eumenes", dem der Kompromiss bei der Nachfolge des großen Alexander zugeschrieben wird, war bei genauem Hinsehen gar kein Grieche; sondern dieser "Reichsfeldherr in Asien" - so lautete seit (konv.) 318 v.Chr. sein Titel - war der schon mehrfach in vorangegangenen Kapiteln erwähnte Nabu-ukin-zer, der Chaldäer Schuzub, der Nebuschasban des AT, den sein Sohn Hattusilis-Nabonid als seinen Vater Mursilis nennt. Er gilt als der Hethiterkönig Mursilis II mit dem Hang zur Poesie (Pestgedichte!). Schon zwei Jahre später soll er hingerichtet worden sein (konv. 316 v.Chr.). Für dieses Jahr sind konventionell noch zwei weitere Hinrichtungen vorgesehen: Olympias und der athenische Makedonenfreund Phokion. Was Olympias angeht, so habe ich dazu schon auf eine spätere Besprechung verwiesen. Zu Phokion sei nur kurz folgendes angemerkt:

Phokion ist der Sohn des Peisistratos, der bei Herodot den Namen Hipparch führt5. Dieser wurde im Jahre (konv.) 514 v.Chr. während der Großen Panathenäen ermordet, einem Fest zu Ehren der Stadtgöttin Athene, das alle vier Jahre, und zwar genau zwischen den Olympiaden, veranstaltet wurde. Da der ndFl-Kalender die Olympiaden genau in den durch vier ohne Rest teilbaren Jahren zählt, so müssen die Großen Panathenäen mit den dazwischen liegenden geradzahligen Jahren übereinstimmen. Das Todesjahr des Phokion-Hipparch ist 702 ndFl. Es wird sich zu erweisen haben, ob die beiden anderen Hinrichtungen ebenfalls ins Jahr 702 ndFl gehören.

10) Perdikkas III (365-359 v.Chr.), der Bruder Alexanders und des Philipp II, des jüngsten Sohnes des Amyntas III mit der Eurydike, konnte "sich des Ptolemaios von Aloros entledigen". Perdikkas erobert Amphipolis. Zu seiner Zeit hält sich der Athener Kallistratos in Makedonien auf.

Eig.Anm.: Dieser Perdikkas fiel angeblich auf einem Feldzug gegen die Illyrer. Bei der Angabe zu seinem Tod handelt es sich um das bereits erwähnte Missverständnis; denn Perdikkas wurde auf dem Ägyptenfeldzug ermordet, und gegen die Illyrer war er gemeinsam mit seinem Bruder Philipp I (und nicht mit Philipp II, wie konventionell behauptet wird) schon einige Jahre zuvor gezogen.

Perdikkas war weder der Bruder des Alexander I/II, dessen Vater er war, noch der Bruder des Philipp II. Letzterer war aber der Bruder des Alexander Philhellen, ebenfalls eines Sohnes des Amyntas. Derjenige, der sich des Vormunds Ptolemaios von Aloros "entledigen" konnte, indem dieser im Jahre 717 ndFl nach Ägypten zurückging, war Alexander IV, der mittlerweile zum Jüngling herangewachsen war. Da aber Kassandros, der Sohn des Antipatros, ihn und seine Mutter ermordete, konnte endlich Amyntas = Antigonos Doson König von Makedonien werden (718 ndFl).

Kallistratos dürfte mit Kallias identisch sein, der (konv. 449 v.Chr.) den nach ihm benannten Frieden zwischen Athen und Persien schloss. Dieser Frieden sei im Jahre 424/423 v.Chr. erneuert worden, das heißt in der berichtigten Chronologie noch vor seinem Abschluss, der konventionell erst unerklärliche dreißig Jahre nach dem Perserkrieg vorgesehen ist. Es handelt sich natürlich um den Vertrag aus dem Jahre 698 ndFl, der bereits im Zusammenhang mit dem "Wettkriechen" und mit Pelopidas erwähnt wurde und der als Epilykos-Vertrag im Jahre 700 ndFl erneuert wurde.

Um die Nachfolge des Perdikkas streiten in konventioneller Sicht:

Argaios, den ich für den Argeaden Philipp I halte, für Pelops, der von der Peloponnes kam; dieser würde tatsächlich hierher gehören als von der Heeresversammlung ausgerufener neuer Makedonenkönig nach dem Tod des angeblich auf dem Illyrer-Feldzug (konv. 359 v.Chr.) gefallenen Perdikkas und anstatt des konventionell mit diesem Thronwechsel verbundenen Philipp II.

Die Verwirrung mit dem Illyrer-Feldzug kommt dadurch zustande, dass es nach dem Feldzug der Jahre 359/358 v.Chr., der von Perdikkas gemeinsam mit Philipp I in den Jahren 687-688 ndFl geführt wurde, noch einen zweiten Feldzug gegen die Illyrer gab, der konventionell unter Philipp II gesehen wird und in die Jahre 344/343 v.Chr. datiert wird. Dieser ebenfalls von Philipp I geführte Feldzug ist mit dem ersten identisch.

Um die Nachfolge nach Perdikkas soll sich auch Pausanias bemüht haben, ein früherer Gegner des Ptolemaios von Aloros; von Pausanias existieren zwei Alteregos:

Pausanias (I), angeblicher Sohn des spartanischen Königs Kleombrotos, ist der Vormund und Onkel des jungen Königs Pleistarchos, des Sohnes des bei den Thermopylen gefallenen Königs Leonidas, der ein Bruder des Kleombrotos war, Pausanias war beider Schwager; die Angabe Herodots (IX, 10), Pleistarchos sei der Vetter des Pausanias gewesen, kann daher ebensowenig richtig sein wie seine Angabe (IV, 81), Pausanias sei ein Sohn des Kleombrotos gewesen; denn Pausanias wäre in diesem Falle viel zu jung gewesen; sein Geburtsjahr dürfte 670/675 ndFl gewesen sein, was ihn aber zu jung macht für einen Bewerber um den Makedonenthron nach dem Tode des Perdikkas; seine Gegnerschaft mit Ptolemaios von Aloros kann daher erst in ein Jahr zwischen 712 und 717 ndFl gehören, in dem er seine Ansprüche auf den makedonischen Thron anmeldete, die vordergründig nicht plausibel zu machen sind. Möglicherweise war er von makedonisch-königlicher Abstammung, worüber nur spekuliert werden kann. Ob seine Verlobung mit einer Tochter des Megabates, eines Vetters des Darius, dabei eine Rolle gespielt haben könnte, ist ebenfalls schwer zu belegen. Jedenfalls meint Herodot (V, 32), dass Pausanias dies getan habe, weil er König von ganz Hellas werden wollte. Insofern läge hier eine mögliche Ursache für seine Bemühungen um Makedonien.

Megabates, der eine Weile gemeinsam mit Aristagoras von Milet versuchte, Naxos und andere ionische Inseln für Persien zu erobern, hat außer diesem erfolglosen Feldzug nicht viel von sich reden gemacht. Er war der Sohn des Spithridates, des Herrschers von Paphlagonien (Xen.Hell. IV 1,28), der nach dem oben Gesagten ein Onkel des Darius gewesen sein muss. Hier liegt zudem ein deutlicher Hinweis vor auf die Gleichzeitigkeit der Schriften von Herodot und Xenophon. Werden die Ereignisse, von denen Herodot berichtet, konventionell um 500 v.Chr. gesehen, so fanden die bei Xenophon beschriebenen nach konventioneller Ansicht erst über hundert Jahre später statt.

Die Bemühungen des Pausanias um den makedonischen Thron haben nicht zum Erfolg geführt; am Ende saß Amyntas, der Sohn des Philipp I und Neffe des Perdikkas, auf diesem Thron.

Auch in dem Folgenden liegt wieder ein Hinweis darauf vor, dass Herodot und Xenophon Zeitgenossen waren: Pausanias I ist identisch mit dem späteren Spartanerkönig Pausanias II (416/408 bis 394 v.Chr.), der - zum Tode verurteilt - im Exil (nach 381 v.Chr.) starb; die Unsicherheit mit dem Beginn seiner Königsherrschaft liegt an der konventionellen Vorstellung, Pausanias sei schon während der Königszeit seines Bruders Kleombrotos (bis 728 ndFl entsprechend 480 und 396 v.Chr.), König von Sparta gewesen; seine Zeit liegt in einer Phase extrem chaotischer Chronologie.

Diese beiden Thronfolge-Geschichten (nach Perdikkas und Ptolemaios) wurden noch um die der Nachfolge nach Amyntas "bereichert":

Archelaos (II), angeblicher Sohn des Amyntas mit Gygaia, und Philipp II, angeblich der jüngste Sohn des Amyntas III mit Eurydike, sollen sich um die Nachfolge ihres Vaters gestritten haben. Das ist nicht auszuschließen; wenn sie auch als Fürsten unter der Königsherrschaft ihres Vaters einträchtig nebeneinander regierten, und zwar der eine in Pella (als Alexander Philhellen) und der andere in Aigai, so ist doch nach dem Tode des Amyntas ein Streit nicht von der Hand zu weisen. Auf jeden Fall ist Philipp II letztendlich der Gewinner um die Thronfolge nach Amyntas und nicht etwa nach Perdikkas, wie es konventionell gesehen wird:

11) Philipp II (359-336 v.Chr.); er erhält in konventioneller Sicht als Vormund "seines jungen Neffen" Amyntas, des Sohnes von Perdikkas III, von der Heeresversammlung den Königstitel.

Eig.Anm.: Dieser Vorgang gehört zu Philipp I, dem tatsächlichen Nachfolger des Perdikkas als König von Makedonien, der nicht gegen die Illyrer, sondern auf dem Ägyptenfeldzug gestorben war. Philipp II kann logischerweise nicht als Vormund seines Vaters, seines "jungen Neffen Amyntas IV", auf den Thron gekommen sein. Gemeint ist, dass Philipp I = Pelop(ida)s-Argaios nach dem Tode des Perdikkas von der Heeresversammlung den makedonischen Königstitel bekam. Der "junge Neffe Amyntas" ist der eigene Sohn des Philipp I, der mittlerweile über vierzig Jahre alt ist. Diese Fehleinschätzung ist ein weiterer Hinweis darauf, dass viele Angaben in antiken wie in modernen Geschichtswerken nicht von Quellenangaben, sondern von Privatansichten herrühren.

Die Zeit Philipps II, der auch Demetrios Poliorketes hieß, kommt erst in einem späteren Kapitel zur Sprache. Der Beiname Poliorketes bedeutet der Belagerer. Philipp II führte eine neue Belagerungstechnik in Makedonien ein. Es ist die Zeit der Heeresreformen: Alexander-Archelaos, der Große Nr. 1, reorganisierte das makedonische Heer, der Thebaner Epaminondas versuchte es mit der neuen "schiefen Schlachtordnung" und der Athener Iphikrates rüstete die Peltasten oder "Leichtbewaffneten" mit Langschwertern aus.

Vieles von dem, was den Großvater Philipp I bzw. Antigonos Monophthalmos betrifft, wird unter Philipp II geführt. So ergibt sich hier die Notwendigkeit, endlich die Taten des Philipp I von denen seines Enkels zu trennen. Wir erinnern uns:

Herodot (VIII, 137) leitet die Herkunft der Makedonen aus Argos ab, der Heimat der Mutter Leda von Perdikkas und Philipp I, von Kastor und Pollux. Die drei Brüder Gauanes, Aeropos und Perdikkas, Nachkommen des Temenos, seien aus Argos nach Illyrien geflohen. Illyrien ist im weitesten Sinne das ganze einst von Illyrios-Lakedaimon-Lykurgos, dem Sohn des Kain-Doros-Hephaistos, beherrschte Gebiet im Norden von Hellas. Sein Illyrien reichte vom Bosporus bis ans Ionische Meer. Epirus, die Heimat der dorischen Nordwestgriechen, war der westlichste Landstrich dieses Gebietes, und von hier waren die Dorer nach Unteritalien hinübergesegelt, wo sie Magna Graecia (= Großgriechenland) gründeten.

Den Namen "Epeiros", der "Festland" bedeutet, hatte das Land von den Bewohnern der vorgelagerten Inseln bekommen. Der Landesteil Epirus grenzte außer an Illyrien und ans Ionische Meer auch an Aitolien, die Heimat des Thestios von Kalydon, eines Großvaters der "unechten Dioskuren", und an Thessalien. Dem dortigen Herrscher Jason von Pherai unterstand Epirus offenbar; denn er hatte einen Statthalter hier eingesetzt: Alketas, den König der Molosser.

Dass es zwischen den thessalischen Aleuaden von Larisa, zu denen auch die Familie des Jason von Pharai gehörte, und der Familie des Antiochos im thessalischen Pharsalos sowie den Skopaden im thessalischen Krannon einerseits und den epirotischen Molossern andererseits enge Beziehungen gab, wird deutlich bei der schon besprochenen Hochzeit im Hause des Kleisthenes von Sekyon (660 ndFl). Herodot (VI, 127) nennt bei dieser Gelegenheit den Skopaden Diaktorides aus Krannon in Thessalien in einem Atemzug mit dem Molosser Alkon, der mit Alketas identisch oder dessen Sohn sein dürfte. An anderer Stelle führt Herodot (VIII, 139) einen Alketes unter den Vorfahren des Alexandros auf, dem Sohn des Amyntas, dessen Vater wiederum Alketes, der Sohn des Aeropos, gewesen sein soll, was natürlich in der reinen Vaterlinie falsch ist; doch die Makedonien werden hier eindeutig in die Beziehungen zwischen den Thessalern und Molossern aufgenommen. Der Argeade Aeropos und der Molosser Alketas-Alketes können aber über ihre Töchter zu den Vorfahren des Alexander Philhellen, Sohnes des Amyntas, gehört haben. Alexander Philhellen halte ich ohnehin für Alexander, den Molosser, der konventionell in die Zeit Alexanders des Großen gehört.

Es liegt nun nahe, Philipp, der mit seinen Brüdern auf dem Wege nach Thessalien kurz in Epirus hereinschaute, mit der Epirotin Olympias zu vermählen, was schon in der Antike zu der irrigen Annahme führte, diese beiden seien die Eltern von Alexander dem Großen gewesen. Wenn Herodot auch sagt, es sei Perdikkas gewesen, der mit seinen Brüdern aus Argos geflohen sei, so kann doch ausgeschlossen werden, dass der Olympias in Epirus heiratete. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass Perdikkas die von Philipp aus Epirus mitgeführte Olympias in Thessalien heiratete und alsbald der Vater Alexanders wurde.

Eine andere wichtige Person aus Epirus war Pyrrhos, dessen genaue Herkunft nicht gesichert ist. Er hätte ein Bruder der Olympias gewesen sein können, der jedoch etwas jünger hätte sein müssen; denn seine Aktivitäten reichen bis weit in das achte nachsintflutliche Jahrhundert hinein. Sein Tod gehört schon in die Zeit des zweiten großen Alexander, also bis nach 730 ndFl. Als anfänglicher Bundesgenosse des Pyrrhos wird der in seiner Abstammung ungewisse Lysimachos genannt.

Stammbaum der Aiakiden und Peliaden
Aiakides = Telamon von Salamis
* ca. 560 ndFl
oo Tochter des Labdakos von Theben?
|
+------------------+-------------------------+
Aiakos = Aias      Admetos (statt Aision)    Peleus-Pelias
Ajax der Ältere    von Pherai                von Phthia
ging von Salamis   * ca. 595                 * ca. 590
nach Aigina        +-----------+             |
* ca. 585 ndFl     aus 1. Ehe  2. Ehe   +----+--+
|                  ?           oo Alkeste       Akastos?
Ajax der Jüngere   |           * ca. 615        * ca. 620
von Lokris         +-----+          ndFl             ndFl
* ca. 610 ndFl     |     |
|                  |     aus 3. Ehe (mit Leda): Polydoros
Olympias ???       |
* ca. 645 ndFl     |   Thestios-Thyestes von Kalydon/Argos
                   |   |
+------------------+   |              Priamos von Troja
|                      |              |
Jason von Pherai oo(2) Leda   oo(1)   Alexandros-"Kyknos"
* ca. 625              * ca. 612      * ca. 606 ndFl
|    ndFl                   ndFl      |
|                                     |
+---------------+                     +---------+
|               Ismenias = Menelaos   | Perideikes
|               * ca. 646             | Kastor = Perdikkas
|               und Arrhidaios        | * 631 ndFl       |
|                                     | oo Olympias      |
|                                     | * ca. 645 ndFl   |
|                                     |                  |
Antigone ----- oo Antigonos Monophthalmos, Polydeikes,   |
* ca. 645 ndFl    Pollux, Pelops, Polyphron, Polyperchon |
|                 Pelopidas, Philipp I                   |
|                 * 631 ndFl                             |
Antigonos Doson                                          |
Amyntas                         +------------------------+
* ca. 660 ndFl                  Alexander der Große Nr. 1
oo Gygaia?                      (Indien-Eroberer)
* ca. 665 ndFl                  Archelaos I * ca. 660 ndFl
|                                oo Eurydike, Tochter des
|                                 * ca. 672 ndFl Adrastos
|
+----- mit Eurydike ------------+
|                               |
Alexander Philhellen in Pella   Philipp II in Aigai
Archelaos II                    Demetrios Poliorketes
* ca. 680 ndFl                  * 701 ndFl
                                |
                                Alexander der Große Nr. 2
                                (Ägypten-Eroberer)
                                * ca. 720 ndFl

Da der Sohn Agathokles des Lysimachos, der selbstverständlich mit Agathokles (Basileus = Attilius Regulus), dem König von Syrakus, identisch ist, seine Tochter Lanassa mit Pyrrhos verheiratet hat, so muss Lysimachos etwas älter als Pyrrhos gewesen sein, aber ebenfalls in dessen Generation gehört haben.

Von Illyrien kamen die Argeaden - wie Herodot berichtet - über die Berge nach dem oberen Makedonien, von wo sie dann erneut aufbrachen und in einen anderen Teil Makedoniens kamen, den Herodot als "Gärten des Midas, des Sohnes des Gordios", bezeichnet. Hiermit ist gewiss der spätere Einzug der Brüder in der Stadt Gordion in Phrygien gemeint. Man könnte den Ausdruck "einen anderen Teil Makedoniens" dahingehend auslegen, als habe Phrygien immer schon zu Makedonien gehört.

Wie ich schon sagte, war es offenbar Philipp-Pelops, der Argaier von der Peloponnes, der aus Argos kam, und nicht Perdikkas. Letzterer war bei seiner Mutter in Thessalien geblieben, als sie die Ehefrau des Peleus-Pelias wurde - oder war es Admetos von Pherai, den sie als Witwe des Alexander "Kyknos" nach dem Trojanischen Krieg heiratete? Admetos muss dann auch der Vater des Jason von Pherai gewesen sein, und die ganze Geschichte mit Peleus-Pelias wäre reine Erfindung, um einmal Achilleus und das Paris-Urteil und ein andermal die Argonautensage in die Welt zu bringen. Die Nachkommenschaft würde sich dann wie folgt darstellen:

Die Abstammung der thessalischen Brüder
1. Ehefrau  oo  Admetos  oo   Leda  oo  Alexander "Kyknos"
            |   v.Pherai |          |
            |            |          |
Jason von Pherai     Polydoros      Polyphron  = Pollux =
                                    Polydeikes = Philipp I


Mit Jason hatte Leda dann in ihrer dritten Ehe noch die Söhne Ismenias-Menelaos und Arrhidaios-Baryaxes sowie die Tochter "Antigone", möglicherweise aber auch noch andere Kinder.

Die (Halb-)Brüder Jason, Polydoros und Polyphron wurden nacheinander Herrscher von Pherai, waren aber möglicherweise - nach dem Tod des Jason - Tetrarchen der thessalischen Tetrarchie. Hierbei ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Auch Perdikkas kann zu dieser Viermännerherrschaft gehört haben. Was die beiden Brüder angeht, die mit Philipp aus Argos kamen, so kann zu deren weiterem Schicksal überhaupt nichts ausgesagt werden. Das Jahr ihres Eintreffens in Thessalien dürfte 657 ndFl gewesen sein, in dem Philipp etwa 26 Jahre alt war. Er heiratete eine Tochter des Oidipos-Jason und der Leda, die durchaus Antigone geheißen haben könnte - oder aber diesen Namen bekam, weil ihr Ehemann zusätzlich den Namen Antigonos hatte, der später um den Beinamen Monopthalmos erweitert wurde, nachdem er ein Auge verloren hatte. Diese Einäugigkeit wird vom Vater Philipp II des großen Alexander ebenfalls berichtet. Das ist eine der vielen Verwechslungen zwischen den beiden Philipps.

Der Sohn, der aus dieser Ehe im Jahr darauf hervorging, trug wie der Vater den Namen Antigonos (Doson), er hieß aber auch Amyntas. Es liegt die Vermutung nahe, Perdikkas habe eine andere Tochter des Jason und der Leda geheiratet, die Ismene geheißen haben könnte. Ich bin aber der Ansicht, dass es sich bei dieser Namensfindung um den Sohn Ismenias von Jason und Leda handelt, da Ismenias ein Halbbruder des Philipp gewesen sein muss wie auch der dritte Sohn dieses Paares, Arrhidaios; denn Ismenias ist auch Menelaos, Spitamenes und Patizeithes, die ich schon mehrfach erwähnt habe.

Der schwachsinnige Arrhidaios-Baryaxes wurde von seinem Bruder Patizeithes-Spitamenes in Abwesenheit von Philipp und Darius, die sich auf dem Skythen-Feldzug befanden, zum Nachfolger des Kambyses gemacht: Pseudo-Smerdis. Nach der Aufdeckung dieses Schwindels flohen die Brüder in die chalkidische Stadt Olynth, und Philipp musste diese Stadt erst erobern, bis er seiner Halbbrüder habhaft werden konnte. Der Pseudo-Smerdis wurde offenbar hingerichtet, Ismenias scheint begnadigt worden zu sein; denn er zog mit Ariobarzanes, dem Sohn des Darius, und "einem Sack voll Geld" durch Hellas und kaufte die Gunst der Städte für Persien. Das gehört aber erst an eine andere Stelle.

Perdikkas heiratete Olympias, eine mutmaßliche Schwester des Pyrrhos, von der er noch vor dem Sohn Alexander, dem späteren Eroberer Indiens, im Jahre 658 ndFl die Tochter bekam, die später die Mutter der Eurydike wurde. Olympias wäre somit die Großmutter der Eurydike gewesen, die später ihren Onkel Alexander geheiratet hätte.

Unter der dominierenden Herrschaft des Jason hatten die jungen Stiefsöhne wenig Spielraum. So kann es diese beiden - oder nur einen von ihnen - in die Heimat ihres Vaters gezogen haben, nach Phrygien, in die "Gärten des Midas", wo seit dem Tode des Burnaburiasch-Arnuwandas-Pharnaspes im Jahre 653 ndFl der von den Hethitern eingesetzte Sohn Gordios des Midas-Madyas saß als Statthalter des daskylischen Gaues (Bithynien, Karduniasch). Die Stadt Gordion hatten die Phryger schon gebaut, nachdem sie anfangs des 7. nachsintflutlichen Jahrhunderts unter Protothyas-Partatua-Phraortes-Perithoos im Westen Kleinasiens eingefallen waren. Nach dem Sieger über die Truppen des Midas, nach Kadaschman-Charbe = Daskylos, wurde diese Stadt 641 ndFl Daskyleion genannt, später aber in Gordion umbenannt.

Adrastos, der Sohn des Gordios, heiratete 672 ndFl obige Tochter des Perdikkas und wurde der Vater der schon mehrfach in diesem Kapitel erwähnten Eurydike. Adrastos kam Herodot zufolge als Asylsuchender zu Kroisos, da er seinen Bruder versehentlich getötet hatte. Nachdem der Pechvogel dann auch noch einen Sohn des Kroisos versehentlich auf der Jagd getötet hatte, beging er Selbstmord. Die Tochter Eurydike verblieb in der Obhut des Kroisos, bis im Jahre 687 ndFl Kyros in Sardes einzog, Kroisos gefangennahm und Eurydike seinem Sohn Gautama-Smerdis-Bardiya vermählte. Das war Eurydikes erste Ehe.

Es ist nicht auszuschließen, dass Perdikkas nach dem Weggang des Adrastos die Herrschaft in Gordion übernommen hatte. Kyros vertrieb ihn vermutlich zunächst, später war Perdikkas-Prexaspes der Chiliarch des Bessos-Kambyses, der sich seinerseits schon vorher mit den Brüdern Spitamenes-Patizeithes und Bar(d)yaxes-Arrhidaios, den Magern (Makedonen), zusammengetan hatte. Ismenias-Patizeithes kann zunächst durchaus der Nachfolger des Perdikkas in Gordion gewesen sein. Gordios selbst scheint um etwa 675 ndFl verstorben zu sein.

Im Jahre 687 ndFl finden wir Philipp, Perdikkas und dessen Sohn Alexander in Illyrien. Es hat den Anschein, als seien sie dort auf verschiedenen Seiten; denn erstens gehören die im "Polemos" erwähnten Querelen zwischen den Brüdern und zweitens die zu vermutende Niederlage des Perdikkas in Illyrien, aus der irrtümlich auf seinen Tod geschlossen wurde, in diese Zeit. Der Aufenthalt Alexanders in dieser Gegend ergibt auf jeden Fall jetzt mehr Sinn als kurz vor seinem Indienzug ("Alexander an der unteren Donau", konv. 335 v.Chr.) in konventioneller Darstellung. Im Jahr darauf (688 ndFl) besiegt Philipp die Illyrer.

Im Jahre 692 ndFl stirbt Kyros, und zwar vermutlich durch eine Revolte seines Sohnes Kambyses, des offenbar nicht thronberechtigten jüngeren Bruders des Thronprinzen Smerdis-Bardiya. Dieser, der mit einer Enkelin des Perdikkas verheiratet ist, ruft wahrscheinlich die Makedonen zu Hilfe, die mit Kyros befreundet gewesen zu sein scheinen, und diese beschließen noch in diesem Jahr den Perserkrieg. Da es in Hellas "Unruhen" (konv. 335 v.Chr.) gibt, in denen Philipp I eine wichtige Rolle spielt, und da Perdikkas seinen Bruder nicht aus den Augen lassen möchte, so fällt Alexander die Rolle des Feldherrn im Perserkrieg zu. Im Jahre 693 ndFl, in dem auch der Peloponnesische Krieg beginnt, eröffnen Parmenion und Attalos den Perserkrieg, indem sie mit einem Heer kleinasiatischen Boden betreten.

Attalos ist Armadatta, der Vater des Sin-Uas (Warpalawas), und Belesys, der Vater des mit Sin-Uas identischen Syennesis, Itti-Marduk-Balatsu sowie Marduk-Belusati und auch der hethitische Herr auf dem Karatepe, Asitawandas. Er wird in einem sehr hohen Alter (über 100 Jahre) sterben und die Römer zu seinen Erben einsetzen. Sein Schwiegersohn ist ein anderer Hethiter, Eumenes = Mursilis II = Nabu-ukin-zer = Schuzub, der Chaldäer. Dieser heiratete vermutlich eine Tochter (* ca. 655 ndFl) des Belesys-Attalos (* 634 ndFl), von der er um 675 ndFl eine Tochter bekommen haben könnte, die möglicherweise von Neriglissar geheiratet wurde, dem Feldherrn Nebukadnezars. So wäre der Adoptivsohn Neriglissar-Muwatallis des Eumenes-Nebuschasban = Mursilis II auch dessen Schwiegersohn und ein angeheirateter Enkel des Attalos-Armadatta gewesen. Auf diese Weise wäre jedenfalls dessen Interesse an Eumenes, Neriglissar und an dessen Sohn Kadaschman-Turgu = Urhi-Teschub = Labasch-Marduk verständlich, wenn Letzterer auch nicht von Attalos abstammte.

In Schutz nehmen musste Armadatta, "dem die Götter ein Altern über die Grenzen hinaus gestattet hatten", den vaterlos gewordenen Kadaschman-Turgu, den späteren Kodomanus Tarjuscha oder Darius Kodomanus, gegen den Sohn seines Schwiegersohnes Eumenes I, gegen Eumenes II = Haman-Hattusilis-Nabonid-Antiochos. Das aber gehört erst in die Zeit des zweiten großen Alexanders.

Die besagten "Unruhen in Hellas" waren der Peloponnesische Krieg. Es kämpfte jeder gegen jeden, und jeder suchte neue Verbündete, wenn er sich festgefahren hatte. Philipp war mit dem Norden noch nicht ins Reine gekommen, mit Illyrien-Thrakien, Perdikkas wiederum war mit Thrakien wie mit Athen verbündet, das seinerseits jede Menge Feinde auf der Peloponnes hatte. Dieser Mehrfrontenkrieg brachte Philipp auf die Idee, bei den Persern um Beistand nachzusuchen. Im Jahre 698 ndFl begann das weiter oben schon erwähnte Wettkriechen in Susa, das der Thebaner Pelopidas zunächst für sich verbuchen konnte. Wie weiter oben aber auch herausgearbeitet wurde, handelt es sich bei Pelopidas von Theben um den Makedonen Philipp I, der jedoch nicht als König von Makedonien zu bezeichnen ist. Um diese Eigenschaft ringt er noch mit seinem Bruder Perdikkas.

Wenn Philipp in Susa-Hattusas zum Wettkriechen angetreten ist, dann kann er dort sowohl mit Kambyses als auch mit Darius zusammengetroffen sein. Wenn wir davon ausgehen, dass auch zwischen den beiden Persern keine ausgeprägte Freundschaft besteht, dann drängt sich die Schlussfolgerung geradezu auf, dass sich Perdikkas-Prexaspes mit dem Großkönig Kambyses, aber Philipp-Pelops mit Darius verbündet hat. In dieser Zusammenstellung finden wir sie auch bei Herodot. Alexander hält sich derweil im fernen Indien auf.

Schon im Jahre 698 ndFl begeben sich Philipp und Darius auf den Skythen-Feldzug. Das Heer benutzt eine Brücke über den Bosporus bei Kalchedonia (heute Kadikoy; auf anatolischer Seite), die Flotte segelt durch das Schwarze Meer zum Donaudelta. Während Philipp im Skythenland kämpft, zieht Darius durch Thrakien, und sein Bruder und Feldherr Megabazos-Pharnakes-Artaphernes-Intaphernes-Antipatros macht es zur persischen Provinz (699 ndFl, konventionell 342 v.Chr.). Megabazos-Antipatros bleibt als "Stratege Europas" auf dem europäischen Festland zurück, Darius und Pelops-Philipp kehren zurück nach Susa, wo sich Perdikkas als Reichsverweser daran gemacht hat, nach dem Tode des Kambyses die Satrapien neu zu verteilen. Diese so genannten "Beschlüsse von Babylon" müssen nicht unbedingt in Babylon ergangen sein; denn dorthin können sie durch das Missverständnis gelangt sein, diese Beschlüsse hätten nach dem Tode Alexanders des Großen an seinem Sterbeort Babylon stattgefunden.

Kambyses und Prexaspes waren in dem auf den Beginn des Skythenzuges folgenden Jahr 699 ndFl nach Ägypten aufgebrochen, wo sich das Schicksal des Kambyses nach wechselvollen Kämpfen erfüllte. Am Ende hatte Persien aber über Ägypten gesiegt, und der noch nicht zum Pharao gekrönte Psammetichos-Amasis kam als Gefangener nach Persien. Als Statthalter der Perser wurde Apries-Hophra-Nepherites (* ca. 635 ndFl) in Ägypten eingesetzt, der mutmaßliche Vater des Nechthor-Haremhab (* ca. 657 ndFl).

Nachdem es Darius I gelungen war, auf den Thron des Großkönigs (= Artaxerxes!) zu steigen, wurden erneut Revirements vorgenommen. Auf der Konferenz von Triparadeisos (= Pteria, Pitru, Uter-Asbat, Unterstadt am Halys des auf dem Burgberg gelegenen Chatti-Susa = Hattusas) wurde im Jahre 700 ndFl eine neue Reichsordnung geschaffen, welche die aus dem Vorjahr, die von Perdikkas eingeführt worden war, ersetzen sollte. Perdikkas selbst war nicht mehr Chiliarch (= Wesir oder Reichsverweser). Dieses Amt bekam der Halbbruder des Darius, Antipatros. Das Heer dieses "Strategen von Europa" übernahm Otanes-Nebukadnezar, der es später seinem Bruder übergab, dem Mardonios-Nebuscharadan, einem anderen Sohn des Gobryas-Nabopolassar.

Philipp I = Antigonos Monophthalmos wurde als Stratege von Asien aufgewertet. Damit war der verdiente, ehrgeizige Prexaspes-Perdikkas, der amtierende König von Makedonien, auf die Position eines Befehlsempfängers seines Zwillingsbruders herabgestuft worden. Im Jahre 702 ndFl befand sich das Heer unter Führung des Antigonos Monophthalmos = Polyperchon = Philipp I, dem Strategen von Asien, auf dem Wege nach Ägypten in Tyros, als die Nachricht vom Tode des Antipatros eintraf, des Reichsverwesers. Als Nachfolger wurde Polyperchon (konv. 319 v.Chr.) ernannt, der in Tyros die Übernahme dieses Amtes verkündete (konv. 315 v.Chr.), diesmal unter dem Namen Antigonos Monophthalmos. In beiden Fällen handelt es sich um Philipp I und denselben Vorgang. Vermutlich begab der sich nach Hause und legte die Führung des Heeres in die Hände seines Bruders Perdikkas.

Der Ägyptenzug war erforderlich geworden, weil der von Kambyses im Jahre 699 ndFl eingesetzte Apries-Nepherites-Hophra von Persien abgefallen war. In der Schlacht im Jahre 703 ndFl bei Pelusion wurden die Ägypter geschlagen, und Amasis konnte sich an Apries für die Tötung seiner Söhne rächen. Der neue Untersatrap von Ägypten war nun der als Pharao verhinderte Amasis-Psammetich-Ptolemaios (Epi-) Phanes, dessen Sohn Ptolemaios von Aloros bei den Persern bzw. Makedonen blieb. Auf dem Rückweg wurde Perdikkas in seinem Zelt ermordet. Sein Sohn Archelaos (Thuk. II, 100), also Alexander I/II der Große Nr. 1, wurde allerdings noch nicht sofort sein Nachfolger als König von Makedonien; als solcher wurde von der Heeresversammlung zunächst Philipp I ausgerufen. Reichsfeldherr in Asien wurde Eumenes als der Nachfolger des Heerführers Perdikkas, der dieses Amt als Nachfolger des zum Reichsverweser aufgestiegenen Philipp-Polyperchon übernommen hatte. Eumenes wurde noch im selben Jahr von der Heeresversammlung zum Tode verurteilt und von seinem Todfeind Antigonos exekutiert. Im Jahr seines Todes wurde auch sein Sohn Hattusilis-Nabonid geboren, der später Antiochos (Hiërax) I/III heißt.  

Pelops = Philipp I = Polyperchon wurde als Reichsverweser zwei Jahre nach seiner Ernennung schon wieder abgesetzt (konv. 319-317 v.Chr., de facto 704 ndFl). Er ist mit dem Thessaler Polyphron identisch, der seinen Bruder Polydoros ermordete und dann von seinem Neffen Alexandros-Archelaos ebenfalls getötet wurde, der die Regierung sowohl in Thessalien als auch in Makedonien übernahm, und zwar hier als rechtmäßiger Nachfolger seines Vaters Perdikkas. Den Sohn Amyntas des Philipp I hätte er auf die Fürstenebene verwiesen. Alexander II von Makedonien, der auch Alexander von Pherai auf dem thessalischen Thron ist, soll nur zwei Jahre regiert haben, bis er ermordet wurde. Es entsteht jedoch eine viel größere Lücke zwischen Philipp I und seinem Sohn Amyntas, der erst 718 ndFl auf den makedonischen Thron kommt.

Wenn Alexander I/II von Pherai/Thessalien und Makedonien, der Große Nr. 1 = Archelaos I nur ein oder zwei Jahre nach Philipp I = Polyphron, Polyperchon, Pelops regiert haben sollte, dann muss Ptolemaios von Aloros von 705 bis 717 ndFl regiert haben. Diese Zeitspanne konveniert mit der konventionellen Spanne zwischen dem Tod Alexanders (III) des Großen (323 v.Chr.) und dem seines Sohnes Alexander IV (310/09 v.Chr.). Es dürfte daher angebracht sein, diesem und seinem Vormund Ptolemaios von Aloros eine zwölfjährige Regierungszeit zuzubilligen.

Philipp I = Antigonos Monophthalmos war es nicht, der in der Elefantenschlacht von Ipsos mit achtzig Jahren gegen Seleukos = Artaxerxes Mnemon und Lysimachos fiel. Es war sein Sohn Antigonos Doson = Amyntas, und besiegt wurde in dieser Schlacht auch dessen Sohn Demetrios Poliorketes = Philipp II. Da diese Schlacht ins Jahr 737 ndFl (konv. 301 v.Chr.) gehört, so müsste Amyntas im Jahre 657 ndFl geboren sein, als sein Vater sechsundzwanzig Jahre alt war.

Philipp II, der Sohn des einzigen Amyntas, den es gab, ist nur drei Jahre vor dem Tod Philipps I geboren. Sein Stiefvater war Alexander der Große Nr. 1, der seinen Onkel Philipp I nur um wenige Monate überlebte. Polydoros hatte seinen (Halb-)Bruder Jason von Pherai schon im Jahre 689 ndFl ermordet. Ob damals die thessalische Tetrarchie schon geschaffen wurde, kann  der Fall gewesen sein. Jedenfalls scheint Philipp-Polyphron, Tagos von Thessalien und gewiss auch einer der Tetrarchen, im Jahre 704 ndFl seinen Halbbruder Polydoros auf einer Reise nach Larisa ermordet zu haben. Alexander, der Sohn des Perdikkas und somit der Neffe des Philipp-Polyphron, eilte daraufhin nach Larisa, brachte seinen Onkel um und vereinnahmte Thessalien in sein makedonisches Imperium.

12) Alexander III der Große (336-323 v.Chr.)

Plutarch (Alex. 2) sagt, Alexander sei väterlicherseits ein Nachfahre des Karanos gewesen, mütterlicherseits über Neoptolemos von Aiakos, dem Großvater des Achill, dessen Sohn Neoptolemos sich in Epirus, der Heimat der Olympias, der Tochter des Neoptolemos niedergelassen haben soll. Das sind lauter Verbindungen zum Trojanischen Krieg, also eher "sagenhafte"; aber wir wissen ja schon, dass die Aiakiden durchaus historisch echt sind. Der folgenden Wiedergabe ist nicht voll und ganz zu trauen; denn Achill(eus) ist definitiv sagenhaft, wenn man in ihm nicht den um 606 ndFl geborenen Alexandros "Kyknos" sehen will, dessen Mutter eine um 590 ndFl geborene Tochter des Aiakides (* ca. 560 ndFl) statt des Aiakos gewesen sein könnte, dessen Schwester sie in diesem Fall gewesen wäre. Generationsmäßig würde das zu den übrigen Helden des Trojanischen Krieges passen. Ob es nun ein Bruder der "Dioskuren" war, der als Neoptolemos, Sohn des Achilleus, nach Epirus kam, oder der Nachfahre eines anderen Aiakiden, bleibt uns zunächst verborgen. Jedenfalls sehen wir an diesem Beispiel wieder einmal, wie klein die Welt damals war und wie wenige große Familien die Welt regierten.

Stammtafel der Aiakiden nach Plutarch
Aiakos
|
Vater oder Mutter des Achill
|
Achill                               Karanos
|                                    .
Neoptolemos (geht nach Epirus)       .
|                                    |
Olympias--------------oo-------------Philipp
                                     |
                                     Alexander

Die folgende Tabelle dürfte historisch echt sein:

Epiroten als Aiakiden
Neoptolemos = Ajax der Jüngere?
|
+---------------+-----------------???------------+
|               |                                |
Olympias        Lysimachos                       Vater
* ca. 645 ndFl  * ca. 660 ndFl                   ???
oo              |                                |
Perdikkas       +----------------------+         |
|               |                      |         |
Alexander I/II  Aristeides        Agathokles     |
* ca. 660 ndFl  * ca. 685 ndFl    * ca. 685 ndFl |
                Stratege bei      |              |
                Marathon 718 ndFl Lanassa - oo - Pyrrhos
                verbannt 723 "    * ca. 710 ndFl * ca. 670 ndFl
                zurück   728 "    oo in 2. Ehe:
                                  Demetrius-Poliorketes
                                  = Philipp II   * ca. 701 ndFl


Die Mutter des einzigen großen Alexander in konventioneller Sicht ist Olympias, die Gemahlin Philipps II. Sie gilt als Prinzessin aus dem epeirotischen Königshaus der Aiakiden (Bengtson, Seite 304). Es gibt gute Gründe, Olympias als die Mutter des älteren großen Alexander anzusehen, als welche sie dann die Gemahlin des Perdikkas gewesen sein müsste. Sollte sie die Gemahlin des Philipp (I statt II) gewesen sein, dann könnte sie nicht die Mutter Alexanders des Großen Nr. 1 gewesen, und für die Nr. 2 käme sie überhaupt nicht mehr in Betracht.

Olympias müsste um 645 ndFl geboren sein. Da sie aber als die Schwester des Pyrrhus gilt, der möglicherweise erst später (um 670 ndFl) geboren wurde, so ist entweder das eine oder das andere oder sogar beides unzutreffend. Ihr Vater mag Neoptolemos geheißen haben und aus den Aiakiden hervorgegangen sein. Auch Ajax von Lokris kommt als Vater in Betracht, wenn er den Trojanischen Krieg überlebt haben sollte. Für das Geburtsjahr von Alexander dem Großen Nr. 1 käme somit ca. 660 ndFl in Frage.

Nach dem Tode ihres Gemahls Perdikkas scheint Olympias wieder nach Epirus gegangen zu sein, und später soll sie von dort nach Makedonien zurückgekehrt sein. Der Grund, aus dem Olympias nach Makedonien zurückkehrte, bestand in der Ermordung ihres Sohnes durch Eurydike und ihren Mordgehilfen Ptolemaios von Aloros. Der Knabe Alexander (IV) war zu diesem Zeitpunkt vier Jahre alt (705 ndFl).

In dem Jahr nach der einjährigen Regierung Philipps III, nämlich (konv.) 316 v.Chr., wurde Olympias hingerichtet. Das kann heißen, dass sie in dem Jahr nach der Ermordung Philipps, in dem dann auch ihr Sohn ermordet wurde, in die Thronfolge eingreifen wollte, was ihr offenbar verübelt wurde. Vorher soll sie noch Philipp-Arrhidaios und dessen Gemahlin Eurydike umgebracht haben. Eurydike war jedoch schon nicht mehr mit dem vermutlich bereits verstorbenen Arrhidaios verheiratet, sondern mit dem Sohn Alexander der Olympias, und so ist die Rachlust der Olympias gegen diese Frau verständlich; aber sie hat sie jetzt noch nicht umgebracht. Eine denkbare Möglichkeit wäre daher die, dass Eurydike tatsächlich schon 700 ndFl die Gemahlin  des Amyntas und von ihm die Mutter des Philipp II geworden wäre. Danach - vermutlich noch schwanger mit Philipp - kann sie aus dynastischen Gründen mit Alexander dem Großen Nr. 1 vermählt worden sein. Nach der Abreise des Ptolemaios nach Ägypten könnte Olympias dann Eurydike ermordet haben. Deren Sohn Philipp kam danach in thebanische Geiselhaft, bis ihn sein Vater Amyntas etwa zwei Jahre später zu sich holte, nachdem er König von Makedonien geworden war. Kurz darauf geriet Olympias dann selbst in Bedrängnis; sie wurde von Kassandros in Pydna belagert, bis sie von den Makedonen getötet wurde. Den sieben Jahre alten Alexander IV und dessen Mutter Roxane soll Kassandros in Amphipolis in Gewahrsam gehalten haben (vgl. Bengtson Seite 344). Der Knabe war schon siebzehn Jahre alt.

Von einer Ermordung der Eurydike durch Olympias und einer Gefangennahme Roxanes und ihres Sohnes Alexander durch Kassander bzw. Kassandros kann solange keine Rede sein, wie Ptolemaios von Aloros noch als dessen Vormund im Lande war, das heißt bis 717 ndFl. Kassandros = Artaphernes der Jüngere = Pharnabazos war es dann auch, der Mutter und Sohn im Jahr darauf hinrichtete und auf diese Weise dem Sohn Amyntas des Philipp I auf den makedonischen Thron verhalf.

Gleichzeitig mit Attalos und Parmenion setzte auch Alexander über den Hellespont (konv. 334 v.Chr., realiter 693 ndFl) und errang seinen ersten Sieg über die Perser am Granikos-Fluss. In Gordion überwinterte er (Gordischer Knoten), und im Jahre 694 ndFl (konv. 331 v.Chr.) besiegte Alexander die Perser unter Bessos-Kambyses und Spitamenes-Patizeithes. Es ist zu vermuten, dass er auch Darius, den Schwager und Unterkönig des Kambyses in Susa-Hattusas, auf diesem Feldzug (etwa in der Schlacht bei Gaugamela?) besiegte. Alexander verfolgte die Perser bis in den Ostiran, wo er sie aufrieb.

In der Begleitung Alexanders befindet sich ab jetzt der persische Kronprinz Gautama-Smerdis-Bardiya, der aus persönlichen Gründen auf die Krone verzichtet, die sich sein Bruder Kambyses unrechtmäßig aufgesetzt hatte. Dieses Verschwinden des rechtmäßigen Thronfolgers wird es später dem Patizeithes erleichtern, seinen Bruder (B)Arrhidaios als (Pseudo-)Smerdis für einige Monate auf den Perserthron zu bringen.

Während in Hellas weiterhin "Unruhen" herrschen, in die Philipp I eingebunden ist, zieht Alexander durch den Iran weiter in Richtung Indien, wo er 697 ndFl (327 v.Chr.) eintrifft. Bengtson, Seite 323/4:

Bereits von Sogdiana aus, im Jahre 328/7 v.Chr., hatte Alexander Verhandlungen mit dem indischen Raja Taxiles, dem Herrscher von Taxila (in der Nähe von Rawal-Pindi) im Fünfstromland, aufgenommen. ... Hier, im indischen Wunderlande, fanden Alexander und seine Makedonen eine ihnen vollständig fremde, bizarre Zivilisation, eine fremde Religion und ein fremdes Volkstum vor. Die Verbindungen der abendländischen Welt zu Indien waren längst abgerissen, beide Welten waren sich einander völlig fremd geworden, und keine Brücke führte von der Religion der Griechen und Makedonen zum Brahmanismus und Buddhismus ...

In Taxila trennt sich Gautama-Smerdis-Bardiya von Alexander und bleibt zunächst bei Taxiles. Hier nennt er sich jetzt Gautama-Siddharta-Buddha und bekommt sein "erstes Gesicht", angeblich im Alter von 29 Jahren (* 668 ndFl?). In konventioneller Sicht liegen zwischen Smerdis und Alexander etwa zweihundert Jahre. Alexander trifft jedoch mit seinen Makedonen keineswegs auf eine bereits seit so langer Zeit bestehende indische Buddha-Kultur, wie man konventionell annimmt. Sie wird erst jetzt entstehen!

Alexander hält sich noch bis 699 ndFl in der Region Indien auf. Im Jahre 700 ndFl kehrt er zurück in die persische Hauptstadt Pasargadai, wo er dem bereits gefangengenommen Pseudo-Smerdis Baryaxes begegnet. In der Zwischenzeit hatten sich die Makedonen mit Kambyses und Darius vertragen.

Durch die Vermischung von Ereignissen, die mit dem Tod des Kambyses zusammenhängen, und solchen, die sich auf den Tod Alexanders des Großen beziehen, kommt es konventionell zu einem schier unentwirrbaren Chaos. Ich denke, dass es mir weitgehend gelungen ist, dennoch einen Sinn in diese teilweise stark entstellt wiedergegebenen Vorgänge zu bringen. Zum Teil sind diese Korrekturen schon in diesem Kapitel angesprochen worden; denn das meiste, was zu den makedonischen Herrschern gehört, die wir bisher besprochen haben, betrifft die Jahre kurz nach dem Tode des Kambyses.

Hier möchte ich zunächst die Betrachtung der makedonischen Königsfolge, wie sie konventionell dargestellt wird, beenden; denn wir verlassen schon mit Philipp II = Demetrios Poliorketes die Zeit des Peloponnesischen Krieges in der berichtigten Geschichte. Möglicherweise muss ich an dem vorliegenden Kapitel noch die eine oder andere kleine Änderung vornehmen; entstellt wird dadurch der Gesamteindruck der neuen Sicht jedoch auf gar keinen Fall. Das chronologische "Gerippe" liegt fest, und die wichtigen Zusammenhänge bleiben von kleinen Veränderungen unberührt.

 Letzter Stand: 7. Februar 2014


 

1 Das irrtümlich dem Thukydides zugeschriebene Geschichtswerk Der Peloponnesische Krieg wird von mir der Kürze halber mit diesem ersten Wort des griechischen Originaltitels dieses Buches bezeichnet: Polemos ton Peloponnesion kai Athinaion (Der Krieg der Peloponnesier und der Athener).
2 Originaltexte entnommen aus Thukydides, Der Peloponnesische Krieg, Übertragen von August Horneffer, durchgesehen von Gisela Strasburger, eingeleitet von Hermann Strasburger, Phaidon Verlag, Essen, sowie aus dto., Reklam-Ausgabe, übersetzt und herausgegeben von Helmuth Vretska.
3 Hermann Bengtson, Griechische Geschichte, Verlag C.H. Beck München.
4 Hiermit kann Lake-Daimon gemeint sein, der Vorfahre Ledas von Kalydon und Argos.
5 An anderen Stellen habe ich Phokion mit seinem Bruder Hippias identifiziert; denn die beiden Brüder werden entweder als "Hippias und Hipparch" oder als "Phokion und Demades" erwähnt, also in vertauschter Reihenfolge. Von Bedeutung sind meine Verwechslungen bisher nicht gewesen.
Die Geschichte des Altertums in neuer Sicht Band 1 bis 3 der Geschichte des Altertums in neuer Sicht
gibt es inzwischen auch gedruckt.

Sie können sie hier beim Lulu-Marktplatz bestellen:
 Band 1
 Band 2
 Band 3 (einschließlich 6. Buch)

Oder bei Amazon:
 Band 1
 Band 2
 Band 3 (einschließlich 6. Buch)



Zurück zum Inhaltsverzeichnis   Weiter