Fünftes Buch: Die Plagen des Pharao

2. Kapitel: Der Neubeginn in Ägypten

Wie im vorangegangenen Kapitel schon gesagt wurde, fasste sich Chus als die Wiedergeburt des Seth bzw. der Sethariden auf, seiner Vorfahren mütterlicherseits (siehe das Schema weiter unten!). Nach seiner Thronbesteigung nannte er sich Necht-Zed(Seth)-ka-Re = Se-ne-user-Re Cha-cheperu-ka-Re (teilweise auch gelesen: Cha-kau-Re oder Cha-cheper-Re; der Pharaonenname enthält das Mehrzahl-u). Die Namen, unter denen Chus durch die Dynastien verstreut ist, liste ich nachstehend genauso auf, wie ich es bei Djoser schon getan habe:

Die Namensliste des Chus
5. Dynastie: Isesi Zed-ka-Re, woraus Sisiphos, Assur-Re-Isisi = "Assur-resch-ischi" abzuleiten ist; um 2500 v.Chr. (In derselben Dynastie müsste auch der Name Kakai vorkommen, des Sohnes der Frau des Re-Priesters; doch der fehlt!)
12. Dynastie: Sesostris II Cha-cheper-Re, 1906-1888 v.Chr. Sesostris III Cha-kau-Re, 1887-1850 v.Chr.

Es wird eine gemeinsame Regierung von "Vater und Sohn" im Jahre 1887/8 v.Chr. vermutet.

13./14. Dyn.: Cha-n(a)k-Re Sebek-hotep, Nachfolger des User-ka-Re Chen-zer, 18. Jhdt. v.Chr; letzterer ist mit Chian-Djoser identisch.
18. Dynastie: "Thutmoses I", Sohn des Achmose angeblich mit einer Nebenfrau; Gemahl der Achmes, der Tochter des Achmose mit Achmes-Nefertari, Vater der Hatschepsut; er ist jedoch nicht A-cheper-ka-Re! 1530-1520 v.Chr.
20. Dynastie: User-chau-Re Necht-Seth bzw. Seth-Nacht, der Vorgänger Ramses' III, zum Teil identisch mit Sethos I aus der 19. Dynastie, dem Vorgänger Ramses' II, worauf an anderer Stelle eingegangen wird; 1200-1198 v.Chr. (Hier ist eine vollständige Identifizierung mit Chus nicht möglich, da für Sethnacht eine Mumie vorgezeigt wird, bei der es sich demnach um einen anderen Verstorbenen handeln muss.)
22./23. Dyn.: Scheschonk(= Ches-cha-nak)-Takelotis Ches-cheper-Re ; zwischen 950 und 730 v.Chr.

Wen es wundert, dass ein einzelner Pharao so viele Namen haben konnte, der sollte sich in den europäischen Adelshäusern Rat holen. Auch hier gab und gibt es heute noch sehr ausführliche Titulaturen, in denen Angaben in bezug auf Herkunft und Herrschaftsbereich enthalten sind. Nicht anders war es bei den Pharaonen. Hinter ihren mitunter etwas willkürlich zusammengesetzt erscheinenden Namen bzw. Titulaturen verbergen sich ebenfalls dynastische Hinweise auf ihre Herkunft. Eine Titulatur wurde von den Priestern für die Pharaonen "gemacht", wie deutlich gesagt wird. Das bot denen Gelegenheit, ihren Sinn für Wortspielereien zu nutzen. Viele Namen sind so raffiniert mehrdeutig, dass es eine ganze Disziplin beschäftigen würde, diese Kreuzworträtsel, Rösselsprünge, Palindrome und magischen Quadrate alle zu lösen. Übrigens gehen diese aus dem modernen Blätterwald nicht wegzudenkenden Freizeitbeschäftigungen ausnahmslos auf die ägyptischen Priester zurück, die es zudem mit der Schreibung in Hieroglyphen sehr einfach hatten; denn eine Orthographie im heutigen Sinne gab es damals nicht, und die Schreibrichtung war bei den Ägyptern variabel, wenn auch überwiegend von rechts nach links oder von oben nach unten geschrieben wurde.

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|                 Die Sethariden-Familie                 |
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           ZEUS I            =         ADAM I
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SETH I   = DOROS-HEPHAISTOS  = (TUBAL-)KAIN, ENOS-KENAN
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SETH II  = TEKTAMUS          = "ISAAK" TACHTIM, TOCHU-ETAM
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SETH III = ASTERION-POSEIDON = ACH-TIT(AN) = RE-HARACHTE
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SETH IV  = RADAMANTHOS-ATLAS = SCHU-THUM, TEM, ATON,
oo                             |          |
NEPHTHYS                       |          |
|                              |          |
KASSIOPEIA oo CHEOPS-KEPHEUS   GEB   =    ANUBIS-PHIOPS
                     |
SETH IV  = CETUS mit ANDROMEDA = NECHT   =   ALKMENE
         = ZETOS     .           |           |
                     .           NACHT-TIT = HERAKLES
                     .
ACHMOSE-PTAHHOTEP oo ANDROMEDA = TA-HAPI-NECHT
                                 |
                              1. DJOSER-CHEPERKARE
                              2. CHUS-NECHT-ZET(HOS)
                              3. AMENHOTEP-AMPHION
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Wie ich schon im Vorwort des ersten Bandes zu der Namensvielfalt altorientalischer Herrscher sagte, stehen gewiss auch spätere Historiker vor Problemen, wenn sie sichern sollen, dass Friedrich II von Preußen aus dem Hause Hohenzollern derselbe ist wie der Alte Fritz und Friedrich der Große oder Fridericus Rex. Dies sollte bedacht werden, wenn dem Leser meine "Identifizierungskampagne" zu abenteuerlich vorkommt; aber die Annahme, ein Herrscher, der den Namen Cha-kau-Re trägt, könne nicht auch Zed-ka-Re heißen, erscheint in Anbetracht der Namensfülle in einer Titulatur ausgesprochen naiv.

Die Tatsache, dass Isesi Zed-ka-Re sowohl mit Sisiphos als auch mit Assur-resch-ischi identisch ist, bedeutet nicht, dass diese beiden ebenfalls um 2500 v.Chr. gelebt hätten; es werden für Assur-resch-ischi I, den Vater Tiglath-Pilesers I, 1127-1116 v.Chr., und für Assur-resch-ischi II, den Vater von Tiglath-Pileser II, ca. 1000 bis 967 v.Chr. als Regierungsjahre angegeben. Selbstverständlich sind der Vater I und II ebenso miteinander gleichzusetzen wie der Sohn I und II, der auch mit Tiglath-Pileser III (und noch weiteren assyrischen Königen) identisch ist. Sisiphos ist überhaupt nicht zu datieren, da er angeblich eine rein mythologische Figur ist. Auch da sind wir besser im Bilde.

Es ist hier die Gelegenheit, danach zu fragen, warum die konventionelle Chronologie von der "Zwischenzeit" nach dem Tode des Achmose Se-chetep-ib-Re bis zum Regierungsantritt seines Sohnes Sesostris-Amenophis I nichts wissen will. Da folgt auf Achmose, den "Gründer des Neuen Reiches", in der 18. Dynastie unmittelbar sein Sohn Amenophis I, und in der 12. Dynastie lässt man auf Amenemhet I, den "Gründer des Mittleren Reiches", ohne Übergang dessen Sohn Sesostris I Cheperkare folgen, obwohl der Sinuhe-Report hieran größte Zweifel aufkommen lässt. Außerdem hieß der Vater Cheperkares gar nicht Amenemhet! Diese falsche Namensgebung beruht auf der Verwechslung der Gründung des "Mittleren Reiches" mit dem Umsturz des Ameni = Amenemhet = A-Men-kau-Hor bzw. -Re, also des Mykerinos aus der 4. Dynastie, der seinen Herrn Seanchkere aus der 11. Dynastie absetzte. Da man diesen Vorgang irrtümlich mit der "Gründung des Mittleren Reiches" durch Se-chetep-ib-Re aus der 12. Dynastie verbindet, übertrug man auf ihn den Namen Amenemhet. Man hält aber auch Mentuhotep (III) Neb-chepet-Re aus der 11. Dynastie für den Gründer des "Mittleren Reiches". Dieser ist sowohl mit Se-chetep-ib-Re als auch mit dem "Gründer des Neuen Reiches" identisch.

Derselbe Vorgang spielt sich beim Übergang von der 17. zur 18. Dynastie ab: Hier heißt derselbe Seanchkere (aus der 11. Dynastie) Sekenenre und gilt als letzter Pharao der 17. Dynastie. Sein Nachfolger heißt Achmose Neb-pechti-Re, der als Gründer des "Neuen Reiches" (18. Dynastie) gilt. Er ist selbstverständlich ein Alterego der beiden anderen Reichsgründer: chepet = chetep = pechti (die Reihenfolge in der Schreibweise ch.t.p ist beliebig) = Ptah.

Entsprechend verworren sind die Dynastien 12 und 18, die im Prinzip miteinander identisch sind, wie aus den nachstehenden Aufstellungen ersichtlich ist. Mitglieder der beiden Dynastien, die nicht in beiden erscheinen, sondern in nur einer davon, gehören ebenfalls in die Zeit nach dem Gründer des Mittleren/Neuen Reiches (Teil II).

Vergleich der 12. mit der 18. Dynastie

TEIL I
12. Dynastie 18. Dynastie (andere in Klammern)
"Amenemhet" I = Achmose, Se/Neb-chepet/pechti-ib-Re
= Mentuhotep Neb-chetep-Re (17. Dyn.)
Sesostris I
Amenemhet III
= Amenophis I Djoser-cheper-ka-Re
= dto., Ne-chian-maat-Re Chenzer (13./14. Dyn:), Djoser (3. Dyn.)
Sesostris II/III = "Thutmoses I" Cha-cheper-ka(u)-Re; (siehe oben weitere Namen des Chus!)
Sebeknefrure = Achmes-Nefertari, Gemahlin Achmoses
= Tausret, (fälschlich) Gemahlin des (Ramses-)Siptah (Ende der 19. Dyn.)

TEIL II
12. Dynastie
Amenemhet II
(A)-Nub-kau-Re
= Anubis-Phiops, Ramses III
Amenemhet IV
Maat-cheru-Re
= Machir (= "der Verkaufte"), Josef, Sechem-Re Cheru-cher-maat Antef, auch En-chu-tef, Harchuf, Udja-ne-Re Hor-heri-otef Herihor, Udja-hor-se-ne-Re (Flottenbefehlshaber, Arzt Chaemuses, krönte diesen zum Pharao Mesuti-Re)
18. Dynastie
"Thutmoses I"
A-cheper-ka-Re
= Sohn des Achmose und der Seniseneb, war nie Pharao, sondern starb mit 18 Jahren
Thutmoses II
A-cheper-ne-Re
= A-kene-Re Apophis (15./16. Dynastie),
= Didumes (Djed-chuti-messe) Djed-chetep-Re (13./14. Dyn.), Enkel Manachpirias, Schabataka Ded-kau-Re (25. Dynastie)
Hatschepsut Ka-maat-Re Meri-Re
Amenophis II
A-cheperu-Re
= Sethos II User-cheperu-Re (19. Dynastie); A-user-Re Apophis (15./16. Dynastie); Ameni (Sohn einer Nubierin); Serach der Äthiopier (AT); Meren-Ptah (19. Dynastie); Ramses X (20. Dynastie); Osorkon III A-cheper-Re (23. Dynastie)

Teil II Forts.
18. Dynastie
Thutmoses III
Men-cheper-Re
= Priester Mencheperre, Sohn Painozems (21. Dynastie), Feldherr Manachpiria, identisch mit dem späteren
Thutmoses IV Men-cheperu-Re, Pharao;
Amenophis III
Neb-maat-Re
= Ramses VI (20. Dynastie); Nimmuria (Amarnabriefe)
Amenophis IV
Nefer-cheperu-Re*
= Ramses IX Nefer-ka-Re Cha-em-use (20. Dynastie); Ua(dj)-ne(fer)-Re = Uadj-cheper-Re Kamose (17. Dynastie); Echnaton II, Sohn von Painozem-Echnaton I (möglicherweise war es der letztere, der sich "Amenophis IV" nannte);
Semenchkare = Se-anch-kene-ib-taui-Re Mentuhotep (11.Dyn.) Se-anch-ka-Re Neb-taui-Re, "der Fesseler", bzw. Sekenen-Re Tsao (17. Dynastie)
Tutanchamun
Neb-cheperu-Re
= Neb-cheper-Re Antef (17. Dynastie) bzw. Neb-cheper-Re Mentuhotep (? 11. Dynastie)
"Haremhab"
Djeser-cheperu-Re
= Amenophis I Djoser-ka-Re (18.Dynastie) Sesostris I Cheper-ka-Re (12.Dynastie)
Hier schließt sich der Kreis wieder, begünstigt durch eine Torsion, die aus Haremhab NECHT-cheperu-Re Hor-em-heb DJESER-cheperu-Re gemacht hat, was unbegreiflich ist.
* Nefer-cheper(u)-Re ist nicht der Napchuria der Amarnabriefe; bei diesem handelt es sich um Taharka Neb-ch(er)u-Re Nefer-tem (25. Dynastie) = Ramses-Siptah (19. Dynastie). Bei der Gleichsetzung von Napchuria mit Echnaton ist in der konventionellen Geschichte eine sinnentstellende Torsion entstanden, auf die hier aber noch nicht eingegangen werden soll.


Schon bei oberflächlicher Betrachtung erkennt der Leser das hier vorliegende Ausmaß an Verwechslungs-Irrtümern, die noch nicht einmal vollständig ausgebreitet wurden. Ich muss nicht nur aus Platzgründen auf eine umfassende Wiedergabe verzichten, sondern in erster Linie möchte ich dem Leser nicht zuviel zumuten, da die meisten Torsionen in diesen Dynastien ohnehin erst in spätere Zeiten gehören.

Im Jahre 610 ndFl trat Chus-Sesostris die Regierung als Pharao an und setzte folgende Magnaten in ihre Ämter ein:

1. pa-Inez-Geb = Anez-jeb, Miebis (aus der 1. Dynastie) = Painozem = Anubis-Phiops = Phrix-Typhon = Phritiphantes wurde Hoherpriester des Amun in Theben.

Er war jener Echn-Aton (vorher Achan- bzw. Echn-Amun), der inschriftlich die Absicht bekundete, die von meinem Vater gewünschte Stadt zu bauen, nämlich Achet-Aton (das Pi-Thum der Bibel), für Aton, dessen Name Schu ist und der als Re-Harachte in seinem Horizont jubiliert. Ohne zu ahnen, dass damit die Kulmination der Sonne bei der Sommersonnenwende über dem Gem-Aton zu verstehen ist, dem Tempel des Allerheiligsten von Achet-Aton, klingt obige Formulierung naiv; aber der Name Achet-Aton bedeutet Horizont des Aton, und damit ist der Wendekreis gemeint.

Painozems Inschriften in Theben aus den Jahren 2, 3, 5 und 6 sind nicht königlich. Sie lassen vielmehr erkennen, dass er in diesen Jahren noch nicht der spätere Pharao Phiops-Anubis-Ramses (III) war. Die Jahre seiner thebanischen Zählung betreffen wahrscheinlich die Jahre im WdG-Kalender unter der Regierung Djosers: 593, 594, 596 und 597 ndFl; wenn nämlich der Bau der Fronstadt Pi-Thum = Achet-Aton schon zu dessen Regierungszeit begonnen wurde, dann liegt diese Deutung näher als die, dass damit Jahre im "Kalender des Neubeginns" unter Chus gemeint seien.

Dem Namen User-maat-Re Echn-Amun des Painozem (21. Dyn.) entspricht der Name User-maat-Re Achan-Amun des angeblich achten Ramses (20. Dyn.). Da Painozem mit Phiops-Anubis = A-ne(z-je)b identisch ist, so gehört zu ihm auch der Name User-maat-Re A-neb, der mit dem dritten Ramses verbunden wird. Folglich ist der Enkel des Re(-Harachte) sowohl Ra-messe III als auch Ra-messe VIII. Beiden wird konventionell eine sehr lange Regierungszeit zugemessen. Man darf selbstverständlich nicht annehmen, dass Phiops Meren-Re, dem sogar die längste aller Regierungszeiten zugeschrieben wird, von Anfang an schon die große Titulatur führte, die er als Pharao Ramses III/VIII bekam.

Auf die Problematik, die mit den verschiedenen Trägern des Namens "User-maat-Re" verbunden ist, die auf eine komplizierte Weise miteinander verwechselt worden sind, kann hier noch nicht eingegangen werden.

2. Nefer-ka-Re Cha-em-use, der Sohn des Anubis-Painozem mit Sebeknefrure, wurde Stadtvorsteher von Theben und Wesir, da Chus keine eigenen Söhne in Ägypten hatte.

Er wird sowohl als Ramses IX und Nachfolger Ramses' VIII, als auch als Sohn und Nachfolger des Phiops, sowie als der Lieblingssohn des Ramses II angesehen. Cha-em-use taucht unter dem Namen Udja-cheper-Re Kamose als letzter König in der 17. Dynastie zeitgleich mit Sekenen-Re auf, dessen Schwiegersohn er gewesen zu sein scheint. Das wäre auch in der berichtigten Chronologie möglich. In der 1. Dynastie erscheint er bereits als Wedimu, was aus dem semitischen Namen Udja-mo bzw. Usaphais herzuleiten ist. Als Sohn des Phiops wird er auch Methusuphis und Antienshaf genannt. Die letzten beiden Namen führen hin zu den Namen Mesuti-Re (nach Typhon 4) und Tisithen (= Den), der zu dem Mose des AT gehört. Dieser (Ka-)Mose ist, wie viele vor mir schon vermutet haben, auch Echnaton, der den Monotheismus analog zu Mose(s) im AT in Ägypten einführen wollte. Auf Kamose-Echnaton II und seinen Vater Painozem-Echnaton I gehe ich weiter unten ausführlich ein.

Da konventionell davon ausgegangen wird, dass es erstens nur einen einzigen Echnaton gegeben hat und dass dieser zweitens ein Sohn seines Vorgängers Amenophis III war, so wurde auch die Möglichkeit außer acht gelassen, dass die beiden Echnatons nach unterschiedlichen Kalendern gezählt haben könnten. Einige Jahreszahlen zu Echnaton müssen aber noch zu Djosers WdG-Kalender gezählt werden, andere schon zum Kalender des Chus (KNB).

3. User-maat-Re Meri-Amun Setpen-Re Osorkon II = Ramses IV wurde zunächst noch nicht König von Libyen im Delta. Er war vermutlich ebenfalls Amun-Priester in Theben. (Sein Name kann auch ... Meri-Re Setpen-Amun gelesen werden.)

Er war der zweitälteste Sohn des Anubis-Ramses III, der seinerseits als Ramses VIII auch der Vater des Ramses XI war, der mit Ramses IV (und Ramses VII ?) identisch ist. Sein Sohn Ramses V ist der "Hintergrund"-Pharao Ramses XII, der zu der Zeit als Pharao gesehen wird, zu der Wen-Amun seine berühmte Reise antrat, auf die ich erst nach der Katastrophe zu sprechen komme. Weder von Ramses XI noch von Ramses XII wurden weder ein Grab noch eine Mumie noch sonst irgendwelche Hinterlassenschaften gefunden.

Meri-Re gilt ebenfalls als Nachfolger des Phiops neben dem bereits erwähnten Sohn Neferkare. Ramses IV, VII und XI sind nicht nur miteinander identisch, sondern sie bilden auch jeweils einen Teilaspekt des Ramses II, des Großen, zu dem aber Djoser-Ramses I und Anubis-Ramses III/VIII ebenfalls ihre Beiträge leisten. Als eine Einzelperson hat es Ramses II nicht gegeben. Der späteste, der noch mit ihm gleichgesetzt worden ist, war der Ptolemäer I/IX = Soter (Lathyre).

4. Men-cheper-Re, der jüngste Sohn des Hohenpriesters Painozem, wurde auf jeden Fall (zunächst) als Deltafürst eingesetzt: Osorkon I = Scheschonk IV Se-sechem-cheper-Re (Susakim).

Er war der Heerführer Sisak des AT bzw. der Susakim der LXX, der aus dem Tempel von Jerusalem die goldenen Schilde als Tribut von Rehabeam einkassierte, die Salomo dort aufgehängt haben soll (1. Könige 14, 25.26). In seiner Eigenschaft als für Asien zuständiger Heerführer hat er seine Residenz schon aus praktischen Überlegungen in einer Stadt im Delta genommen. Er, der als Feldherr Men-cheper-Re (= Manachpiria in den Amarnabriefen) "Eroberer Syriens" und "Caesar Ägyptens" genannt wurde, ist der spätere Pharao Men-cheperu-Re Thutmoses IV. Noch ist sein Name Men-chau-ib-Re Se-sechem-cheper-Re. Er gilt als König von Libyen. Darunter verstand man das Delta (= Unterägypten; später dehnte man den Namen Libyen auf immer weiter westlich gelegene Gebiete aus).

Von hier aus führte er auch später noch seine Feldzüge nach Syrien, bis er endlich Pharao wurde. Er begann seine Annalen ebenfalls im Jahre 610 ndFl = Jahr 1 KNB. Er starb im 54. Jahr seiner Annalen, als der KNB-Kalender schon nicht mehr in Gebrauch war: 663 ndFl = 217 v.Chr., und nicht, wie konventionell angegeben wird, um 1450 v.Chr. Er war nur der Halbbruder der vorerwähnten Söhne der Sebeknefrure. Seine Mutter war Isis (IV) = Anchnesmerire, die Tochter Sebekemsafs mit der Witwe Anch-isis-en-Amun des Tutanchamun. Seine Chancen, Pharao zu werden, waren denkbar gering; trotzdem wurde er im Jahr 25 des ägyptischen Kalenders, das dem Jahr 43, dem letzten Jahr seiner Feldherrn-Annalen entspricht, doch noch zum Pharao gekrönt. Bis dahin (652 ndFl) ist aber noch geraume Zeit.

Thutmoses III Men-cheper-Re wird konventionell einmal als Sohn des ersten und ein andermal als Sohn des zweiten Thutmoses aufgeführt, was beides ebenso falsch ist wie die Behauptung, Thutmoses IV sei der Enkel Thutmoses III gewesen. Der Hohepriester Men-cheper-Re aus der 21. Dynastie, der konventionell aus zeitlichen Gründen in keiner Weise mit einem Thutmoses aus der 18. Dynastie identifiziert werden kann, war der Sohn des Hohenpriesters Painozem und nicht der Sohn irgendeines Thutmoses. Wie wir im vorigen Kapitel schon festgestellt haben, war umgekehrt Thutmoses Mencheperre der Schwiegervater eines der möglichen "Thutmoses I" und der Großvater des Thutmoses II.

Chus selbst hatte dank der Blutorgie des Herakles keine Söhne mehr, was für die Thronfolge erhebliche Probleme mit sich brachte, die mit der Sohnlosigkeit des Horus-Chephren vergleichbar sind. Uz-Mose und Amen-Mose, die Brüder der Bit-Nofru = Nofretete, die alle drei als früh verstorbene Kinder von Thutmoses I gelten, waren tatsächlich tot. Da die älteste noch lebende Tochter des Chus, Nofretete, die von ihrem Vater mit Echnaton-Neferkare-Kamose, dem ältesten Sohn des Priesters Painozem, verheiratet wurde, jetzt die Thronerbin war, bekam sie den Titel "Herrin des Landes".

Neferkare-Kamose-Echnaton war der Sohn des im Kindesalter bereits zum Pharao gekrönten Ramses-Anubis. Das ergab noch zusätzliche Probleme zu der Sohnlosigkeit des Chus; zwar hatte der Thot'sche Gerichtshof die Krönung des Sohnes eines unrechtmäßigen Pharaos für null und nichtig erklärt und Geb-Anubis sogar des Landes verwiesen; aber das lag über siebzig Jahre zurück. Das Doppelproblem war in der jetzigen Situation die Frage: Soll die älteste Tochter eines Pharaos oder besser der älteste Sohn eines de jure "Nichtpharaos" auf den Pharaonenthron kommen? Der Streit währte lange. Vermutlich sind wir heute gar nicht mehr in der Lage, die Umstände lückenlos zu rekonstruieren. Nach dem Tode oder der Ächtung der Nofretete wurde ihre Schwester Hatschepsut die "Herrin des Landes".

Die erzwungene Abdankung des "Thutmoses I A-cheper-ka-Re", mit dem in Wirklichkeit jedoch Chus-Sesostris gemeint ist, zugunsten seiner Tochter Hatschepsut verbindet die konventionelle Ägyptologie mit dem Tod seiner Frau Achmes, die als die Trägerin des Erbanspruches auf den Thron angesehen wird. Als Tochter von Achmose und Achmes-Nefertari soll sie thronberechtigter gewesen sein als Thutmoses I. Der war zwar der Sohn desselben Achmose, aber angeblich soll seine Mutter Seni-seneb eine Nebenfrau gewesen sein. Hier liegen die Irrtümer knüppeldick:

Der Sohn A-cheper-ka-Re von Achmose und Seniseneb starb in jungen Jahren, ohne je einen Thron bestiegen zu haben. Der Vater der Seba-Hatschepsut war Chus-Sesostris, der mit Achmes zwar verheiratet war; aber einen größeren Anspruch auf den Thron als ihr Gemahl hatte sie keineswegs. Ganz im Gegenteil: die Frau des Priesters von Heliopolis war als Mutter des Chus-"Thutmoses I" gewiss vorrangiger als die Mutter Achmes-Nefertari der Achmes. Wenn irgendjemand der Achmes-Nefertari eine höhere Rangstufe zuordnen wollte, so konnte der nur aus den Reihen der älteren Anubis-Söhne kommen, den Söhnen dieser Frau; aber davon war die Frage Thutmoses I oder Achmes nicht betroffen. Dies alles wird konventionell überhaupt nicht erkannt.

Die Flucht in die Erklärung mit der Erbträgerin Achmes und deren Tod als Grund für die Absetzung Thutmoses' I geht an den Tatsachen vorbei und klingt ohnehin nicht überzeugend. Sie lässt auch die "Zwischengeschichte" nach Achmose völlig außer Betracht. Da Achmes von Herakles getötet wurde, kann die Erklärung, ihr Tod sei der Grund für die Absetzung des Thutmoses' I gewesen, nur als Ausflucht der Ägyptologie angesehen werden, die im Grunde genommen keine Erklärung für das Ausscheiden eines regierungstüchtigen Pharaos zu seinen Lebzeiten aus dem Amt anbieten kann.

In der Tat ist es eine ungeheure Herausforderung an die Nachwelt, sich die Gründe für die Amtsenthebung oder Amtsaufgabe eines Gottkönigs anschaulich zu machen; denn Chus wurde nicht etwa ermordet wie seine drei (!) Vorgänger. Man kann aus Vorkommnissen, die eindeutig in die Zeit nach dieser Absetzung zu datieren sind, darauf schließen, dass der Wechsel zu dem neuen Pharao friedlich vonstatten ging.

Bei der Absetzung des Chus-"Thutmoses", die einem ähnlich beschriebenen Vorgang um Seth-Nacht in der 20. Dynastie entspricht, auf den dann Ramses III folgt, sind deutlich zwei Schritte zu erkennen. Zunächst war kein Sohn des Chus vorhanden, der die Dynastie hätte fortführen können, und Chus war wohl auch nicht mehr dazu in der Lage, für diesen Nachwuchs zu sorgen. Da mochten auch noch andere Ursachen vorliegen als nur das Alter des Chus, das mit etwas unter siebzig Jahren zu veranschlagen ist. Als weiterer Grund, den die Opposition, die natürlich hauptsächlich aus den Söhnen des Anubis bestand, besonders gern ins Feld führte, kam die Tatsache hinzu, dass (Anez-)Geb-Anubis schon seit den Tagen seiner Kindheit zum Pharao gekrönt war. Wenn diese Krönung auch durch den Thot'schen Gerichtsbeschluss im Jahre 538 ndFl annulliert worden war, so kam es allein schon durch die vielen Söhne des Anubis-Ramses zu einer Änderung in der Betrachtungsweise. Möglicherweise war auch durch Thot-Hermes damals festgelegt worden, dass man nach 70 Jahren die Angelegenheit neu überdenken solle. Da das Jahr der Absetzung des Djoser schon dieser vereinbarte Zeitpunkt gewesen wäre, so kann auch hierin ein Grund für die Revolte des Herakles, des ältesten Sohnes des Seth-Schu-Thum, gesehen werden. Es dauerte aber noch bis zum Jahre 617 ndFl, in dem Chus sein Amt aufgab. Vorher suchte man den Kompromiss.

Dieser könnte darin gelegen haben, dass man den Thronfolgeanspruch der Tochter Bit-Nofru bzw. Nofretete des Chus, die nach gängiger Auffassung nicht Pharao werden konnte, durch die Ehe mit dem ältesten Sohn des Ramses-Anubis auf diesen übertrug. Im Jahre 610 ndFl wurde Nofretete die Frau des (Echnaton-)Kamose, der zunächst in Theben als Priester neben seinem Vater Painozem tätig war. Unter Chus residierte er als Stadtvorsteher und Vizekönig in Theben. Hier leitete er auch als Richter den Grabräuber-Prozess Peser gegen Pewero. Nofretete kann die in diesem Zusammenhang erwähnte Amun-Priesterin in Theben gewesen sein.

Der Prozess fand kurze Zeit nach dem Tode des Herakles auf Geheiß des Chus statt. Zur Zeit der Unruhen unter Herakles hatte es Zerstörungen und Ausplünderungen von Pharaonengräbern gegeben, in die auch hochrangige Personen verwickelt waren. Peser-Petosiris-Aaron zum Beispiel beschuldigte Pewero-Ipuwer der Grabräuberei. Auf diesen Prozess komme ich weiter unten ausführlich zu sprechen.

Seba-Hatschepsut, die jüngere Tochter des Chus, die seit der Ermordung ihres Gatten Ramses-Djoser-Amenophis I verwitwet und seit den Tagen ihres Aufenthaltes in Nubien mit Osorkon-Scheschonk, dem späteren Pharao Thutmoses III/IV, verheiratet war, wurde im Jahre 610 ndFl die Mutter des späteren Pharaos Amenophis III = Neb-maat-Re Ramses VI.

Osorkon-Scheschonk Se-sechem Men-cheper-Re wohnte mit seiner neuen Gemahlin in Saïs-Tanis im Delta, von wo aus er im Sommer seine Kriegszüge nach Syrien-Palästina führte. Im Winter war er Amun-Priester in Theben, wo er und sein Vater Painozem-Echnamun, der jetzt noch nicht der Pharao Ramses-Anubis war, Umbettungen von Mumien vornahmen, die sie neu gewickelt hatten und die nun in einem sicheren Versteck untergebracht werden mussten. Hierauf komme ich im folgenden Kapitel ausführlich zurück.

Die böse Erfahrung, die man in der Zeit der Achthoës-Krise machen musste, hatte gelehrt, dass Mumien nicht in allseits bekannte Grabstätten, sondern in geheime Verstecke gehörten. Der anstehende Peser/Pewero-Prozess beweist dies sehr anschaulich. Er gehört etwa in das Jahr 613 ndFl. Als ein gutes Versteck bot sich das Grab der Königin In-Hapi an, in der wir Ino erkennen, die auch Ano, Andromeda, Necht-Alkmene und Re-Dedet war, die Frau des Priesters von Heliopolis. Sie dürfte demnach zu dieser Zeit bereits tot gewesen sein, was bei einer Frau des Jahrgangs 523 ndFl auch nicht verwunderlich ist.

Didumes-Schabaka, der um 596 ndFl geborene Sohn Dedan von Kamose und seiner vorherigen Gemahlin Ragma, wird später unter dem Namen Thuti die Syrien-Feldzüge seines Schwiegervaters Manachpiria leiten. Er ist der Dudu der Amarnabriefe, in denen er auch als König des Kampfes angeredet wird (Rib-Addi-Briefe). Gemahlin des Didumes-Schabaka wurde im Jahr 617 ndFl, in dem Chus als Pharao abdanken musste, eine um 604 ndFl geborene Tochter des Manachpiria-Mencheperre, wodurch dieser zum Großvater des in den Amarnabriefen angesprochenen "Enkels des Manachpiria" wurde:

Der Sohn von "Thutmoses I" = Didumes-Schabaka und dieser Tochter war Thutmoses II A-cheper-ne-Re = Akenenre-Apophis = Didumes-Schabataka Djed-chetep-kau-Re (* ca. 618 ndFl). Er war womöglich auch der Schach-schicha-schicha und der Schalmajati der Amarnabriefe. Die um 620 ndFl geborene Tochter des Dudu-Schabaka, mithin eine Enkelin des Manachpiria, heiratete Aziru, den Sohn des Abdi-aschirta. Vater und Sohn werden uns später beide noch als Feinde Ägyptens beschäftigen.

Wie wir im vorigen Kapitel bereits gesehen hatten, kann sich das Exil, in das sich die Herrscherkaste nach der Revolte des Herakles-Achthoës zurückzog, auch auf die Zeit nach der Katastrophe Typhon 4 beziehen. Nicht auszuschließen ist natürlich auch, dass bei den antiken Autoren beide Exile zu einem einzigen verschmolzen. Tatsächlich deutet einiges darauf hin; so zum Beispiel die Geburt des Ramses-Sethos in einer Höhle, die selbstverständlich die Zeit des Herakles betrifft, und die Rückkehr des jungen Mannes mit 18 Jahren, die sich auf die Zeit nach Typhon bezieht. Zwischen seiner Geburt noch zu der Zeit des Herakles im Jahre 609 ndFl und der Befreiung Ägyptens, die ihm zugeschrieben wird, im Jahre 628 ndFl lagen ziemlich genau die 18 Jahre, die das Exil angeblich gedauert haben soll.

Echnaton I und II

Im 4. Jahr, also 595 ndFl, wenn in WdG-Jahren gerechnet wird, wurden die ersten drei Grenzstelen in Achet-Aton errichtet, und elf weitere kamen im Jahre 6 (= 597 ndFl) hinzu. Diese frühen Jahresangaben können sich nur auf den WdG-Kalender beziehen und sind eindeutig Painozem-Jahre; denn dieser Echn-Amun war derjenige Echn-Aton, der den Bau von Pi-Thum bzw. Achet-Aton angeregt hatte. Durch die Vermischung von Vater und Sohn zu einem einzigen "Echnaton" wurden natürlich auch die Kalenderjahre vermischt, wie wir noch sehen werden, was zu weiteren Ungereimtheiten in der konventionellen Geschichte geführt hat.

Painozem-Echnaton ist bekanntlich der weise Berater des Pharaos Amenophis, der bei Chairemon Phritiphantes heißt, also mit Phrix-Typhon-Anubis = pa Anez-jeb identisch ist. Zu dieser Zeit begann der Bau von Achet-Aton, und wir wissen nicht, wie Echnaton I die hiermit einhergehende religiöse Revolution seinem Pharao schmackhaft gemacht hat. Gab es eine "Religionsfreiheit", die es den Sethariden (und diese sind die Anhänger des Seth-Schu-Thum-Aton!) ermöglichte, eine eigene "Familienreligion" zu pflegen? Dann muss auch die Frage erlaubt sein, warum es in den Jahren der Unterdrückung der "Unreinen" keine Freiheit zur Ausübung der Religion des Jahwe in Ägypten gab.

Man darf meines Erachtens nicht davon ausgehen, dass der Aton-Kult primär als eine Ersatzreligion für den Amun-Kult gedacht war. Djoser-Amenophis hätte eine Zurückstufung oder gar eine Abschaffung der Amun-Religion nicht zugelassen. Das gleiche ist von Chus anzunehmen. Es darf jedoch spekuliert werden, ob sich dessen Abschied vom Thron möglicherweise aus der Kontroverse Aton gegen Amun herleiten ließe. Doch auch nach der Abdankung des Chus war Theben eine funktionierende Amun-Metropole.

Zum anderen ließe sich interpretieren, dass, wenn sich der Sohn Neferkare-Kamose überhaupt jemals Echnaton genannt haben sollte, dies sowohl gleichzeitig mit seinem Vater als auch erst nach seinem Wiedererscheinen nach Typhon 4 der Fall gewesen sein kann. Die Historiker erklären die Entstehung des Namens Echnaton nicht sehr überzeugend, außerdem nennen sie diesen Echnaton auch noch Amenophis und geben ihm als Pharao, was er offiziell nie gewesen ist, die Ordnungszahl IV. Ebenso falsch ist die konventionelle Auffassung, der Vater dieses "Pharaos Amenophis IV" Echnaton sei der Pharao Amenophis III Neb-maat-Re gewesen, der Nimmuria der Amarnabriefe und Sohn Thutmoses' III/IV, der viel jünger als Neferkare-Kamose war.

Begünstigt wurde diese Fehleinschätzung durch die leichtsinnige Gleichsetzung des Napchuria in den Amarnabriefen, der kein echter Sohn des Nimmuria gewesen sein kann, mit Nefer-cheperu-Re Echnaton. Hier liegt der Name übrigens mit dem Mehrzahl-u in der Pharaonenform vor, was zunächst überrascht, da Neferkare-Kamose doch nie Pharao gewesen sein kann, da er stets nur mit der Krone eines Königs von Unterägypten dargestellt wird. Das gilt jedoch nur für die Zeit vor der Typhon-Katastrophe. Im Jahre 624/5 ndFl musste Herihor-Josef den nach Ägypten zurückgekehrten Ka-Mose zum Pharao Mesuti-Re = Nefer-cheperu-Re krönen. Kamose kann auch erst bei dieser Gelegenheit den Namen Echnaton angenommen haben. Später wurde seine Krönung annuliert, so dass Kamose in der Tat de jure niemals Pharao oder "Gott" gewesen ist.

Die oben erwähnten Grenzstelen sollen "im achten und im zwölften Jahr aktualisiert" worden sein, das hieße 599 und 603 ndFl, wenn sich diese Angaben ebenfalls noch auf den WdG-Kalender bezögen. Ich halte es jedoch für sinnvoller, besagte Aktualisierungen auf die Zeit nach Herakles anzuwenden, das heißt auf den Chus-Kalender (KNB). In diesem Falle beträfen sie die Jahre 617 und 621 ndFl. Das würde schlagartig ein Licht auf die Haltung des Chus gegenüber den Aton-Bestrebungen werfen: Er hätte die Wiederaufnahme der Arbeiten in Achet-Aton nach der Unterbrechung bzw. den Zerstörungen in der Zeit des Herakles untersagt.

Es ist nämlich zu erkennen, dass es in einer der beiden Zwischenzeiten, die die ägyptische Dynastienliste kennt, Zerstörungen von Gebäuden gegeben hat, deren Trümmer später auch beim Bau von Achet-Aton benutzt wurden. Bei einer dieser Zwischenzeiten handelt es sich mit Sicherheit um die Zeit unter Herakles. Man hat beim Wiederaufbau von Achet-Aton Steine benutzt, die noch die Inschriften der ersten Bauphase trugen.

Obwohl Herakles ebenfalls ein Sohn des Aton-Thum-Seth IV war, hat er offensichtlich nicht vor der Zerstörung eines von seinem Vater gewünschten Heiligtums halt gemacht. Es ist auch denkbar, dass der Umsturz außer Kontrolle geriet, so dass Herakles nicht mehr Herr der Lage war und den mutwilligen Zerstörungen nicht mehr Einhalt gebieten konnte. Es könnten Amun-"Fanatiker" die Gelegenheit für günstig erachtet haben, mit dem "verhassten" Aton-Kult Schluss zu machen.

Wenn mit dem Wiederaufbau der Gebäude in Achet-Aton erst nach der Regierung des Chus begonnen wurde, dann spricht das für die negative Einstellung dieses Ptah-Ramesse zu der Aton-Bewegung. Erst nach seiner Abdankung im Jahre 617 ndFl begann man mit dem Weiterbau von Achet-Aton, und erst jetzt zog der vormalige Stadtvorsteher Neferkare-Chaemuse (= Kamose) von Theben als Echnaton II in Achet-Aton ein, während sein Vater Painozem Echn-Amun als Pharao Ramses III/VIII Achan-Amun nach Theben ging.

Im 5. Jahr seiner Regierung soll "Amenophis IV" erst den Namen Echnaton angenommen haben. Das kann heißen, dass Painozem Echn-Amun in seinem Jahr 5 = 596 ndFl, in dem sein Enkel Schabaka geboren wurde, diesen Namen annahm, und zwar möglicherweise als einziger "Echnaton". Da der Name Echnaton eindeutig zu Painozem Usermaatre Echn-Amun bzw. Ramses VIII Usermaatre Achan-Amun gehört, so möchte ich interpretieren, dass es zunächst der Vater war, der "im Jahr 5 seiner Regierung" unter Djoser seinen Namen Echn-Amun umwandelte in Echn-Aton. Er war es ja auch, der die von seinem Vater Schu, der Aton ist, gewünschte Stadt zu bauen wünschte, während er Priester in Theben war.

Es ist nicht sicher, ob sein Sohn Neferkare-Kamose diesen Beinamen überhaupt je getragen hat. Auf ihn bezogen wäre das Jahr 5 nicht das WdG-Jahr, sondern das Jahr 5 KNB = 614 ndFl. Das ergibt wenig Sinn; denn im Jahre 614 ndFl war die Aton-Verehrung auf Eis gelegt. Wenn aber dennoch er mit dieser Namensübernahme gemeint sein soll, dann ist es nur denkbar, dass er den Namen Echnaton in dem 5. Jahr annahm, in dem nach dem Wiederbeginn der Bauarbeiten (617 ndFl) die Fertigstellung von Achet-Aton und der Umzug nach hier anzusetzen sind: 621 ndFl, das Jahr, in dem auch die zweite Aktualisierung der Grenzstelen stattfand.

Bei Kamose-Echnaton und Nofretete stellte sich alsbald nach ihrer Hochzeit Nachwuchs ein. Zu den Geburten der Töchter werden Jahresangaben gemacht, die auf Anhieb nicht erkennen lassen, ob sie zu dem von Djoser oder zu dem von Chus eingeführten Kalender gehören sollen. Da es wegen der Generationsfolge unabdingbar ist, dass Schabaka als das letzte Kind der vorigen Frau Echnatons schon unter Djoser geboren worden ist, so scheint die Annahme, die Töchter Nofretetes seien erst unter Chus geboren, wegen der zu langen Zwischenzeit nicht gerechtfertigt zu sein; aber wenn es heißt, die erste Tochter sei im Jahre 2 geboren worden, so kann diese Angabe nicht das Jahr 2 WdG unter der Regierung des Djoser betreffen, weil Nofretete zu dieser Zeit erst sieben oder acht Jahre alt war. Der Beginn des KNB-Kalenders würde nach meinem Obengesagten mit dem Jahr der Eheschließung Kamose-Echnatons mit Nofretete zusammenfallen. Ich möchte mich daher der konventionellen Sicht anschließen, wonach bei der Geburtenzählung die Ehejahre des Paares Kamose-Echnaton (II)/Nofretete gemeint sind, die den Jahren des KNB-Kalenders entsprechen.

Demnach wurde die erste Tochter Nofretetes, Merit-Aton, als drittes Kind Echnatons (nach der Tochter Saba und dem Sohn Dedan-Schabaka, die von seiner vorigen Frau stammten) schon im Jahr 2 der Ehe geboren: 611 ndFl. Die Geburt der zweiten Tochter, der Maket-Aton, erfolgte im Jahre darauf: 612 ndFl. Diese starb aber bereits im neunten oder zehnten Lebensjahr (621/622), also kurz vor der Kamose-Revolte.

Im folgenden Jahr (613 ndFl) kam angeblich die Tochter Anchesenpaton zur Welt, die vermeintliche spätere Gemahlin des Tutanchamun. Anch-ises-en-Amun, die Gemahlin des Tutanchamun, kann aber nicht erst jetzt geboren werden, wenn sie 550 ndFl schon Witwe geworden war. Wenn sie überhaupt noch leben sollte, dann nur im Harem ihres Schwiegersohnes Anubis-Phiops-Ramses, der mit ihrer und des Sebekemsaf Tochter Anchnesmerire = Isis (IV) den Sohn Thutmoses III Mencheperre hatte. Sie wäre um diese Zeit etwa 80 Jahre alt gewesen. Die Tochter des Kamose-Echnaton kann natürlich durchaus genauso geheißen haben - oder sie ist eine Erfindung, da man Tutanchamun für einen Nachfolger und den Schwiegersohn des Echnaton hält und folglich die Gemahlin Anch-ises-en-Amun unter ihrem angeblichen Aton-Namen Anch-es-en-paton unbedingt hier unterbringen musste. Von ihr wurde bisher jedenfalls noch keine Mumie gefunden.

Die nächste Tochter, die Echnaton II und Nofretete geboren wurde, Nefer-neferu-Aton Tascherit, möchte ich zwar nicht als fiktiv bezeichnen; aber der erste Teil ihres Namens gehört eindeutig zu Nofretete. Ich halte daher bestenfalls den Namen Tascherit als zu einer Tochter gehörend, die im 5. Jahr, also 614 ndFl, geboren sein müsste.

Mit der Geburt der Tascherit im 5. Jahr wäre die Vierzahl der Töchter erreicht, die mit dem Umzug des Paares allgemein verbunden wird. Andere nennen auch das 6. Jahr (615 ndFl) als das Jahr des Umzugs und sprechen von nur drei Töchtern beim Einzug. Hieraus geht die Unsicherheit der Historiker hervor, das Jahr des Einzugs mit der Geburt der Töchter zu synchronisieren. Als Jahr des Einzugs kann ein Jahr vor 617 ndFl, in dem Chus abdankte, kaum in Frage kommen; das Jahr 621 ndFl, das Jahr der letzten Aktualisierung der Grenzstelen, scheint mir das am besten geeignete.

Weitere Töchter sollen drei bis fünf Jahre nach dem Einzug geboren sein, was sich nicht mit dem Einzug im Jahre 621 ndFl verbinden lässt; denn 624 ndFl war Echnaton II schon außer Landes (seit 622 ndFl) und erst recht 626 ndFl gar nicht mehr mit Nofretete zusammen. Mit diesen Töchtern sind wohl solche gemeint, die drei bzw. fünf Jahre nach dem Wiederbeginn der Arbeiten in Achet-Aton (617 ndFl) geboren wurden, also in den Jahren 620 und 622 ndFl.

Bei der ersteren erscheint wiederum der Name der Mutter: Nefer-neferu-Re, was Zweifel an der Echtheit dieser Angaben aufkommen lässt, und die jüngste soll Setepenre geheißen haben. Dieser Name ist in vielen Ramessiden-Titulaturen enthalten, was natürlich kein Grund ist, an der Echtheit dieser Tochter und ihres Namens zu zweifeln. Über das weitere Schicksal der Töchter sind wir nicht unterrichtet. Sollte uns die Mumie der Tascherit noch etwas über die damalige Zeit mitteilen? Und stammt diese Mumie überhaupt von der Echnaton-Tochter gleichen Namens?

Der Name Tascherit (wegen der weiblichen Form eigentlich Tascher.t zu schreiben) hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Namen Tausre.t, der indes zu einer Königin aus der 19. manethoschen Dynastie gehört, die ich mit Dirke-Thoëris identifiziert habe, also mit Sebek-Nefrure bzw. Achmes-Nefertari. Die Mumie der Tascherit trägt den sehr ähnlichen Namen Teti-scheri. Diese Dame gilt als die Mutter des Sekenen-Re Ta'a, was zu einem weiteren konventionellen Irrtum geführt hat: Achmes-Nefertari, die angebliche Tochter dieses Herrschers aus der 17. Dynastie, wird als die Enkelin Teti-scheris angesehen. Dafür gibt es scheinbar einen guten Grund1:

Ihre (Eig.Anm.: betrifft die Mumie der Achmes-Nefertari) Zähne waren wie die ihrer Großmutter Teti-scheri angeordnet, die oberen standen vor, besonders die Schneidezähne, die unteren Weisheitszähne waren nie zum Vorschein gekommen. Diese Charakteristiken sind nach diesen beiden Frauen auch noch an zahlreichen ihrer Nachkommen festgestellt worden.

Die Zähne der beiden Frauen lassen demnach eindeutig eine Verwandtschaft erkennen. Das widerspricht in keiner Weise der berichtigten Darstellung. Wenn Teti-scheri wirklich mit Tascherit, der Tochter von Echnaton-Kamose und Nofretete, identisch ist, dann sind diese Zähne tatsächlich "in der Familie geblieben"; nur: Achmes-Nefertari war sowohl die Großmutter als auch die Urgroßmutter der Teti-scheri = Tascherit. Die Reihenfolge der Zähne war also umgekehrt.

==========================================================
Achmose  oo  Achmes-Nefertari   oo  Anubis-Phiops-Painozem
|        =   Tausre.t               |
|                                   |
Achmes   oo  Chus-"Thutmoses I"     |
|                                   |
Nofretete    oo (ihren Onkel)       Kamose-Echnaton
|
Tascherit = Teti-scheri
==========================================================

Wenn es demnach eine Mumie der Achmes-Nefertari gibt, dann kann die Mumie der Teti-scheri nicht die ihre sein. Demzufolge gehört diese Mumie einer Verwandten der Tausret, und da bietet sich Tascherit geradezu an. Diese Namensähnlichkeit innerhalb der Verwandtschaft lässt sich auch noch an anderen Beispielen beobachten.

Das Stichwort Mumien nehme ich zum Anlass, etwas zu diesem Thema zu sagen. Das liegt insofern nahe, als wir kurz vor dem Grabräuberprozess Peser/Pewero stehen. Die ausführliche Behandlung des Themas Mumien bleibt dem folgenden Kapitel vorbehalten. Ich nehme hier jedoch die Öffnung des wichtigsten Mumienverstecks vorweg, da die nun zu besprechende Mumie im folgenden Kapitel ohnehin bedeutungslos ist.

Seni-Seneb

Im Jahre 1881 öffnete der Deutsche Emil Brugsch das von dem Franzosen Gaston Maspéro entdeckte "Massengrab" im oberägyptischen Deir-el Bahari2: Bei flackerndem Kerzenlicht entdeckten Emil Brugsch ... gleich am Eingang einen schwarzgelben Sarg mit dem Namen Nibsni.

Über die Person mit dem Namen Nibsni schweigt sich Leca im übrigen aus. Ich halte die Feststellung für wichtig, dass deren Sarg am Eingang des Grabes gefunden wurde, obwohl es nicht das ihre ursprünglich war. Weitere Särge und Mumien fanden sich weiter weg vom Eingang. Es handelt sich hier um das Grab der In-Hapi, das als das größte Mumienversteck Ägyptens angesehen werden kann. Ich komme im folgenden Kapitel darauf zurück.

Wenn also das Grab der In-Hapi randvollgestopft war mit Särgen und Mumien, dann hat man die Särge gewiss nicht an dem Sarg am Eingang vorbeigeschleppt, was sehr beschwerlich gewesen wäre, sondern dieser wurde mit Sicherheit als letzter hier eingelagert. Das bedeutet jedoch nicht, dass dies bei der effektiv letzten Grabversiegelung geschehen sein muss. Vielmehr dürfte die Unterbringung der Särge noch vor der ersten Versiegelung abgeschlossen gewesen sein, während später anlässlich zweier offizieller Öffnungen nur noch Mumien hier eingelagert wurden. Auch die Priester, mit denen man die ersten beiden Versiegelungen verbindet, wurden später selbst hier beigesetzt, und da der Sarkophag des zweiten Versiegelers Ausmaße hat, die seiner gesellschaftlichen Stellung nicht gerecht werden, so muss davon ausgegangen werden, dass man bei einer dritten Öffnung seine Mumie hier niederlegte, und zwar in einen Sarkophag, der bereits vorhanden war, der aber ursprünglich für einen Höhergestellten vorgesehen war.

ndFl Die Chronologie des In-Hapi-Grabes
-?- (nach 592 ndFl) Necht-Alkmene = In(o bzw. Ano)-Hapi, die Ex-Gemahlin und Witwe des Achmose, Gemahlin des Priesters Potiphar-Aaron von Heliopolis, stirbt etwa 80jährig und wird im In-Hapi-Grab beigesetzt.
612 Frühestens in diesem Jahr, vermutlich sich bis ins folgende Jahr hineinziehend, findet unter der Oberaufsicht des Wesirs und Stadtvorstehers von Theben, Neferkare-Chaemwese, der Grabräuberprozess statt: Peser gegen Pewero.
613 Spätestens ab diesem Jahr findet die Umbettung der Mumien in das Grab der Königin In-Hapi statt. Hieran ist der Hohepriester Painozem beteiligt. Wenn er das Grab (erstmals) versiegelte, dann muss das vor
617 geschehen sein, da er in diesem Jahre Pharao wurde und keine Gräber mehr als Priester zu verschließen brauchte. Die mit Ramses III verbundene Revolte der Tempelbediensteten kann mit dem Thronwechsel - als Ursache oder Wirkung - zusammenhängen.
637 Nach 624 muss das Grab nochmals geöffnet worden sein, um die Mumien von Anubis-Phiops-Ramses II/III und Ramses X hier unterzubringen. Das kann im »Jahr 10« geschehen sein, in dem Siamun das Grab versiegelte.
nach 650 Das Grab muss ein zweites Mal geöffnet worden sein, um Siamun hier beizusetzen.

Nibsni - so behaupte ich - war niemand anderer als Seni-Seneb. Das Konsonantenmaterial beider Namen ist so gut wie identisch: zwei "N"; ein "B"; ein bzw. zwei "S". Sie muss, da die erste Versiegelung noch von dem Priester Painozem vorgenommen wurde, kurz vor der Versiegelung (im Jahr 617 ndFl mit etwa 80 Jahren) verstorben sein; denn Painozem wurde 617 ndFl schon Pharao.

Die Regierung des Chus-Sesostris II/III

Die Jahre unter dem neuen ägyptischen Herrscher Chus standen offenbar ganz im Zeichen der Reorganisation des Landes nach dem Wüten des Herakles. Konventionell spricht man von der "ersten Zwischenzeit", deren Länge mit mindestens hundert, bei manchen Historikern sogar mit bis zu zweihundert Jahren angesetzt wird. So lange soll auch das Chaos angehalten haben, das der letzte Herrscher vor der Gründung des "Mittleren Reiches", Merib-Re Cheti = Achthoës aus der Dynastie von Herakleopolis, hinterließ. In Wirklichkeit war die Zeit nach Herakles-Achthoës alles andere als chaotisch; das Chaos kam erst durch Typhon im Jahre 624 ndFl.

Im Jahre 615 ndFl kam es wieder zu Spannungen zwischen Ägypten und Amurru: der Elamiter Kedor-Laomor, der spätere Nebukadrezzur (fälschlich Nebukadnezar I), fiel im Auftrag seines obersten Dienstherrn, des Amoriters Amraphel von Sinear (= Amar-Sin, Samsi-Adad) in Edom ein. In Phönizien tötete er den König Ahiram von Tyrus, den Vater Ittobaals (bibl. Ethbaals), des Vaters der Isebel, der Gemahlin des Ahab. In Gubla, dem biblischen Gebal, einer Stadt zwischen Tripolis und Beirut in Phönizien (Hes. 27, 9), setzte er einen gewissen Zakar-Baal ein, mit dem wir noch zu tun haben werden. Dieser war entweder schlauer gewesen als sein Nachbar Achiram von Tyrus, der von "Nebukadnezar" zu Tode gequält worden sein soll, oder er war ein Nachfolger seines ägyptentreuen Vorgängers, der ein ähnliches Schicksal erlitten hatte wie Achiram. Das letztere liegt näher, da Rib-Addi von Gubla, dessen Amarnabriefe ein Fünftel aller noch vorhandenen Briefe dieses Archivs ausmachen, in einem dieser Briefe nach Ägypten beteuert, dass seine Vorfahren stets loyale Parteigänger Ägyptens gewesen seien.

Demnach müsste der Vater des Rib-Addi beim Einmarsch der Amoriter zu Tode gekommen sein oder an einem anderen Ort residieren. Ich komme auf ihn zurück. Rib-Addi nennt seinen Vater in seinen Briefen zwar nicht mit Namen; doch der erscheint im AT (2. Sam. 8, 3. 12). Hier wird Rechob als Vater des Hadadeser von Aram-Zoba angegeben, der mit Rib-Addi von matu zubaru, der in Gubla residierte, identisch ist. Daher kann Gubla-Gebal mit dem Beth-Rechob und der Aram-Zoba mit dem Aram-Beth-Rechob des AT identisch sein.

Noch im selben Jahr (615 ndFl) sandte Neferkare-Chaemuse, der Vizekönig und Wesir in Theben, eine diplomatische Mission nach Gubla. Dieser phönizische Handelsplatz war für Ägypten sehr wichtig; von hier kam das Zedernholz, das die Ägypter zum Bau der "Barke des Amun" benötigten, eines wichtigen Utensils bei den jährlichen Tempelfesten. Die Gesandtschaft erntete bei Zakar-Baal von Gubla nicht nur Hohngelächter, sondern sie wurden auch alle in Geiselhaft genommen, um die Ägypter von eventuellen Rückeroberungsabsichten abzuschrecken. Ich nehme hier schon vorweg, dass diese Geiseln nach 17jähriger Haft, also im Jahre 632 ndFl = Jahr 5 des nachtyphonischen ägyptischen Kalenders (äg.Kal.), hingerichtet wurden. Diese in naiv-friedfertiger Absicht auf den Weg gebrachte Gesandtschaft war ein politischer Unsinn. Ein ägyptisches Heer wäre angebrachter gewesen. Jedenfalls hatte Nebukadrezzur, der elende Fürst von Naharina, den Ägyptern einen weiteren Kriegsgrund für die Zeit nach der Katastrophe geliefert.

Wir bleiben am Anfang der Regierungszeit des Chus, in der Neferkare-Chaemuse = Kamose der Wesir und Stadtvorsteher von Theben und noch nicht Echnaton (II) war. Aus dieser Zeit ist eine Prozessakte überliefert, die ich schon weiter oben und an einer noch früheren Stelle erwähnte. Darin tauchen die Namen zweier Zeitgenossen auf, von denen wir den einen bereits sehr gut kennen: pa-(Re-)User, Osarsiph, Peteseph, Petosiris, Petubastis, Potiphar, Bata, Aaron, Chem-u(se)r und Urmai. In der Prozessakte heißt er Peser.

Von Djoser wegen seiner Unterstützung der "Unreinen" bzw. "chabiru" amtsenthoben und mit Acht und Bann belegt, dann untergetaucht bei den Fremdarbeitern, rief er schließlich Re-Necht von Herakleopolis, also Herakles, zu Hilfe, der seinerseits von Chus ausgeschaltet wurde. Unter dem letzteren wurde Peser in Theben als "Vorsteher der Stadt der Lebenden" (= Theben-Ost) eingesetzt, wo die Residenz und die Wohnhäuser der Bevölkerung lagen. Erst unter dem neuen Pharao Anubis-Phiops-Ramses (ab 617 ndFl) ging Aaron-Peser nach Auaris, wo er den Chabiru den neuen Gott nahebrachte, und im Jahre 626 ndFl kam Aaron-Petubastis nach Bubastis im Delta.

Der Prozess gehört ins Jahr 613 ndFl spätestens, evtl. auch ins Jahr 612 ndFl. Prozessgegner dieses Peser war Pewero, der Stadtvorsteher von Theben-West, der "Stadt der Toten". Im Namen "Pewero" erkenne ich Ipuwer, der das Klagelied des Ipuwer verfasste, das ich im Kapitel Typhon 4 besprechen werde: Es ist eine Schilderung der Auswirkungen dieser Katastrophe auf Ägypten, die im AT als "die Plagen des Pharaos" beschrieben werden.

Peser-Petosiris klagte gegen Pewero-Ipuwer, weil in der Stadt der Toten, also in der Gräberstadt, für die letzterer verantwortlich war, offensichtlich Grabplünderungen vorgekommen waren. Weil Neferkare nach Typhon 4 überhaupt nicht mehr im Lande war, können diese Grabschändungen auch nichts mit denen zu tun haben, die nach der Katastrophe in großem Umfang stattfanden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Grabräubereien, die den Gegenstand des Prozesses Peser gegen Pewero bildeten, in den Tagen des Herakles- Achthoës stattgefunden hatten, in der Ersten Zwischenzeit, eventuell auch schon in den Unruhen, die zum Sturz Djosers geführt hatten. Auf jeden Fall gehört der Prozess in die Ära der Restauration unter Chus-Sesostris.

Für die Wiederherstellung der Ordnung sogleich nach dem Regierungsantritt des Chus spricht außerdem die Entsendung des Icher-Nofret = Jerobeam, dessen Begleitbrief von Chus-Sesostris Cha-kau-Re aufschlussreiche Angaben enthält3: Mit dem Golde, das auf einem solchen Zuge in Kusch erbeutet war, konnte Sesostris III (Eig.Anm.: Kusch = Chus ist der ägyptische Name für Nubien-Äthiopien) seinen Oberschatzmeister Ichernofret nach Abydos senden, um dort das Kultbild des Osiris wiederherzustellen. ... So schrieb König Sesostris III, als er seinem Oberschatzmeister Ichernofret eine wichtige Sendung übertrug: "Meine Majestät sendet dich, da mein Herz sicher ist, dass du alles dem Wunsche meiner Majestät entsprechend tust; denn du bist ja aufgezogen worden im Unterrichte meiner Majestät, du bist aufgewachsen als Pflegling meiner Majestät und als einziger Zögling meines Palastes."

Da Genubath und sein Sohn Jerobeam in Ägypten waren und am Hofe des Pharao aufgezogen wurden, kann es sich bei Ichernofret, der ausdrücklich als der einzige Zögling im Palast Sesostris' III bezeichnet wird, nur um Jerobeam handeln. Bezeichnend ist für diese Zeit, dass er das Grab des Zer = Osiris in Abydos restaurieren soll, das offenbar demselben "Vandalismus am Beginn der Ersten Zwischenzeit" (Breasted) anheimgefallen war wie die Gräber in der Totenstadt von Theben. Es gilt hierbei zu beachten, dass alle Personen, die ganz klar in der in Rede stehenden Zeit gelebt haben, in der konventionellen Geschichte durch die Jahrhunderte versprengt sind!

Wenn man bedenkt, dass die Zeit von Djoser, der im Alten Reich in der 3. Dynastie (um 2700 v.Chr.) gesehen wird, über Achthoës, der am Ende der 10. Dynastie und somit am Ende der Ersten Zwischenzeit (um 2100 v.Chr.) regiert hat, und Sesostris III, der im Mittleren Reich inmitten der 12. Dynastie (um 1900 v.Chr.) angesetzt wird, ganze zwei Jahre betrug, dann versteht man, warum die konventionelle Altertumsgeschichte kein Gesicht hat. Wenn man Ereignisse aus zwei Jahren auf runde 800 Jahre verteilt, dann kann dabei nichts Gescheites herauskommen.

Die ganze Angelegenheit wird noch zusätzlich verworrener durch die Verlegung der Peser/Pewero-Akte in die Zeit der 20. Dynastie, das heißt ins 12. Jahrhundert v.Chr. Allerdings ist es tröstlich, dass sie auf diese Weise wenigstens in die konventionelle Zeit des Anubis-Ramses III hinein geraten ist, mit der wir uns gerade befassen.

Was die Gräber in der Totenstadt anbelangt, so müssen wir natürlich fordern, dass hier erstens niemand begraben sein darf, der zu dieser Zeit - also um 610/612 ndFl - noch am Leben war, und zweitens kein Grab angelegt worden war für jemanden, der noch nicht geboren wurde. Ein leeres Grab für einen Lebenden darf natürlich akzeptiert werden.

In der Prozessakte Peser/Pewero ist der Bericht einer Untersuchungskommission festgehalten, die sich aus zwei Priestern, zwei Polizeioffizieren und zwei Schreibern zusammensetzte. Dieser Bericht gibt interessante Einzelheiten preis:

1. Das 120 Ellen tiefe Grab Amenophis' I im Norden des Amenophistempels, von dem der Stadtfürst Ost, Peser, behauptet hat, es sei erbrochen worden, und diesen Vorfall dem Wesir und Stadtvorsteher Cha-em-use, dem königlichen Truchsess Nesamun, dem Schreiber des Pharaos, dem Gütervorsteher der Oberpriesterin des Amun-Re und dem königlichen Truchsess Neferkere-emper-Amun, dem Sprecher des Pharaos und dem großen Fürsten gemeldet hat, wurde von uns nach eingehender Untersuchung unverletzt aufgefunden.4

Fazit: Das Grab des Amenophis I Djoser-cheper(-ka)-Re war belegt, sonst hätte es keinen Sinn gehabt, dem Verdacht auf Grabplünderung nachzugehen. Djoser starb 608 ndFl, und die Wirren unter Herakles-Achthoës lagen danach. Es muss sogar davon ausgegangen werden, dass die Mumie des Djoser-Amenophis-Ramses I, die unter Herakles zunächst in Sakkara beigesetzt worden war, noch unter diesem dort zerstört und auch zur Instandsetzung und Neubestattung nach Theben verlagert wurde. Danach müssen neue Grabzerstörungen stattgefunden haben, und zwar noch unter Herakles (etwa in seinem letzten Jahr), wodurch auch die thebanischen Gräber teilweise in Mitleidenschaft gezogen wurden. Ich erinnere an den in Sakkara zurückgelassenen Fuß des Djoser-Amenophis. Die Oberpriesterin in Theben war möglicherweise Nofretete, die seit dem Regierungsantritt des Chus (610 ndFl) die Gemahlin des Neferkare-Chaemuse = Kamose war. Um wen es sich bei den Herren Nes-Amun und Neferkere-em-per-Amun handelt, bleibt ungewiss.

2. Desgleichen wurde unverletzt aufgefunden die Pyramide Antefs des Älteren, Sohn des Re, die im Norden des Vorhofs des Amenophistempels, wo die Pyramide selbst zerstört ist, vor der eine Stele noch steht, mit der Gestalt des Königs und seinem Hund Behka zwischen den Beinen.5

Fazit: Ua-anch-Antef I der Ältere, Sohn des Menes-Amun-Re, war bereits seit hundert Jahren tot, als seine Pyramide in Mitleidenschaft gezogen wurde. Übrigens waren die kleinen Grabpyramiden, von denen hier die Rede ist, nicht mit den gewaltigen Bauwerken zu vergleichen, die in Gizeh, Sakkara oder Dachschur - zum Beispiel - noch erhalten sind.

3. Die Pyramide des Königs Nubcheperre, Sohn des Re-Antef war von Dieben angebohrt. Ein Loch befand sich am Fuße der Pyramide, zwei Ellen im Durchmesser, ein weiteres von einer Elle Durchmesser entdeckten wir in der Vorhalle des Grabes des Opfervorstehers des Amuntempels, Jurai. Die Grabräuber waren jedoch nicht in die Gräber eingedrungen.6

Fazit: Nub- bzw. Neb-cheper-Re, der Sohn Antefs II, mithin Tut-anch-Amun, war nicht von Anfang an in der Rumpelkammer des Grabes von Ramses VI = Amenophis III = Nimmuria begraben, in der seine Mumie von Howard Carter 1924 freigelegt wurde. Es hat immer wieder Umbettungen gegeben, worüber in der Wissenschaft keine Zweifel bestehen. Bei passender Gelegenheit werde ich darauf zurückkommen. Hier ist zunächst festzuhalten, dass auch Nebcheperre schon sechzig Jahre tot war, als seine Pyramide angebohrt wurde. Jurai könnte der Priester Juja = Ai = Eje sein, der in den Amarnabriefen Chaja heißt und ein Sohn des Anubis-Ramses war. Chaja war zu der in Rede stehenden Zeit noch nicht tot, folglich war das Grab leer, und es bleibt unklar, was die Diebe in diesem Grab vermuteten.

4. Ebenso angebohrt, jedoch nicht erbrochen, fanden wir die Pyramide des Königs Sechem-Re Up-maat, des Sohnes des Re-Antef des Älteren.7

Fazit: Das Grab des Vaters von Tutanchamun, von Antef II, lag mit seinem eigenen und mit dem Grab seines Großvaters Antef I in demselben Komplex, in den auch das folgende Grab hineingehört:

5. Aufgebrochen war die Pyramide des Königs Sechem-Re Schedtawe, dem Sohn des Re Sebekemsaf, und zwar von der Außenhalle des Grabes des Nebamun, des Speichervorstehers von Thutmosis III (Eig.Anm.: hier müsste gestanden haben: Mencheperre, da der Name Thutmoses III modern ist), her. Die Mumie des Königs war geraubt. Ebenso die seiner Frau Chasnub.8

Fazit: Seit vierzig Jahren waren Schedtawe = Djed-chu-taui und seine Frau Chasnub tot, als ihre Mumien entwendet wurden. Der Besitzer des Nachbargrabes indes, Nebamun, war noch genauso lebendig wie sein Vorgesetzter, der Heerführer Mencheperre (angeblich Thutmoses III) des derzeitigen Pharaos Chus-Sesostris und spätere Pharao Mencheperure = Thutmoses IV. Nebamun war Admiral unter dem Feldherrn Mencheperre. Bekanntlich gelten konventionell die Thutmosiden III und IV als zwei unterschiedliche Personen, was natürlich in Wirklichkeit nicht der Fall ist. Möglicherweise ist Nebamun identisch mit Amanappa, der uns in der Amarnazeit noch begegnen wird. Er wurde, falls diese Identifizierung gerechtfertigt sein sollte, nicht in seinem Grab in Theben beigesetzt, sondern im Delta, worauf ich gleichfalls noch zu sprechen komme.

Es fällt auf, dass nicht nur alle hier erwähnten Ruhenden in der berichtigten Chronologie ebenfalls schon lange tot sind, sondern dass sie auch einen hohen Prozentsatz der bis dato gelebt habenden Pharaonen ausmachen und dass keiner der namhaften, bedeutenden Pharaonen aus einer späteren Zeit dabei ist. Es wäre ein unglaublicher Zufall, wenn ausgerechnet solche Gräber in der Prozessakte erwähnt würden, die sich in unsere Betrachtung einfügen, während solche, die unserer Chronologie schädlich werden könnten, die Plünderer nicht interessiert hätten.

Die Denunziation selbst, also die Vorankündigung der von Peser erhobenen Beschuldigungen gegen Pewero, finden wir bei Leca, der die folgende Mitteilung des Paser (= Peser) jedoch für eine spätere Reaktion desselben auf die Rehabilitierung des Paur (= Pewero) hält9:

Hori-schere, der Schreiber der Nekropole (Eig.Anm.: Hierbei kann es sich - muss es aber nicht - um Heri-Hor, also um Josef handeln!), kam in mein Haus am rechten Ufer des Nils und hat drei Erklärungen über besonders wichtige Angelegenheiten abgegeben. Mein eigener Schreiber sowie der Schreiber der beiden Distrikte der Stadt haben die Aussage mitgeschrieben. Anschließend gab Pibes, der Schreiber der Nekropole, zwei weitere Erklärungen ab, fünf also im ganzen. Auch von diesen beiden besteht eine schriftliche Niederschrift. Es ist unmöglich, diese schweigend zu übergehen. Sie stützen sich auf Verbrechen, die so gravierend sind, dass sie die Todesstrafe, nämlich die Pfählung, und alle erdenklichen Arten von Folterungen verdienen. Ich schreibe jetzt dem König, meinem Herrn, auf dass er einen seiner Männer entsende, Euch zu verhaften.

Mit diesem Schreiben droht Peser eine königliche Untersuchung an, die für den Adressaten - möglicherweise Pewero, aber auch der Wesir kann angeschrieben sein - fatale Folgen hätte. Pewero-Paur ließ die von seinem Widersacher Peser-Paser erhobenen Vorwürfe nicht auf sich beruhen. Bei Leca lesen wir (nach der Beschreibung des Prozesses, den ich weiter oben schon dem Buch Der Fluch der Pharaonen von Philip Vandenberg, S. 89f. entnommen hatte):

Paur (Pewero) gelang es unmittelbar darauf, die Schuldigen auszuliefern. Es sieht fast so aus, als sei er über ihr Unwesen bereits auf dem laufenden gewesen. Ansonsten hätte er wohl kaum so schnell ihrer habhaft werden können. ... Es handelte sich um acht wohlorganisierte Räuber, von fünfen sind die Namen in den Kriminalannalen erhalten geblieben: Hapi, ein Steinschneider, Iramen, ein Handwerker, Amen-em-heb, ein Bauer, Kamuese, ein Wasserträger, und Em-nefer, ein schwarzer Sklave. (Eig.Anm.: Es ist auffallend, dass diese einfachen Leute hochtrabende Namen haben, die an bedeutende Personen erinnern!)

Ihr Geständnis umfasste nur wenige Zeilen: "Dann haben wir ihre Särge und Bandagen geöffnet und die erhabene Mumie des Königs (Eig.Anm.: Bei Lecca ist Sekenen-Re Shedataui, Sohn von Re-Sebekemsaf, gemeint. Bei Vandenberg lautete der Name Sechem-Re Schedtawe; die Namensteile Sekenen- und Sechem- sind keineswegs gleichbedeutend!) gefunden... Auch die Gemahlin des Königs haben wir entdeckt (Eig.Anm.: es handelt sich um Chasnub) und alles, was wir an ihr finden konnten, an uns genommen... Das haben wir alles unter uns geteilt." Die Diebe sind eingesperrt worden, soviel wir wissen, nur das Gerichtsurteil kennen wir nicht. Wahrscheinlich sind sie zum Tode verurteilt worden, außer es hat mildernde Umstände gegeben, so dass ihnen nur die Nasen oder Ohren abgeschnitten wurden.

Leca fährt mit einer Formulierung fort, die ich allerdings entgegen seiner Auffassung nicht mit der Rehabilitierung des Paur-Pewero-Ipuwer verbinden möchte:

Am nächsten Tag begaben sich der Wesir und Nesamun, der Vorschneider des Königs, höchstpersönlich an denselben Ort, um Untersuchungen in einer anderen Angelegenheit anzustellen. Es geht hier um einen Metallarbeiter namens Pichare aus dem Tempel Ramses' III, der drei Jahre vorher nach einer nur oberflächlichen Untersuchung beschuldigt worden war, in das Grab von Isis eingedrungen zu sein. Gemeint ist Ese-nofre, die Gemahlin von Herakles-Achthoës, die im Jahre 610 ndFl spätestens gestorben sein dürfte. Leca bezeichnet Isis als die Gemahlin von Ramses II, was nicht ganz abwegig ist, weil sie in der Zeit dieses Königs lebte, wenn man in ihm den ersten Ramses sieht, nämlich Djoser-Amenophis I. Isis-Esenofre war dessen Tochter.

Der Wesir ließ in der Absicht, weitere Plünderungen aufzudecken, den Dieb mit verbundenen Augen in die Nekropole bringen und befahl ihm, den Weg zu gehen, den er vor drei Jahren gegangen war, um das Grab zu plündern. Das beträfe die Zeit unter Herakles! Der Metallarbeiter führte die Kommission zu den nicht benutzten und daher offenstehenden Gräbern der Kinder von Ramses II, mit dem natürlich wieder Ramses-Amenophis I gemeint sein muss, dessen Kinder von Herakles-Achthoës getötet worden waren. Ihre Beisetzung dürfte in Sakkara stattgefunden haben, wo Djoser-Amenophis für sich und seine Familie eine Nekropole gebaut hatte. Die hier beschriebene Nekropole mit den unbenutzten Grabkammern kann nur das Felsengrab Amenophis' I gewesen sein, da entgegen der konventionellen Auffassung Ramses II zu dieser Zeit noch gar nicht lebte, geschweige denn gestorben war. Über die Beisetzung des Djoser-Amenophis ist schon im Kapitel Ägypten unter Djoser abgehandelt worden.

Die Kommission sah sich zu der Feststellung gezwungen, dass der Metallarbeiter bei seinem Geständnis die Wahrheit gesprochen habe. Andere Gräber hatte er offenbar nicht heimgesucht. Ich halte diesen Vorgang für die Fortsetzung der unter Chaemuse im Jahre 612 ndFl geführten Untersuchungen, in denen wenige Jahre zurückliegende Grabplünderungen aufgedeckt werden sollten.

In der so genannten "Ersten Zwischenzeit" des wahnsinnigen Herakles-Achthoës hatte es Ausschreitungen in Ägypten gegeben. Im Jahre 1 KNB hatten unter dem neuen Pharao Chus-Sesostris-Thutmoses zunächst nur oberflächliche Untersuchungen stattgefunden, die dann zwei Jahre später gründlicher durchgeführt wurden, vermutlich angeregt durch die von Peser erhobenen Beschuldigungen.

Paur-Pewero-Ipuwer war - wie wir sehen können - ebenfalls nicht schuldig in diesem Sinne, sonst hätte er nicht die Typhon-Katastrophe beschreiben können, die erst 12 Jahre nach diesen Ereignissen stattfand. Im Falle einer schuldhaften Verstrickung in diese Grabplünderungen hätte man ihn wohl nicht am Leben gelassen. Nach der Katastrophe Typhon 4 bemühte er sich um seine endgültige Rehabilitierung. Ich möchte hier noch nicht im einzelnen darauf eingehen; nur soviel sei gesagt, dass der Stadtvorsteher und Wesir dabei keine gute Figur abgibt. Leca fährt fort mit Zitaten, die noch eindeutig die Zeit vor der Katastrophe betreffen:

Paur frohlockte und entsandte, seinen Triumph auskostend, eine Gesandtschaft, bestehend aus "Inspektoren, Verwaltern der Nekropole, Arbeitern, Polizisten und allen Friedhofsangestellten", nach Ost-Theben. Er bestand darauf, alle Welt sollte wissen, dass die Ehre der Nekropole unangetastet war, besonders die Einwohner der Stadt der Lebenden (= Theben-Ost), in der lärmende Demonstrationen vor dem Haus des Denunzianten Paser stattfanden.

Paser-Peser-Aaron lebte zu dieser Zeit in Theben, wo auch sein Sohn Eleasar lebte, der spätere Prophet Elia(s), der Thisbiter. Thisbe ist der biblische Name für Theben.

Wie ich weiter oben schon sagte, fielen im Jahre 615 ndFl die Amoriter unter ihrem Heerführer Kedor-Laomor von Elam in Edom ein, das Chus-Sesostris in den Jahren nach Davids Tod (591 ndFl) - damals noch Feldherr im Dienste seines Bruders Djoser-Amenophis-Ramses I - erobert hatte. Im Jahr 610 ndFl, dem 5. Jahr Rehabeams, hatte Sisak-Mencheperre bereits die Erfahrung in Jerusalem gemacht, dass Edom-West = Israel nicht ganz auf der Seite Ägyptens stand. Rehabeam war der Sohn des amurrutreuen Elimelech, und so verwundert es nicht, dass er sich mit den Amoritern zusammentat und ihnen half, auch Edom-Ost zu erobern, wo derzeit Genubath, der Vater Jerobeams, als ägyptischer Vasall regierte. Die (Ge-)Nebatäer flohen nach Ägypten wie einst Hadad, der Vater des Ge-Nebat. Ichernofret = Jerobeam muss jedoch schon vorher nach Ägypten in die Residenz (Chus-)Sesostris' III gelangt sein, da er hier aufwuchs und erzogen wurde. Er war etwa 18 Jahre alt, als er die Restaurierung jenes oben schon erwähnten Osiris-Tempels in Abydos übernahm. Das AT lässt Jerobeam vor Salomo nach Ägypten fliehen. Diese Darstellung entspricht aber nicht den wahren Gegebenheiten.

Die Kontroverse Rehabeam/Jerobeam kann es ebenfalls nicht gegeben haben, da Rehabeam im Jahre 623 ndFl starb, als Jerobeam noch in Ägypten war. Der Zeitgenosse Rehabeams in Edom-Ost war Genubath. Die Entzerrung dieser Geschichte gehört jedoch in ein anderes Kapitel.

In seinem 8. Jahr (das entspräche dem Jahr 617 ndFl in der berichtigten Chronologie) unternahm Sesostris III den Versuch, Edom zurückzugewinnen. Er schickte seinen Feldherrn Mencheperre-Sisak wieder mit einem Heer nach Edom, der von einem jungen Mann mit Namen Chu-Sebek (= Se-bek-chu-Re, Bokchoris) begleitet wurde, dem etwa 599/600 ndFl geborenen Sohn von Tefnachte (dem Sohn Zaphenat von Josef und Asnat). Mencheperre tat dieses unrühmlich ausgegangenen Zuges später in seinen Annalen keine Erwähnung. Der junge Mann, der später ein General und Kommandant der Residenzstadt war, erzählt auf einem Denkstein in Abydos, dass er den König auf einem Feldzug nach dem Lande Sekmem in Syrien begleitet habe.

Mit dem König, den Chu-Sebek begleitete, soll nach Ansicht der Historiker Sesostris III gemeint sein, in dessen Zeit diese Inschrift gehört, der jedoch kaum als Pharao noch selbst in den Krieg zu ziehen hatte; insofern ist, obwohl darüber nichts inschriftlich verlautet, eher an den Feldherrn Manachpiria-Sisak zu denken, den Chu-Sebek begleitet hat. Er sagt weiter, die Asiaten seien besiegt worden und er habe einen wichtigen Gefangenen in Sek-mem (= Sichem-Gerar) gemacht. Dafür habe ihn der Pharao beschenkt, und zwar mit einem Stab aus Silbergold, einem Bogen und einem mit Silbergold verzierten Dolch. Dazu habe er ihm noch die Waffen des Gefangenen überlassen. Das sind Geschenke für einen jungen Kadetten, nicht aber für einen ausgewachsenen Heerführer.

Der Gefangene, dessen Name in dem Bericht Chu-Sebeks nicht genannt wird, war indes kein Geringerer als Abraham, der auf diesem Wege von Sichem-Sekmem nach Ägypten kam, wo er miterleben sollte, wie "der Pharao geplagt wurde" (1. Mose 12, 17). Abraham kehrte erst nach der unter dieser Plage zu verstehenden vierten Typhon-Katastrophe nach Edom-West zurück. Übrigens war Chus-Sesostris III in diesem 8. Jahr in Nubien beschäftigt, und wir wundern uns, dass er dies auch als Pharao noch tat. Dafür gab es jedoch einen triftigen Grund:

Das 8. Jahr des Sesostris III bzw. des Chus-"Thutmoses I" war sein Schicksalsjahr: 617 ndFl. Seine Gegner nahmen das Scheitern des Feldzuges gegen die Amoriter zum Anlass, auf seine Absetzung zu drängen, und da der Vater des Thronfolgers Kamose noch lebte, nämlich Anubis-Phiops, so konnte letzterer endlich Pharao Ramses III/VIII werden. Hiermit war dann der zweite Schritt der Demontage des Thutmoses I getan. Chus-Sesostris erscheint von nun an als der Vizekönig von Nubien, das seinen Namen erhält: Kusch. Er erobert es, wie es heißt, und ist hier bis zu seinem 19. Jahr noch nachweisbar. Da es sich hierbei um das Jahr 19 des KNB-Kalenders handelt, das mit dem Jahr 1 ägKal (des neuen ägyptischen Kalenders) zusammenfällt, so liegt es nahe, mit dem Beginn des neuen ägyptischen Kalenders (628 ndFl) auch die Rückkehr des Chus nach Norden zu verbinden.

Chus brauchte Nubien nicht zu erobern, da er hier schon der Herr im Hause war: Pianchi, der Sohn des Josef und der Gemahl seiner Enkelin Saba, war hier sein Vizekönig. Sein Aufenthalt in Nubien kann nur zum Teil als Exil aufgefasst werden. Das Exil gilt nur für die ersten vier Jahre nach der Katastrophe und besonders für die beiden letzten, in denen in Ägypten Arsa-cheru, der Syrer, herrschte. Darauf komme ich zu gegebener Zeit wieder zurück. Es ist anzunehmen, dass Chus neuer Vizekönig von Nubien wurde, während Pianchi mit seiner Frau Saba und seinem Söhnchen Menelik = Paio-Necho das gegenüberliegende "Reicharabien" auf der arabischen Halbinsel bezogen haben könnte, das den Ägyptern auf noch nicht geklärte Weise zugefallen sein könnte. Hier ist einiges spekulativ. Wie aber sollte Saba - oder wie immer sie tatsächlich geheißen haben mag - später zu dem Titel "Königin von Saba" gekommen sein?

Über den Regierungswechsel haben wir keine detaillierten Berichte verliegen. Zu Mord und Totschlag kam es offenbar nicht, alles lief vertragsgemäß ab. Benachteiligt war außer dem abgesetzten Pharao niemand. Aus Inschriften, die schon nach dem Machtwechsel entstanden sind, geht hervor, dass zu dieser Zeit immer noch Nofretete als "Herrin des Landes" galt. Das ist das Hauptargument in der Rekonstruktion dieser Vorgänge; denn hieraus ist zweifelsfrei zu schließen, dass ein Sohn des Anubis-Ramses nur durch die Ehe mit dieser Tochter des "Thutmoses I" Pharao werden konnte. Es erscheint daher logisch, dass der älteste Sohn und Thronfolger des Anubis-Ramses-Painozem, Kamose-Echnaton, mit Nofretete verheiratet sein musste.

Durch das Revirement des Anubis-Phiops-Ramses wurden keine großen Veränderungen fällig, da ohnehin schon seine Söhne in den Schlüsselpositionen des Reiches saßen. Ramses (IV)-Osorkon (User-maat-Re Setpen-Re Meri-Amun Ramesse), der bisher in Bubastis im Delta (Libyen) gesessen hatte, ging als König von Oberägypten nach Theben (Bubastiden-Halle!). Chus-"Thutmoses I" verließ Theben, wo er bisher als Pharao gesessen hatte und wo von nun an Anubis-Ramses III/VIII als der neue Pharao seine Residenz hatte. Sein Lieblingssohn Neferkare-Chaemuse = Kamose-Echnaton setzte in Theben den Hohenpriester Amenophis zum Nachfolger seiner Gemahlin ein, ehe das Paar im Jahre 621 ndFl nach Achet-Aton umzog.

Es kann sich bei diesem Priester Amenophis um keinen der späteren Könige mit diesem Namen gehandelt haben, da die alle noch viel zu jung waren. Es handelt sich bei ihm ohne Frage um denselben Hohenpriester Amenophis, der in einem für unsere späteren Betrachtungen außerordentlich wichtigen Papyrus erwähnt wird, auf den ich jedoch erst nach der Typhon-Katastrophe zu sprechen komme. Ich halte ihn für den Priesterkönig Amenophthis (bei Gardiner) aus der 21. Dynastie, der in derselben Position auch Amenemepet (bei Breasted) bzw. Amenemope (bei Drioton/Vandier) heißt. Der letzterwähnte Name führt zu dem Amanappa der Amarnabriefe, mit dem dieser Priester zweifellos identisch ist und den ich oben schon mit seinem Namen Neb-Amun ansprach. Diese letzte Identifizierung ist allerdings etwas unsicher. Als General Amenemheb ist er auch der pa-Aton-em-heb dieser Aton-Epoche, und er wurde prompt mit Haremhab verwechselt, einem späteren General und Pharao. Wenn Amanappa, der Sohn von Josef-Herihor und Asnat, spätestens im Jahre 585 ndFl geboren wurde, dann war er im Jahre 621 ndFl 36 Jahre alt und für das Amt des Hohenpriesters in Theben geeignet.

Neferkare-Chaemuse = Uadj-cheperu-Re Kamose zog im Jahre 621 ndFl mit seiner Gemahlin Nofretete (Nefer-neferu-Re) in der weitgehend fertiggestellten Stadt Achet-Aton ein. Bereits im Jahr darauf machte er einen folgenschweren Fehler, der letztenendes noch das heutige Bild unserer Menschenwelt und das Geschehen hierin mitbestimmt. Bekanntlich waren die Thronstreitigkeiten das beherrschende politische Thema dieser Jahre. Die Situation spitzte sich bis zum Jahre 622 ndFl immermehr zu.

Von Kamose wissen wir, dass er einen Putschversuch unternahm, weil er sein Reich nicht mit einem Nubier (= König von Oberägypten) und einem Libyer (= König von Unterägypten) teilen wollte. Er wollte nicht nur König von Mittelägypten sein, sondern er hielt sich als ältesten Sohn für berechtigt, das ganze Reich für sich allein zu erben.

Hieraus kann geschlossen werden, dass im Zusammenhang mit der Abdankung des Chus offensichtlich eine Aufteilung des Reiches vertraglich festgelegt worden war, die nach dem Tode des Anubis-Phiops = Ramses III/VIII platzgreifen sollte. Nach dem Tode beider Pharaonen, also sowohl des Anubis als auch des Chus, sollten Nofretete und Kamose-Echnaton Mittelägypten als selbständige Herrscher übernehmen, während Osorkon-Ramses IV Libyen und Amenophis-Serach-Sethos, der Sohn des Djoser und der Chus-Tochter Hatschepsut, Nubien-Äthiopien erhalten sollten.

Sowohl auf Phiops (26. Jahrhundert v.Chr.) als auch auf Ramses III (12. Jahrhundert v.Chr.) wurde eine Haremsverschwörung angesetzt, in die ein Königssohn verwickelt war. In beiden Fällen untersuchten zwei hochgestellte Persönlichkeiten die Affäre, und in beiden Fällen wurde der Sohn zum Tode verurteilt. Es handelt sich jedoch in allen vier Fällen, bei Phiops, Kamose, Echnaton und Ramses III, um ein und denselben Vorgang. Es wird gesagt, dass Phiops den Höfling Una "und einen anderen" als Oberrichter eingesetzt und Ramses III seinen Sohn "und einen anderen" mit dieser Funktion betraut habe. Das addieren wir zu den zwei Oberrichtern Usermare und Wen-Amun. Der erstere war der neue Thronfolger, der spätere Pharao Ramses IV, und Wen-Amun = Una war der von Chus aus der Thronfolge gedrängte Sohn des Herakles, der entweder unter Anubis schon wieder aus dem Exil in der Oase Siwa zurückgekehrt oder noch gar nicht dorthin geflohen war. Diese Flucht kann nämlich auch in die erste Zeit nach Typhon 4 gehören.

Es kann möglicherweise Nofretete Gesamterbin des Reiches gewesen sein, was allerdings nicht sehr wahrscheinlich ist; denn dann hätte es den Putsch nicht zu geben brauchen, es sei denn, der Putsch hätte sich gar nicht gegen die beiden anderen Könige, sondern gegen die "Herrin des Landes" gerichtet (Haremsverschwörung?), was aber weniger wahrscheinlich ist; denn Nofretete hat ihrem Gemahl offensichtlich geholfen.

Nur ein einziges Jahr hatte Kamose-Echnaton in Achet-Aton zugebracht, als er den gewaltsamen Umsturz versuchte, der aber offensichtlich verraten und rechtzeitig verhindert wurde. Kamose musste fliehen. Die Tochter des Pharao, die Mose geholfen hat, soll Thermuthis geheißen haben, während Mose selbst bei antiken Autoren Thisiten genannt wird. Ich habe weiter oben schon diesen Namen mit Me-thusu-phis-Den und Me-suti-Re in Verbindung gebracht, zwei weiteren Namen für (Cha-)Moudja-Mose.

Bevor das Todesurteil an ihm vollstreckt werden konnte, befand sich Ka-Moudja außer Landes. Ägyptische Quellen verraten nicht, wohin Ka-Mose floh; wir wissen aber aus dem Alten Testament, dass er die östliche Wüste aufsuchte, wo wir ihn erst einmal seinem Schicksal überlassen. Und was geschah mit Nofretete?

Es kann eigentlich kein Zweifel daran bestehen, dass sie in die Affäre verwickelt war. Immerhin lässt das AT deutlich erkennen, dass "die Tochter des Pharao" Mose geholfen hat. Sie hatte ihn zwar nicht "aus dem Wasser gezogen", da dieser Vorgang zu "dem anderen Moses", zu Aaron-Moschäch gehört, aber sie hat sicher von den Vorgängen gewusst und sie sogar toleriert. Ungestraft konnte sie deshalb nicht davonkommen. Es besteht die Möglichkeit, dass sie unter dem neuen Herrn von Achet-Aton, dem Priesterkönig Eje, Ai bzw. Chaja eine Art Hausarrest in dieser Stadt verbüßte, andererseits kann sie auch nach Nubien zu ihrem Vater Chus abgeschoben worden sein.

Eine dritte Möglichkeit bestünde darin, dass man ihr den Titel "Herrin des Landes" aberkannte und sie mit einem nicht thronberechtigten Manne vermählte, und zwar mit dem Heerführer Thutmoses-Mencheperre, während ihre Schwester Hatschepsut zur neuen "Herrin des Landes" avancierte und den neuen Thronfolger heiraten musste, nämlich Ramses IV Userma(at)re. Das wäre jedoch noch nicht das Ende ihrer Ehe mit Thutmoses III Mencheperre gewesen, wie wir noch sehen werden.

Wenn Nofretete auch Mut-em-udja gewesen sein sollte, dann ist es verständlich, dass auch Mut-em-udja als "Herrin des Landes" inschriftlich erscheint. Die Ehe der Mut-em-udja als "Herrin des Landes" mit Mencheperre, dem Vater des Amenophis III und Sohn des Anubis-Ramses III/VIII, der jünger als der Thronfolger ist, ergibt indes keinen Sinn. Wenn aber Mut-em-udja, die Mutter des Amenophis III, nicht mit Nofretete identisch sein sollte, sondern wenn der Name Mut-em-udja der jüngeren Schwester Hatschepsut der Nofretete gehören sollte, die in einer weiteren Ehe den Thronfolger Ramses IV geheiratet hatte, dann muss der Titel zwischenzeitlich auf diese übergegangen sein, wie es im vorigen Absatz gefordert wurde. Der Gemahl der Mut-em-udja und der Vater ihres Sohnes, des späteren Pharaos Amenophis III Neb-maat-Re, war aber noch Thutmoses III/IV Mencheperre, wie es konventionell auch gesehen wird. Der Titel "Herrin des Landes" muss nicht erst nach dem Tode der Nofretete auf ihre Schwester Hatschepsut übergegangen sein, bestimmt aber erst nach der Geburt des Amenophis III Nimmuria.

Thutmoses-Mencheper(u)re hinterließ eine Inschrift an der Sphinx von Gizeh, worin er den Göttern versprach, die nach dem Sandsturm (Taifun!) bei der Typhon-Katastrophe völlig verschüttete Sphinx wieder freizuschaufeln, wenn sie ihn zum Pharao machten. Das ergibt nur Sinn nach der Typhon-Katastrophe des Jahres 624 ndFl. Das bedeutet aber auch, dass er bis dahin nicht mit einer "Herrin des Landes" verheiratet gewesen sein kann. Seine Gemahlin Nofretete hatte den Titel verloren, und die, die den Titel nun besaß, Hatschepsut, war nicht mehr seine Gemahlin. Für die Ehe des Mencheperre mit Nofretete spricht besonders ein Argument:

In diese Zeit gehört die Schaffung eines der bedeutendsten Kunstwerke Ägyptens: Für Nofretete schuf ein Künstler mit Namen Thotmes oder Thutmosis eine Büste. Sie ist die wohl bekannteste altägyptische Kleinskulptur überhaupt, und sie steht heute in Berlin. Der Name ihres Erschaffers kann konventionell nicht mit dem späteren Pharao Thutmoses III/ IV in Verbindung gebracht werden. In der falschen Chronologie liegen über hundert Jahre zwischen Thutmoses und Nofretete - zwischen dem Künstler und seiner Gemahlin. Dabei ist es bekannt, dass Thutmoses III Mencheperre selbst Künstler und Kunstlehrer sowie ein Förderer der Künste gewesen ist. Sein Atelier wurde in den Ruinen von Achet-Aton gefunden. Seine Einrichtung lässt darauf schließen, dass Thutmosis hier schon unter Echnaton gearbeitet haben muss. Kulturgeschichtlich spricht man von einem Achet-Aton-Stil, der in diese Zeit gehört. Auch gilt Echnaton selbst als Künstler mit Pinsel und Meißel. Das lag in der Familie.

Möglicherweise stammen einige der Echnaton-Statuen bzw. -reliefs von ihm selbst. Zu den von dem jüngeren Echnaton geschaffenen Skulpturen könnten auch diejenigen gehören, die einen alternden, faltigen und eher hässlichen Echnaton zeigen, was mit dem jugendlich-schönen Gemahl der schönen Nofretete nicht harmonieren will. Bei dem "Hängebauch"- Echnaton handelt es sich wohl um den älteren, den zu dieser Zeit bereits hochbetagten Painozem-Echnaton, den späteren Pharao Anubis-Ramses III/VIII.

Schließlich ist der Vollständigkeit halber noch an eine andere Strafe für Nofretete zu denken, nämlich an die, der sich Kamose entziehen konnte, nämlich den Giftbecher. Wenn sie aber im Jahre 622 ndFl gestorben wäre, dann hätte sie keinen weiteren Eindruck in der Geschichte hinterlassen.

Nur als "Herrin des Landes" konnte Hatschepsut später, nachdem Osorkon-Ramses IV verstorben war, selbst auf den Pharaonenthron steigen. Es ist daher richtig, Mut-em-udja, die "Herrin des Landes", mit Hatschepsut zu identifizieren, die ganz offensichtlich nach dem Tode des Ramses IV erneut die Gemahlin des Thutmoses-Mencheperre wurde, von dem sie schon den Sohn Amenophis-Nimmuria hatte. Erst im Jahre 652 ndFl wurde Thutmoses III Mencheperre der Pharao Thutmoses IV Mencheperure.

Die konventionelle Annahme, der Priester Eje (18. Dynastie) habe nach dem Tod des Echnaton vier Jahre lang als Cheper-cheperu-Re Ai in Achet-Aton regiert, ist nicht abwegig; denn an keiner anderen Stelle der Geschichte lässt er sich so gut mit seinen vier Regierungsjahren einordnen: 622 bis 626 ndFl, was jedoch präziser 622 bis 624/5 ndFl lauten sollte (konventionell Mitte des 14. Jhdts. vor Chr.). Er hätte demnach die Typhon-Katastrophe hier erlebt und überstanden. Auch er begegnet uns in den Amarnabriefen wieder; dort heißt er u.a. Cha(i)a. Er kann seinen Pharaonennamen (mit dem Mehrzahl-u) nach der Typhon-Katastrophe angenommen haben, als die übrigen Magnaten in Nubien waren. Offiziell war er nicht als Pharao anerkannt, wie aus der Abydos-Inschrift hervorgeht.

Der neue Thronfolgeanwärter, der schon erwähnte Osorkon-Ramses IV User-maat-Re, der zweitälteste noch lebende Sohn des Anubis-Ramses, hatte mit Una-Wenamun die Untersuchungen nach der Kamose-Revolte geführt. Er wurde neuer König von Libyen im Delta, während Mencheperre nur ein Stadtkönig in dieser Region war. Es drängt sich jetzt die Frage auf, ob man den Zustand wiederherstellte, der Kamose zum Umsturz gereizt hatte: die Dreiteilung des Erbrechts. Es ist aber müßig, hierüber nun Spekulationen anzustellen, da sich durch die Katastrophe Typhon 4 ohnehin alles änderte. Darauf gehe ich zu gegebener Zeit ein.

Phiops-Anubis-Ramses hatte den möglicherweise erst unter seiner Regierung zurückgekehrten Una = Wen-Amun, den vor Chus vermutlich geflohenen Sohn des Herakles, der in der Oase Siwa gelebt und wo er sich inschriftlich als "wirklichen Herrn der Länder" bezeichnet hat, zum Oberrichter und zum "Herrn der Stadt" gemacht, womit wohl die "Pyramidenstadt" gemeint ist, also Memphis oder auch Pe-Buto. Diesem Vizekönig bzw. Wesir wird auch unter dem konventionellen Ramses II das Amt des Oberrichters übertragen. Es handelt sich hierbei natürlich um eine Verwechslung von Ramses II mit Ramses III; denn beider Name beginnt mit User-maat-Re. Wie ich schon mehrfach betonte, existiert Ramses II, der Große, in der konventionell beschriebenen Identität nur in der konventionellen Phantasie. Im folgenden Kapitel werde ich darauf näher eingehen.

Es scheint so, als habe es nach dem Wiederauftreten des Kamose im Jahre 624/5 ndFl eine auf die Stadt Achet-Aton konzentrierte Wiederbelebung des Aton-Kultes gegeben. Für diese Zeit wären die Inschriften und Dichtungen, die die Person des Echnaton in einer das Maß seiner Bedeutung als König von Mittelägypten übersteigenden Form verherrlicht haben, und die Skulpturen im typischen Echnaton-Stil plausibler zu erklären. Er war "nie ein Gott", wie Wen-Amun sagen wird, sondern "nur ein Mensch"; das bedeutet, dass er niemals ein offiziell anerkannter Pharao war. Er wird auf den Darstellungen aus seiner offiziellen Amtszeit nur mit der "blauen Krone" von Mittelägypten dargestellt, nie mit der Pharaonenkrone. Außerdem wird in seinen Hymnen an Aton (falls deren moderne Übersetzung nicht unter der Voreingenommenheit entstanden sein sollten, dass die Sonne zu allen Zeiten im Osten aufgegangen sein müsse) von einem im Osten aufgehenden Aton gesprochen, was im Gegensatz zu dem Hymnus steht, in dem es unmissverständlich heißt: Harachte, du gehst im Westen auf, der ganz eindeutig älter ist.

Der Glanz des Aton10

Dein Aufleuchten ist schön am Rande des Himmels,
Du lebender Aton, der zuerst lebte!
Wenn du dich erhebst am östlichen Rande des Himmels,
So erfüllst du jedes Land mit deiner Schönheit. ...

Nacht11

Wenn du untergehst am westlichen Rande des Himmels,
So liegt die Welt im Dunkel, als wäre sie tot. ...


Es ist wenig wahrscheinlich, dass sich der Sohn ungeachtet der Tatsache, dass sein fast 100jähriger Vater noch im Amt war, wie ein Pharao gebärden konnte. In einer inflatorischen Vielzahl von Aton-Gedichten pries er nicht nur den Sonnengott, sondern er erhöhte sich auch, indem er sich in diesen Gesängen als Herr der beiden Länder, Nefer-cheperu-Re Ua-ne-Re, Ra-messe, der von der Wahrheit lebt bezeichnet. Er verwendet also das Mehrzahl-u, das den Pharaonennamen vorbehalten war. Diese Selbsterhöhung kann nur nach der Katastrophe stattgefunden haben.

Eines muss hier zur Klärung gesagt werden: Wenn auch die Sonnengesänge Echnatons einen Aton preisen, der im Osten auf- und im Westen untergeht, so bedeutet dies nicht, dass der Kult des Aton erst nach Typhon 4 aufkam; denn die von dem Priester Painozem eindeutig aus der vortyphonischen Zeit stammenden Inschriften erwähnen einen Aton (= Schu, Thum), der mit Re-Harachte identisch ist, also im Westen aufgeht. Eine Erklärung dafür, weshalb es einen Aton gibt, der im Osten aufgeht und nicht mehr im Westen, kann nur darin liegen, dass die Gesänge - und ich betone nochmals: falls sie überhaupt unvoreingenommen übersetzt sein sollten - erst nach Typhon 4 entstanden, in jener Zeit, in der Neferkare-Kamose als Mesutire-Methusuphis inoffizieller Pharao war. Das war von 624/5 bis 626 ndFl der Fall. Zu der Zeit, als Nofretete noch an der Seite Echnaton-Kamoses die "Herrin des Landes" war (bis 622 ndFl), kann die Sonne noch nicht im Osten aufgegangen sein. Es scheint sich aber bei diesen Gesängen (wie oben) um Ausdrücke des allgemeinen Glücksgefühls darüber zu handeln, dass die Katastrophe überwunden und die Natur wieder in Ordnung ist. Sie müssen nicht unbedingt von Echnaton persönlich stammen.

Es ist übrigens gar nicht auszuschließen, dass Nofretete wieder zu Echnaton-Kamose zurückging, was aber noch nicht bedeutet, dass sich Mencheperre und Hatschepsut nun auch sogleich wieder vereinigten; denn die "Herrin des Landes" war als Gemahlin des Thronfolgers Ramses IV unentbehrlich.

Da keine der in Achet-Aton gefundenen Kruginschriften ein höheres Datum als Jahr 17 = 626 ndFl angibt, worunter m.E. eine im KNB-Kalender gemachte Datierung zu verstehen ist, dürfte das Jahr 626 ndFl (für längere Zeit!) das letzte gewesen sein, in dem hier Krüge versiegelt wurden. Diese Begebenheiten und wie es nach Echnaton (II) weiterging, werden jedoch erst Gegenstand des 7. Kapitels in diesem Band sein.

Neferkare erscheint auch in der 10. Dynastie, der herakleopolitischen, aus der Herakles-Achthoës-Cheti hervorging, als Fürst von Mittelägypten. In gewisser Weise war Neferkare natürlich ein Nachfolger des Herakles, aber er war kein Herakleopolite - es sei denn, man fasste Achet-Aton als einen Teil der Stadt Siut-Herakleopolis, einer im Tal gelelegenen Nachbarstadt, auf.

Auch nach der Abdankung des Chus blieb Men-cheper-Re als Feldherr seines Vaters Phiops-Anubis im Delta. Vor der Katastrophe ist er in dieser Eigenschaft jedoch nicht mehr in Erscheinung getreten. Es kam vorläufig zu keinen Feldzügen in Syrien, da sich hier die Amoriter durchgesetzt hatten. Men-cheper-Re Thutmoses ist mit den folgenden libyschen (Delta-)Königen aus der 22. Dynastie identisch:

Osorkon I Sechem-cheper-Re Setpen-Re und
Scheschonk IV Sechem-cheper-Re Setpen-Amun,

die ins 10. bzw. 8. Jahrhundert v.Chr. verlegt wurden. Ich halte die Namen Osorkon und Scheschonk in diesem Falle für falsch; denn sie gehören zu dem richtigen Osorkon (II = User-maat-Re Setpen-Amun) = Ramses IV, dem zweiten Sohn des Anubis-Ramses, und zu Scheschonk (I = Ches-cheper-Re Setpen-Re = Takelotis II), also zu Ches oder Chus. Überhaupt herrscht in den libyschen Dynastien ein "Osorkon-Wirrwarr", der dem "Thutmoses-Wirrwarr" der 18. Dynastie in nichts nachsteht. Hinzukommt, dass die ganzen Dynastien ohnehin gleichzeitig ablaufen mit identischen Personen. Auf die Libyer komme ich weiter unten wieder zurück.

Die Pforten von Heliopolis waren vermutlich schon durch Chus-Thutmoses geschlossen worden, der sich auch gar nicht unter die Ramessiden einordnen lässt, die sich von dem Re-Harachte von Heliopolis ableiteten. Sein Gott war Amun von Theben. Auch ist nach dem Priester Re-User von Heliopolis kein bedeutender Nachfolger in diesem Tempel bekannt. Weshalb Phiops-Anubis-Ramses diesen Tempel nicht wieder öffnete, obwohl er den Ramses-Titel führte, ist leicht zu erklären. Er hatte mit der Heliopolis-Reform des Mykerinos nichts zu schaffen. Für ihn war Re-Harachte sein Großvater Poseidon und nicht der karische Re-Hor der Horiter, dem sich Mykerinos verbunden fühlte. Re-Harachte-Poseidon wiederum war der Vater seines Vaters Thum = Aton, dem er ein größeres Heiligtum gebaut hatte, nämlich Pi-Thum = Achet-Aton. Dass er seinen Vater mit Re-Harachte gleichsetzte, haben wir weiter oben schon gesehen: Er wollte die von meinem Vater gewünschte Stadt bauen, für Aton, dessen Name Schu ist und der als Re-Harachte in seinem Horizont jubiliert.

Phiops nannte seinen Vater Tem, der große Gott von Heliopolis und erste Gottmensch auf Erden. Daraus ist abzulesen, dass für ihn Großvater und Vater ein und dieselbe Person waren. Trotzdem blieb die Residenz des Pharaos Anubis-Ramses Theben, wo er als Priester Painozem schon gewirkt hatte. Vermutlich war ein Umzug für ihn, den fast Hundertjährigen, viel zu beschwerlich.

Herodot sagt, der ägyptische König Anysis und auch der ägyptische König Pheros seien blind gewesen. Es entging ihm, dass beide miteinander identisch sind: Anysis-Pheros = Anubis-Phiops. Der "erhabene göttliche Vater", also der Pharao, wohnte auch einer Flutinschrift zufolge, auf die ich im Kapitel Typhon 4 zu sprechen komme, in Theben. Er ist der "König von Ägypten und Äthiopien, der dem Zerstörer Typhon den Namen gab": Phrix-Typhon, Phritiphantes, Anubis-Ramses.

Potiph-Aaron hatte sich seit der Unterdrückungszeit mit dem Jahwe-Kult von Elephantine angefreundet, den er nun, nachdem seine Zeit in Theben offenbar abgelaufen war, den Chabiru in Unterägypten ungestraft nahebringen durfte, die bisher Katzen, Höhenheiligtümer und besonders Rededef verehrt hatten, den Stammvater eines großen Teiles von ihnen: Djed-ef-Re = pa-Re-Zet = Seth II12 = "Isaak"-Tektamus, der auch der Vater des Seth III = Poseidon und somit des Re-Harachte war. Aber Aaron fasste Aton nicht als Gott auf. Es ist dennoch bemerkenswert, dass zwei so betont monotheistische Religionen, die zudem noch miteinander verwandt waren, auf engstem Raum gleichzeitig Bedeutung erlangten.

Aus der Unterschiedlichkeit der Verehrungen lässt sich aber ableiten, dass die Chabiru kein einheitliches Volk waren. Die Anbeter der "Höhen" waren Enlil-Verehrer, die dem Gott El-Elyon des David und des Melchisedek (1. Mose 14) nahestanden. Zu ihnen muss auch Abraham zunächst noch gezählt werden. Am leichtesten dürfte es Aaron mit den Rededef-Verehrern gehabt haben, ihnen den Gott des Rededef-Elihu zu verkünden. Die Katzenverehrer waren Leute aus Bubastis im Delta, der Stadt der katzenköpfigen Göttin Bast. Und hier nahm Aaron dann auch bald sein Domizil. Es gelang ihm, die Angehörigen dieser unterschiedlichen Kulturkreise zu einem "Bund im Namen Jahwes" zusammenzuschließen. Da die Chabiru in Aaron seit der Unterdrückungszeit eine vertrauenswürdige Führerpersönlichkeit sahen, die sich ihrer gemeinsamen Sache annahm, folgten sie ihm in fast blindem Vertrauen und in der Hoffnung, dass sich ihre Lage dadurch verbessern würde.

Der "Bund" war also zunächst in erster Linie eine Solidargemeinschaft, die aus "Menschen zweiter Klasse", die sie in Ägypten trotz der "Fleischtöpfe" immer gewesen waren, ein selbstbewusstes Volk machen sollte, das jedoch vorerst noch ohne Raum war. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, was geworden wäre, hätte es die Exoduskatastrophe nicht gegeben, durch die sich völlig neue Perspektiven für die Bündner ergaben. Eine Fronarbeit wie unter Djoser brauchten die Chabiru später nicht zu leisten. Trotzdem kann es bei den Arbeiten in der "Fronstadt" Pi-Thum = Achet-Aton nicht wie in einem Sanatorium zugegangen sein, und Reichtümer waren hier gewiss nicht zu verdienen. Mir scheint, besonders hinsichtlich der Erinnerungen an die "Fleischtöpfe Ägyptens", dass von einer allgemeinen Unzufriedenheit wie zur Zeit der Unterdrückung keine Rede mehr sein kann.

Ein gewisser Silberdiener Yenes wird gemeinsam mit Pinehas erwähnt, der seinerseits mit Pinhasi-Pianchi, dem Sohn des Josef-Herihor, identisch ist. Yenes könnte Una = Wen-Amun sein. Pinehas und sein Vater standen bei dem semitophilen Pharao Phiops-Ramses in hohem Ansehen. Der vermeintliche Ramses II gilt als besonders semitenfreundlich. Das kann sich sowohl auf Anubis-Ramses III als auch auf dessen Sohn Osorkon-Ramses IV beziehen; deshalb konnte auch Heri-Hor bzw. Harchuf = Josef, obwohl er in Abwesenheit der Königsfamilie den zurückgekehrten Kamose-Echnaton zum Pharao Mesutire gekrönt hatte, seine Ämter behalten.

Die gleiche Sympathie brachten Ramses III und Ramses IV auch dem Una = Wen-Amun entgegen. Trotzdem hatte dieser natürlich keine Chance, "Herr der Länder" zu werden, also Pharao; sein Name Onnos steht am Ende der 5. Dynastie noch vor seinem Vater Teti = Herakles, mit dem die 6. Dynastie beginnt, in der auch die Namen Phiops und Neferkare vorkommen. Onnos kann nur Gaufürst, nicht aber Pharao gewesen sein, und das natürlich nicht vor seinem Vater, sondern bestenfalls zu dessen Zeit oder eher noch danach, nämlich unter Phiops-Anubis-Ramses.

Der letztgenannte Pharao, der als ausgesprochen semitophil angesehen wird, dürfte sich der Bitte lass mein Volk ziehen kaum widersetzt haben - wenn es denn diese Bitte überhaupt gegeben haben sollte. Andererseits richtete sich die so genannte "semitische Restauration", die fälschlich zu der Zeit des Ramses II gesehen wird, des Sohnes von Sethos I, nicht an die Adresse der "Chabiru", eine gemischte Volksmenge, die - wie wir gehört haben - zudem noch als "unrein" galt; gemeint sind mit den Semiten die Mariannu von Elephantine, die Nachfahren des Syrers Jakob, des Jakob-cher, also die Familie des Cheru-cher-maat Antef bzw. des Maat-cheru-Re ("Machir") oder des (C)Heri-hor, Harchuf bzw. Josef. Dieser, der bereits als En-chu-(tef) der Wesir des Djoser gewesen war, nahm diesen Rang als Harchuf auch unter Phiops ein, und unter dessen Nachfolgern, unter Ramses IV/XI und Ramses V/XII, erscheint er unter dem Namen Herihor und ist der Vater des Pianchi, der wiederum als der Vater des Paionech gilt (21. oder Priester-Dynastie). Beides ist korrekt.

Zu dem Thema "Semiten" bzw. "Chabiru" sei noch folgendes angemerkt:

Zu der in Rede stehenden Zeit gab es noch keine "Juden" im heutigen Sinne bzw. in dem Sinne, in dem sie einige Jahrzehnte später als Einwohner des "Königreiches Juda" im AT erscheinen. Es soll doch im AT suggeriert werden, dass eben diese Bewohner Juda's aus Ägypten ausgewandert waren, was den Tatsachen nicht entspricht. Sie lebten gleichzeitig, die einen in Juda oder Edom oder Israel, die anderen in Ägypten. Erst in der Zeit nach Typhon fand die Begegnung der einen Gruppe mit der anderen statt, nämlich zwischen den zu Hause gebliebenen Benjaminitern, Manassitern, Sebulonitern, Naphthalitern, Ephraimitern, Danitern, Asseritern, Issascharitern, Gaditern, Rubenitern und Judaitern sowie den Ammonitern, Moabitern, Edomitern und nicht zuletzt den Philistern einerseits und den - wer bleibt denn noch übrig? - Leviten andererseits.

Wie wir sehen, war es nur der Anführer der "Unreinen", Potiph-Aaron, bzw. sein Sohn Eleasar, der als Levit nach Edom-West kam. Die Hauptmasse der Leviten, also der Nachfahren des Jakob und seines Sohnes Levi = Chevi = Chausebekemsaf, blieb in Ägypten als Mariannu wohnen, während die große Masse der mit den Leviten ausziehenden Volksgruppe aus einer Mischung von "chabiru", also Fremdarbeitern aus vielen Teilen der orientalischen Welt, bestand, hauptsächlich natürlich aus ehemaligen Flüchtlingen oder brotsuchenden Auswanderern aus Israel, so dass diese mit Recht als "Kinder Israel" bezeichnet werden.

Dass die Redakteure des AT später die Geschichte daraufhin zuschnitten, dass eine gemeinsame Geschichte der "Kinder Israel" dabei herauskam, habe ich schon als ein großartiges Friedenswerk hingestellt. Dieser Respekt bedeutet aber nicht, dass heute die gesamte Altertumsgeschichte darunter noch zu leiden haben muss, dass die Geschichte der Juden im AT entstellt wurde. Ich meine auch, dass die Bitte lass mein Volk ziehen! lediglich eine ideologische und keine historische Bedeutung hat. Das wird sich in dem entsprechenden Kapitel ergeben.

Wir haben jetzt alle wichtigen Daten vorliegen, so dass die Verknüpfung der Kalender-Systeme "KNB" und "ägKal" mit "ndFl" veranschaulicht werden kann.

Die ägyptischen Kalendersysteme vor und nach Typhon 4
Jahr
KNB
= Jahr
ndFl
 
1   610 Das "Krokodil" (Sobk = Sebek-hotep)
Chus tötet Herakles;
Sisak bei Rehabeam: Edom ägyptisch;
6   615 Gesandtschaft des Cha-em-use nach Gubla;
7   616 1. Jahr der Amoriter-Herrschaft in Edom-West und -Ost
(ein Jahr nach dem Überfall auf Phönizien);
Edom amoritisch;
8   617 Regierungswechsel von Chus zu Anubis;
erstes Revirement;
13   622 Kamose-Revolte;
zweites Revirement;
15   624 TYPHON 4
19   628 Abfall Edoms im 13. Jahr der Amoriter-Herrschaft (1. Mose 14);
Jahr 19 entsprechend Jahr 1.
Jahr
äg.Kal
= Jahr
ndFl
 
1   628 Beginn des neuen ägyptischen Kalenders;
5   632 Tötung der ägyptischen Geiseln in Gubla im 17. Jahr bzw. nach 17 Jahren;
Reise des Wen-Amun nach Gubla.

Die nachtyphonischen Ereignisse werden im letzten Kapitel dieses Bandes 3 eingehend besprochen. Das Jahr 5 äg.Kal. ist in dem vorstehenden Schema bereits vorweggenommen, da der Reisebericht des Wen-Amun, der "im Jahr 5" datiert ist, die Angabe enthält, die Geiseln seien "im 17. Jahr" getötet worden. Es ergibt keinen Sinn, die Zählung dieser Jahre früher als ab dem Zeitpunkt anzusetzen, als Phönizien von den Amoritern erobert wurde. Aus den noch zu besprechenden Feldzugsannalen des Thutmoses Mencheperre wissen wir, dass Phönizien bis zum Jahre 632 ndFl, dem Jahr 23 KNB und des Manachpiria, noch nicht wieder ägyptisch war. Demnach begab sich Wen-Amun in feindliches Gebiet, und Zakar-Baal konnte sich zu diesem Zeitpunkt noch Provokationen gegen Ägypten leisten.

Die früheste Ansetzung des 17. Jahres kann ins Jahr (615 + 16 =) 631 ndFl erfolgen. Die Tötung der Geiseln fand in jedem Falle nur kurze Zeit vor der Ankunft des Wen-Amun statt.

Es ist einleuchtend, dass unter Pharao Phrix-Anubis-Ramses bzw. Phrix-Typhon = Phritiphantes der nach ihm, dem "König von Ägypten und Äthiopien", benannte Himmelskörper auftauchen muss, der die vierte Typhon-Katastrophe auslöste. Über den genauen Zeitpunkt belehren uns zwei Inschriften, die im Kapitel Die Katastrophe "Typhon 4" eingehend besprochen werden. Wir halten vorab lediglich fest, dass dieses Desaster ins Jahr 624 ndFl gehört. Erst nach der Rückkehr der Herrscherfamilie im Jahre 628 ndFl wurde - entsprechend den Erfordernissen, die sich aus den astronomischen Änderungen durch Typhon ergeben hatten - der neue ägyptische Kalender (äg.Kal.) eingeführt: Jahr 1 entsprechend Jahr 19 (KNB).

Bevor wir uns der vierten Typhon-Katastrophe zuwenden, die im Jahre 624 ndFl die Welt erneut drastisch veränderte, werfen wir zunächst einen Blick auf die Königsmumien und verfolgen im Anschluss daran die Entwicklung bei den anderen Völkern bis zum Eintreffen Typhons.

Letzte Änderung: 28. Juli 2014


1 Ange-Pierre Leca, Die Mumien, Econ Verlag GmbH, Düsseldorf-Wien
2 Ange-Pierre Leca, Die Mumien, Econ Verlag GmbH, Düsseldorf-Wien
3 J. H. Breasted, Geschichte Ägyptens, Parkland Verlag Stuttgart
4,5,6,7,8 Philipp Vandenberg, Der Fluch der Pharaonen, Scherz Verlag
9 Ange-Pierre Leca, Die Mumien, Econ Verlag Düsseldorf-Wien
10,11 Breasted, Geschichte Ägyptens, Parkland Verlag Stuttgart
12 Die Silben Djed, Ded und Zet sind gleichbedeutend: Seth.
Die Geschichte des Altertums in neuer Sicht Band 1 bis 3 der Geschichte des Altertums in neuer Sicht
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