Zehntes Buch: Darius und Xerxes

2. Kapitel: 

Hellas im Peloponnesischen Krieg

  Teil IV: 

Der Peloponnesische Krieg

    2. Teil: Die Jahre 693 und 694 ndFl und Thrakien



Das Jahr 693 ndFl

Die einzelnen Kapitel im "Polemos" sind überwiegend den falschen konventionellen Jahren v.Chr. zugeteilt worden und lassen sich deshalb auch nicht ohne weiteres den analogen Jahren ndFl zuordnen. Es bedarf daher einer genauen Analyse des Geschehenen und seiner Einordnung, um in dieses Chaos wieder eine sinnfällige Ordnung zu bringen. So sind viele Ereignisse, die für das erste Jahr des "kurzen" Krieges überliefert wurden, in das erste Jahr des "langen" Krieges zurückzudatieren.

Zurückzuführen ist dieses Problem auf die Schwierigkeiten, die sich offenbar bei der Einordnung der Kriegsjahre in zwei verschiedene Chronologiestränge ergaben, von denen der eine im ersten Jahr des "langen" Krieges beginnt, der andere im ersten Jahr des "kurzen" Krieges. So entstand eine Asynchronizität, die sich von Anfang an durch den ganzen "Polemos" zieht. Hinzukommt die Verlagerung von Ereignissen, die in die frühen Jahre des Krieges gehören, in spätere und umgekehrt.

Wenig Hilfe können wir von Plutarch1 erwarten, der sich für seine Lebensbeschreibung des Perikles auch des "Polemos" bediente, in welchem Perikles bekanntlich überhaupt nichts verloren hat. So ist auch sein Perikles zum Teil Peisistratos und zum Teil Xanthippos, der Vater des Perikles. Viele seiner den Krieg betreffenden Angaben stimmen nicht genau mit dem "Polemos" überein, so dass davon auszugehen ist, dass zu seiner Zeit noch eine andere Version dieses Werkes vorlag.

Vergessen sei hier nicht, dass Plutarch die angebliche Ähnlichkeit des Perikles mit Peisistratos betont, worauf ich an anderer Stelle bereits eingegangen war2; außerdem weist die Vermischung von Perikles und Peisistratos deutliche Parallelen mit der Vermischung der beiden Alexander ("der Große") durch denselben Plutarch auf.

Plutarch nimmt aber auch bezug auf solche Quellen, die den echten Perikles betreffen. So führt er als seinen Gewährsmann den Historiografen Stesimbrotos an, der vermutlich für die Vermischung Perikles/Peisistratos ebenfalls schon verantwortlich gewesen ist. Zu der Zeit des Plutarch lagen die von diesem geschilderten Ereignisse schon sehr weit zurück.

Plutarch berichtet von einer Sonnenfinsternis, die uns bekannt vorkommt:

(35) ... Schon waren die Schiffe segelfertig, schon hatte Perikles seine Triere bestiegen, als plötzlich das Sonnenlicht erlosch und Finsternis sich verbreitete, so dass alle sich entsetzten; denn sie sahen darin ein gewaltiges Zeichen....

Der Kommentator vermerkt dazu: Ringförmige Sonnenfinsternis vom 3. August 431 (v.Chr.), also - entgegen den Angaben Plutarchs - ins erste Kriegsjahr gehörig. Unstimmigkeiten schon in den frühesten Überlieferungen machen wenig Mut, an diese zu glauben! Tatsächlich gehört die Sonnenfinsternis ins allererste Kriegsjahr: 692 ndFl. Die Datierung einer Finsternis in einem Kalendersystem, von dem die genauen astronomischen Werte unbekannt sind, ist von vornherein aussichtslos. Im "Polemos" wird diese Finsternis ebenfalls erwähnt; dort hat der Kommentator allerdings keine Datumsangabe gemacht:

Thuk. II, 28: In demselben Sommer (gemeint ist konv. 431 v.Chr.), an einem Neumondstage... nachmittags trat eine Sonnenfinsternis ein. Die Sonne wurde wie eine Mondsichel, und einige Sterne traten hervor; dann rundete sie sich wieder.

Der ganze Absatz Thuk. II, 28 enthält nur diese beiden Sätze, was mich dazu veranlasst hat, diesen Absatz als einen Einschub an falscher Stelle zu betrachten: Er gehört nicht ins (konv.) Jahr 431 v.Chr., wo er konventionell eingeordnet wird, sondern ins Vorjahr: 692 statt 693 ndFl.

Bei Plutarch erscheint diese Sonnenfinsternis in demselben Jahr, in dem er auch die "Pest" in Athen auftreten lässt, die nach konventioneller Ansicht erst im zweiten Kriegsjahr ausbricht. Hier sind Ungenauigkeiten aber schon im "Polemos" vorhanden, auf die ich noch eingehen werde.

Wenn diese Finsternis schon im Jahre 692 ndFl stattfand, dann handelt es sich bei dem Start der athenischen Flotte, an der angeblich Perikles selbst teilgenmommen haben soll, bei Plutarch (35) um die erste Peloponnes-Rundfahrt aus dem Jahre 692 ndFl, und der angebliche Kommandant war auch nicht Perikles selbst, sondern sein Vater Xanthippos, der die Flotte allerdings nicht angeführt, sondern nur verabschiedet hat, da er Athen nicht führungslos zurücklassen konnte. Peisistratos konnte noch nicht wieder in der Stadt sein; denn Xanthippos gehörte zur Gegenpartei: er war ein Alkmeonide und als solcher von den Peisistratiden nicht gern gesehen!

Wir müssen uns jetzt zunächst wieder mit dem Zweiten Buch des "Polemos" beschäftigen, dem das konventionelle Jahr 431 v.Chr. analog 693 ndFl zugeordnet ist, bevor wir die Ereignisse mit Brasidas weiterverfolgen, die im Vierten Buch niedergelegt sind. Dabei wird es nicht ausbleiben, dass wir einige Ereignisse ins Vorjahr "zurückschicken", andere sogar entfernen müssen wie zum Beispiel folgendes:

Thuk. II, 2: Vierzehn Jahre hatte der nach der Eroberung Euböas auf dreißig Jahre geschlossene Vertrag bestanden. Im fünfzehnten Jahre ... sechs Monate nach der Schlacht bei Poteideia rückten zu Anfang des Frühlings ... bewaffnete Thebaner in Platäa, einer mit den Athenern verbündeten Stadt Böotiens, ein.

Die Ereignisse um Platäa hatte ich schon in Zweifel gezogen: Sie gehören in die Zeit unmittelbar nach dem Perserkrieg der Jahre 728/729 ndFl. Es ist allerdings denkbar, dass Platäa auch an hiesiger Stelle eine Rolle gespielt hat, bei deren Beschreibung es dann Vermischungen mit späteren Ereignissen gegeben hat.

Wegen der Unsicherheiten bezüglich des wirklichen ersten Kriegsjahres waren die Erfolge des Spartaners Brasidas, die letztendlich zur Einnahme von Amphipolis, der athenischen Kolonie am Strymon, geführt hatten, ausnahmslos mit dem Jahr 692 ndFl verbunden worden. Es ist jedoch plausibler, die letzten Phasen dieses Feldzuges in das Jahr 693 ndFl zu legen, als die Peisistratiden (vorübergehend) wieder in Athen waren und Thukydides das Heer und die Flotte in Thrakien führte und als Perdikkas auf der Seite Spartas stand. Am Ende wurde der Waffenstillstand mit Brasidas erst nach der Einnahme von Lekythos (Thuk. IV, 115) im Frühjahr des folgenden Jahres (konv. 423 v.Chr., diesmal analog 693 ndFl) abgeschlossen (Thuk. IV, 117).

Athener wie Lakedaimonier und ihre Bundesgenossen rüsteten auf. Beide Seiten erhofften sich Unterstützung vom Perserkönig (Thuk. II, 7; gemeint ist konventionell Artaxerxes Longimanus, der Sohn des Xerxes, der jedoch erst nach dem Perserkrieg auf den Thron kommt). Diese Hoffnung war indes eine Illusion; denn der persische Großkönig hatte zu dieser Zeit ganz andere Probleme und stand für die Hellenen nicht zur Verfügung. In Persien war Thronfolgekrieg, und die Perser baten ihrerseits die Hellenen um Hilfe. Darüber wurde im vorangegangenen Teilkapitel bereits abgehandelt.

Beide Seiten waren euphorisch gestimmt, besonders die jungen Soldaten, die noch keinen Krieg erlebt hatten (Thuk. II, 8). Dieser Satz beträfe die Pentekontaëtie, die Zeit zwischen dem Perserkrieg und dem Peloponnesischen Krieg in konventioneller Sicht. In der berichtigten Sicht entfällt diese Konstruktion und mit ihr auch das oben Gesagte; denn in der Echtzeit vor dem Peloponnesischen Krieg gab es den "Heiligen" amphiktyonischen und den parallel verlaufenden athenischen Bundesgenossenkrieg. Ein Zeitgenosse hätte das gewusst und daher nicht solchen Unsinn geschrieben. Hier wird eine Kopistenwillkür deutlich; denn der "Polemos"-Redakteur, der die Pentekontaëtie erfand und den wir im vorangegangenen Kapitel ausführlich kennengelernt haben, ist auch weiter am Werke!

Mittlerweile ist Archidamos, Sohn des Zeuxidamos, König in Sparta. Folglich hat der Wechsel von Demaratos, eventuell über die Zwischenregierung des Leotychides des Älteren, zu jenem bereits stattgefunden. Der erste Wechsel kann im Spätsommer 692 ndFl schon stattgefunden haben. Das war die Zeit, als sich Demaratos (fälschlich wird hier Pausanias genannt) bei Philipp nach der Schlacht bei Poteidaia einfand. Der Regierungswechsel zu Archidamos müsste Ende 692 ndFl stattgefunden haben. In Thuk. II, 11 ist seine Rede abgedruckt, die wohl niemals so gehalten wurde.

Archidamos schickte Melesippos, den Sohn des Diakritos, einen Spartiaten, nach Athen, um die Athener zum Einlenken zu bewegen. Der wurde gar nicht in die Stadt gelassen. Das galt für alle Herolde und war von "Perikles"-Xanthippos so angeordnet worden. Mit den Worten: Dieser Tag wird für Hellas der Anfang großen Unheils sein verabschiedete sich Melesippos von seinen Aufpassern, die ihn noch bis an die Staatsgrenze begleitet hatten (Thuk. II, 12). Es handelt sich hier um die dritte Gesandtschaft der Lakedaimonier, die auch bei Thuk. I, 139 geschildert wird. Zu dieser gehörten Rhamphias, Melesippos und Agesandros.

Wenn das unter Archidamos geschah, dann war er schon im Vorjahr auf den Thron gekommen; denn diese Gesandtschaft gehört noch vor die Volksversammlung, auf der die Athener den Kriegsbeschluss fassten, also ins Jahr 692 ndFl, und zwar noch vor die Rückkehr der Peisistratiden. Möglicherweise wurde aber Melesippos vor dem Einfall des Archidamos in Attika nochmals zu einem letzten Versuch nach Athen gesandt, als die Peisistratiden schon wieder zurück waren; doch die Athener blieben stur.

Jetzt rückte Archidamos in das attische Land ein. Angeblich sollen die Böoter, die ihre Reiterei schon mit den Peloponnesiern vereinigt hatten, mit den Fußtruppen das Land der Platäer verwüstet haben. Das kann zu der wenig glaubhaften Darstellung gehören, die Platäa schon jetzt in die Geschichte einbringen will. Dieser Einfall gehört an den Anfang des Jahres 693 ndFl. Ob er mit Platäa etwas zu tun hat, bleibt fraglich. Dann folgt noch eine Angabe, die sehr wahrscheinlich ebenfalls noch ins späte Jahr 692 ndFl gehört, die zudem unkorrekt, aber dennoch leicht zu korrigieren ist:

Thuk. II, 13: Während die Peloponnesier ihre Truppen auf dem Isthmos zusammenzogen ... hatte Perikles, Sohn des Xanthippos, Feldherr der Athener, mit neun anderen folgendes getan. Er argwöhnte, Archidamos, der sein Gastfreund war, möchte ... seine Landgüter verschonen und nicht verwüsten...

Es ist deutlich zu erkennen, dass Perikles hier nicht der langjährige Oberste von Athen ist; denn es werden neun andere Feldherren (Strategen) neben ihm erwähnt. Es ist auch gar nicht Perikles, sondern es ist dessen Vater, der Feldherr Xanthippos, gemeint, der nicht nur alle den Krieg betreffenden Entscheidungen in Abwesenheit der Peisistratiden zu verantworten hatte, sondern der auch offensichtlich die Regierungsgeschäfte in dieser Zeit geführt hat.

Möglicherweise liegt auch hier eine Ursache dafür vor, dass Perikles in dieser Zeit statt des Peisistratos gesehen worden ist, der nicht unbedingt ein Gastfreund des Archidamos gewesen sein muss. Thuk. II, 13 fährt fort mit dem "Kriegsplan des Perikles":

Er (gemeint ist statt Perikles dessen Vater Xanthippos) sagte, ihre (der Athener) Haupteinkünfte stammten von den Bundesgenossen und die jährlichen Einkünfte der Stadt, bloß aus dem Tribut der Bundesgenossen, betrügen ... usw.

Die Stadt scheint (noch) nicht arm zu sein; denn besagte Bundesgenossen sind der schon erwähnte 1. bzw. Delisch-Attische Seebund (konv. 478/477 v.Chr., also nach dem Perserkrieg, aber noch vor dem Regierungsantritt des Perikles). Man beachte dazu die Aufzählung der Verbündeten Athens im vorangegangenen Teilkapitel. Außerdem lagern auf der Akropolis Silbervorräte, die aber in letzter Zeit geschrumpft waren, weil man davon die Propyläen der Akropolis und die anderen Tempel gebaut und die Ausgaben für Poteidaia davon bestritten hatte.

Hier handelt es sich wiederum um einen Anachronismus; denn der Bau der anderen Tempel auf der Akropolis gehört erst in die Zeit nach diesem Krieg. Die Propyläen, der Eingang zur Akropolis, waren möglicherweise bereits von dem Silber gebaut worden, und vermutlich hatte man die Ausgaben für Poteidaia ebenfalls davon bestritten (Thuk. II, 13).

Auch der Hinweis an dieser Stelle, man könne das Gold der Göttin (Athene von ihrem Standbild im Parthenontempel) dazu benutzen, Münzen für den Krieg zu prägen, ist anachronistisch; denn dieses Standbild des Phidias wird erst in der Zukunft geschaffen. Mit Selbstverständlichkeit wird auch von den "langen Mauern" nach Phaliron und zum Piräus gesprochen; möglicherweise waren diese aber auch tatsächlich schon fertig, obwohl es Anzeichen dafür gibt, dass sie es noch nicht waren.

Sodann weist "Perikles" auf etwas hin, das uns bekannt vorkommt (Thuk. II, 15):

... Zur Zeit des Kekrops ..., wenn Gefahren eintraten, kam man zusammen... Es kamen sogar Kriege gegen den König vor, zum Beispiel kämpften die Eleusinier mit Eumolpos gegen Erechtheus.

Der uns schon bestens bekannte Athener Isokrates hat in seinem Panathenaikos aus dem Jahre 690 ndFl (konv. 339 v.Chr., das nach den Regeln der konventionellen Chronologie aber gar kein Jahr der Großen Panathenäen gewesen sein kann, bestenfalls 338 v.Chr.), drei Gefahren aufgezählt, denen die Athener in der Vergangenheit glimpflich entkommen waren. Isokrates nimmt darin bezug auf Ereignisse der griechischen Frühgeschichte:

Zur Zeit des Kekrops hatten sich die Athener mit dem Thrakerkönig Eumolpos, der einen Angriff gegen Athen geführt hatte, den die Athener abwehren konnten, friedlich geeinigt. Dem Skytheneinfall hatten sie ebenso standgehalten wie dem Überfall des Peloponnesiers Eurystheus-Orest.

Auf diesen ungefähr hundert konventionelle Jahre später erst gehaltenen Panathenaikos, in welchem keine Rede von den glorreichen Taten der Athener im Perserkrieg enthalten ist, der konventionell schon hundertvierzig Jahre zurückliegen würde, kann sich der "Polemos"-Autor "jetzt schon" beziehen, indem er auf seinen Zeitgenossen Isokrates zugreift, der besagten Panathenaikos allerdings schon drei Jahre vor dem Beginn des Peloponnesischen Krieges gehalten hatte!

Derselbe Autor sagt aber auch wenige Zeilen danach:

Thuk. II, 15: ... Man sieht das daran, dass die alten Tempel der Athena und der anderen Götter auf der Akropolis selber stehn und die Vorstadtheiligtümer sich mehr in der Richtung des genannten (südlichen) Stadtteils befinden ...

Daraus geht hervor, dass die "moderne" Akropolis zwar noch gar nicht gebaut ist, dass aber der "Polemos-Redakteur" schon davon weiß, da er von den "alten" Tempeln spricht. Jetzt steht offenbar der alte Tempel der Athena Polias noch dort oben nebst dem schon erwähnten Pelargikon, der Burg der Peisistratiden. Alle diese Bauten wurden abgetragen, als die großartige Akropolis gebaut wurde - durch Perikles! Darüber kann auch die folgende Bemerkung nicht hinwegtäuschen, die ich für eine Kopistenwillkür halte:

Thuk. II, 16: So hatten denn die Athener lange Zeit in unabhängigen Landgemeinden gelebt, und weil auch nach der Zusammensiedlung (gemeint ist der attische Synoikismos des Theseus) in der Stadt die meisten von ihnen in alter und neuer Zeit bis hin zu diesem Kriege die Gewohnheit beibehielten, mit ihren ganzen Familien auf dem Lande zu leben, entschlossen sie sich nur schwer zur Auswanderung in die Stadt, zumal sie sich soeben erst von den Perserkriegen erholt und neu eingerichtet hatten.

Ich nehme an, dass der Bundesgenossen- oder der "Heilige" amphiktyonische Krieg gemeint ist, was man willkürlich in "Perserkrieg" abgeändert hat, der noch fünfunddreißig Jahre auf sich warten lässt. Selbst in der konventionellen Sicht hätte der Perserkrieg nicht "erst soeben", sondern gut zwei Generationen vorher schon stattgefunden.

Dieselbe Methode kommt auch in Thuk. II, 21 zur Anwendung: Während die feindlichen Heere um Athen herum Verwüstungen anrichten, empfinden die Athener Schmach, weil so etwas weder die Jüngeren noch auch die Älteren, von den Perserkriegen abgesehen, je erlebt hatten. In der wirklichen Geschichte traf das sogar weitgehend zu; denn die Kriege vor diesem hatten zwar die Soldaten, nicht aber die Stadt Athen - soweit sich die Bewohner erinnern konnten - direkt betroffen. In der falschen Geschichte musste zwangsläufig der Hinweis auf die Perserkriege erfolgen, der von einem Kopisten auch bereitwillig eingefügt worden ist.

Erst nach der Rückkehr der Peisistratiden und am Beginn des Jahres 693 ndFl unternahmen die Peloponnesier unter Archidamos ihren Einfall in Attika:

Thuk. II, 18: Während die Rüstungen in Athen so weit gediehen waren, rückte das Heer der Peloponnesier vor und gelangte an die attische Grenze. Der erste Ort war Oinoë; dort sollte der Einfall erfolgen. Nachdem sie haltgemacht, bereiteten sie sich zum Sturm auf die Mauer mit Hilfe von Maschinen und anderen Belagerungswerkzeugen vor. Oinoë war nämlich eine Festung im Grenzgebiet zwischen Attika und Böotien; die Athener hielten, wenn ein Krieg ausbrach, eine Besatzung darin. Die Peloponnesier rüsteten sich also zum Sturm auf Oinoë...

Thuk. II, 19: Da aber Oinoë durch die Belagerung nicht erobert wurde, obwohl sie (die Lakedaimonier unter Archidamos) kein Mittel unversucht ließen, da auch die Athener gar nicht daran dachten, Verhandlungen anzuknüpfen, brachen sie von Oinoë auf und fielen ins attische Land ein. Es war etwa achtzig Tage nach dem Überfall der Thebaner auf Platäa; die Mitte des Sommers war gekommen, und das Getreide war reif. Führer dieses Einfalls war Archidamos, Sohn des Zeuxidamos, König der Lakedaimonier. Angelangt, verheerten sie zunächst die Gegend von Eleusis und die thriasische Ebene.

In der Mitte des Sommers (konv.) 431 v.Chr. entsprechend 693 ndFl sollen demnach die Peloponnesier zum zweiten Male in Attika eingefallen sein, diesmal unter Archidamos, der jetzt das Oberkommando über die Peloponnesier hatte. Nach ihm hat der erste Teil des Peloponnesischen Krieges seinen Namen Archidamischer Krieg (konv. 431-421 v.Chr.). Schon im Vorjahr waren die Peloponnesier, und zwar unter Demaratos, in diese Ebene einmarschiert, und Archidamos konnte in diesem Jahr auch nicht anders vorgehen, wenn er nach Oinoë wollte.

Mit diesem Beginn ist der "kürzere", der siebenundzwanzigjährige Krieg gemeint; denn der "längere", der angeblich achtundzwanzig Jahre, in Wirklichkeit aber nur siebenundzwanzigeinhalb Jahre dauerte, hatte schon im Vorjahr zu der Zeit begonnen, als Demaratos sehr wahrscheinlich noch Zweitkönig war, und nach allem, was wir bisher herausgefunden haben, ist der "längere" jetzt erst seit einem halben Jahr im Gange:

denn der Einfall des Archidamos gehört ins Frühjahr und nicht in den Sommer und hat mit Platäa (vermutlich) nichts zu tun.

Weiter oben hatte ich den Aufmarsch der Böotier und Chalkidier, die hier gar nicht mehr erwähnt werden, an der Grenze Attikas in anderem Zusammenhang schon angesprochen und als nicht dorthin gehörend bezeichnet:

(Herodot V, 74) Er (Kleomenes) fiel also mit einem großen Heere in Eleusis ins Land, und die Boioter eroberten der Verabredung gemäß die Grenzdörfer Attikas Oinoë und Hysiä. Auf der anderen Seite griffen die Chalkidier an und verwüsteten die attischen Felder.

Wie ich an der anderen Stelle schon sagte, wären die Athener sehr leichtsinnig gewesen, wenn sie ihre Stadt den Boiotern und Chalkidiern überlassen hätten. Diese gehören deshalb nicht zu Herodot V, 74, sondern zu dem Einfall gleichzeitig mit Archidamos, und ihre Aktivitäten könnten zur Schlacht bei Oinoë geführt haben (konv. 460 v.Chr.), zu jener, die in der Stoa poikile abgemalt war, der bemalten Wandelhalle um den athenischen Marktplatz, die agora. Ob die Schlacht bei Oinoë jetzt bereits stattfand oder erst in der Zeit, in die die Schlacht bei Marathon gehört (718 ndFl), soll hier noch nicht geklärt werden. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass es zum jetzigen Zeitpunkt bei Oinoë gar nicht zu einer Schlacht kam, wie oben aus Thuk. II, 19 hervorgeht.

Der Marsch der Peloponnesier nach Oinoë führte durch attisches Gebiet, und zwar durch die eleusische Ebene, um an den östlichen Teil der Nordgrenze Attikas nach Oinoë zu gelangen. Wenn es also heißt, die Peloponnesier hätten zuerst in Oinoë ihr Glück versucht, dann hätten sie schon quer durch Attika gezogen sein müssen. Ob Archidamos auf dem Weg nach Oinoë in Attika, und zwar in der eleusischen Ebene, Verwüstungen anrichtete, während Boioter und Chalkidier an der anderen Seite Oinoë zu erobern suchten, ist unwahrscheinlich; denn wenn der Spartaner den Boiotern und Chalkidiern behilflich gewesen sein soll, dann müsste er sich beeilt haben.

Es können die folgenden Aktivitäten die eigentlichen gewesen sein, die Archidamos in Attika sowohl vor als auch nach seinem Auftreten bei Oinoë entfaltete:

Thuk. II, 19: ... Bei den so genannten Rheitoi schlugen sie die athenische Reiterei in die Flucht. Darauf rückten sie, den Berg Ägaleos zur Rechten, weiter durch Kropeia vor, bis sie nach Acharnä gelangten, welches der größte der so genannten Demen Attikas ist. Dort machten sie halt, schlugen ein Lager auf und verweilten längere Zeit, um das Land zu verwüsten.

Die "so genannten Demen" klingen nicht nach einem Athener, der den "Polemos" verfasst hat, sondern nach einem Redakteur aus späterer Zeit, der seinen Lesern eine Einrichtung aus dem alten Hellas nahe bringen will. Eine definitive Erklärung, was ein Demos sei, gibt er allerdings nicht. Die gibt aber der Kommentator: Ursprünglich die natürlichen Dorfgemeinden Attikas, seit Kleisthenes ... die auf diesen beruhenden lokalen Verwaltungsbezirke Athens und Attikas mit eigenen Kulten und örtlichen Behörden, denen u. a. die Aufstellung und Überwachung der Bürgerlisten oblag.

Der Hinweis auf die Reformen des Kleisthenes ist verfrüht; denn dessen Neuordnung der Phylen und damit auch der Demen hat im Jahre 693 ndFl noch nicht stattgefunden.

Archidamos blieb auf dem Rückweg von Oinoë kampfbereit bei Acharnä gelagert und drang nicht weiter vor. Den Grund dafür gibt der Autor (oder der Redakteur?) des "Polemos" mit fadenscheinigen und nichtssagenden Argumenten an. Er enttarnt sich als Gedankenleser; denn am Schluss seiner "Überlegungen" sagt er freimütig (Thuk. II, 20, letzte Zeile): Das waren die Gedanken des Archidamos, als er in Acharnä verweilte.

Plutarch berichtet in Absatz 33 von den Peloponnesiern, die sich bei Acharnä lagern. Wie wir weiter unten sehen werden, haben die Peloponnesier keineswegs in Acharnä verweilt; vielmehr sind sie von hier aus in das südliche Attika gezogen und haben dort mit den Verwüstungen weiter gemacht.

Plutarch sagt nichts von Oinoë noch von Sommer, wenn er den Einfall des Archidamos in Attika beschreibt; aber sowohl er als auch der "Polemos" (Thuk. II, 20) berichten von einem zögerlichen Verhalten der beiden Oberbefehlshaber, wodurch Unzufriedenheit sowohl in Athen als auch in Sparta aufkam.

Nach Meinung Plutarchs hatte Perikles Bedenken, gegen ein feindliches Heer von sechzigtausend Mann Stärke ins Feld zu ziehen. Die Athener murren und werfen Perikles Feigheit vor, allen voran Kleon, auf den wir noch zu sprechen kommen, der sich zum Wortführer macht. Als Reaktion hierauf veranlasste Perikles eine ähnliche Flottenfahrt, wie sie schon im Vorjahr unternommen worden war:

Plutarch 34: Allein solche Angriffe prallten wirkungslos an Perikles ab. ... und während er eine Flotte von hundert Schiffen nach der Peloponnes schickte, fuhr er selber nicht mit, sondern blieb zu Hause und hielt die Stadt fest in der Hand, bis die Peloponnesier abgezogen waren. ...

Hier liegt offensichtlich eine Verwechslung vor; denn diese Flotte von hundert Schiffen hatte schon im Vorjahr auf die Kriegserklärung der Peloponnesier reagiert (Thuk. II, 23), als die Peisistratiden noch nicht wieder im Lande waren. Plutarch kann aber wegen seines Rückbezuges auf den "Polemos" auch nicht genauer sein als dieser. Ich halte diese Fahrt für die des Vorjahres. Sie fand weder unter der Führung des Xanthippos noch unter der des "Perikles" und auch nicht zur Zeit der Sonnenfinsternis statt, die ins Frühjahr 692 ndFl gehört.

Allerdings sind die Übergänge von der Fahrt bei Plutarch und von der im "Polemos" zu den Ereignissen danach etwas unterschiedlich, was aber meines Erachtens unerheblich ist im Gesamtzusammenhang. Auf den in Thuk. II, 21 gemachten Hinweis auf den spartanischen König Pleistoanax war ich im vorangegangenen Teilkapitel schon eingegangen.

Der Unmut der Athener gegenüber "Perikles" soll sich nach der Peloponnes-Rundfahrt keineswegs verzogen haben. Das ist kein Wunder, denn jetzt brach er erst an, weil jetzt, im Spätjahr 692 ndFl, in dem diese Flottenfahrt bereits stattgefunden hatte, die Peisistratiden wieder zurück in der Stadt waren.

In diesem Jahr, wir schreiben ja schon 693 ndFl, ging "Perikles" vorsichtig zu Werke (Thuk. II, 22): ... Die Reiterei indessen schickte er regelmäßig hinaus, ... Dabei kam es einmal in Phrygia zu einem unbedeutenden Reitertreffen zwischen einem athenischen Reitergeschwader, verstärkt durch Thessalier, und der böotischen Reiterei...

Da sind sie wieder, die Boioter, die ihre Reiterei schon mit den Peloponnesiern vereinigt hatten (Thuk. II, 12) und bei dem Reitergefecht bei Rheitoi gewiss ebenfalls dabei waren (Thuk. II, 19). Aber auch die Thessaler des Philipp sind dabei, der Amphipolis vermutlich in Kürze für die Athener zurückgewinnen wird, das derzeit noch unter dem Einfluss des Spartaners Brasidas steht. Dass die Thessaler auf der Seite der Athener kämpften, beruhte auf dem alten Bundesverhältnis zwischen ihnen (Thuk. II, 22).

Wichtig ist hieran vor allem die Angabe, dass die Athener mit Thessalern verbündet sind, also letzlich mit Philipp, was auf die Anwesenheit der Peisistratiden in Athen hinweist, die ja schon von Eretria auf Euböa aus mit Philipp und den Thessalern Kontakt aufgenommen hatten. Der "Polemos" nennt ihn zwar nicht, aber es handelt sich bei den Führern der Larisäer, Pharsalier, Peirasier, Kranonier, Pyrasier, Gyrtonier und Pheräer (das sind alles thessalische Ortschaften) gewiss um Anführer im Auftrage Philipps. Ihre Namen werden angegeben mit:

Polymedes und Aristonus aus Larisa für die beiden Parteien im Orte (Thuk. II, 22). Es gab also zwei unterschiedliche politische Richtungen in Larisa, die mit der thessalischen Tetrarchie nach dem Tode des Jason (689 ndFl) aufgekommen sein dürften. Neben den nicht genannten Anführern anderer Orte sandten die Pharsalier Menon als Anführer. Wir hatten schon gesehen, dass Brasidas auf seinem Zug durch Thrakien auf zwei deutlich zu unterscheidende politische Parteien traf, von denen die eine zu Athen, die andere zu Sparta tendiert.

Archidamos führt den Krieg wie "Perikles" ebenfalls nur halbherzig und zögerlich. Er erwartet einen Angriff der Athener, der jedoch auf sich warten lässt. Wie weiter oben schon erwähnt, warf man "Perikles" deshalb Feigheit vor.

Thuk. II, 23: Da die Athener nicht zur Schlacht ausrückten, brachen die Peloponnesier von Acharnä auf und verwüsteten noch einige andere Demen, die zwischen den Bergen Parnes und Brilessos liegen. Während sie noch im Lande waren, schickten die Athener die hundert Schiffe ... aus, um die Peloponnes zu umfahren. Die Führung hatten Karkinos, Sohn des Xenotimos, Proteas, Sohn des Epikles, und Sokrates, Sohn des Antigenes.

Es wird nicht gesagt, "Perikles" habe diese Schiffe ausgesandt. Im vorangegangenen Teilkapitel hatte ich diese hundert Schiffe schon als diejenigen bezeichnet, die schon im Vorjahr ausgefahren waren und längst wieder zurück sind. Es bleibt bei nur einer Flottenfahrt um die Peloponnes, und zwar bei der im Jahre 692 ndFl nach der Kriegseröffnung, an welcher weder "Perikles" noch Xanthippos persönlich teilgenommen hat. Thuk. II, 23 fährt fort:

... und die Peloponnesier zogen, nachdem sie in Attika solange verweilt hatten, wie die Lebensmittel ausreichten, durch Böotien wieder davon, auf einem anderen Wege, als sie gekommen waren. ... In der Peloponnes angelangt, zerstreute sich das Heer in die verschiedenen Städte.

Das sieht vordergründig nicht nach Krieg aus; aber es war etwas eingetreten, was nicht zu erwarten war: Die "Pest" war ausgebrochen. Dabei handelte es sich um eine Seuche, die zuerst und vermutlich ausschließlich in Athen auftrat.

Durch die Krankheit, auf die ich weiter unten ausführlich eingehen werde, war Athen gesundheitsgefährdend geworden und vorerst gegen Einfälle geschützt; aber die Bedrohung konnte ansteigen, sobald die Krankheit abgeklungen und Athen geschwächt war. Deshalb wird in Absatz 24 die Sicherung des auf der Akropolis deponierten Staatsschatzes beschrieben.

Thuk. II, 25 führt uns direkt zu Brasidas in Methone, was ebenfalls schon im vorangegangenen Kapitel abgehandelt wurde. Auch Absatz 26 gehört an den Anfang des Krieges:

Um ebendieselbe Zeit (Sommer 431 v.Chr., das heißt im Jahr 693 ndFl, dem ersten Jahr des "kurzen" Krieges) schickten die Athener dreißig Schiffe an die Küste von Lokris, um zugleich Euböa zu schützen. Die Führung hatte Kleopompos, Sohn des Kleinias. Er nahm hie und da Landungen vor, verwüstete die Küstengegenden, eroberte Thronion (in Lokris), nahm Geiseln aus der Stadt mit und besiegte die zur Verteidigung herbeigeeilten Lokrer bei Alope. Auf Kleopompos komme ich weiter unten zurück.

Thuk. II, 27 handelt dann von der Ausweisung der Aigineten durch Perikles, die hier überhaupt keinen Sinn ergibt. Die Vertreibung der Aigineten gehört in eine spätere Phase der athenischen Geschichte. Wenn nun mit dem Absatz 28 auf die Sonnenfinsternis hingewiesen wird, dann gilt das weiter oben schon Gesagte: Sie gehört ins Vorjahr.

Plutarch schildert in (33) schon den aufkommenden Unmut der Athener mit der zögerlichen Kriegsführung des "Perikles" nach dem Einfall der Peloponnesier unter Archidamos in Attika (Acharnä), in (34) die Entsendung der Flotte zur Peloponnes-Rundfahrt ohne "Perikles" sowie dessen Vorgehen gegen Megara, was - wie wir schon gesehen haben - anachronistisch ist, und kommt in demselben Absatz schon auf die "Pest" zu sprechen. Ich nehme hier aus dem "Polemos" das, was diesem zufolge erst im folgenden Jahr geschehen sein soll, schon in dieses Jahr auf:

Thuk. II, 47 fährt nach dem Hinweis auf den zweiten Einfall ohne Absatz fort mit einem Bericht über etwas ganz anderes:

Sie weilten noch kaum einige Tage in Attika, da brach in Athen jene Krankheit aus, die in früheren Zeiten vielerorts gewütet haben soll, so in Lemnos und anderwärts; jedoch ist die Seuche, soviel man weiß, nirgends mit so großer Heftigkeit aufgetreten ...

Der Beginn der Krankheit wird mit dem Aufenthalt der Peloponnesier in Attika synchronisiert, durch Plutarch aber auch mit der Flottenfahrt. Es sieht ganz so aus, als sei Xanthippos schon gleich zu Beginn der Kampfhandlungen krank geworden und habe in Athen das Bett hüten müssen. Er kann sich aber auch irgendwo im Exil aufgehalten haben, da die Peisistratiden wieder in der Stadt sind und von der Krankheit betroffen sein können.

Der Ursprung dieser Krankheit wird in Äthiopien vermutet, von wo sie sich über Ägypten, Libyen und über das ganze persische Reich ausgedehnt haben soll. Der Beschreibung nach könnte es dieselbe sein, die als "Pest" bezeichnet wird und in früheren Zeiten vielerorts gewütet haben soll, so zum Beispiel um das Jahr 675 ndFl schon bis Jerusalem vorgedrungen war. Hiskia war damals betroffen, starb aber nicht daran. Der junge Mursilis II = Schuzub, der Chaldäer = Eumenes verfasste in jenen Tagen seine Pestgedichte.

Der Autor beschreibt die Krankheit, von der er sagt, dass er sie selbst gehabt habe, in allen Einzelheiten. Da die Krankheit von anderen Orten nicht gemeldet wird und da ein zweimaliges Auftreten derselben Krankheit in einem Abstand von achtzehn oder neunzehn Jahren unwahrscheinlich ist, so sehe ich die hier geschilderte Krankheit als nicht identisch mit der aus dem Pestbericht des Jahres 675 ndFl an, die ein größeres Gebiet betraf. Es dürfte sich um eine andere Seuche gehandelt haben, die sich hauptsächlich im Gebiet um Athen auswirkte.

Plutarch zufolge soll Xanthippos, der Sohn des Perikles, mit einer Tochter des Teisandros, einer Enkelin des Epilykos, verheiratet gewesen und an dieser Krankheit gestorben sein. Wegen der allgemeinen Verwirrung ist bei Plutarch die Rolle des Xanthippos ebenfalls verzerrt. Er stellt ihn als den Sohn des Perikles vor, was in Anbetracht des Großvaternamens sogar glaubwürdig wäre, wenn er denn ein Sohn des echten Perikles gewesen wäre. Dieser Sohn soll gegen "Perikles" Opposition gemacht haben. Es kann sich bei dem angeblichen Sohn jedoch um den Vater Xanthippos des Perikles handeln, der gegen "Perikles"-Peisistratos und nicht gegen seinen "Vater" Perikles intrigiert (36)!

Teisandros war bekanntlich auch der Vater des Hippokleides (Herodot VI, 127 ff.: Teilnehmer an der Hochzeit bei Kleisthenes dem Älteren in Sekyon; 660 ndFl) und des Isagoras, zweier namhafter Athener, die ebenfalls in dieser Zeit leben. Der Teisandros bei Herodot würde in konventioneller Sicht nicht der Schwiegervater eines Mannes gewesen sein können, der im Jahre (konv.) 430 bzw. 431 v.Chr. starb. In der berichtigten Geschichte wäre dies möglich: 693 ndFl. Es starb jedoch nicht Xanthippos, der Vater des Perikles; denn dieser Sohn des Ariphron erlebte noch den Perserkrieg (Herodot VIII, 131; IX, 114 und 120).

Epilykos gilt als Erneuerer des Kallias-Vertrages (konv. 424 v.Chr. analog 700 ndFl), was konventionell zu einem Großvater der (ersten?) Gemahlin des Xanthippos, des Vaters des Perikles, passen würde. Dessen Mutter, die jüngere Agariste, kann hier nicht gemeint sein. Sie müsste innerhalb der folgenden Monate diesen Sohn zur Welt bringen (Perikles, geboren 694 ndFl).

Teisandros gehört nicht als Sohn oder Schwiegersohn an Epilykos angehängt. Einem um 640 ndFl geborenen Epilykos könnte um 665 ndFl eine Tochter geboren sein, die von einem um 654 ndFl geborenen Sohn des Teisandros eine um 680 ndFl geborene Tochter bekam, die einen Sohn des Peisistratos (statt des Perikles) heiratete. Dieser Sohn des Peisistratos (* ca. 670 ndFl) dürfte der Verstorbene gewesen sein. Möglicherweise war der um 654 ndFl geborene Teisandros-Sohn Isagoras = Sokrates der Vater jener Tochter, deren Mutter dann Xanthippe geheißen haben und eine Tochter des Epilykos gewesen sein könnte. Auf diese Weise hätte der Name Xanthippos in den verworrenen Zusammenhang bei Plutarch hineingeraten sein können.

Nach der von Plutarch erwähnten Fahrt bricht angeblich schon die Krankheit aus. Hier liegen erhebliche Fehler in der Wiedergabe der zeitlichen Abfolge der Ereignisse in "beiden" ersten Jahren des Krieges vor! Daher verwundert es nicht, wenn Plutarch 35 eine neuerliche Flottenfahrt erwähnt, die diesmal mit hundertfünfzig Schiffen in See sticht, von denen jedoch fünfzig von den Chiern und Lesbiern gestellt worden sein können, wie Thuk. II, 56 für dieselbe Zeit (während der Krankheit) angibt.

Beide Texte beinhalten eine Teilnahme des "Perikles" an dieser Fahrt. Der Anführer der Flotte war weder Perikles noch Peisistratos, sondern kann bestenfalls Xanthippos, der Vater des Perikles, gewesen sein, was ich jedoch nicht für zwingend halte; denn Xanthippos konnte Athen in keinem Fall im Stich lassen. Die Abwesenheit der Peisistratiden endete erst nach dem Start der Peloponnes-Rundfahrt der Flotte. Nach der Rückkehr der Peisistratiden wäre seine Flottenfahrt einer Flucht gleichgekommen; denn Xanthippos war ein Alkmeonide, wenn auch nur ein angeheirateter Verwandter. Doch unter den Peisistratiden hätte er wiederum auch eine gewisse Chance, nicht vertrieben zu werden; denn "Perikles"-Peisistratos war so wenig wie seine Söhne ein Feldherr und bedurfte daher eines solchen.

Es wird überdeutlich, dass sich Plutarch der Angaben aus dem "Polemos" bedient, die er entweder in eine andere Reihenfolge bringt - oder sie waren zu seiner Zeit noch in der von ihm genutzten Weise geordnet! In der Tat wirkt es überzeugender, wenn in Plutarch (35) die "Pest" erst nach der Peloponnesfahrt ausbricht. Im "Polemos" kommt erst die "Pest" (47-54) und danach die Seefahrt mit "Perikles"  (Thuk. II, 56). Diese Reihenfolge ist falsch.

In Übereinstimmung mit Plutarch (35) berichtet auch der "Polemos" von einer zweiten Seefahrt der Athener (Thuk. II, 56), an der "Perikles" persönlich teilnimmt. Mit einer banalen Überleitung von der "Pest" berichtet der "Polemos" zunächst davon, was die Peloponnesier nach der Flachland-Verwüstung anstellten:

So ging es mit der Seuche. Die Peloponnesier aber rückten, nachdem sie das Flachland verwüstet hatten, in die so genannte Paralos-Landschaft bis nach Laurion (südl. Attika) vor, wo die Silberbergwerke der Athener sind. Zunächst verwüsteten sie den nach der Peloponnes zu gelegenen Teil der Paralos, dann den, der sich nach Euböa und Andros hin erstreckt. Perikles, der auch diesmal das Feldherrnamt bekleidete, war noch derselben Meinung wie beim ersten Einfall: dass die Athener nicht ins Feld rücken sollten.

Thuk. II, 56: Aber während sie noch im Flachland standen, also noch nicht die Paralos betreten hatten, hatte er schon hundert Schiffe zur Fahrt nach der Peloponnes ausrüsten lassen und ging, als alles bereit war, mit ihnen in See. Auf diesen Schiffen führte er viertausend athenische Hopliten und auf Pferdetransportschiffen, die damals zum erstenmal aus den alten Schiffen hergestellt wurden, dreihundert Reiter mit. Dem Zuge schlossen sich die Chier und Lesbier mit fünfzig Schiffen an.

Als diese Flotte der Athener auslief, ließen sie die Peloponnesier im Küstengebiet von Attika ruhig stehen.

Nach einigen Verwüstungen und Eroberungsversuchen an der peloponnesischen Küste kehrten die Athener nach Hause zurück, trafen aber die Peloponnesier nicht mehr in Attika an; sie waren schon abgezogen (Thuk. II, 56 Ende).

Wie du mir, so ich dir! War das die Art der Kriegsführung, wie sie den Feldherren oder wie sie den Historiografen eingefallen ist? Verwüstungen in Attika, Verwüstungen auf der Peloponnes, und das nur, um eine Konfrontation der Heere zu vermeiden? Wäre eine Schlacht nicht sinnvoller gewesen? Sinnvoller in militärischer Sicht gewiss - aber auch verlustreicher für die Heere! Solange es nur gegen Zivilisten und deren Hab und Gut ging, das sich plündern ließ, waren die Soldaten bester Stimmung! Ich meine, dass die Reihenfolge der Ereignisse die folgende war:

Lange nach der Sonnenfinsternis, die schon zu Beginn des Jahres 692 ndFl stattgefunden hatte, und nach dem Scheitern der Verhandlungen zur Vermeidung des Krieges brach die athenische Flotte ohne Xanthippos, den Vater des Perikles, unter Führung der (Unter-)Feldherren Hagnon und Kleopompos zu einer Reise um die Peloponnes auf. Zu den hundert athenischen Schiffen hatten sich noch fünfzig aus Chios und Lesbos eingefunden, so dass die Anzahl von hundertfünfzig Schiffen (Plutarch 35) zustande kam.

Sie versuchten vergeblich, Epidauros zu erobern, fuhren über Troizen, Haliais und Hermione bis Lakonien und eroberten und zerstörten hier die Stadt Prasiai. Darauf kehrten sie nach Hause zurück (Thuk. II, 56), während Hippokrates und Demosthenes-Kleisthenes mit Megara beschäftigt waren. Das bedeutet, dass die Peisistratiden noch nicht wieder in der Stadt waren; denn die Alkmeoniden können nicht mit diesen gleichzeitig in Athen sein. Folglich handelt es sich bei der Rückkehr der Flotte immer noch um das Jahr 692 ndFl vor der Rückkehr der Peisistratiden.

Hagnon, der Sohn des Nikias, und Kleopompos, der Sohn des Kleinias, der schon die Expedition nach Lokris geleitet hatte, können beide noch nicht sehr alt gewesen sein, da Nikias zu dieser Zeit ebenfalls noch ein Feldherr der Athener ist und ein anderer Sohn des Kleinias, nämlich Alkibiades, noch ein junger Mann. Kleopompos dürfte ein älterer Bruder des Alkibiades gewesen sein, der ebenfalls als Sohn des Kleinias gilt, und dessen Sohn Kleinias (der Jüng.) auf einem von ihm selbst finanzierten Schiff am Kap Artemision gegen Xerxes siegreich war (728 ndFl; Herodot VIII, 17). Ganz im Sinne der konventionellen Chronologie hält der Herodot-Kommentator diesen Kleinias dann für den Vater des Alkibiades aus dem Peloponnesischen Krieg.

Thuk. II, 57: Während der ganzen Zeit, in der die Peloponnesier auf attischem Boden standen und die Athener mit der Flotte unterwegs waren, raffte die Krankheit die Athener, wie in der Stadt so auf den Schiffen, dahin. Die Flotte war längst wieder zurück, als die Peloponnesier in Attika standen; es waren sogar die Peisistratiden wieder in der Stadt. Erst im Frühjahr (Frühsommer?) 693 ndFl brach die Krankheit aus.

Thuk. II, 27 fährt fort: Daher hieß es, die Peloponnesier hätten sich aus Furcht vor der Seuche - dass sie in der Stadt herrschte, hörten sie von den Überläufern und sahen es an dem Rauch der Scheiterhaufen - schneller aus dem Lande zurückgezogen. Trotzdem weilten sie bei diesem Einfall die längste Zeit im Lande und verwüsteten alle Teile desselben. Etwa vierzig Tage hatten sie auf attischem Boden zugebracht.

Meines Erachtens gehört auch die so genannte "letzte Rede des Perikles" zu der Seuche (Thuk. II, 59-64) und somit ins Jahr 693 ndFl:

"Perikles" wird bedrängt von den Athenern, die sich mit den Peloponnesiern, hauptsächlich natürlich mit den Spartanern, vertragen wollen. Er hält eine fiktive Rede vor der Volksversammlung, seine letzte, und der Autor sagt ganz richtig: (Thuk. II, 65) So ungefähr sprach Perikles. Er erwähnt zwar nicht die "Demokratie", aber er spricht nicht wie ein Tyrann.

Den wahren Grund für das tatenlose Erwarten einer athenischen Reaktion auf seine Streifzüge, die jedoch ebenfalls ausbleibt, sehe ich bei Archidamos in dem Waffenstillstand zwischen Athen und den Peloponnesiern, der jetzt - ohne die Mitwirkung des in Thrakien operierenden Brasidas - geschlossen wurde. Nur so ist auch die Zurückhaltung des "Perikles" zu verstehen, der den Unwillen der Bevölkerung Athens zu spüren bekommt, wie weiter oben schon erwähnt (Thuk. II, 21).

Der Autor/Redakteur sucht krampfhaft nach einer Erklärung für die Untätigkeit auf beiden Seiten, da er nicht mit dem Waffenstillstand rechnen kann, der fälschlich ausschließlich erst für das achte Kriegsjahr vorgesehen ist. Ich halte die "Pest" für den eigentlichen Auslöser der Waffenstillstands-Verhandlungen dieses Jahres; denn ich bin mit Plutarch der Ansicht, dass sie in dieses Jahr gehört und nicht erst ins Jahr (konv.) 430 v.Chr. analog 694 ndFl.

In dieser Ansicht bestärkt mich die Platzierung der Krankheit im "Polemos" an einer Stelle, die wenig überzeugend ist:

Thuk. II, 47: So verlief die Leichenfeier in diesem Winter (gemeint ist konv. der Winter 431/430 v.Chr.). Und als der Winter verflossen war, hatte das erste Jahr dieses Krieges sein Ende erreicht.

Der Text fährt unvermittelt nach einem offenbar größeren Zeilenabstand fort: Gleich zu Anfang des Sommers wiederholten die Peloponnesier und ihre Bundesgenossen ... den Einfall in Attika - die Führung hatte der lakedämonische König Archidamos, Sohn des Zeuxidamos, - und verheerten, nachdem sie einen festen Stand eingenommen, das Land. Sie weilten noch kaum einige Tage in Attika, da brach in Athen jene Krankheit aus, ...

Der Einfall im ersten Jahr des "langen" Krieges fand noch unter Kleomenes statt. Wenn die Peloponnesier diesen Einfall im ersten Jahr des "kurzen" Krieges wiederholten, dann war das der bereits geschilderte Einfall des Archidamos. Darüber berichtet der "Polemos" auch noch nach dem Pestbericht (ab Thuk. II, 55).

Bei Plutarch (34) tritt die Krankheit nach dem Einfall des Archidamos (33) schon auf, wenn er auch die Flottenfahrt, die ja noch ins Jahr 692 ndFl gehört, erst nach diesem Einfall einordnet. Dass er in demselben Absatz auch noch das Märchen von der Vertreibung der Aigineten aus dem "Polemos" aufnimmt, die ganz zweifellos zu dem richtigen Perikles in naher Zukunft erst gehört, ist ohne Bedeutung.

Im "Polemos" findet alles, was im Zusammenhang mit der Sonnenfinsternis (Thuk. II) geschildert wird, im konventionellen Jahr 431 v.Chr. statt, das in Thuk. II, 47 endet. Wenn man bedenkt, dass der Übergang vom Beginn des Absatzes Thuk. II, 47 zu dem, was dann folgt ("Pest" zu Anfang des folgenden Sommers), wenig überzeugend ist, dann liegt es nahe, die Krankheit noch in das Jahr (konv. 431 v.Chr. analog) 693 ndFl zu verlegen, und nicht - wie im "Polemos" gefordert - ins Jahr (konv.) 430 v.Chr. analog 694 ndFl.

Ohnehin hatte ich bereits die Vermutung geäußert, dass die Leichenfeier für die ersten Gefallenen des Krieges (und nicht für die Opfer der Krankheit) noch ins Jahr 692 ndFl (mit der Sonnenfinsternis!) gehöre. Auch insofern wäre der folgende Sommer der des Jahres 693 ndFl gewesen.

Die einzelnen Unterkapitel (Absätze) im "Polemos" ergeben in der bestehenden Reihenfolge keinen Sinn. So behaupte ich auch, dass der auf Thuk. II, 28 (Sonnenfinsternis des Jahres 692 ndFl) folgende Absatz 29 (Nymphodoros), auf den ich weiter unten wieder zurückkomme, tatsächlich ins Jahr (konv.) 431 v.Chr. (analog 693 ndFl) gehört, wo er auch eingeordnet ist, während die Absätze 30-32 (die Athener umschiffen die Peloponnes, erobern Astakos, vertreiben Euarchos, der an anderer Stelle Enarchos heißt, Kämpfe um Megara, Atalante), sowie die Absätze 34-47 (Grabrede des "Perikles") noch ins Jahr (konv.) 432 v.Chr. analog 692 ndFl gehören:

Thuk. II, 32: Auch wurde Ende dieses Sommers die vor dem Lande der Opuntischen Lokrer gelegene Insel Atalante, die bis dahin unbewohnt war, von den Athenern in einen befestigten Platz umgestaltet, damit nicht Seeräuber aus Opus und dem übrigen Lokris kämen und Euböa belästigten.

Euböa war nach der Rückkehr der Peisistratiden nach Athen offenbar zum Zankapfel zwischen Athen und Lokris geworden, denen Euböa vermutlich vorher gehört hatte, bis die Athener es 679 ndFl eroberten.

Die Absetzung des Enarchos/Euarchos soll noch in diesem Winter rückgängig gemacht worden sein (Thuk. II, 33):

Im Winter dieses Jahres, das heißt des Jahres (konv.) 431 v.Chr., analog 693/694 ndFl, bewog der Akarnane Enarchos, den die Athener schon im Vorjahr aus seiner Stadt Astakos vertrieben und dann die Stadt in ihren Bund aufgenommen hatten, die Korinther, mit vierzig Schiffen und fünfzehnhundert Hopliten auszufahren und ihn wieder in seine Herrschaft in Astakos einzusetzen (Thuk. II, 33).

Führer des Heeres waren Euphamidas, der Sohn des Aristonymos, Timoxenos, der Sohn des Timokrates, und Eumachos, der Sohn des Chrysis (oder etwa der Chrysis, der Priesterin aus Argos?). Es gelang ihnen, Enarchos wieder als Tyrann von Astakos in Akarnanien (ein Gebiet zwischen Epirus und dem Golf von Patras bzw. von Korinth) einzusetzen. Es ist meines Erachtens aber auch unerheblich, in welchem Jahr sich dies ereignet hat.

Aristonymos kann jener Dorer gewesen sein, der mit seinen Brüdern nach 624 ndFl auf der Peloponnes einfiel und der auch der Vater des älteren Kleisthenes von Sekyon war, der Nachbarstadt von Korinth. Ein um 635 ndFl geborener Sohn dieses Dorers kann 693 ndFl noch ein korinthisches Heer angeführt haben. Um 635 ndFl wurde auch Peiriandros geboren, der Sohn des Kypselos von Korinth.

Als ganz besonders großes Problem für die Rekonstruktion dieser Phase der griechischen Geschichte erweist sich die unglückliche Vermischung von drei Personen in "Perikles": Einmal ist es sein Vater Xanthippos, der unter dem Namen "Perikles" erscheint, dann ist es der Perikles ähnlich sehende Peisistratos, und hin und wieder ist auch der richtige Perikles gemeint, der hier aber noch gar nicht als Persönlichkeit hingehört, da er soeben erst geboren worden ist.

So müssen wir uns fragen, wer denn derjenige ist, der die harsche Kritik der Massen erfährt: Ist es Peisistratos oder der Feldherr Xanthippos? Plutarch und der "Polemos" sind sich einig, dass sich nach der vermeintlichen Fahrt des "Perikles" um die Peloponnes, bei der sich die Krankheit schon ausgewirkt haben soll, der Unmut der Athener gegen "ihn" noch weiter gesteigert hat. Thuk. II, 59 deutet sogar an, was wir als gegeben annehmen:

Man warf Perikles vor, dass er die Stadt zum Kriege überredet und in all das Unheil hineingestürzt habe, und (man) hatte Lust, den Lakedaimoniern Zugeständnisse zu machen. Es wurden wirklich einige Gesandte nach Sparta geschickt, die aber nichts erreichten.

Ganz verzweifelt griff man nun den Perikles heftig an. Dieser ... berief eine Versammlung - noch war er ja Feldherr - um dem Volke wieder Mut zu machen, den allgemeinen Unwillen zu bannen und die Lenksamkeit und Furchtlosigkeit wieder herzustellen. Er... hielt... folgende Rede: (60-64)

Von einer Rede kann bei dem echten Perikles zu dieser Zeit noch keine Rede sein! Die Athener bemühen sich, während nicht nur Xanthippos, sondern vermutlich auch "Perikles"-Peisistratos, krank liegen, um einen Waffenstillstand mit den Peloponnesiern, der auch zustande kommt. Deshalb waren die Peloponnesier abgezogen. Diese Krankheit, die in der Hauptsache zu dem zögerlichen Verhalten beider Parteien geführt hatte, scheint mir als Grund für Verhandlungen, die zu einem Waffenstillstand führen sollen, hinreichend zu sein. Wie es zu diesem Waffenstillstand kam, wird im Vierten Buch des "Polemos" allerdings keineswegs überzeugend geschildert:

Am Ende des vorigen Teilkapitels hatten wir gesehen, dass sich Brasidas gegen die kleinen Städte in der so genannten Akte gewandt hatte. Die meisten dieser Städte schlossen sich ihm an, nur Sane und Dion widerstrebten (Thuk. IV, 109). Als sie trotz Verwüstung nicht nachgaben, wandte er sich gegen die Stadt Torone, die auf der Chalkidike liegt und zu Athen gehört, weil ihn einige Bewohner zu Hilfe gerufen hatten und bereit waren, ihm die Stadt zu übergeben (Thuk. IV, 110). Das war noch im Winter 692/693 ndFl.

Vor Tagesanbruch lagerte er sich mit dem Heer beim Dioskurentempel, drei Stadien vor der Stadt. Dieser Tempel galt nicht den Herren Kastor und Pollux, die sich derzeit um die Herrschaft über Makedonien streiten, sondern den echten Dioskuren, den Gründern der spartanischen Monarchie. Die athenische Besatzung hatte nichts bemerkt. Unter Führung des Lysistratos aus Olynth machte ein kleiner Trupp die Wachtposten nieder und öffnete das Tor.

Brasidas schickte hundert Peltasten vor, und auf deren Zeichen rückte er mit dem Heer nach und bemächtigte sich der Stadt. Die fünfzig athenischen Hopliten, die in der Stadt waren, retteten sich unter geringen Verlusten zum vorgelagerten, auf einer Landzunge gelegenen Kastell Lekythos, das in den Händen der Athener war. Dorthin kamen auch einige Toronäische Freunde (Thuk. IV, 113). Auch hier fährt Brasidas wieder die "sanfte Tour". Wer in der Stadt bleiben will, kann ohne Verlust seines Eigentums bleiben.

Die Athener sollen jedoch Lekythos räumen. Die zwei Tage Waffenstillstand, die die Athener mit Brasidas vereinbaren, benutzen beide Seiten dazu, sich zu verschanzen. Gegen den Angriff, den Brasidas nach Ablauf der Frist gegen Lekythos führte, konnten sich die Athener einen Tag lang wehren, flohen dann auf Handels- und Kriegsschiffen nach Pallene (Thuk. IV, 116).

Den Rest des Winters (692/693 ndFl) nutzte Brasidas, um in den eroberten Plätzen Ordnung zu schaffen. ... Und als der Winter vorüber war, hatte das achte Jahr des Krieges sein Ende erreicht (Thuk. IV, 116). Bei diesem Winter handelt es sich konventionell um den des Jahres 424/423 v.Chr., das als achtes Jahr des "kurzen" Krieges aufgefasst werden kann.

Bei dem (konv.) Jahr 423 v.Chr. handelt es sich bekanntlich zu einem gewissen Teil auch um das (konv.) Jahr 431 v.Chr., in welchem nach allgemeiner Auffassung der Krieg begonnen haben soll: sieben Jahre vor dem Regierungsantritt des Darius II, der konv. 424 v.Chr. auf den Thron gekommen sein soll, das heißt in demselben Jahr, in dem auch Ereignisse aus dem ersten Kriegsjahr untergebracht worden sind: 692/3 ndFl. Das wiederum sind sieben Jahre vor dem Regierungsantritt des Darius I (700 ndFl), der weitgehend mit Darius II identisch ist.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Stelle in Thuk. IV, 50, die konventionell in den Winter 425/424 v.Chr. eingeordnet ist und die folglich entweder den Übergang vom Jahr 699 zum Jahr 700 ndFl oder vom Jahr 691 zum Jahr 692 ndFl betrifft. Es heißt:

In dem folgenden Winter nahm ein Führer jener athenischen Schiffe, die zu den Bundesgenossen ausgesandt wurden, um Steuern einzuziehen, Aristeides, Sohn des Archippos, den Perser Artaphernes in Eion am Strymon gefangen. Dieser war auf der Reise vom Perserkönig nach Lakedämon. Er wurde nach Athen gebracht und die Briefe, die er bei sich trug, aus der assyrischen Sprache übersetzt und verlesen. Es stand ... darin geschrieben, ... dass der König nicht verstände, was die Lakedämonier von ihm wollten ... wenn sie sich genau erklären wollten, möchten sie doch mit jenem Perser Leute zu ihm schicken. Die Athener befördeten darauf den Artaphernes mit einer Triere nach Ephesos und schickten ihrerseits Gesandte mit. Diese aber erfuhren dort, dass König Artaxerxes, der Sohn des Xerxes, jüngst gestorben sei ... und kehrten nach Hause zurück.

Einen Aristeides, Sohn des Lysimachos, hatten wir schon im Ersten Buch des "Polemos" in der so genannten Pentekontaëtie und im ersten Teil dieses Kapitels als Zeitgenossen des Themistokles (Herodot VIII, 79) kennengelernt. Ob es sich hierbei um denselben handelt wie in Thuk. IV, 50, ist ungewiss. Dass dieser Steuern bei den Bundesgenossen einzieht, spricht dafür, dass der Seebund schon besteht. Auch Bengtson3 (Seite 205), für den in seiner konventionellen Sicht dies keine Frage sein kann, weist in diese Richtung:

Durch die so genannte Kleonschatzung des Jahres 425/424 (v.Chr.) wurden die Tribute neu festgesetzt. Anstatt des Aristeidesphoros von 460 Talenten (1 Talent = ca. 26 kg) ... wurde jetzt die Gesamtsumme auf 1460 Talente erhöht.

Es kann aber auch so gewesen sein, dass es einen Aristeides zu dieser Zeit überhaupt noch nicht gab, sondern dass der Sohn des Lysimachos erst in die Zeit des Themistokles und die Gründung des zweiten Seebundes gehört, des (Attischen bzw.) Athenischen, dessen Kasse sich nicht mehr auf Delos befand. Nach diesem Aristeides war dann der "Aristeides-Träger" benannt, ein Goldbarren von einem Talent Gewicht mit dem Echtheitsstempel des Aristeides. Plutarch (Perikles 12) lässt "Schimpf und Schande" aus dem Volk von Athen über Perikles rufen, weil er die Bundesgelder, das Gemeingut aller Griechen, aus Delos nach Athen geholt hat. Hieran sieht man, wie die irrsinnige Pentekontaëtie des "Polemos"-Redakteurs die Geister nach ihm vernebelt hat. Der Betrag von 1460 Talenten wurde vermutlich von Kleon bei seiner Schatzung zum ersten Seebund, dem Delisch-Attischen, am Beginn des Peloponnesischen Krieges festgelegt. Beim zweiten begnügte man sich mit 460 Talenten, woran man über ein halbes Jahrhundert festgehalten hatte (Bengtson).

Ein Perser Artaphernes, der im Jahre (konv.) 425 v.Chr. in Griechenland auftaucht, kann nicht mehr einer der beiden gewesen sein, die Herodot erwähnt: Vater und Sohn in der Zeit des Darius I und des Xerxes. Der jüngere war im Jahre der Marathonschlacht (konv. 490 v.Chr.) schon nicht mehr ganz jung. Das Jahr 425 könnte er normalerweise nicht mehr in seiner beschriebenen Position erlebt haben. Aber es ist ja auch gar nicht der Jüngere, sondern der Ältere, der in Eion am Strymon aufgegriffen wird. Er ist der Halbbruder des Darius, in dessen Auftrag er nach Lakedaimon reist - aber in welches Jahr gehört dieser Vorfall?

Zweimal stirbt ein Artaxerxes, ein "Großkönig", während des Peloponnesischen Krieges. Einer ist jedoch nicht darunter: Artaxerxes (Longimanus), der Sohn des Xerxes. Diese Manipulation konnte nicht ausbleiben, wenn der Redakteur seine "Pentekontaëtie" über die Runden bringen wollte! Wer aber ist tatsächlich gestorben, Kyros oder Kambyses? Liegt hier in dem Achtjahres-Abstand derer beiden Tode die Ursache für die merkwürdigen Achtjahres-Verschiebungen im "Polemos" ?

Der verworrene Anschluss des Darius II an einen fiktiven Xerxes II ist in Wirklichkeit der Anschluss des Darius III an die Nachfolger des ersten und einzigen Xerxes, und das gehört in die Dreißigerjahre des nächsten Jahrhunderts.

Ich tendiere dazu, Kyros als den verstorbenen Artaxerxes anzusehen und sehe diesen Vorfall daher im Jahre 692 ndFl.

Thuk. IV, 117: Gleich im Frühling des nächsten Jahres schlossen die Lakedämonier und die Athener einen einjährigen Waffenstillstand ab. Dieser zweite Waffenstillstand gehört aber in den Sommer 693 ndFl, während der erste, der zweitägige, noch ins Frühjahr 693 ndFl gehörte. Thuk. IV, 117 fährt fort:

Die Athener wollten, dass Brasidas ihnen keine Stadt weiter abwendig machte, bevor sie sich in Ruhe rüsten konnten, und wollten außerdem, falls sie günstige Bedingungen erreichten, auch auf einen umfassenden Friedensvertrag eingehen; die Lakedämonier, die die Befürchtungen der Athener wohl begriffen, glaubten, diese würden, nachdem sie die Erholung von Not und Mühsal erst gekostet, um so eifriger nach Frieden verlangen und sich unter Rückgabe der Gefangenen zu einem dauernden Übereinkommen verstehn.

Es ist denkbar, dass dieser Waffenstillstand tatsächlich jetzt ebenfalls auf ein Jahr abgeschlossen und deshalb mit dem einjährigen des Laches vermischt wurde, der erst ins achte Kriegsjahr gehört. Der Grund für den einjährigen Waffenstillstand des Laches des Jahres (konv.) 423 v.Chr. würde am Beginn des ersten Jahres des "kurzen" Krieges (konv. 431 v.Chr. entsprechend 693 ndFl) noch keineswegs überzeugen: Das Übel Brasidas war nicht so gewaltig, dass man bei den Athenern von einer Erholung von Not und Mühsal sprechen und schon alles für verloren halten könnte. Der dazu nötige Schrecken war erst die Niederlage der Athener bei Delion im achten Jahr, wo der Waffenstillstand des Laches hingehört.

Allerdings konnte Brasidas an diesem späteren Vertrag nach Delion nicht mehr mitwirken; er war nämlich zu diesem späteren Zeitpunkt bereits tot. Hier hat ganz offensichtlich eine Vermischung stattgefunden. Der jetzige Waffenstillstand wurde nicht wegen etwaiger Kriegsmühen geschlossen, sondern wegen der "Pest".

Besonders die folgende Angabe lässt Spekulationen im Hinblick auf zwei unterschiedliche Waffenstillstände zu:

Thuk. IV, 119 (letzter Absatz): So wurde denn der Waffenstillstand abgeschlossen, und während desselben fanden fortdauernd Verhandlungen über einen längeren Vertrag statt.

Bezeichnend ist, dass der Name des Brasidas nicht nur in dem ganzen Kapitelteil, in dem der Waffenstillstand des Laches besprochen wird (Thuk. IV, 118 und 119), überhaupt nicht erwähnt wird, sondern dass er auch bei den wichtigen Unterzeichnern dieses Vertrages nicht erscheint. Daraus zu schließen, dass der Vertrag des Laches, dessen Name sehr wohl in diesen Absätzen erwähnt wird, nicht zu Lebzeiten des Brasidas abgeschlossen worden ist, erscheint legitim. Es kann jedoch auch ein anderer Grund vorgelegen haben, weshalb Brasidas bei diesem Waffenstillstandsvertrag ausgeschlossen war: die Athener und die Lakedaimonier hatten diesen Vertrag hinter seinem Rücken abgeschlossen.

Bei Plutarch (35) wird "Perikles" ebenfalls angeklagt, ja mit Ostrakismos bedroht, einer Einrichtung, die erst in der endgültigen Demokratie Platz hat und jetzt völlig anachronistisch ist: Der Ostrakismos (von griech. ostrax für Scherbe) oder das Scherbengericht war ein Abstimmungsverfahren unter Verwendung von Tonscherben, mit dem man Politiker aus der Stadt verbannen konnte.

Perikles soll aus seinem Feldherrnamt entfernt werden. Hieran sieht man, dass Herrscher und Feldherr vermischt werden. Der Feldherr Xanthippos liegt krank. Er ist nicht der Verantwortliche in Athen. Bedroht vom Ostrakismos und einer nicht unerheblichen Geldstrafe ist Peisisitratos, der politisch Verantwortliche. Es kommt zum Prozess, in dem der schon erwähnte Kleon die Anklage vertritt. Andere nennen andere Namen für den Ankläger; also auch hier Ungenauigkeiten schon in der frühesten Überlieferung. Plutarch lässt den Ausgang offen und fährt fort mit einem rehabilitierten "Perikles", in dem nach allem Gesagten nur noch Peisistratos zu sehen sein dürfte (37).

Das Wort "Demokratie" taucht in der Bewertung der Rede des "Perikles" erst im Kapitel II, 65 an einer Stelle auf, die eine Kopisteneinfügung reinsten Wassers ist. Hier geht es um die Beurteilung des Perikles, seines Charakters und seiner Bedeutung für Athen:

So bildete sich unter ihm ein Zustand heraus, der nur dem Namen nach eine Demokratie, in Wirklichkeit die Herrschaft des ersten Mannes war.

Hier ist ganz deutlich der Text in eine bestimmte, gewünschte Richtung manipuliert worden.

Im "Polemos" wird "Perikles" unmittelbar nach seiner letzten Rede zu einer Geldstrafe verurteilt (Thuk. II, 65); aber es heißt dort auch:

Nicht lange danach freilich - so pflegt es die Menge zu tun - wählten sie ihn wieder zum Feldherrn und legten die ganze Staatsleitung von neuem in seine Hände. ... Aber er erlebte nur zwei Jahre und sechs Monate des Krieges, und erst, als er gestorben war, erkannte man recht, wie treffend er den Krieg beurteilt hatte.

Dem Feldherrn Xanthippos brauchte weder Prozess noch Rehabilitierung zuteil zu werden. Perikles ist hier nicht mit "Feldherr" gemeint, und Peisistratos war gar keiner. Der aber führte die Staatsgeschäfte, von denen er zunächst wieder entbunden worden war. Seine Rehabilitierung gehört vermutlich erst in das folgende Jahr, sein Tod in den Herbst des Jahr (konv.) 429 v.Chr. analog 695 ndFl: zwei Jahre und sechs Monate nach dem Beginn des ("kurzen") Krieges.

Auffallend ist auch folgende Stelle (immer noch II, 65), die ein Anachronismus sein dürfte, wo es heißt:

Obwohl in Sizilien mit dem übrigen Kriegsmaterial auch der größte Teil der Flotte zugrunde ging, obwohl die Parteiungen in der Stadt fortdauerten, behauptete sich Athen dann freilich immer noch drei Jahre gegen die alten Feinde, zu denen sich noch deren sizilische Verbündete und Athens eigne Bundesgenossen, die zum größten Teil abfielen, gesellten, endlich in späterer Zeit noch Kyros, des Perserkönigs Sohn, der den Peloponnesiern Geld für die Flotte schickte ...

Das sizilische Desaster fand nach konventioneller Ansicht im Jahre 413 v.Chr. statt, also nach bisherigem Kenntnisstand (im Herbst) des Jahres 711 ndFl. Nach meinen neueren Überlegungen (siehe dazu das Unterkapitel Die Jahre 700 bis 703 ndFl!) gehört der Sizilienfeldzug der Athener jedoch in die Jahre 701-703 ndFl. Die Begründung dafür soll hier noch nicht entwickelt werden. Der Autor greift hier in der Zeit voraus, was auch beabsichtigt und aus seiner Sicht möglich ist, da er ja nach dem Krieg erst schreibt; aber der Übersetzer hat den Text eigenmächtig abgeändert in acht Jahre, obwohl es im Original nur drei heißen soll. Er nimmt also an, der Autor habe sich verrechnet. Zwar hat der Krieg im Anschluss an den Untergang der athenischen Sizilienexpedition noch bis (konv.) 404 v.Chr. gedauert, also nach konventioneller Rechnung noch fast neun Jahre; aber in der berichtigten Geschichte liegen noch weitere acht Jahre dazwischen. Sinnvoll wird die Zahl von drei Jahren erst verbunden mit obiger Aktion des jüngeren Kyros, die ins Jahr (konv.) 407 v.Chr. analog 717 ndFl gehört.

Wenn die "Pest" und die Absetzung des "Perikles" noch ins Jahr 693 ndFl gehören, was mit der konventionellen Datierung, die diese Vorgänge im Jahre 430 v.Chr. sieht, nicht übereinstimmt, dann kann das, was im "Polemos" im unmittelbaren Anschluss an die falsch datierte Sonnenfinsternis geschildert wird, tatsächlich - wie im "Polemos" angegeben - noch in den Sommer 431 v.Chr. gehören, wenn auch erst in den Spätsommer oder Herbst, nachdem Peisistratos entmachtet worden war, also ins Jahr 693 ndFl:

Thuk. II, 29: Ferner machten die Athener in diesem Sommer den Nymphodoros, Sohn des Pythes, aus Abdera (Stadt an der Küste Thrakiens), dessen Schwester die Gemahlin des Königs Sitalkes war und der bei seinem Schwager großen Einfluss hatte, zu ihrem Proxenos, obwohl sie ihn früher für ihren Feind gehalten hatten. Sie ließen ihn nach Athen kommen und wollten durch seine Vermittlung den thrakischen König Sitalkes, Sohn des Teres, in ihren Bund ziehen.

Ein Proxenos war ursprünglich nur ein Gastfreund gewesen, wurde mit der Zeit jedoch zu einer politischen Person aufgewertet, vergleichbar mit einem ständigen diplomatischen Vertreter in heutiger Zeit.

Teres hatte das große Königreich der Odrysen begründet und über den größeren Teil von Thrakien ausgedehnt. Ein großer Teil von Thrakien soll damals noch unabhängig gewesen sein (von Persien bzw. Makedonien). Das wird sich bald ändern, wenn die Macht der Perser und der Makedonen zum Eingreifen bereitsteht. Im Bunde mit den Athenern wollen die Odrysen die Macht des Makedonenkönigs Perdikkas niederwerfen, die Athener wollen hauptsächlich die thrakischen Küstengebiete erobern. Auf Thrakien komme ich weiter unten ausführlich zurück.

Nymphodoros brachte das Bündnis mit Sitalkes zustande, den er dazu bringen solle, den Athenern ein thrakisches Heer von Reitern und Leichtbewaffneten zu senden, und erwirkte für Sitalkes' Sohn Sadokos das athenische Bürgerrecht. Das Verhältnis der Athener zu Perdikkas scheint sich ebenfalls gewandelt zu haben:

Sogar einen Vertrag mit Perdikkas vermittelte Nymphodoros den Athenern, die Perdikkas Therme zurückgaben, das sie ihm im Zusammenhang mit dem chalkidischen Feldzug im Bunde mit Philipp genommen hatten.

Thuk. II, 29 (Schluss): Auf diese Weise wurden der thrakische König Sitalkes, Sohn des Teres, und der makedonische König Perdikkas, Sohn des Alexandros, Athens Bundesgenossen.

Das war keine opportunistische Wendung der Peisistratiden; denn Peisistratos war abgesetzt, und Perdikkas wandte sich von dem Spartaner Brasidas ab, um sich mit den Athenern wieder zu vertragen. Im Heer der Athener waren schon thrakische Söldner, wie wir noch sehen werden.

Die Aktivitäten des Brasidas im Frühling des auf den Winter 424/423 v.Chr. folgenden Jahres gehören nicht alle in den hier besprochenen Zusammenhang. Einige können durchaus in jenes Jahr gehören und wurden nur fälschlich noch mit Brasidas verbunden; doch einige der nach dem Waffenstillstand geschilderten Vorgänge können schon in dieses Jahr 693 ndFl gehört haben.

Wenn es in Thuk. IV, 120 heißt, in eben diesen Tagen des Vertragschlusses sei Skione, eine Stadt in Pallene (westlichste Halbinsel der Chalkidike) von Athen abgefallen und zu Brasidas übergegangen, dann können wir davon ausgehen, dass der Abfall Skiones schon in das Jahr 693 ndFl gehört. Brasidas segelte sogleich nach dessen Abfall nach Skione und hielt eine ähnlich Ansprache wie in Akanthos und Torone. Er fügte noch folgendes hinzu:

Sie verdienten alles Lob, dass sie, obwohl die Athener Poteidaia innehätten und Pallene an der Landenge abgesperrt sei, ... sich zur Freiheit ... entschlossen hätten.

Hiermit ist deutlich gesagt, dass wir uns in der Zeit während der Belagerung Poteidaias befinden, die im Winter des Jahres 694/695 ndFl erst abgeschlossen sein wird und von der auch in Thuk. II, 58 (siehe weiter oben) die Rede ist.

(Thuk. IV, 121) Die Skionäer waren stolz auf diese Worte ..., dass sie Brasidas ... öffentlich als dem Befreier Griechenlands einen goldenen Kranz aufsetzten ... Brasidas ließ ihnen ... eine Besatzung da und fuhr zurück, schickte aber bald eine größere Truppenzahl hinüber, die er zum Angriff auf Mende und Poteidaia benutzen wollte.

Brasidas fuhr zurück nach Torone, das auf der Pallene benachbarten Halbinsel der Chalkidike liegt, also auf der mittleren von den dreien. Offenbar hatte er vom Waffenstillstand noch gar nichts gehört; denn als er nach der Pallene hinübersetzen wollte, um gegen Mende und Poteidaia vorzugehen (Thuk. IV, 122), trafen der Athener Aristonymos und der Lakedaimonier Athenaios bei ihm ein, die den Waffenstillstand verkünden sollten. Es stellte sich heraus, dass der Abfall der Skionäer zwei Tage zu spät erfolgt und daher der Waffenstillstand für sie nicht wirksam war. Die Athener wollen daraufhin gegen Skione Krieg führen.

Sie fassten auf Antrag Kleons sofort den Beschluss, Skione zu erobern und - welch schreckliches Wort! - auszumorden. Dazu rüsteten sie sich, während sie sonst alle kriegerischen Unternehmungen einstellten.

Dieser Waffenstillstand dürfte der aus diesem Jahr gewesen sein; denn Kleon und Brasidas gehören in diese Zeit. Wenn Brasidas nichts von diesem Vertrag wusste, dann ist auch seine fehlende Unterschrift unter diesem Vertrag kein ausreichendes Indiz dafür, dass der Laches-Vertrag ins Jahr (konv.) 424/423 v.Chr. gehört, wenn er nicht mehr lebt.

Ich halte dennoch an der Doppelzügigkeit dieses Vertrages fest. Ich bin jedoch der Ansicht - wie ich weiter oben schon sagte -, dass die athenische Sizilien-Expedition, die sowohl mit Laches als auch mit Demosthenes und Nikias verbunden ist, schon die Zeit kurz nach dem Waffenstillstand des Laches betrifft (konv. 423 v.Chr. analog 701 ndFl). Sie fand in kürzerem Anschluss an die "erste Sizilien-Expedition der Athener" statt, die in die Jahre (konv.) 428/427 v.Chr. analog den Jahren 696/697 ndFl datiert wird.

Die zweite Expedition gehört statt in die Jahre (konv.) 415-413 v.Chr. analog 709-711 ndFl in die Jahre (konv.) 423-421 v.Chr. analog 701-703 ndFl, in die auch der Lamische Krieg (konv. 323/322 v.Chr., analog 702/703 ndFl) gehört. Auf diese Weise ließe sich der Tod des Demosthenes im Jahre (konv.) 322 v.Chr. mit seinem Tod im Jahre (konv.) 413 v.Chr. ins Jahr 703 ndFl zusammenführen.

Würde der Nikias-Friede (konv. 421 v.Chr. analog 703 ndFl) aber in dasselbe Jahr wie der Waffenstillstand des Laches gehören (konv. 423 v.Chr. analog 701 ndFl), der die Vorstufe zum Frieden gewesen sein könnte, so könnte dieser Friede mit der Thronbesteigung des Darius im Jahr 700 ndFl zusammenhängen, und Nikias käme noch rechtzeitig zu seinem Tod nach Sizilien (703 ndFl). Hier liegen wieder Kapitel in der falschen Reihenfolge. Darauf gehe ich zu gegebener Zeit selbstverständlich erneut ein.

(Thuk. IV, 123) Auch Mende, eine Pflanzstadt der Eretrier auf Pallene, nutzte die Gelegenheit der Anwesenheit des Brasidas, von Athen abzufallen. Dieser nahm die Stadt auch trotz des herrschenden Waffenstillstandes unter seine Fittiche. Die empörten Athener rüsteten sich, um gegen beide Städte zu ziehen. Daher evakuierte Brasidas die Frauen und Kinder der Skiönäer und Mendäer nach Olynth und stellte sie unter den Schutz des Polydamideas.

Thuk. IV, 123, letzter Satz: Die beiden Städte also bereiteten alles in der Weise vor, als ob die Athener jeden Augenblick erscheinen könnten.

Die Athener waren mit der Flotte, die die Peloponnes umfahren hatte und von Hagnon und Kleopompos befehligt und weiter oben bereits erwähnt wurde (Thuk. II, 58), schon im Vorjahr eingetroffen, als sich Brasidas noch in Methone aufhielt. Diese Flotte beschäftigte sich vierzig Tage mit Poteidaia, bevor Hagnon mit dem durch die Krankheit stark dezimierten Heer wieder heimfuhr. Ob es sich bei dieser Flotte um die von Brasidas gefürchtete gehandelt hat, ist eher zu verneinen. Er meinte gewiss eine neue mit starken Kräften, die dann auch bald eintraf.

Eigenartigerweise befand sich Phormion, dem sich Perdikkas im Jahre 692 ndFl angeschlossen hatte, schon nicht mehr auf der Chalkidike. Wir werden ihm schon bald auf einem anderen Schauplatz begegnen: Naupaktos. Jedenfalls setzen die alten Belagerungstruppen die Belagerung von Poteidaia fort; dessen Kapitulation wird erst im Winter des folgenden Jahres erfolgen.

Das, was jetzt berichtet wird, spräche normalerweise jeder vernünftigen Kriegstaktik Hohn; doch in Anbetracht der Schwächung Athens durch die Krankheit müssen wir dies dennoch glauben:

Thuk. IV, 124: Brasidas und Perdikkas aber unternahmen inzwischen einen zweiten Zug nach Lynkos gegen Arrabaios; ...

Für diesen Zug wäre zwar der Waffenstillstand nicht verbindlich gewesen; dennoch beschleicht uns das Gefühl, dass dieser Zug nicht in die Landschaft passt, da die Gefahr, die von den Athenern ausging, die den Waffenstillstand für gebrochen hielten, noch nicht beseitigt war; aber der Zug gegen Arrabaios gehört wegen der Konsequenzen, die er hat, dennoch in dieses Jahr, während die Bedrohung von Skione und Mende konkrete Formen annimmt. Offenbar trauten die Gegner den Athenern wegen der "Pest" in deren Mauern noch keine große Schlagkraft zu. Thuk. IV, 124ff. fährt fort:

... Perdikkas führte die Heeresmacht seiner makedonischen Untertanen und die Hoplitenscharen der in seinem Lande wohnenden Hellenen ins Feld, Brasidas außer dem Rest seiner Peloponnesier die Chalkidier, Akanthier und sonstigen Städte ... Das hellenische Hoplitenheer betrug im ganzen gegen dreitausend Mann, die makedonische Reiterei, samt der chalkidischen, beinahe tausend Mann; dazu kam ein großer Haufe von Nichtgriechen.

Nach einem ersten Treffen, das für Brasidas und Perdikkas siegreich ausgegangen war, erwarteten beide erst einmal die Illyrer, die von Perdikkas angeworben worden waren. Da erreichte sie die Meldung, dass sich die Illyrer auf die Seite des Arrabaios gestellt hätten. Daraufhin geriet das makedonische Heer in Panik, und Brasidas und Perdikkas mussten sich mit ihren Heeren zurückziehen. Es kam zum Zerwürfnis zwischen den beiden, und Perdikkas sah von nun an Brasidas als seinen Feind an, und gedachte, sich mit den Athenern zu versöhnen (Thuk. IV, 128).

Der Umschwung der Illyrer hängt meines Erachtens mit den Aktivitäten der Thraker zusammen, und die im Zweiten Buch beschriebene neue Freundschaft zwischen Perdikkas und den Athenern erweist sich auch im Vierten Buch als gegeben und gehört folglich hierher: Thuk. IV, 132:

Während der Umwallung von Skione schloss Perdikkas durch einen an die athenischen Feldherren entsandten Herold mit Athen Frieden. Die Ursache war sein Hass gegen Brasidas. ...

Nun wollte gerade der Lakedämonier Ischagoras dem Brasidas auf dem Landwege neue Truppen zuführen, und Perdikkas, der den Athenern gleich nach Abschluss des Bündnisses eine Probe von seiner Treue geben wollte, gewann, teils weil er selber keine Lust mehr hatte, die Peloponnesier in ein Land zu lassen, seine Freunde in Thessalien, indem er sich überall an die Einflussreichen wandte, und verteilte so den Zug und die ganze Unternehmung, so dass das Heer gar nicht den Boden Thessaliens betrat. Jedoch gelangten Ischagoras, Ameinias und Aristeus persönlich zu Brasidas; ...

War Aristeus von den Toten auferstanden? Denn das hätte er getan haben müssen, wenn das soeben Beschriebene in das (konv.) Jahr 424/423 v.Chr. gehören sollte, für das es berichtet wird. Aristeus wird nämlich noch in diesem Jahr (konv. 430 v.Chr.; Thuk. II, 67) hingerichtet. In unserer Sicht bedarf es dieses Wunders nicht; denn die in Thuk. IV, 132 geschilderten Vorgänge liegen in Wirklichkeit noch vor dem konventionellen Jahr 430 v.Chr., und

das Auftauchen des im Zweiten Buch schon hingerichteten Aristeus an einer Stelle im Vierten Buch ist der Beweis für die Richtigkeit meiner Ansicht, dass ein großer Teil der im Vierten Buch geschilderten Vorgänge noch ins Jahr 693 ndFl gehören muss.

Infolgedessen haben wir es jetzt mit denselben Personen und Ereignissen zu tun, über die schon im Zweiten Buch berichtet wird, wo der Wandel des Perdikkas beschrieben wird, der von dem Thraker Sitalkes bei seiner Einführung bei den Athenern unterstützt wird.

Thuk. II, 67: Ende des Sommers (konv. 430 v.Chr.) begaben sich der Korinther Aristeus und die lakedämonischen Gesandten Aneristos, Nikolaos, Stratodemos, der Tegeate Timagoras sowie der Argeier Pollis zum Perserkönig, um ihn um finanzielle Unterstützung und zur Teilnahme am Krieg zu bewegen. Wir erinnern uns an die Stelle in Thuk. IV, 50, die konventionell in den Winter 425/424 v.Chr. eingeordnet worden ist: Artaphernes wartet in Eion am Strymon auf Lakedaimonier, statt derer die Athener kommen, ihn gefangennehmen und seine Briefe lesen. Das hatte ich schon dem Jahr 692 ndFl zugeordnet.

Die peloponnesische Gesandtschaft käme Ende des Sommers (konv. 430 v.Chr. analog) 694 ndFl viel zu spät, um einen Perserkönig bei Laune anzutreffen, den Griechen Unterstützung zu gewähren; denn dieser Perserkönig hieße - wenn der Großkönig gemeint sein sollte - Kambyses. Und der schlägt sich im Jahre 694 ndFl unter dem Namen Bessos mit Alexander herum. Daher schlage ich vor, dass wir diese Gesandtschaft ins Jahr 692 ndFl vorziehen, in dem Kyros starb.

In diesem Frühjahr (konv. 336 v.Chr. analog 693 ndFl) sind Parmenion und Attalos sowie (Mai/Juni konv. 334 v.Chr. analog 693 ndFl) Alexander der Große Nr. 1, der Sohn des Perdikkas, über den Hellespont nach Kleinasien hinübergezogen: Sieg am Grannikos. Den Winter verbrachte Alexander in Gordion ("Gordischer Knoten"). Von kriegerischen Begegnungen in Kleinasien weiß die Gadd-Chronik in diesem und im folgenden Jahr übrigens nichts, und auch das AT kennt den König von Griechenland nur in dessen Alterego Alexander der Große Nr. 2 und zudem nur andeutungsweise (Buch Daniel 11, 2).

Es ist wahrscheinlicher, dass die Peloponnesier zu dem in Chatti-Susa = Hattusas regiernden Schwager des Kambyses, zu Darius-Telepinus = Lipit-Ischtar, dem Sohn des Hystaspes, aufgebrochen sind. Der Argeier Pollis, den ich für den Argeaden Pollis-Pollux-Polydeikes = Philipp I halte, soll sich an dieser Gesandtschaft - so wird ausdrücklich betont - ohne den Auftrag seiner Stadt beteiligt haben. Wen wundert's? War doch Philipp mittlerweile Tagos von Thessalien und hatte mit Argos nicht mehr viel im Sinn. Aber mit Darius wird er sich bald verbünden.

Philipp hatte sich einmal mehr mit den Gegnern der Athener zusammengetan, nachdem die Athener "Perikles"-Peisistratos wegen seiner zögerlichen Kriegsführung, angeblich jedoch unter der Beschuldigung, öffentliche Gelder unterschlagen zu haben, abgesetzt hatten (Bengtson, Seite 200). Hiervon weiß der "Polemos" allerdings nichts.

In Thuk. II, 67 heißt Ameinias indes Ameiniades, Sohn des Philemon, und ist ein Athener, der mit Learchos, dem Sohn des Kalli(m)a(cho)s, bei dem Thrakerkönig Sitalkes mit den spartanischen Gesandten Aneristos, Nikolaos und Stratodemos sowie mit dem Korinther Aristeus und mit dem Tegeaten Timagoras zusammentreffen.

Merkwürdigerweise wird der Athener Ameinia(de)s zu einem Lakedaimonier. Hier scheinen einige Unstimmigkeiten vorzuliegen. Viel wichtiger scheint mir aber die Erkenntnis zu sein, dass wir es in Thuk. II, 67 mit einem Ereignis zu tun haben, das noch in dieses Jahr gehört: (konv.) 430 v.Chr analog 693 ndFl; denn hier haben wir es zweifellos mit der Wandlung des Perdikkas zum Freund der Athener zu tun, die weiter oben schon beschrieben wurde.

Die Nähe des Philipp zu Darius - sein Bruder Perdikkas hat sich dagegen (etwas später) an Kambyses gehalten - spricht auf keinen Fall gegen die Annahme, dass sich die Gesandtschaft nach Susa zu Darius begeben wollte. Vermutlich kam diese Mission nicht zustande, weil sich mittlerweile die Lage in Kleinasien zugespitzt hatte. So besuchen die Abgesandten zunächst den Thrakerkönig Sitalkes, den Sohn des Teres, einen Verbündeten der Athener, den sie zur Lösung seines Bündnisses mit Athen und zum Zug nach Poteidaia mit ihnen überreden wollen. Außerdem soll er ihnen Eintritt verschaffen bei Pharnakes, Sohn des Pharnabazos, der ihnen dann zum König (auch hier steht nicht "Großkönig") weiter helfen soll. Da ist er wieder:

Pharnakes ist Artaphernes der Ältere, der Halbbruder des Darius, der auch Intaphernes und Antipatros heißt, und er ist der Sohn des Pharnaspes = Burnaburiasch, nicht aber des Pharnabazos, der sein Sohn Artaphernes der Jüngere ist. Hier hat der Redakteur die Generationen vertauscht, obwohl Pharnabazos auch konventionell erst gegen Ende des Krieges und danach auftritt. In der Generation vor Pharnakes ist er weder in der konventionellen noch in der richtigen Geschichte erforderlich. Wenn allerdings der jetzige Krieg erst nach dem Perserkrieg stattgefunden haben darf, dann muss dieser Pharnabazos (des Xenophon z.B.) zum Vater eines dritten Artaphernes gemacht werden, der dann mit dem Zweitnamen auch wieder Pharnakes heißen darf. Da aber der Perserkrieg (konv. 480/479 v.Chr. analog 728/729 ndFl) noch bevorsteht, so entfällt diese Variante.

Es waren damals (konv. 430 v.Chr.) auch die oben bereits erwähnten athenischen Gesandten bei Sitalkes: Learchos, der Sohn des Kallimachos (= Kallias), und Ameiniades, der Sohn des Philemon. Denen gelang es, den Sohn Sadokos des Sitalkes, der das athenische Bürgerrecht besaß, dazu zu bewegen, die peloponnesischen Gesandten zu verhaften und an sie auszuliefern. In Athen machte man mit ihnen kurzen Prozess und richtete sie hin, hauptsächlich aus Furcht vor Aristeus, der schon genug Unheil mit Poteidaia angestiftet hätte. Pollis-Philipp dürfte wohl kaum an die Athener ausgeliefert worden sein. Bei der Gelegenheit könnte Sitalkes den Athenern das Versprechen gegeben haben, ihnen bei Poteideia behilflich zu sein, worauf ich noch zu sprechen komme.

Den Lakedaimonier Ischagoras mit dem Athener Isagoras zu identifizieren, ist eine große Verlockung. Sollte dies zutreffen, dann wäre, falls auch die Identifikation Isagoras = Isokrates = Philosoph Sokrates = Philo-krates richtig sein sollte, dieser ein echter Landesverräter gewesen. Als Gegner der Demokraten könnte er sich nach der Absetzung des Peisistratos nicht in Athen sehen lassen. Das spricht dafür, dass sich diese Verhältnisse erst nach Absetzung des Peisistratos eingestellt haben können; denn auch der Friedensvertrag und der Bund mit Perdikkas hätten unter den Peisistratiden keine Chance gehabt.

Perdikkas hatte nicht nur Freunde bei den Thessalern, die - wie alle anderen Hellenen - in jeder Stadt in zwei Parteien gespalten waren: Athenerfreunde = Demokraten (Volkspartei) und Spartafreunde = Konservative. Einer war wohl kaum sein Freund: sein Bruder Philipp, der ihm den Thron in Makedonien streitig machte. Dafür war Philipp aber ein Freund der Peisistratiden, die wiederum keine Anhänger der Volkspartei in Athen waren. Zur Zeit waren die Peisistratiden entmachtet, und Philipp war in Athen nicht gefragt.

Die lakedaimonische Gesandtschaft soll auch junge Leute mitgebracht haben, die in den jetzt zu Sparta gehörenden Städten eingesetzt wurden: Klearidas, Sohn des Kleonymos, in Amphipolis und Pasitelidas, Sohn des Hegesandros, in Torone. Die waren vermutlich noch in der Begleitung der Herolde gekommen, die den Waffenstillstand verkünden sollten - wenn sie denn überhaupt einer Begleitung bedurft hätten.

Thuk. IV, 129: Brasidas fand, als er aus Makedonien nach Torone zurückgekehrt war, dass die Athener Mende bereits genommen hatten. Er blieb in Torone, weil er sich für zu schwach hielt, nach Pallene überzusetzen und einzugreifen, und begnügte sich, Torone zu halten. ...

Die Athener hatten nämlich ... ihre Rüstungen beendet und waren gegen Mende und Skione ausgezogen. Es waren fünfzig Schiffe, darunter zehn aus Chios, tausend athenische Hopliten, sechshundert Bogenschützen, tausend thrakische (!) Söldner und endlich noch Peltasten (!) aus den verbündeten Städten jener Gegend. Die Führung hatten Nikias, Sohn des Nikeratos, und Nikostratos, Sohn des Dieitrephes. Von Potidäa aus waren sie zu Schiffe nach dem Poseidontempel gelangt und waren dann gegen Mende marschiert.

Poseidonion am äußersten Vorsprung der Landspitze, auf der Mende liegt, wird heute Posidi genannt. Die Hauptarbeit bei der Verteidigung der beiden Städte hatte der von Brasidas eingesetzte Polydamidas zu leisten. Zunächst war es gar nicht gut gelaufen für die Athener, bis die Anhänger der Volkspartei in Mende einen Bürgerkrieg gegen die spartafreundliche Partei angezettelt hatten. Dann erst wurden den Athenern die Tore geöffnet. Also auch hier Demokraten im Streit mit konservativen Kräften.

Die Absätze Thuk. IV, 133 und 134 enthalten keinerlei Hinweise auf Brasidas und können somit tatsächlich ins achte Kriegsjahr gehören. Lediglich der Satz Ende des Sommers war die Einschließung Skiones vollendet, und die Athener kehrten unter Zurücklassung einer Wachabteilung mit dem Heere heim, gehört meines Erachtens noch in das Jahr 693 ndFl (konv. 423 bzw. richtiger 431 v.Chr.). In Absatz 135 beginnt dann schon das Jahr (konv.) 422 v.Chr., das jedoch wegen der Erwähnung des Brasidas zunächst das Jahr (konv.) 430 v.Chr. sein dürfte. Darauf gehe ich natürlich weiter unten erst ein.

Bei der Leichenfeier dieses Winters für die Gefallenen des ersten Kriegsjahres handelt es sich um das Jahr 692 ndFl, in dem es schon viele Gefallene gegeben hat. Perikles soll die Rede gehalten haben, was mitsamt dem Redetext natürlich reine Erfindung ist. Dinge werden angesprochen, die nicht in diese Zeit gehören (Thuk. II, 35-46). Dann:

(II, 47), im unmittelbaren Anschluss an die Leichenfeier, hatte das erste Jahr dieses Krieges sein Ende erreicht. Hiermit ist das erste Jahr des "längeren" Krieges gemeint (692 ndFl); doch jetzt endet bereits das erste Jahr des "kürzeren" Krieges (693 ndFl), und "Perikles"-Peisistratos ist vorübergehend wieder einmal entmachtet.

Das Jahr 694 ndFl

Das Fünfte Buch des "Polemos" wird konventionell dem Jahr 422 v.Chr. zugeordnet, dem zehnten Jahr dieses Krieges. Es beginnt mit einem aufschlussreichen Hinweis (Thuk. V, 1):

Im folgenden Sommer war der einjährige Vertrag zur Zeit der Pythischen Spiele abgelaufen. Diese Formulierung lässt die Frage aufkommen, ob damit der einjährige Waffenstillstand des Jahres 693 ndFl gemeint ist oder der Vertrag des Laches aus dem Jahr 701 ndFl, das dem konventionellen Jahr 423 v.Chr. entspricht. Wie leicht zu erkennen ist, können beide Verträge in Frage kommen; denn der Kommentator merkt hier an: Die Pythischen Spiele in Delphi wurden alle vier Jahre, jeweils im dritten Olympiadenjahr, mit musischen und gymnischen Wettkämpfen gefeiert. Sie standen an Bedeutung gleich hinter den Olympischen Spielen. Und daraus zieht der Kommentator den Schluss:

Genau genommen war der einjährige Vertrag schon mit Frühlingsanfang abgelaufen (vgl. IV 117; Eig.Anm.: geschlossen Frühling 423 v.Chr.), während die Pythischen Spiele erst im Hochsommer stattfanden. Man nimmt daher an dieser Stelle eine Textverderbnis an, für die bisher jedoch noch kein befriedigender Verbesserungsvorschlag gemacht werden konnte.

Das Problem hängt doch ganz eindeutig damit zusammen, dass hier zwei verschiedene Waffenstillstandsverträge, die in unterschiedlichen Jahren abgeschlossen wurden und jetzt auslaufen, miteinander vermischt wurden: der eine wurde im Frühjahr und der andere im Sommer abgeschlossen:

Wie im vorigen Teilkapitel bereits gesagt wurde, gehören Delion und der Waffenstillstand des Laches in eine spätere Phase, wie auch angegeben wird, nämlich in die konventionellen Jahre 424/423 v.Chr analog 700/701 ndFl. Brasidas hat hier allerdings nichts mehr verloren; denn er wird in diesem Jahr noch sterben (konv. 422 v.Chr. analog 694 ndFl). Der Waffenstillstand des Laches wird in demselben konventionellen Jahr enden, nämlich im Jahr der Pythischen Spiele 422 v.Chr. (in diesem Falle analog 702 ndFl; "pythische Jahre" sind geradzahlig und nicht durch vier teilbar).

Wie weiter oben schon gesagt wurde, ist der im Pestjahr geschlossene Waffenstillstand mit dem des Laches (Thuk. IV, 118-119) aus dem Jahre (konv.) 423 v.Chr. vermischt worden. Insofern überrascht es nicht, dass anschließend an diesen Waffenstillstand die Begebenheiten um Skione und Mende berichtet werden, die zu Brasidas gehören und deshalb auch schon im Jahre 693 ndFl abgehandelt wurden. Der im Sommer 693 ndFl auf ein Jahr abgeschlossene Waffenstillstand endete folglich schon im Sommer 694 ndFl.

Der Waffenstillstand des Laches gehört in das Jahr nach der Niederlage der Athener bei Delion, also in das (konv.) Jahr 423 v.Chr. analog 701 ndFl, und seine Laufzeit endet somit im Pythischen Jahre 702 ndFl, allerdings im Frühjahr und nicht zur Zeit der Pythischen Spiele. Dies ist die von der Schulwissenschaft vermisste Erklärung für obige Formulierung in Thuk. V, 1!

Der Rest von Thuk. V, 1 gehört in den auslaufenden Vertrag des Jahres 702 ndFl (Reinigung von Delos), während der folgende Absatz in die Zeit nach dem Ablauf des Vertrages aus dem Sommer des Vorjahres gehört:

Thuk. V, 2: Kleon bewog die Athener, ihn nach Ablauf der Waffenruhe in das thrakische Gebiet auszusenden mit zwölfhundert Hopliten und dreihundert Reitern von den Athenern, einer noch größeren Zahl von Bundesgenossen und dreißig Schiffen. Er legte zunächst bei dem noch belagerten Skione an und nahm die Hopliten von der Belagerungsmannschaft mit sich. Weiter schiffte er nach Kophos (auf der Halbinsel Sithonia in Chalkidike), dem Hafen der Toronäer, unfern der Stadt gelegen. Da er von Überläufern erfuhr, dass weder Brasidas in Torone, noch die Besatzung kampffähig sei, rückte er von hier aus mit den Fußtruppen gegen die Stadt und schickte zehn Schiffe aus, die gegen den Hafen herumsegeln sollten. Zuerst gelangte er an die Außenmauer, welche Brasidas zur Einbeziehung der Vorstadt herumgezogen hatte. Ein Stück der alten Mauer hatte dieser eingerissen und so eine einheitliche Stadtfläche geschaffen.

(3) An dieser Bastion setzten sich der lakedämonische Führer Pasitelidas mit seiner Mannschaft sowie die heimische Besatzung gegen die angreifenden Athener zur Wehr...

Am Ende siegten die Athener, eroberten Torone und machten viele Gefangene, darunter Pasitelidas. Brasidas kam nicht mehr rechtzeitig, um Torone zu entsetzen, und zog sich daher wieder zurück. Kleon errichtete Siegeszeichen, legte eine Besatzung nach Torone und umschiffte den Athos und fuhr auf Amphipolis zu.

Die Absätze Thuk. V, 4 und 5 betreffen das Jahr (konv.) 422 v.Chr., die Zeit der Sizilien-Expedition der Athener, analog 702 ndFl.

(6) Kleon, der von Torone gegen Amphipolis herumsegelte, unternahm von Eion aus einen Handstreich auf Stageiros, eine Kolonie der Andrier, konnte sie aber nicht nehmen; dagegen nahm er Galepsos, die Kolonie der Thasier, im Sturm (beide Städte wurden im vorangegangenen Kapitel schon erwähnt).

Nun schickte er Gesandte an Perdikkas, er solle gemäß dem Bundesverhältnis Truppen stellen, ebenso nach Thrakien an Polles, den König der Odomanter, um möglichst viele Thraker anzuwerben. In Erwartung dieser hielt er sich selbst in Eion ruhig. Brasidas .. setzte sich ihm gegenüber auf dem Kerdylion fest. Das ist ein erhöhter, zu Argilos gehöriger Platz jenseits des Flusses (Strymon) unfern von Amphipolis und erwartet den Angriff des Kleon auf diese Stadt, in der Klearides die spartanischen Truppen befehligt.

Kleon will gegen Amphipolis vorgehen, wie er erfolgreich gegen Pylos vorgegangen war. - Wann war das denn? Ist denn der Messenische Krieg schon vorbei? In konventioneller Sicht befinden wir uns im Jahre 422 v.Chr., und der Messenische Krieg (Landung des Demothenes in Pylos) begann im Jahre (konv.) 425 v.Chr., also in unserer Sicht schon im Jahre 691 ndFl, nämlich drei Jahre vor dem in Rede stehenden Jahre 694 ndFl. Der Messenische Krieg begann aber in Wirklichkeit - wie wir schon gesehen haben - im Jahre der Sonnenfinsternis und des kurz darauf eingetretenen Erdbebens in Sparta, also im Jahre 692 ndFl. Die Belagerung der auf dem Ithome-Berg eingeschlossenen Messener-Heiloten hat sogleich begonnen und dauert noch an: neun Jahre, bis 701 ndFl (entsprechend 423 bzw. 369 v.Chr.). 423 v.Chr. ist aber das konventionelle Jahr für den Waffenstillstand des Laches nach der Niederlage der Athener bei Delion unter Hippokrates, dem Mitfeldherrn des Demosthenes. Durch die Vermischung der Waffenstillstände ist es offenbar auch zur Verwechslung des Kleon mit Hippokrates gekommen!

Überraschend für Kleon kommt es zum Ausbruch der Lakedaimonier aus Amphipolis unter Brasidas und Klearides. Kleon wird auf der Flucht von einem myrkinischen Peltasten eingeholt und getötet, Brasidas wird verwundet vom Schlachtfeld getragen, stirbt aber im Lager. Der junge Klearidas überlebt und stellt ein Siegeszeichen auf. Die Bewohner von Amphipolis sollen alles, was an den athenischen Stadtgründer Hagnon erinnerte, vernichtet und für Brasidas ein Denkmal errichtet haben.

Um dieselbe Zeit (Ende des Sommers 430 v.Chr. analog 694 ndFl; Thuk. II, 68) machten die Amprakioten - das sind die Bewohner der Stadt Amprakia am Arachtos-Fluss im südlichen Epirus - einen Zug gegen das amphilochische Argos. Dessen Belagerung endete zwar erfolglos; doch das amphilochische Land wurde von den Amprakioten erobert.

Dieses Argos und das übrige Amphilochien waren Gründungen desselben Amphilochos, des Sohnes von Amphiaraos (= Amphitryon, Orpheus, Strophios), der die Stadt Posideion an der Grenze zwischen Kilikien und Syrien gegründet hatte (Herodot III, 91). Amphilochos soll aus (dem peloponnesischen) Argos gewesen sein und nach dem Trojanischen Krieg aus Verärgerung über die Verhältnisse in seiner Vaterstadt, wo um diese Zeit der argivische Tyrann Diomedes nach der Ausschaltung seines Bruders Thestios-Thyestes Alleinherrscher war, am amprakischen Meerbusen die Stadt gegründet haben, der er dann den Namen seiner Heimatstadt gab. Sollte dies tatsächlich nach dem Trojanischen Krieg geschehen sein, dann kann dieser Amphilochos kein Sohn, sondern bestenfalls ein Ururenkel des Amphiaraos gewesen sein; denn der Zug der Sieben gegen Theben, bei dem Amphiaraos in einer Erdspalte versunken sein soll (als Orpheus in die Unterwelt!), fand im Jahre 519 ndFl statt, mithin 116 Jahre vor dem Trojanischen Krieg. Da Amphiaraos auch keine erkennbare direkte Beziehung zum peloponnesischen Argos hatte, so liegt es nahe, dass bis zu Amphilochos mehrere Generationen verflossen sein können. Andererseits kann Amphilochos als Sohn des Amphiaraos auch an einem etwa hundert Jahre früheren Krieg teilgenommen haben, und die Verhältnisse im peloponnesischen Argos können die Zeit des Lynkeus oder des Hermes betreffen, die ebenfalls unerfreulich für den Vaterlosen gewesen sein können, der nach dem Siebenzug als Kind irgendwie hierher gekommen sein kann.

Herodot kann aber auch etwas anderes gemeint haben: Amphilochos kann als Sohn des Amphiaraos-Orpheus der Gründer Amphilochiens gewesen sein; die Sache mit Argos beträfe dann eine Angelegenheit im Anschluss an den Trojanischen Krieg. Hier bieten sich die Argeier unter Diomedes an, die mit möglicherweise sogar beiden "Dioskuren" auf der Heimreise von Troja waren und sich trennten: Diomedes ging mit Philipp auf die Peloponnes nach Argos, ein Gefolgsmann des Diomedes, der sich mit seinem Herrn entzweit hatte, ging dagegen mit Perdikkas nach Amphilochien und gründete das amphilochische Argos. Von hier aus könnte dann tatsächlich Perdikkas - anstatt bei seiner Mutter geblieben zu sein - den Weg über Epirus, Illyrien und Makedonien nach Phrygien angetreten haben. Vom peloponnesischen Argos wäre der Weg recht umständlich gewesen, und außerdem könnte Perdikkas sogleich in Epirus Olympias geheiratet haben.

Es ist sogar denkbar, dass es Diomedes selbst war, der in dieser Gegend blieb und ein anderer mit Philipp ins peloponnesische Argos ging. Dieser Diomedes könnte dann der Thrakerkönig gleichen Namens gewesen sein, dessen eiserne Rosse Herakles als seine achte Aufgabe zu holen hatte. Er löste das Problem hauptsächlich dadurch, dass er den Rossen ihren eigenen, als grausam bezeichneten Herrn zum Fraß vorwarf. Hier läge dann zwar ein Anachronismus vor, da es sich bei Herakles um einen längst verstorbenen kretischen Statthalter in Hellas handelt; aber bezeichnenderweise ist in der Äthiopis (Vorläufer-Dichtung zur Ilias) von einem jugendlichen Freund des Achilles namens Amphilochos die Rede, einem Sohn des Nestor von Pylos. Dieser junge Mann bleibt indes auf der Walstatt, so dass er als Gründer von Amphilochien nicht in Frage kommt. Irgendwie kreuzen sich die Wege der Sage und der Wirklichkeit immer wieder!

Die Amphilochier und die angrenzenden Amprakioten wohnten einige Zeit gemeinsam in Argos, bis letztere die ersteren aus der Stadt vertrieben. Daraufhin unterwarfen sich die Amphilochier den Akarnaniern, ihren südlichen Nachbarn, und beide riefen die Hilfe der Athener an, die ihnen dreißig Schiffe unter der Führung des Phormion sandten. Argos wurde erstürmt, die Amprakioten in die Sklaverei verkauft, und die Amphilochier und die Akarnanier ließen sich hier gemeinsam nieder. Athen schloss nun ein Bündnis mit den Akarnanen, obwohl sie den Tyrannen Enarchos von Astakos (in Akarnanien) im Jahre 692 ndFl abgesetzt hatten - oder gehört die Absetzung des Enarchos überhaupt erst hierhin? Oder gehört dieser Vertragsabschluss mit der Absetzung des Enarchos/Euarchos ins Jahr 692 ndFl?

Ich halte die richtige Datierung dieser Vorgänge nicht für wichtig; interessant sind immerhin die mit diesen Vorgängen verbundenen Angaben und Hinweise.

Im Winter (430/429 v.Chr. analog 694/695 ndFl) begab sich Phormion mit zwanzig Schiffen auf eine neue Umfahrung der Peloponnes. Bei Naupaktos sperrte er den korinthischen Golf ab, was eine Blockade Korinths bedeutete. Ein anderer Athener, Melesandros, fuhr mit sechs Schiffen nach Karien und Lykien, also nach Kleinasien, um Geld einzutreiben und gegen den Seeraub einzuschreiten, mit dem die Peloponnesier den Handelsverkehr der Athener u. a. mit Phönizien störten. Auf einer Expedition ins lykische Inland wurde er mit vielen seiner Leute getötet.

Von Phokäa in Ionien, auf dem lydischen Festland gegenüber von Lesbos, stammte ein ganz berühmter Seeräuber, der spätere Tyrann Dionysios von Syrakus. Seine Tätigkeit in dieser Disziplin gehört aber erst in eine spätere Phase dieses Krieges (Herodot VI, 11; 17f.). Ob seine Heimat eventuell das sizilische Phokäa nahe Leontini unweit Syrakus war, ist nicht ganz auszuschließen. Es kann aber auch das sizilische Phokäa von Dionysios gegründet worden sein.

Da auch die Kämpfe mit den Peloponnesiern die Athener nicht dazu bewogen hatten, die Belagerung Poteidaias aufzugeben, mussten die Poteidaier im Winter des Jahres 694/5 ndFl (konv. 430/429 v.Chr.) Verhandlungen mit den Athenern aufnehmen wegen der Übergabe der Stadt. Die Bedingungen der athenischen Feldherren Xenophon (es kann hier nicht der Historiograf gleichen Namens gemeint sein), Sohnes des Euripides, und des Hestiodoros, Sohnes des Aristokleides, sowie des Phanomachos, Sohnes des Kallimachos (Thuk. II, 70), waren hart, den Athenern zu Hause jedoch noch nicht hart genug: Die Bewohner mussten ihre Stadt verlassen, und athenische Siedler nahmen sie in Besitz.

Phanomachos kann Phainippos und Kallimachos kann Kallias sein; zwar war Peisistratos in diesem Winter (694/5 ndFl) noch am Leben, doch die Söhne des in Verbannung lebenden Kallias könnten sich mit den Peisistratiden arrangiert haben. Kallimachos von Aphidnai, ein im Jahr der Marathon-Schlacht durch das Bohnenlos gewählter Polemarch in Athen (718 ndFl; Herodot VI, 109ff.), kann ein betagter Kallias gewesen sein, der die Peisistratiden überstanden hatte.

Von einer Zerstörung Poteidaias (wie für 356 v.Chr. unter Philipp gesagt wird) ist keine Rede. Das scheint gegen die Gleichsetzung von Ereignissen aus dem Peloponnesischen Krieg mit solchen aus dem (konv.) vierten Jahrhundert zu sprechen, wie auch die Tatsache, dass 430/429 v.Chr. nur noch die Athener die Belagerer sind, während 356 v.Chr. Philipp für die Einnahme und Zerstörung Poteidaias verantwortlich ist. Das setzt voraus, dass zu diesem Zeitpunkt die Peisistratiden in Athen wieder an den Schalthebeln der Macht sitzen.

Gegen Ende der Regierungszeit des Peisistratos wechselten die Einflüsse der unterschiedlichen Richtungen in Athen. Nicht nur die Stellung des Tyrannen selbst unterlag diesen Schwankungen, sondern auch die Auswahl der Bundesgenossen folgte diesem Wankel. Ob sich Sitalkes trotzdem an sein Versprechen hielt, das er den Athenern gegeben hatte, nämlich ihnen bei Poteidaia behilflich zu sein, bleibt erstmal fraglich.

Thuk. II, 70: Damit endete das zweite Jahr dieses von Thukydides beschriebenen Krieges. Das Jahr 694 ndFl ist aber auch - wie wir gesehen haben - im zehnten Kriegsjahr enthalten (konv. 422 v.Chr.), in dem der Waffenstillstand des Laches ausläuft, nicht jedoch der hinter dem Rücken des Brasidas geschlossene; der ist in diesem Jahr schon ausgelaufen.

Thrakien

Es ist gewiss kein Zufall, dass zu Beginn des Peloponnesischen Krieges die Thraker als Feinde oder Verbündete der in diesen Krieg verwickelten Parteien auftreten; denn das Interesse der griechischen Städte und auch der Perser an den nördlichen Nachbarn auf dem Balkan war durch die Querverbindungen mit den thrakischen Chalkidiern und den thrakischen Bewohnern der Chersonesos stark gestiegen. Solange die Illyrer und Makedonen sich ruhig verhalten hatten, war keine Gefahr von Thrakien ausgegangen. Nach dem Illyrerzug der Brüder Perdikkas und Philipp I in den Jahren 687/688 ndFl steht nun schon bald der Skythenzug des Darius an mit seinen Gefolgsleuten, darunter wieder Philipp I. Auf dieses Unternehmen, über das Herodot ausführlich berichtet, komme ich zu gegebener Zeit natürlich zu sprechen.

Aus gegebenem Anlass wollen wir uns an dieser Stelle die unterschiedlichen Thrakerreiche und -herrscher im groben Überblick ansehen:

König von Thrakien ist zu dieser Zeit Sitalkes (konv. bis 424 v.Chr.), der Sohn des Odrysenkönigs Teres (I). Dieser hatte eine seiner Töchter dem Skythenkönig Ariapeithes zur Frau gegeben, den auch Herodot erwähnt.

(Herod., IV 78): Der König der Skythen, Ariapeithes, hatte außer anderen Kindern auch einen Sohn Skyles. Aus Istrie (an der Küste der heutigen Dobrudscha in Rumänien zwischen Donaudelta, Donau und Schwarzem Meer; Istros ist der antike Name der Donau) stammte seine Mutter und war keine Skythin. Sie lehrte ihren Sohn die griechische Sprache und Schrift. Bald darauf wurde Ariapeithes von dem König der Agathyrsen Spargapeithes hinterlistig ermordet, und Skyles gelangte auf den Thron. Er nahm eine Frau seines Vaters, namens Opoia, zum Weibe. Diese Opoia war eine Skythin und hatte von Ariapeithes einen Sohn, namens Orikos.

Die Mutter des Skyles könnte die Tochter des Teres gewesen sein, falls dessen engere Heimat Ostthrakien die Dobrudscha gewesen sein sollte.

Sitalkes' Nachfolger (es wird nicht gesagt "der Sohn") ist nicht der schon erwähnte Sohn Sadokos, sondern Seuthes I (424-? v.Chr., mithin um 700 ndFl), der angebliche jüngere Bruder des Sparadokos (um 424 v.Chr.), der wiederum nur schwerlich mit Sadokos identisch sein kann; denn wenn Sparadokos ein Bruder des Seuthes gewesen sein soll, dann kann er nur ein Thyner, aber kein Odryse sein. Deswegen ist auch seine Identität mit Spargapeithes zu verwerfen, der zu den Agathyrsen gehörte, die wiederum kaum mit den Thynern gleichzusetzen sein dürften. Vielmehr halte ich den Agathyrsen Spargapeithes für den Urartäer Spargapises = Argischti II, der im Jahre 686 ndFl von Rusa IV = Kyros ermordet wurde. Der Mord an Ariapeithes müsste deshalb schon davor stattgefunden haben.

Thrakische Herrscher 
Teres (I Odryse)
* ca. 630 ndFl
+------------+-------------+----------------+
Sitalkes     (A)Medokos    Tochter          Tochter
* ca. 653    * ca. 657     * ca. 657        * ca. 660 ndFl
     ndFl         ndFl          ndFl        oo Ariapeithes
(bis 424)    (um 400)      oo Maisades      * ca. 650 ndFl
oo Schwester               * ca. 645 ndFl   (Skythenkönig,
des Nymphodoros,           | (Thyner)       ermordet von
Tochter des Pythes         |                dem Agathyrsen
aus Abdera (Thrak.)        |                Spargapeithes
|           +--------------+                um 685 ndFl)
|           |              |                |
Sadokos     Sparadokos     Seuthes (I/II)   Skyles
* ca. 675   * ca. 672      * ca. 674 ndFl   * ca. 673 ndFl
     ndFl        ndFl      (um 424- um 400) starb vor oder
                           Gefolgsmann      in der Zeit
                           des Medokos;     Herodots
                           oo Stratonike,
                           T. d. Perdikkas
Kursive Jahreszahlen v.Chr. nach konventioneller Angabe


Frühestens aus der Zeit des Sparadokos, also um 424 v.Chr. konv., liegen thrakische Münzen vor, angeblich auch aus dem 6. Jhdt. v.Chr.: Dekadrachme des Derronen-Stammes. Die Münzen können wegen der chaotischen konventionellen Chronologie durchaus zeitgleich sein, angeblich jüngere können sogar älter sein! Es ist die Zeit, in der Darius in dieser Gegend Herodot zufolge die Münzen eingeführt haben soll.

Wenn Seuthes I mit dem nun folgenden identisch sein sollte, was zeitlich vertretbar ist, dann war er tatsächlich nicht der Sohn des Sitalkes.

Seuthes II, zu dem Xenophon kurz nach seiner Anabasis (um 400 v.Chr. konv., analog 725 ndFl) kam, war der Sohn des Thynerkönigs Maisades und ein Gefolgsmann des Odrysenkönigs Medokos. Maisades war gewiss der Schwiegersohn des Teres, und Seuthes war der Enkel des Teres. Seuthes II wird als Vater des Kotys I (383-360 v.Chr.) angesehen, der die konventionellen Regierungszeiten für Amyntas III (nur teilweise), Alexander II, Ptolemaios Aloros und Perdikkas III abdeckt. Er versuchte die thrakische Chersones - mit einigem Erfolg - an sich zu bringen, wurde jedoch von zwei Einwohnern von Ainos ermordet. Vor Kotys regierte in Thrakien Hebrizelmos (389-384 v.Chr.).

Kotys kann kaum ein Sohn des Seuthes gewesen sein, da er älter als dieser gewesen sein muss. Die thrakische Chersones wurde von den Athenern um die Zeit des Miltiades des Älteren gewonnen, also in der zweiten Hälfte des siebten nachsintflutlichen Jahrhunderts! (Siehe dazu das Kapitel Hellas vor dem Peloponnesischen Krieg!) Möglicherweise handelt es sich bei Kotys I um den Edonen-/Thynerkönig, dem die Athener die Niederlage bei Drabeskos (konv. 464 v.Chr.) zu verdanken haben. Kotys wird als schlau und jähzornig beschrieben. Er soll Iphikrates und Charidemos, zwei Strategen griechischer Herkunft, in seine Dienste gestellt und jedem eine Tochter zur Frau gegeben haben. Charidemos-Kimon diente auch noch dem Nachfolger Kersobleptes des Kotys I. Da Kersobleptes nicht nur ein Zeitgenosse des Philipp (I) war, sondern dieser selbst, so wird hierdurch bestätigt, dass Kotys (I) noch vor seinem angeblichen Vater Seuthes regiert hat. Iphikrates gehört ebenfalls in die Zeit vor dem Perserkrieg, also auch in die Zeit des Xenophon und des Seuthes.

Kersobleptes (konv. 359-348 v.Chr.) lag im Streit mit dem Nachfolger Amadokos (konv. 359-351 v.Chr.) des Medokos, als Philipp (I statt II) von Makedonien Amphipolis besetzte, über den Strymon zog und sich in Krenides festsetzte. Dort hatte Thasos kurz zuvor eine Kolonie gegründet, die Philipp zu einer makedonischen Stadt machte und Philippi nannte. Nachdem Philipp, die Uneinigkeiten im Odrysenreich ausnutzend, nach Einnahme der Gebiete der thrakischen Stämme ins Odrysenreich eingedrungen war, mussten Amadokos und Kersobleptes die Oberherrschaft der Makedonen anerkennen. So die Ansicht der modernen Historiker.

Da aber Philipp I von Thessalien (und Teilen Thrakiens) mit Kersobleptes identisch und nicht der König von Makedonien ist, so muss es wohl heißen, dass (A)Madokos die Oberherrschaft des Thrako-Thessalers Philipp = Cherso-Pelops, Kersobleptes (des Namensgebers der Chersonesos wie der Peloponnesos?) anerkennen musste. Der Thrakerkönig Amadokos kann mit seinem angeblichen Vorgänger Medokos identisch sein, womit der Ansicht des Iwan Wendekow ("Das Gold der Thraker") widersprochen würde, der Amadokos als den Nachfolger des Medokos ansieht; gefolgt würde der allgemein gültigen Ansicht, nach der beide Namen synonym sind, also für eine einzige Person stehen können. In den Hellenika (IV 8,26) steht Amedokos, was tatsächlich nur eine andere Form von Medokos sein kann.

Medokos, König der Odrysen (Anab. VII 2,31ff), bot seinem Vasallen Seuthes Schutz, bis er mit seiner und der Unterstützung der Kyreier (das sind die mit Xenophon aus Babylonien zurückgekehrten und bei Seuthes untergekommenen Söldner des Kyros des Jüngeren) sein altes Herrschaftsgebiet, den südlichen Teil Thrakiens, zurückerobert hatte. Dies gehört etwa in das Jahr 725 ndFl.

In Thrakien regieren zur selben Zeit außer den erwähnten Ketriporis (um 356 v.Chr.) und Teres II (um 348 v.Chr.). Der Odryse Teres I, der zuversichtlich identisch ist mit dem Odrysenfürsten Teres (Anab. VII 2,22), der "nach dem Abzug der Perser im Jahre (konv.) 450 v.Chr. Ostthrakien unter seiner Herrschaft einigte", gilt als ein Vorfahre des Seuthes II, hingegen ist der Odryse Teres II des letzteren Zeitgenosse (Anab. VII 5,1), was schwerlich noch mit dem ersten Teres in Einklang zu bringen wäre, der längst verstorben sein müsste, und zwar schon lange vor dem Perserkrieg. Als Vasall des Seuthes erscheint in der Anabasis (um 400 v.Chr.) ein Medosades. Weitere Thrakerkönige sind:

Seuthes III (ca. 324-311 v.Chr.), der zuversichtlich mit dem ersten und zweiten identisch (Anab. VII 1,5 ff.) ist, und Lysimachos (306-280 v.Chr.), einer der Diadochen, auf dessen Münzen sich der Kopf Alexanders des Großen befinden soll. Zu seiner Zeit bildet sich unter Seuthes III, dem Beherrscher des Rosentals, ein Bündnis kleiner Dynasten, ein anderes unter Dromichaites, dem König der Geten, zwischen denen einerseits und Lysimachos andererseits es zu Zusammenstößen kam.

Im Anschluss an diese ergebnislosen aber kräftezehrenden Kämpfe wandten sich die Kelten oder Galater, die mittlerweile in Makedonien und Thessalien eingefallen waren, nach Thrakien, wo sich einige Gruppen ansiedelten und zwischen (konv.) 279 und 216 v.Chr. ein Königreich gründeten. Auch die folgenden Herren gelten als Könige von Thrakien:

Philipp II (382-336 v.Chr.), der hier natürlich hauptsächlich für Philipp I steht, sodann sein Sohn Alexander der Große (336-326 v.Chr.), und zwar die Nummer 1, also der Neffe von Philipp I, und Philipp III (317 v.Chr.), den es gar nicht gegeben hat, da er mit Philipp I identisch ist. Bei Philipp III handelt es sich angeblich um den schwachsinnigen Halbbruder Arrhidaios Alexanders des Großen, der jedoch der Halbbruder des Philipp I ist, der nur durch die konventionellen Missverständnisse zu Philipp III geworden ist. Es handelte sich bekanntlich hierbei um zwei verschiedene Thronfolgen, wie sie an anderer Stelle schon besprochen wurden.

Die Triballer, die sich die Auseinandersetzungen zwischen den Odrysen und den Makedonen zunutze machten, dehnten ihr Gebiet im Osten, zwischen der Donau und dem Balkangebirge aus; indem sie odrysisches Land eroberten, unterwarfen sie Südthrakien fast bis zum Balkangebirge. Um sich vor den Makedonen zu schützen, gab Kotylas, der König der Geten, (könnte mit Kotys identisch sein!) Philipp II seine Tochter zur Frau. Erst Alexander III der Große griff die Triballer an und besiegte sie. Bei Philipp handelt es sich definitiv um Philipp I. Philipp (angeblich II; konv. im Jahre 342 v.Chr.) benannte die thrakische Stadt Evmolpia (Eumolpia; der Name geht auf den Meder Eumolpos, Eopalamos oder Oimubal zurück, der dem König Kekrops von Athen seine Tochter Metiadusa zur Frau gab) nach sich selbst Philippopolis, das die Thraker danach Pulpudeva nannten und das heute Plovdiv heißt (in Bulgarien, im Rhodope-Gebirge am Fluss Mariza). Die Römer nannten die Stadt Trimontium und bei den Slawen hieß sie Puldin.

Bei Alexander ist wohl auch der Große Nr. 1 = Archelaos I gemeint, in dessen Zeit wir uns jetzt befinden. Vermeintlich nach dem Tode Alexanders wurde der "Diadoche" Lysimachos durch die Beschlüsse von Triparadeisos (= Hattusas) zum Herrscher über Thrakien bestimmt. Es ist nicht der Tod eines Alexander und auch nicht der des Kambyses gemeint. Es geht um den Regierungsantritt des Darius als Großkönig im Jahre 700 ndFl nach der Entlarvung des Pseudo-Smerdis.

Schlussbemerkung

Wie der Leser schon bemerkt haben dürfte, könnte sich eine eingehende Besprechung des Peloponnesischen Krieges, in der auf alle Einzelheiten eingegangen werden soll, allzu leicht zu einem neuen "Polemos" ausweiten. Es soll hier aber kein neues Buch über diesen Krieg geschrieben werden, sondern nur dessen Verlauf richtig in die Umfeldgeschichte eingebaut werden. Da sich nun sowohl diese als auch der Peloponnesische Krieg konventionell und überlieferungsbedingt in einem jämmerlichen Zustand befinden, so ist es für mich gar nicht immer leicht, die Wahrheit herauszubekommen und dem Leser glaubhaft zu vermitteln. Der Leser hat jedoch in den vorangegangenen Teilkapiteln einen Eindruck bekommen, wie verworren dieser Krieg überliefert worden ist, und wie ich trotzdem immer eine einleuchtende Korrektur vornehmen konnte. Daher sollte er mir vertrauen, wenn ich nicht über jeden Schritt Rechenschaft ablege. Die nun folgenden Kapitel werden mit weniger Einzelheiten und weniger Erklärungen auskommen müssen.

Darüber hinaus bleibt es bei meinem Eingeständnis, dass ein derartiges Chaos, wie es in den alten Schriften überliefert wird, weder von mir noch von anderen in ein der Wahrheit voll und ganz entsprechendes Geschichtswerk überführt werden kann. Das hält mich indes nicht davon ab, eine in sich logische Rekonstruktion zu versuchen.

Letzter Stand: 15. Dezember 2013

 


 

1 Plutarch, Perikles, übertragen von Walter Wuhrmann, Erläuterungen und Nachwort von Konrat Ziegler, Reclam Universal-Bibliothek, Philipp Reclam jun. Stuttgart
2 Plutarch, Perikles 7
3 Hermann Bengtson, Griechische Geschichte, Verlag C.H.Beck, München
Die Geschichte des Altertums in neuer Sicht Band 1 bis 3 der Geschichte des Altertums in neuer Sicht
gibt es inzwischen auch gedruckt.

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