Siebtes Buch: 642 bis 656 ndFl

2. Kapitel:

Ägypten in der Amarnazeit (4. Teil)


Zwischen dem 16. und dem 17. Feldzug

Der Anführer des kleinen Heeres, also des 16. Feldzuges, den Manachpiria sich üblicherweise selbst zuschreibt, war Amanappa-Amenemope-Amenemheb, der irrtümlich für Haremhab (= Hor-em-Heb) gehaltene pa-Aton-em-heb vergangener Tage, als er noch unter Echnaton diente. Er ist der um 585 ndFl geborene Sohn von Josef und Asnat, seine Gemahlin war die Chus-Tochter Mut-ne-djem.t. Er rettete bei der Nimrod-Jagd im Land Nii seinem Herrn Manachpiria das Leben, als dieser beinahe von einem Elefanten getötet worden wäre. Mittlerweile war er schon weit über 60 Jahre alt.

Offensichtlich hat das kleine Heer für eine gewisse Beruhigung im Lande gesorgt. Doch nachdem Amanappa und das Heer wieder abgezogen waren, kamen die Rebellen erneut aus ihren Verstecken und machten weiter. Nach der Abreise des Amanappa muss sich auch die Situation für Rib-Addi zugespitzt haben, was ihn zu dem Hilferuf in Brief Nr. 79 an den König des Kampfes, an Didumes-Schabaka, veranlasste. In diesem Brief 79 des Rib-Addi heißt es:

"Erfahre, dass seit der Ankunft Amanappas zu mir alle Gaz-Leute ihr Antlitz auf mich gerichtet haben."

Rib-Addi scheint nach dem 16. Feldzug schon bei einer frühen Aktion der Sa.Gaz. Mesch gegen Gubla aus seiner Stadt vertrieben worden zu sein. Er floh zu seinen Brüdern, zu Ammunira nach Beirut und Zimrida nach Sidon. Es machte sich ein Mann kurzfristig in Gubla-Kubla zum Oberhaupt, den auch das AT erwähnt: 1. Könige 11: (23) Auch erweckte Gott ihm (dem Salomo) einen Widersacher, Reson, den Sohn des Eljada, der von seinem Herrn, Hadadeser, dem König zu Zoba, geflohen war. Die Tatsache, dass diese Begebenheit im AT unter dem König Salomo geschildert wird, ist ohne Bedeutung; denn es heißt ausdrücklich, dies sei geschehen, da sie David erwürgte.

Das bedeutet, dass der Gefolgsmann Arza(wi)ja-Reson schon vorher von seinem Herrn geflohen und nun zurückgekehrt war, um Rib-Hadad-eser zu vertreiben. Dies war von Abdi-Aschirta, dem "Herrn von Amurri", nicht verhindert worden. Davon hatte Dudu-Didumes-Schabaka erfahren und reagierte sehr ungehalten. Er schrieb an den Fürsten von Amurru, bei dem es sich eigentlich nur um Abdi-Aschirta handeln kann (und nicht, wie Knudtzon/Weber vermuten um Aziru!), den Brief Nr. 162:

Es hat gehört der König, dein Herr, folgendes: Der Mann von Gubla (gemeint ist Rib-Addi), den sein Bruder durch das Tor hinausgeworfen hat, hat zu dir gesprochen: 'Nimm mich und führe mich in meine Stadt hinein!...Und als er in Sidon sich befand, da gabst du ihn hin den Regenten nach deinem Gutdünken. Kanntest du nicht den Hass der Leute?

Demnach müsste Abdi-Aschirta noch bis in die Zeit, in der Rib-Addi Gubla verlassen musste, ein ägyptentreuer Statthalter von Amurru gewesen sein oder zumindest versucht haben, diesen Anschein zu erwecken. Es bahnt sich aber der Bruch Abdi-Aschirtas mit Ägypten schon an; denn der König moniert in demselben Brief, dass Abdi-Aschirta sich mit dem "Mann von Kidscha", also mit Aitugama, der seine Residenz in Kadesch (Kidscha) am Orontes hatte, abgesprochen hat:

Und siehe, der König hat gehört, dass du mit dem Mann von Kidscha die Übereinkunft getroffen hast, dass ihr untereinander für Speisen und Rauschtrank sorget. Ist nun dies wahr, so muss man fragen, warum tust du so? Warum hast du eine Übereinkunft getroffen mit einem Mann, mit dem der König sich entzweit hat?

Dann kommt der König zur Sache: Er will, dass ihm Abdi-Aschirta die Feinde Ägyptens ausliefert:

Und der König, dein Herr, hat gehört, dass du an den König geschrieben hast also: 'Der König, mein Herr, entsende zu mir Channi, den Boten des Königs, zum zweitenmal, und ich will die Gegner des Königs durch ihn übersenden.' Siehe, er (Channi) ist zu dir gekommen... Der König, dein Herr, hat dir übersandt die Namen der Gegner des Königs auf einer Tafel durch Channi, den Boten des Königs. So übersende sie dem König, deinem Herrn, und lass keinen unter ihnen übrig bleiben!... Dies sind die Leute, die du dem König, deinem Herrn, übersenden sollst...

Es folgen die Namen von Abtrünnigen, die in anderen Zusammenhängen jedoch nicht vorkommen. Es sind allem Anschein nach nicht die Herren, die wir bisher kennengelernt haben, es sei denn, sie erscheinen hier unter anderen Namen. Der Bruder, von dem der König in Brief Nr. 162 spricht, der Rib-Addi aus der Stadt (Gubla) hinausgeworfen hat, dürfte wohl kaum der ägyptenfreundlich erscheinende Ilirabich, der Schreiber des Briefes Nr. 140, gewesen sein. Vielmehr ist bei diesem Bruder an den "Mann von Kubla (Gubla)" zu denken, von dem in Brief Nr. 67 die Rede ist, das heißt an Arzawija-Reson.

Aber war Reson der Bruder des Hadadeser? Ich verweise auf die Überlegungen zu diesem Komplex in Kapitel 1 dieses siebten Buches und erweitere die dortige Verwandtschafts-Tabelle um die Möglichkeit, dass - wenn Eljada mit Rechob, dem Vater des Hadadeser (2. Sam. 8, 3.12), identisch sein sollte - diese Möglichkeit durchaus gegeben ist. Der Aram-Zoba und der Aram-Beth-Rechob (im Osten Phöniziens) liegen jedenfalls dicht beieinander. Aber auch die dort aufgestellte Tabelle "Mögliche Konstellation der Hadad-Familie" lässt zumindest eine Verwandtschaft zwischen Hadadeser und Reson-Rezin erkennen, auch wenn Rechob nicht mit Tabrimmon identisch sein sollte.

Mögliche Verwandtschaft des Hadadeser
(AC)HIRAM     DAVID I = KUZUNA oo GULATE = ABIGAIL
von Tyrus     HESJON
* ca. 550     | * 521 ndFl
|     ndFl    +------------------+
|             |                  |
Tochter  oo  (TABE-)ELJADA       JETHREAM   oo    Amme des
* ca. 605     TAB-RIMMON (?)     JETHRO           Benhadad
      ndFl    BAAL-JADA          JOAS (Abiesriter)   * ca.
              ILDAJA von Chazi   ABDI-ASCHIRTA         590
          (=  R E C H O B  ?)    * ca. 585 ndFl       ndFl
              * 580 ndFl         |
              |                  |
+-------------+------------+     +----------+
|             |            |     |          |
BENHADAD     RESON/REZIN HADAD   HASAEL     ZIPPORA
ADAD-IDRI    RACHIANU    -ESER   CHAZAILU   * ca. 610 ndFl
ADRA-ASTARTI MAJARZANA   RIB-    AZIRU      oo ELEASAR
* ca. 623    * ca. 607   ADDI    * ca. 608     ELIAS, den
      ndFl         ndFl  * ca.         ndFl    Propheten
                         605
Die Namen kursiv erscheinen in den Amarnabriefen.


Schon bald danach schloss sich Abdi-Aschirta den Gründern des Schwurbundes an, David und Josua, das heißt in der Sprache der Amarnabriefe Teuwatti und dessen Sa.Gaz.Mesch sowie Labaja und dessen Chabiru. Dieser in Brief Nr. 67 erwähnte Schwurbund wurde zwischen dem 16. und 17. Feldzug geschlossen:

...er hat einen Schwurbund gemacht mit dem Mann von Kubla und mit dem Mann von [?] und sämtliche amêlutuchalzuchluti deines Landes stehen auf gutem Fuße mit ihm. Jetzt ist er wie die Gaz-Leute ein entflohener Hund ... er hat genommen Sumur, die Stadt der Sonne, meines Herrn. Sämtliche Leute vom Lande Ägypten, welche wohnten in Sumur, ... sind ausgezogen und wohnen in meinem Lande.

Der Brief ist zwar leider stark zerstört, er lässt aber erkennen, dass jemand, der Sumur erobert und die Ägypter aus der Stadt vertrieben hat, einen Schwurbund mit dem Mann von Kubla (= Gubla, Byblos) und einem weiteren Mann (von ?) gemacht hat. Der Eroberer von Sumur, der jetzt ein "entflohener Hund" ist, hat sich mit den Sa.Gaz-Leuten verbündet. Der "entflohene Hund", der offenbar mit einem gewissen Kaleb (von kalub hebr. für Hund) identisch ist, der im AT (4. Mose 13, 6) ein Genosse des Josua gewesen zu sein scheint, dürfte niemand anderer als Abdi-Aschirta gewesen sein, der sich selbst in seinen Briefen an den König als "dein Hund" bezeichnet. Er wird von anderen Briefeschreibern ebenfalls als "Hund" bezeichnet. Dass er als "entflohen" bezeichnet wird, kann bedeuten , dass er sich ins Ausland abgesetzt hat.

Zwischen dem 16. und 17. Feldzug, also eindeutig in der Zeit, in der Dudu-Schabaka die Amtsgeschäfte in Achet-Aton führte, hat nämlich Abdi-Aschirta das Land offenbar in Richtung Chatti verlassen. Das kommt in einigen Briefen, die wir noch zu besprechen haben, zum Ausdruck. Seine Söhne treten in seine Fußstapfen. Deutlich ist in den Briefen des Rib-Addi der Übergang von Abdi-Aschirta zu den Söhnen des Abdi-Aschirta zu erkennen. Aber auch von außerhalb seines Landes wirkte Abdi-Aschirta noch auf die Politik in Amurri-Land ein. Er taucht in den Amarnabriefen erst wieder nach dem 17. Feldzug auf.

Abdi-Aschirta hatte Sumur erobert und seinen Vorsteher, den Rabis Pachanate aus der Stadt gejagt. Unklar ist, wer die Chalzuchluti-Leute waren, die "mit ihm auf gutem Fuß stünden", und wo sie herkamen. Man könnte an die Chabiru des Labaja denken.

Eine Beteiligung des Teuwatti = David II an diesem Bundschluss geht aus den Amarnabriefen nicht hervor. Trotzdem kann die Beteiligung des David II als gesichert angenommen werden; denn David II kann der andere Mann (von ?) neben dem "Mann aus Kubla" in Brief Nr. 67 gewesen sein, der Anführer der Sa.Gaz.Mesch, deren Beteiligung ausdrücklich erwähnt wird.

Der Mann von Kubla-Gubla kann ohne Frage nicht der bis zuletzt ägyptentreue Rib-Addi gewesen sein. Andererseits ist es auch nicht möglich, dass dieser Brief von Rib-Addi, unter dessen Briefe er eingereiht worden ist, geschrieben wurde, es sei denn, Rib-(H)Addi(eser) wohnte zu dieser Zeit in einer anderen Stadt, entweder in der, in welche die Vertriebenen aus Sumur geflohen waren, oder noch in Beirut oder Sidon. Von wem der Brief Nr. 67, der seinen Absender leider nicht mehr preisgibt, auch immer geschrieben wurde - er deutet an, dass Rib-Addi sich nicht in seiner Stadt aufhält. Es handelt sich hierbei jedoch noch nicht um die Ereignisse, die im AT (2. Samuel 8, 3) den Heerzug des Hadadeser beschreiben. Dieser Feldzug gehört ganz ans Ende der Amarnakorrespondenz. Vielmehr ist hier an eine vorübergehende Vertreibung des Rib-Addi aus Gubla zu denken. Wenig später konnte Rib-Addi wieder in seine Stadt zurückkehren.

Majarzana-Arza(wi)ja-Reson, den Abdi-Aschirta im Vorjahr in Sumur angetroffenen und befreit hatte, hatte sich von Abdi-Aschirta dazu bewegen lassen, ebenfalls die Seite zu wechseln. Auch er schloss sich den Rebellen an, die alle - wie er selbst - von den Ägyptern als Vasallen-Fürsten in dieser Region eingesetzt worden waren. Das bedeutet, dass Majarzana von Chazi = Arza(wi)ja von Ruchizzi = Arza von Tirza schon vor dem Feldzug des Hadadeser (2. Samuel 8, 3; im Jahre 652 ndFl) ägyptenfeindlich geworden ist.

Namiawaza schreibt aus Damaskus an den König (Brief Nr. 197), dass man seine Pferde und Wagen den Sa.Gaz.Mesch gegeben habe. Arzawija sei nach Gizza (darunter ist wohl Kinza-Kadesch zu verstehen) gegangen und habe dort (?) die Krieger des Aziru genommen, Schaddu erobert und es den Sa.Gaz.Mesch gegeben. Dieser Vorgang scheint den Übertritt Arzawijas zu den Bundesgenossen zu betreffen, zu denen sich offensichtlich auch schon Aziru gesellt hatte. Wenn jedoch gelesen werden soll, dass Arzawija dem noch ägyptentreuen Aziru dessen Krieger weggenommen habe, dann fand der Übertritt des Arzawija schon vor dem des Aziru statt.

Aziru schreibt Briefe an den König und an Dudu, seinen Schwiegervater. Seine sieben Briefe an den König können zu unterschiedlichen Zeiten geschrieben worden sein, einige sicher schon zu der Zeit, als Chai-Eje in Achet-Aton und "der König mit dem schönen Antlitz" in Saïs-Tanis im Delta saß. Das gilt auch für die beiden Briefe an Chai direkt und vermutlich auch für die beiden Briefe an Dudu, mindestens aber den, in dem vom König von Chatte die Rede ist, der in Nuchasse eingefallen sei. Das gehört in die frühe Phase (um 643/644 ndFl). Die beiden Dudu-Briefe sind nicht an den "König des Kampfes", also an den König Schabaka gerichtet, sondern an den Schwiegervater Dudu. Rib-Addi benutzt niemals diesen Namen. Für Aziru ist die vertrauliche Anrede dagegen familiär. Allerdings dürfte er ihn als König offizieller angeredet haben. Auch ein Sohn des Aziru erwähnt Dudu in Brief Nr. 169 (vermutlich) an Chai (bzw. Chaja, da für Eje in den Amarnabriefen viele unterschiedliche Schreibungen vorliegen). Dieser Brief gehört allerdings erst in die Zeit kurz vor dem Amka-Überfall, als sich Aziru in Ägypten befand, wohin ihn eben dieser Sohn verkauft haben soll (siehe weiter unten!).

Während Abdi-Aschirta im Ausland weilt, stirbt Labaja, so dass nur noch Teuwatti mit seinen Sa.Gaz.Mesch und Aziru als neuer Anführer der Chabiru (gemeinsam mit den Söhnen Labajas) "die Länder des Königs unsicher machen". Jetzt, zwischen dem 16. und 17. Feldzug und nach dem Bundschluss, scheinen die Aktivitäten der vereinigten Rebellen besonders heftig zu sein. Das meint auch Biridija von Megiddo, der Sohn Bered oder Mered von David I, der mit Bithja, der Tochter Pharaos (1. Chron. 4, 17; 7, 20; als Vater wird David hier nicht ausdrücklich erwähnt), verheiratet ist. Er schreibt in seinem Brief Nr. 244:

Es wisse der König, mein Herr, dass, seitdem die Feldtruppen eingezogen sind, Labaja gemacht hat Feindschaft gegen mich! ... Und doch hast du nicht gegeben Feldtruppen. Und siehe, fürwahr ist sein Antlitz darauf gerichtet, zu nehmen Magidda (= Megiddo). Aber fürwahr, es fasse der König seine Stadt, damit nicht Labaja sie erobere, ... So möge fürwahr der König geben hundert Besatzungsleute zum Schützen seiner Stadt, damit sie nicht erobere Labaja!

Im Klartext soll das wohl heißen, dass nach dem Abzug der Truppen, die mit dem 16. Feldzug im Lande waren, Labaja zu einer Bedrohung für Biridija und seine Stadt geworden war. Daraufhin hat Biridija um Feldtruppen (damit sind kämpfende Truppen gemeint) gebeten, die Labaja besiegen sollen, die aber nicht gesandt wurden; und nun sucht er bescheiden um Besatzungstruppen nach, die die Stadt wenigstens von innen schützen sollen. Über die Ereignisse, die dann zum Tode des Labaja führten, sind wir durch den Brief Nr. 245 desselben Regenten unterrichtet:

Ferner: Ich habe (dies) meinen Brüdern eingeredet: wenn es dazu kommen lassen die Götter des Königs, unseres Herrn, dass wir habhaft werden des Labaja, so werden wir ihn lebendig an den König, unseren Herrn, bringen. So ... meine Stute, und ich setzte hinter ihm her, und ich ritt zusammen mit Jaschdata. Bevor ich aber dort ankam, hatte man ihn geschlagen. Und Jaschdata ist doch wirklich dein Diener, und er zog mit mir in die Schlacht hinein, und fürwahr ---

Zunächst bis hierher. Die Übersetzung der Amarnabriefe ist in Anbetracht der unterschiedlichen Denkweise und der daraus resultierenden andersartigen Sprachlogik der antiken Völker im Gegensatz zu uns heutigen Menschen problematisch und gestaltet sich entsprechend "hölzern". So kann man aus dem obigen Text heraus nicht mit Sicherheit sagen, wer geschlagen wurde. War es Jaschdata, der sich in seinem Brief Nr. 248 an den König darüber beklagt, dass ihm die Leute von Tachnuka alles geraubt haben, oder wurde Labaja, der in eine Schlacht verwickelt gewesen zu sein scheint, geschlagen bzw. besiegt? Bei der Schlacht, in die sich nun auch Biridija und Jaschdata begeben, könnte es sich unter Umständen sogar um eine solche des 17. Feldzuges handeln. Dann würden die Aktivitäten der Söhne Labajas ausschließlich in die Zeit nach diesem Feldzug gehören. Der Brief Nr. 245 geht wie folgt weiter:

--- das Leben des Königs, meines Herrn, und ... alles in ... des Königs, meines Herrn, ---

Hieraus könnte man den Schluss ziehen, dass sich der Feldherr Dudu-Thuti-Schabaka als Führer der Schlacht in Gefahr befunden habe. Das spräche zwar für obige Annahme, muss aber nicht zwingend sein. Auf jeden Fall wäre der vorliegende Brief dann an den "König des Kampfes" gegangen, an den derzeitigen "König, meinen Herrn", und könnte in die Zeit nach dem 17. Feldzug eingeordnet werden.

Weiter heißt es in Brief Nr. 245:

--- und Zurata nahm Labaja aus Makidda (= Megiddo) und sagte zu mir: "Auf einem Schiff werde ich ihn senden an den König". So nahm ihn Zurata und sandte ihn von Chinatuna (das Hannaton aus Josua 19, 14, das an der Straße von Megiddo nach Akko liegt, der Stadt des Zurata = Zereth-Schacharaim = Aschchur) nach seinem Haus.

Das waren sie also, die Brüder, denen Biridija seinen Plan "eingeredet" hatte. Knudtzon/Weber halten Jaschdata jedenfalls für einen Bruder Biridijas, doch von Zurata, den sie ja überhaupt nicht wie auch die beiden anderen und schon gar nicht Labaja-Chileab für einen Sohn des David (I) halten können, ist das nicht zu erwarten. Was nun folgt, ist die Schlitzohrigkeit in Reinkultur:

Aber Zurata hatte genommen sein Lösegeld in seiner Hand. Ferner: Was habe ich getan dem König, meinem Herrn, indem er mich gering achtet und ehrt meine jüngeren Brüder? Aber Zurata (er ist Aschchur und somit der jüngste Bruder des David-Clans überhaupt, da er erst nach dem Tode des David-Hezron geboren wurde; 1. Chron. 2, 24) hat gesandt Labaja, und Zurata hat gesandt Ba'lu-Mechir (= Bela-Machir, Elpaal und weiterer Sohn Davids I) nach ihrem Haus.

Das liest sich fromm und ergeben. Was wirklich geschah, das geht aus dem Brief Nr. 250 eines weiteren Bruders aus dieser Familie hervor, des Addu-Ur.Sag, den ich mit Segub identifiziert habe, dem Sohn, der Hezron geboren wurde, als er sechzig Jahre alt war (581 ndFl; 1. Chron. 2, 21):

Es wisse der König, mein Herr, dass gerichtet haben zwei Söhne eines Frevlers des Königs, meines Herrn, die zwei Söhne Labajas, ihr Antlitz darauf, zugrunde zu richten das Land des Königs, meines Herrn, nachdem es zerstört hat ihr Vater. Und es wisse der König, mein Herr, wieviel Tage (Mal) gegen mich (sagen) die zwei Söhne Labajas (zu mir): "Warum hast du gegeben in die Hand des Königs, deines Herrn, Gitipadalla, die Stadt, die Labaja, unser Vater, genommen hat? ... Mache Feindschaft gegen die Leute von Gina, weil sie getötet haben unseren Vater! Und wenn du nicht Feindschaft machst, dann befeinden wir dich." Ich antwortete ihnen aber: "Es bewahre mich der Gott des Königs, meines Herrn, (davor,) Feindschaft zu machen gegen die Leute von Gina, Diener des Königs, meines Herrn!"

Das Land Gina (matugina nur in diesem Brief erwähnt) liegt in der Jesreelebene unweit der Orte Megiddo und Thaanak (= Tachnuka, siehe oben Brief Nr. 245). Die Leute von Gina ermordeten Labaja, den Zurata auf den Weg gebracht hatte in seine (Hafen-)Stadt Akko, wo er den Gefangenen nach Ägypten einzuschiffen - vorgab, kann man jetzt sagen; denn diesen Vorgang kennen wir auch aus dem AT: Achan, der Sohn des Charmi (1. Chron. 2, 7) aus dem Stamme Juda, wird zur Rechenschaft gezogen, weil er sich am Verbannten vergriff (Jos. 7, 18; 22,20), also an Josua (I) selbst, der mit Labaja identisch ist. "Verbannt" kann auch als "geächtet" oder "in Auslieferungshaft genommen" interpretiert werden. Achan war der Sohn des Charmi = Schacharaim, also des Aschchur von Zereth-Schachar bzw. des Scharatum = Zurata = Zuraschar, dessen Residenz Akko bzw. Achtirumna war. Achan (auch Achar) wurde im Tal Achor von den Israeliten gesteinigt. Möglicherweise hat er daher seinen Namen, der in Wirklichkeit anders gelautet haben könnte.

Mit dem Lösegeld machen sich die Brüder einen schönen Tag, wundern sich aber gleichzeitig, dass ihnen die Söhne des Labaja feindlich gesonnen sind.

Nach dem 17. Feldzug

Über den 17. Feldzug wurde schon in früheren Kapiteln abgehandelt. Sein Ergebnis war zwar blutig (Schlachten bei Tunip und Kadesch, Eroberung von Tunip, nicht jedoch von Kadesch); aber die Aufständischen waren nicht geschwächt.

Nach der Flucht des Abdi-Aschirta und der Ermordung des Labaja kamen neue auf, die genau dort weitermachten, wo ihre Vorgänger aufgehört hatten. Man kann davon ausgehen, dass Teuwatti, der Stadtfürst von Lapana, also David II, im Bunde mit den Söhnen des Labaja der Anführer der vereinigten Sa.Gaz.Mesch und Chabiru gewesen ist. Für die Führerschaft des Teuwatti-David an den Sa.Gaz.Mesch spricht auf jeden Fall folgendes:

Jesaja nennt seinen Sohn, bei dem es sich zweifellos um Immanuel = Teuw-atti (beide Namen bedeuten Gott mit uns! bzw. Gotthilf, lateinisch deus ades!) = David II handelt, Eilebeute-Raubebald (= Maher-Schalal16; Jes. 8, 2.3), was an die chabbata-chabbotu = Räuber erinnert, also an die Sa.Gaz.Mesch bzw. Schechlal, welche Namen von Jesaja wortspielerisch in Maher-Schalal verwandelt worden sein könnten. Für Labaja-Josua wäre der Name Maher-Schalal unzutreffend, da sein Vater nicht Jesaja war. Außerdem wird ein Maherai oder Maharai (= Eilig17; 2. Sam. 23,28; 1. Chr. 11,30; 27,13) unter den Mächtigen Davids aufgeführt, der unter diesem Aspekt Teuwatti = David II selbst gewesen sein dürfte. David-Teuwatti als Anführer der räuberischen Sa.Gaz.Mesch ist somit nicht abwegig.

An anderer Stelle werden auch die Sutû als "räuberisch" bezeichnet. Im Endeffekt könnte das sogar bedeuten, dass David (Teuwatti von Lapana) gar nicht bei Achis von Gath (Akizzi von Katna) in den Diensten stand, wie das AT sagt, sondern bei Namiawaza, dessen Sa.Gaz.-Truppen er sich kurz nach dem 15. Feldzug bemächtigte, und dessen Sutû, das "Heer der Syrer", er später besiegte, als er mit Reson und Tou von Hamath (Aitugama) gegen Hadadeser (Rib-Addi) zu Felde zog. Er hätte unter Namiawaza schon der Anführer der Sa.Gaz.Mesch gewesen sein können. Dieses Szenario scheint mir sehr einleuchtend zu sein.

Auf wessen Gebiet die Stadt Lapana gelegen hat, auf dem des Akizzi von Katna (= Achis von Gath) oder auf dem des Namiawaza, ist nicht leicht zu sagen. Es zu wissen wäre aber hilfreich, um festzustellen, ob David ein "Knecht" des einen oder des anderen Herrschers war. Im AT übergibt Achis von Gath seinem Gefolgsmann David die Stadt Ziklag, die im AT mehrmals erwähnt wird (u.a. hier: 1. Sam. 27,6). Ob es sich dabei um das Schigata (= Zegharta?) der Amarnabriefe handelt, ist nicht auszuschließen; ob es aber tatsächlich die Stadt war, die Achis dem David als Wohnsitz schenkte, ist hier nicht zu beantworten.

Der Bürgerkrieg geht weiter, und wie es aussieht, wird er in Anbetracht der ägyptischen Zurückhaltung immer erfolgreicher für die Rebellen.

Im Brief Nr. 246 schreibt Biridija von Megiddo:

Zwei Söhne des Labaja haben gegeben (?) ihr Silber den Sa.Gaz.Mesch und den Leuten des Landes Kaschi (amêlut matuk[a-schi]), welche vorgedrungen sind gegen mich.

Die Söhne Labajas waren mit den Sa.Gaz.Mesch verbündet wie ihr Vater es zuvor gewesen war. Mit den Kaschi können die Kassiten, Chatti, Hethiter als politische Ganzheit gemeint sein, weil sich deren Haltung gegenüber Ägypten nach dem 17. Feldzug und somit auch schon bald nach dem Tode des Labaja veränderte.

In seinem Brief Nr. 280 schreibt Schuwardata an den König:

"Labaja, der unsere Städte genommen hat, ist tot; siehe aber, ein anderer Labaja ist Abdichiba, und er nimmt jetzt unsere Städte".

Und Abdichiba, "der Mann von Urusalima (= Jerusalem)", beklagt sich in seinem Brief Nr. 289 über die Söhne Labajas, die das Werk ihres Vaters fortführten, bis auch er selbst sich ihnen endlich anschloss. Abdichiba sagt in demselben Brief, dass neben den Söhnen des Labaja auch die Söhne des Arzaja "das Land des Königs fordern". Arzaja oder Arzauia ist Arzawija, der Fürst von Ruchiza oder Ruchizi. Er ist Rezin-Reson und stand in engster Verbindung zu Teuwatti. Beide Namen sind hethitisch.

Der Brief Nr. 91 des Rib-Addi, der nicht an den "König des Kampfes" adressiert und vermutlich schon an dessen Sohn Schabataka (oder sogar schon an Nimmuria?) gerichtet ist, enthält wichtige Hinweise:

"Warum ... hältst du dich zurück, so dass er nimmt deine Städte, der Gaz-Mensch, der Hund? Als er Sumura genommen hatte, schrieb ich an dich: 'Warum hältst du dich zurück?' ... Ich habe vernommen, dass er zusammengebracht hat alle Gaz-Leute, um über mich herzufallen... Ich habe geschrieben nach Feldtruppen und nach Lebensmitteln; aber nicht sind gehört worden meine Worte."

Nachdem der "Hund", der "Gaz-Mensch", Sumur eingenommen hatte, muss Rib-Addi beim König in Achet-Aton Feldtruppen angefordert haben. Das wird in Brief Nr. 91 erwähnt als etwas, das schon in einem zurückliegenden Brief ausgesprochen wurde. Der Brief Nr. 91 erwähnt weder Abdi-Aschirta noch Aziru mit Namen; aber Rib-Addi sagt, "er" habe alle Gaz-Leute zusammengebracht, um über ihn herzufallen. Wie aus dem Brief Nr. 132 des Rib-Addi hervorgeht, der sehr wahrscheinlich ebenfalls an Schabataka gerichtet ist, ist der Rabis Pachanate (Pachamnata, Omri-Jerobeam) offenbar ermordet worden:

Früher stand Abdi-Aschirta gegen mich, und ich schrieb an deinen Vater: 'Sende Feldtruppen des Königs! Und genommen wird das ganze Land in einigen Tagen.' Damals war nicht genommen Abdi-Aschirta nebst allem, was ihm gehörte. Und jetzt hat Aziru zusammengebracht alle Gaz-Leute... Chaib hat Sumura übergeben. Nicht halte sich der König zurück gegenüber dieser Tat, dass getötet ist ein Vorsteher! Wenn du dich jetzt zurückhältst, so wird Bichura nicht stehen können in Kumedi, und alle deine Regenten werden getötet werden.

Nach dem 17. Feldzug wurde der Vorsteher (Rabis) von Sumur getötet, und es erhebt sich die Frage: von wem? War es Aziru, was jedoch nicht aus dem Brief hervorgeht, oder war es der eigene Sohn des Om-Re-Malja, nämlich Pek-Achab-bu, der die Stadt dann auch an Aziru und die Gaz-Leute übergibt? Ich halte das letztere für wahrscheinlicher, obwohl das AT diesen Vatermord in dem verhassten Hause Jerobeams nicht ausschlachtet. Dessen 22jährige Regierungszeit würde jetzt, im Jahre 651/2 ndFl enden, nachdem er all die Jahre seit seiner Einsetzung im Jahre 630 ndFl dem Goldenen Kalb (der Achmose-Ptah-Dynastie) gedient hatte. Chaib-Ahab wird nun der neue Herr von Sumur (nicht von Samaria!), verlegt aber schon bald seinen Wohnsitz nach Jesreel (= Sirila in den assyrischen Listen).

Bichura von Kumedi ist auch der Pachura von Brief Nr. 122 des Rib-Addi an den König des Kampfes, also an Schabaka, in welchem er Pachura einer Missetat gegen ihn selbst und gegen den König beschuldigt. Weitere Namen dieses "Vorstehers des Königs" sind: Pichura, Puchuru (in den Amarnabriefen), Pasch-chur und Bokchoris. Den Letztgenannten kennen wir schon als Sohn des Tefnachte, der im Jahre 617 ndFl Abraham in Sichem gefangennahm und nach Ägypten überführte. Hier lautet der Name des Bokchoris Chu-Sebek. Das AT schildert Paschchur als einen Priester, der auch "den Bund versiegelte" (Neh. 10, 3), vor allem aber als einen Nicht-Jahwe-Priester, der mit dem Jahwe-Priester Jeremia, dem Propheten, verfeindet war (Jer. 20, 1-6). Dieser deutet den Namen Paschchur (= Wohlsein ringsum) um in "Magor missabib" (= Schrecken ringsum).

Sumur wurde noch vor Bît-Arka und erst recht vor Gubla genommen, das sich bis zuletzt in der Hand des Rib-Addi befand. Bît-Arka ist mit dem Betach des AT (2. Sam. 8, 8) identisch, während das Tibehath des AT (1. Chron. 18, 8) dem Tubichi der Amarnabriefe entsprechen dürfte. Knudtzon/ Weber merken hierzu folgendes an:

"Es ist klar, dass Bît-archa ebenso wie Batruna, Schigata und Ambi nicht weit von Gubla, und zwar wegen der Art der Erwähnung im Zusammenhang mit Sumur wohl nördlich von Gubla gesucht werden muss. Eine genauere Festlegung ist zur Zeit nicht möglich."18

Die hier angenommene Lage würde bedeuten, dass Bît-archa bzw. Bît-Arka eine Hafenstadt etwas nördlich von Tripolis war, also etwa in der Mitte zwischen Gubla und Sumur lag. Über Bît-Arka und Tell'Arka wurde weiter oben schon abgehandelt. Zu Tubichi heißt es bei Knudtzon/Weber19:

"alutu-bi-chi, das nur hier vorkommt, ist wohl identisch mit dem biblischen Ort Tobach oder Tibchath (Tibchad bzw. Tibehad) in Aram-Zoba, südlich von Damaskus; von Müller (MVAG 1907 S.9) mit dem Dbch der Liste des Thutmoses III gleichgesetzt (vgl. auch Asien und Europa, S.173). Burchardt, der den Namen Tubichi bei Dbch nicht erwähnt (vgl. Nr.1185), scheint die Identifizierung nicht für möglich zu halten. Er stellt jedoch Dbch wenigstens mit dem biblischen Tobach (Tebach?) zusammen."

Nach einem äußerlichen Vergleich der Briefe 177-183 untereinander ist eine Lage von Tubichi in der Gegend des Aram-Zoba = mâtuzubaru nicht auszuschließen.

Die Städte des Hadadeser, die David diesem wegnahm, werden auch in den Briefen des Rib-Addi erwähnt. Dazu wird weiter unten noch etwas gesagt.

Die Ägypter hatten, nachdem sich Abdi-Aschirta von ihnen abgewandt hatte, einen anderen Mann in Irkata eingesetzt, nämlich einen gewissen Aduna. Rib-Addi schreibt in seinem Brief Nr. 75 (nicht) an den König (des Kampfes):

Aduna, den König von Irkata, haben erkaufte Leute getötet, und es ist niemand, der irgend etwas gesagt hat zu Abdi-Aschirta, obwohl du es erfahren hast. Mija, der Mann von Araschni, hat Ardata erobert, und siehe, jetzt haben die Leute von Ammi getötet seinen Herrn.

Offenbar hatte Abdi-Aschirta versucht, mit Hilfe gedungener Mörder die Stadt zurückzuerobern. Mija von Araschni ist der Prophet Micha von Moreseth; denn Moreseth heißt auch Areseth und ist Araschni. Auf ihn kann hier aber noch nicht weiter eingegangen werden.

Ein weiterer aufschlussreicher Satz in Brief Nr. 75, der sehr wahrscheinlich an Schabataka gerichtet ist, lautet:

Es erfahre der König, mein Herr, dass der König von Chatti erobert hat alle Länder, welche Besitztum des Königs von Mitta (Mitanni) oder des Königs von Nachma (Naharina = Mesopotamien) waren. Und das Land der (Groß-?)Könige hat Abdi-Aschirta, der Knecht, der Hund, an sich genommen. Sende Feldtruppen!

Hier wird auf die Koinzidenz der Ereignisse um den ersten Zug des Suppiluliumas, des Königs von Chat(t)i, und der Zeit des noch lebenden Abdi-Aschirta hingewiesen, was zunächst befremdet; denn eigentlich müsste Abdi-Aschirta längst von der Bildfläche verschwunden sein, wenn die Chatti gegen (das ehemals medische) Aleppo ziehen. Doch wie der weitere Brieftext erkennen lässt, dürfte Abdi-Aschirta im Ausland sein. Wie soll aber der Hinweis, dass Abdi-Aschirta "das Land der Großkönige an sich genommen hat", was wörtlich genommen geradezu lächerlich ist, zu verstehen sein?

Es könnte - in der stets voreingenommenen Übersetzungsart - bedeuten, dass sich Abdi-Aschirta nach Chatti abgesetzt hatte oder dorthin entführt worden war, eventuell als eine Geisel für den Gegenwert gelieferter Lebensmittel, und so aus Amurri verschwunden war. Jetzt taucht er aber wieder im Lande auf und begeht erneut Freveltaten, und zwar im Auftrage des Königs von Mitana (Schutarna?) und des Königs von Kasche (Kassiten, Chatti, Hethiter), also des Suppiluliumas. Der Brief Nr. 76 des Rib-Addi, der meines Erachtens noch vor dem Brief Nr. 75 und zwar noch an den König des Kampfes geschrieben wurde, scheint das zu bestätigen:

... mächtig geworden ist die Feindschaft von Abdi-Aschirta gegen mich. Siehe, die zwei Städte, die mir übrig geblieben sind, sucht er zu nehmen. Der König von Mitana und der König von Kaschsche ist er, indem er sucht zu nehmen das Land des Königs an sich.

Der Wechsel von Schabaka, dem König des Kampfes, zu dessen Sohn Schabataka muss sich folgerichtig zwischen dem Beginn der Bedrohung durch die Hethiter und dem erfolgten ersten Aleppo-Zug des Suppiluliumas abgespielt haben, da der in Aleppo residierende Addu-nirari seinen Hilferuf (Brief Nr. 51) bereits an den Enkel und nicht mehr an den Schwiegersohn des Manachpiria gerichtet hat.

Dass auch der Sohn Aziru des Abdi-Aschirta in den Mord an Aduna verwickelt war, kann nicht überraschen. Ilirabich von Gubla, der offenbar in der Abwesenheit des Rib-Addi in der Stadt die Geschäfte führt, teilt durch seinen Brief Nr. 140 dem König mit, dass Aziru den König Aduna von Irkata und einige andere getötet habe:

Siehe, Aziru hat Aduna, König von Irkata, getötet; den König von Ammia und den König von Ardata und den Großen hat er getötet und genommen ihre Städte. Ihm gehört Sumura und ihm gehören die anderen Städte des Königs. Nur Gubla hängt am König fest. Ferner: siehe, Sumura und Ullaschza sind...

Dieser Brief gehört in dieselbe Zeit, in der Rib-Addi seinen Brief Nr. 75 verfasste, das heißt nur wenig später. Wegen der in wesentlichen Punkten gleichen Inhalte der Briefe Nrn. 75 und 140 ist es nicht vertretbar, eine größere Zeitspanne zwischen diese Briefe zu legen, wie dies konventionell offensichtlich gemacht worden ist. Sie gehören ans Ende der Amarnakorrespondenz, und der entscheidende Hinweis auf den Zeitpunkt sind folgende Sätze in Brief Nr. 140:

Ferner: siehe, Frevel hat Aziru verübt. Als er hineingeführt wurde zu dir, hat er gefrevelt gegen uns. Gesandt hat er seine Leute, um zu unterstützen Itakama (Aitugama), und er hat geschlagen alle Länder Amki, Länder des Königs, und jetzt hat er gesandt seine Leute, um zu erobern die Länder Amki und Ortschaften.

Hiernach sieht es so aus, als sei Aziru schon wieder aus der ägyptischen Haft entlassen und fahre fort mit dem Freveln. Für seine Entlassung setzt sich sein Sohn ein, dem andere nachsagen, er habe Aziru an Ägypten verkauft.

Dieser Sohn des Aziru schreibt in seinem Brief Nr. 169 (vermutlich) an Chai (bzw. Chaja = Eje):

Ferner: auf Duddu, meinen Herrn, höre! Diese Worte haben die Könige von Nuchasse zu mir gesprochen: "Deinen Vater hast du für Geld verkauft an den König von Ägypten, und wann wird er ihn entsenden aus Ägypten?" Und alle Länder und alle Sûdu-Leute haben gesprochen: "Nicht kommt Aziri aus Ägypten heraus". Und jetzt kriechen die Sûdu (damit könnten die schon mehrfach erwähnten Sûtu gemeint sein) aus den Ländern hervor, und sie haben sich erhoben gegen mich und sagen: "Dein Vater sitzt in Ägypten und so machen wir Feindschaft mit dir."... höre auf Duddu, meinen Herrn! Aziri sende du schnell zurück!

Der Sohn wendet sich nicht direkt an Dudu-Schabaka (seinen Großvater?) und auch nicht an Nimmuria. Dieser jüngeren Generation fehlt offenbar das politische Gewicht eines Altmeisters wie Eje. Zugegeben, die Verwandlung der Amarnabriefe in einwandfrei darstellbare Geschichte ist kein Kinderspiel! Doch es kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Brief Nr. 140 zu den letzten Lebenszeichen aus Gubla gehört. Die Abwesenheit des Rib-Addi aus Gubla kann durchaus mit seinem Heerzug zu tun haben, auf den ich weiter unten näher eingehe.

Die Rückkehr des Abdi-Aschirta, von der wir ebenso ausgehen müssen wie von seinem Aufenthalt beim Chatti-König, wurde ihm selbst am meisten zum Verhängnis. Milim-Leute brachten ihn um. Um wen es sich bei diesen handelt, lassen Knudtzon/Weber offen. Sie halten sie für Leute aus dem Lande, also nicht für Fremde, obwohl genau das schon in dem Brief Nr. 101 zum Ausdruck kommt, in dem die Ermordung Abdi-Aschirtas berichtet wird. Der stammt zwar aus Gubla, aber offenbar nicht von Rib-Addi. Auch der Adressat ist nicht eindeutig feststellbar.

Brief Nr. 101 (Ein Mann in Gubla an einen hohen ägyptischen Beamten oder den König; Fortsetzung eines Briefes): Ferner: Wer ist Feind vom König? Ist es nicht Chaja (Eig. Anm.: Er ist Ai = Eje, der Schwiegervater des derzeitigen Pharaos und ehemalige Priester Echnatons in Achet-Aton.)? Siehe, sind nicht Schiffe von Milim-Leuten eingedrungen in Amurri und haben getötet Abdi-Aschirta, weil sie nicht --- (Lebensmittel?) hatten und er nicht glänzendes --- (Edelstein?) hatte, so dass gegeben werden konnte Bezahlung an Mitana? ... lass nicht Schiffe Amurri richten (das soll wohl heißen: lass nicht Seefahrer/-räuber in Amurru Recht sprechen und vollstrecken!)! Haben sie ja getötet (den) Abdi-Aschirta, den der König eingesetzt hatte über sie, nicht sie selbst.

In der Tat ist es ein Widerspruch, wenn Abdi-Aschirta über die Milim eingesetzt worden war, und diese wiederum von auswärts mit Schiffen kommen, um Geld für Mitanni-Medien (Mitana) einzutreiben. Sowohl Chaja als auch die Milim-Leute erscheinen ebenfalls in den Briefen des Rib-Addi. Es sind hauptsächlich dessen Briefe an den König des Kampfes, sie liegen also schon eine kurze Zeit zurück; denn auch der Brief Nr. 101 gehört zu letzten Amarnabriefen zu einer Zeit, als Rib-Addi nicht mehr in Gubla war.

Der "18. Feldzug" des Manachpiria

Es kann sein, dass die in einigen Briefen zum Ausdruck kommende Erwartung der ägyptischen Truppen und die Beteuerungen, alle diesbezüglichen Vorbereitungen getroffen zu haben, einen etwaigen für das Frühjahr 652 ndFl vorgesehenen "18. Feldzug" betreffen. Wichtig ist auf jeden Fall die Feststellung, dass es noch vor diesem von den Ägyptern offenbar bereits angekündigten Feldzug zu einem Präventivschlag der Rebellen gegen die ägyptentreuen "Regenten" gekommen ist, durch den die Vorbereitungen zunichte gemacht und die spärlichen einheimischen Kontingente aufgerieben wurden.

Der "18. Feldzug" kam auch deshalb schon nicht mehr zustande, weil Manachpiria nach dem Tode des Acheperure, der zu Beginn des Jahres 652 ndFl verstarb, mit Thronfolgeproblemen befasst war, für die er vermutlich auch ein Heer aufstellen musste. Hinter diesem langerstrebten Ziel trat das Geschehen in Amurru-Kanaan in den Hintergrund. Die abtrünnigen Stadtfürsten in Kanaan bekamen Oberwasser, und die ägyptentreuen gingen schweren Zeiten entgegen. Zu den ersteren gehörte Aziru, zu den letzteren Rib-Addi.

Statt der erhofften Truppen aus Ägypten erschienen die Chatti in Amurru-Kanaan und drangen bis in das Land Amka in der Libanon-Gegend vor. Die Krönung Manachpirias zum Pharao braucht nicht unbedingt noch vor diesem Amka-Überfall stattgefunden zu haben, wenn auch sein Sohn Nimmuria bereits in Achet-Aton saß. Nach Aussage Mursilis' II fand dieser Überfall nämlich statt, "nachdem der König der Ägypter gestorben war". Nach dem Tode eines Pharaos mussten mindestens 70 Tage verstreichen, bis der neue Pharao auf den Thron steigen konnte. In dieser Zeit wurde die Mumifizierung des verstorbenen Vorgängers durchgeführt, an deren Ende die rituelle Mundöffnung des Toten durch den Nachfolger als äußeres Zeichen für den Beginn der Regierung des neuen Pharaos stand. Der Überfall der Chatti auf ägyptisches Gebiet könnte durchaus in dieser 70Tage-Frist erfolgt sein.

Diese Frist muss nicht dafür ausschlaggebend sein, ob der Sohn schon in Achet-Aton saß oder nicht; denn es saß vor Nimmuria schon ein Enkel des Manachpiria auf dem Thron von Achet-Aton, also ein Verwandter des Manachpiria und nicht des Acheperure.

Die letzte Schlacht: Rib-Hadad-eser

Was die Amarnabriefe begreiflicherweise nicht mehr hergeben können, nämlich den bereits im vorangegangenen Kapitel dieses siebten Buches erwähnten letzten Heerzug des Hadadeser, beschreibt das AT, wenn auch nur in wenigen Sätzen:

2. Samuel 8: (3) David schlug auch Hadadeser, den Sohn Rechobs, König zu Zoba, da er hinzog, seine Macht wieder zu holen an dem Wasser Euphrat. ... (8) Aber von Betach und Berothai, den Städten Hadadesers, nahm der König David sehr viel Erz. (9) Da aber Toi, der König zu Hamath, hörte, dass David hatte alle Macht des Hadadeser geschlagen, (10) sandte er Joram, seinen Sohn, zu David ... denn Toi hatte einen Streit mit Hadadeser.

In etwas abgewandelter Form werden dieselben Vorgänge auch an einer anderen Stelle im AT beschrieben:

1. Chronik 18: (3) Er (David) schlug auch Hadadeser, den König zu Zoba in Hamath, da er hinzog, sein Zeichen aufzurichten am Wasser Euphrat. ... (8) Auch nahm David aus den Städten Hadadesers, Tibehath und Chun, sehr viel Erz ... (9) Und da Tou, der König zu Hamath, hörte, dass David alle Macht Hadadesers, des Königs zu Zoba, geschlagen hatte, (10) sandte er seinen Sohn Hadoram zum König David... denn Tou hatte einen Streit mit Hadadeser.

Toi oder Tou von Hamath wird von mir mit Aitugama identifiziert, dem in Kadesch residierenden Staatsfeind Nr. 1 der Ägypter. In Wirklichkeit ist es vermutlich so gewesen, dass Ai-Tou-gama vom Lande Hamath, darin die Residenzstadt des Aitugama liegt, nämlich Kadesch am Orontes, der Anführer der Aktion gegen Rib-Addi = Hadadeser war, an der die anderen Herren lediglich beteiligt waren.

Aitugama kann nicht der leibliche Vater des Joram-Hadoram gewesen sein. Um welchen hebräisch-benamten Sohn des Aitugama es sich hier handelt, lässt sich nur vermuten. Es handelt sich bestenfalls um einen Schwiegersohn Aitugamas. Einleuchtend ist, dass es sich bei Joram-Hadoram  um den Sohn des Josaphat  handelt, der seinerseits als Abdichiba in Jerusalem residiert. Ob Joram  als Geisel gehalten wurde, bis sich Abdichiba auf die Seite der Rebellen stellte, ist sehr wahrscheinlich; denn  Abdichiba  wechselte erst nach dem Tode Labajas die Seite, und zwar möglicherweise wegen dieser Geiselnahme.

Die Macht des Rib-Addi (= Hadadeser) reichte mit Sicherheit niemals bis zum Euphrat. Gemeint ist, dass Hadadeser für die Ägypter ins Feld zog, deren Einflusssphäre bis an den Euphrat reichte. Diese Passage und weitere Verse in den Kapiteln 2. Sam. 8 wie in 1. Chron. 18, die sich auf den Krieg gegen Hadadeser beziehen, aber auch der Zug des David und des Reson nach Damaskus (1. Kön. 11), gehören in diese Phase, in der Abdi-Aschirta wieder im Lande ist, die bekannten Frevel weiterhin gegen den König verübt und am Ende von Getreidespekulanten aus Medien umgebracht wird.

Dass hier die (vorläufige) Endphase der ägyptischen Herrschaft über Amurru-Kanaan angebrochen ist, dürfte einwandfrei feststehen. Statt eines 18. Feldzuges gab es einen Sieg der Rebellen Ai-Tou-gama, David-Teuwatti und Reson-Arzawija über Rib-Hadad-eser. Sie plünderten seine Erzlager in Bît-Arka (= Betach) und Beirut (= Berothai). Danach zogen sie dem Chattiheer entgegen nach Damaskus:

1. Könige 11: (23) Auch erweckte ihm (Salomo) Gott einen Widersacher, Reson, den Sohn Eljadas, der von seinem Herrn Hadadeser, dem König zu Zoba, geflohen war, (24) und sammelte wider ihn Männer und ward ein Hauptmann der Kriegsknechte, da sie David erwürgte; und sie zogen gen Damaskus und wohnten daselbst und regierten zu Damaskus.

Wenn es in 2. Sam. 8,8 heißt, dass David die Erzbestände der Städte Betach und Berothai geplündert habe, und wenn in 1. Chron. 18,8 stattdessen die Städte Tibehath (= Tubichi) und Chun bzw. Kun in derselben Weise ausgeraubt werden, dann ist daraus zu entnehmen, dass es sich um zwei verschiedene Aktionen gehandelt haben könnte: Bei der ersten wurde Betach eingenommen, bei der zweiten vor allem Beirut; denn von hier meldete sich Rib-Addi in seinen späten Briefen nach Achet-Aton.

In 1. Chron. 18,8 ist bei der Angabe, Salomo habe aus diesem Erz das eherne Meer und die beiden Säulen vor dem Tempel gegossen, eine gewisse Vorsicht angebracht. Wenn es auch zutrifft, dass der Tempel zur Zeit Davids unter seinem Hohenpriester Salomo-Asarja zu einem Jahwe-Tempel umgebaut wurde, in dem König David II dann auch noch die Bundeslade aufstellte, so bleibt doch die Frage offen, ob sich nicht David I schon dieser Quelle für seinen Tempel bediente.

Nachlese; Briefe des Rib-Addi (Auswahl)

Der lange Brief Nr. 85 des Rib-Addi an Didumes-Schabaka scheint auf den ersten Blick in die Zeit zwischen dem 15. und dem 16. Feldzug zu gehören. Bekanntlich findet sich in diesem Vaterbrief der Hinweis darauf, dass sich nach der Rückkehr des (Schwieger-)Vaters (Manachpiria) des Adressaten von Sidon nach Ägypten viele Amurri-Länder den Gaz-Leuten angeschlossen haben, womit eindeutig die Zeit nach dem 15. Feldzug gemeint ist. Auch scheint der König noch nicht lange auf dem Thron in Achet-Aton zu sitzen, was ebenfalls auf diese Zeit hindeutet. Doch dann, nachdem der Absender seiner Enttäuschung darüber Luft gemacht hat, dass er keine Antwort bekommen habe, obwohl er dem König die bedrohliche Lage in Amurru-Kanaan geschildert habe, weist eine Bemerkung auf eine spätere Zeit hin:

"Er" habe schon dreimal in diesen Jahren gegen Rib-Addi gestanden. Wer mit "er" gemeint ist, wird nicht gesagt. Es ist nicht an den Chatti-König zu denken, da dieser erst in jüngster Zeit zu einer neuen Gefahr geworden ist. Vielmehr könnte Abdi-Aschirta gemeint sein, womit dieser Brief in die Zeit nach dem 17. Feldzug und nach der Rückkehr Abdi-Aschirtas zu datieren wäre. Außerdem ergeht an den König der Ruf nach Getreide:

Zwei Jahre messe ich schon mein Getreide. Es ist kein Getreide da zur Nahrung für uns.

Wenn seit zwei Jahren das Getreide knapp ist, dann heißt das ebenfalls, dass eine späte Phase der Amarnakorrespondenz gemeint ist. Die Knappheit müsste somit seit 650 ndFl bestehen; denn vor diesem Jahr hat es lange keine ernsthaften Schwierigkeiten in diesem Land gegeben, und dieser Brief müsste ins Jahr 651 ndFl gehören, kurz vor den Wechsel von Schabaka zu Schabataka. Rib-Addi ist verzweifelt:

Was soll ich sagen meinen Bauern? Dahin sind ihre Söhne, ihre Töchter und die Holzgeräte ihrer Häuser, indem sie gegeben worden sind in Iarimuta für die Rettung unseres Lebens.

Offenbar blühte in der Kornprovinz Iarimuta der Schwarzhandel mit dem knappen Getreide. Sogar vor menschlichem Tauschgut schreckte man nicht zurück. Die geografische Lage dieser Provinz wird unterschiedlich beurteilt. Velikovsky nahm an, dass Iarimuta das Ramoth in der Kornprovinz Gilead gewesen sei. Knudtzon/Weber20 verlassen sich indes auf den Hinweis, dass Schiffe das Getreide von Iarimuta bringen und suchen diese Provinz deshalb in Ägypten:

Die Lage von Iarimuta (mâtuia-ri-im-mu-ta) ist unsicher. Es ist immer noch das Wahrscheinlichste, dass es im Nildelta zu suchen ist. Das Nildelta als Kornkammer für das Land Kanaan kehrt auch in der biblischen Josephsgeschichte wieder. Es ist gut möglich, dass das Land Gosen und das Land Iarimuta im wesentlichen identisch sind. Dagegen ist der Gleichklang des Namens Iarimuta mit dem Namen Jarmuth (Jos. 10,3: Stadt in der Ebene des Stammes Juda, heute Chirbet Jarmûk) wohl nur ein zufälliger, wenn man nicht annehmen will, dass die Stadt Jarmuth ihren Namen in der Erinnerung an das Land Iarimuta erhalten hat.

Der Hinweis auf Josef entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie; denn der Kornverwalter in Iarimuta ist dessen Sohn Ianchamu (pa-Incha-Si-Amun), der im AT Paneach und Pinehas genannt wird, letzteres als Enkel des Aaron, was ja auch zutrifft. Er ist auch der Pianchi ägyptischer Quellen. Hierüber wurde bereits abgehandelt. Knudtzon/Weber meinen dazu21:

Nach 116,73f. scheint Ianchamu seinen Sitz in Iarimuta zu haben. Als Beamten der Getreidebörse zu Iarimuta lernen wir auch Iapa-Addi kennen.

Mit diesem Iapa- oder Jap(p)a(ch)-Addi musste sich Rib-Addi in einem langwierigen Prozess herumschlagen, der ebenfalls in diese Zeit gehört. Offenbar stritt Iapa-Addi ab, von Rib-Addi Geld für Getreide bekommen zu haben und schob dessen Lieferung an Gubla zögerlich hinaus. Gemeinsam mit Zimrida von Sidon fiel Iapa-Addi kurz darauf ab zu Abdi-Aschirta. Damit endete auch der Prozess, über dessen Ausgang sich die Amarnabriefe in Schweigen hüllen.

Von Iapa(ch)-Addi liegen auch zwei eigene Briefe vor: Nr. 97 an Schumu-chadi, einen in Ägypten festgehaltenen Mann unbestimmter Identität, und Nr. 98 an Ianchamu. In diesem Brief erhebt Iapa-Addi Vorwürfe an Ianchamu, dass dieser nicht in Sumur eingegriffen habe, nachdem das ganze Land schon zu Aziru abgefallen war (er nennt ausdrücklich die Städte Schigata und Ambi), und niemand könne nach Sumur hineinkommen. Das spricht für die Endphase.

Bei genauer Interpretation des Briefes Nr. 98 im Vergleich zu der Mitteilung des Rib-Addi, dass Iapa-Addi und Zimrida von Sidon zu Abdi-Aschirta abgefallen seien, muss man zu dem Schluss kommen, dass Aziru schon vor dem Tode seines Vaters gegen die ägyptische Oberhoheit gefrevelt hat; denn Iapa-Addi beschwert sich schon über Taten des Aziru, während er noch ägyptentreu ist bzw. zu sein scheint. Wenn er nach diesem Brief erst zu Abdi-Aschirta überging, dann müssen dieser und sein Sohn Aziru gleichzeitig gegen Ägypten gekämpft haben, was hauptsächlich in die späte Phase gehört.

Sechs Briefe des Rib-Addi an Amanappa sind gefunden worden. Hierbei fällt auf, dass Rib-Addi in seinen Briefen Nrn. 73 und 82 den Adressaten mit "mein Vater" anredet. In den Briefen Nrn. 77, 86, 87 und 93 tut er dies aber nicht. "Vater" ist auch hier wieder "Schwiegervater" zu lesen; denn Hadadeser wird im AT bekanntlich als Sohn des Rechob ausgewiesen, und Rib-Addi kann auch aus dem Zusammenhang der Amarnabriefe heraus nicht als Sohn Amanappas erklärt werden. Eine um 615 ndFl geborene Tochter des um 585 ndFl geborenen Amanappa kann um das Jahr 630 ndFl dem um 605 ndFl geborenen Rib-Addi einen Sohn geschenkt haben, der in der Amarnazeit etwa 20 Jahre alt war. Es kann allerdings auch die Möglichkeit bestehen, dass die Eheschließung in der Zeit der hier in Rede stehenden Amarnakorrespondenz stattgefunden hat und somit die Anrede "Vater" nur in den beiden Briefen vorkommt, die danach geschrieben worden sind.

Die Reihenfolge der Briefe, wie sie von Knudtzon gewählt worden ist, dürfte auch ohne Berücksichtigung der Vater-Anreden unzutreffend sein, wie eine Interpretation im Sinne der "Neuen Sicht" ergibt. Sie gehören überwiegend an das Ende der Amarnakorrespondenz.

Der Brief Nr. 86 des Rib-Addi an Amanappa enthält einen Ruf nach Feldtruppen; denn Amurru wird geplündert, und alle Beute geht nach Mitana (Mitanni, Medien). Außerdem wird das Getreide immer knapper, das Rib-Addi schon seit drei Jahren rationieren muss. Dies kann nur in der späten Phase (Anfang 652 ndFl) Sinn ergeben. Dass die Stadt Sumur inzwischen zerstört und entvölkert ist, geht deutlich aus folgendem Satz hervor und spricht ebenfalls für die späte Phase:

Sage deinem Herrn, dass gegeben werde an seinen Diener Erzeugnis des Landes Iarimuta (Getreide), wie es früher gegeben wurde an Sumur... Oder sende Schiffe, so dass ich hinauskomme!

In Brief Nr. 77 bedauert Rib-Addi, dass er dem Adressaten kein Kupfer übersenden kann, das dieser wohl angefordert hatte; denn er musste all sein Kupfer dem König von Tyrus (= Abi-Milki?) "zu seiner Rettung" geben. Darunter kann verstanden werden, dass Rib-Addi entweder Lebensmittel in Tyrus kaufen oder sich dort freikaufen musste, nachdem er "an die Regenten ausgeliefert worden war". Dies sind die Worte des Königs (Schabaka) an (seinen Schwiegersohn) Aziru (Brief Nr. 162).

Rib-Addi stellt in diesem Brief auch vorwurfsvoll die Frage, ob der Adressat denn nicht dem König gesagt habe, er möge Feldtruppen schicken, die die Gaz-Leute verjagen bzw. sie davon abhalten sollen, mit den Regenten zu verhandeln:

Wenn nicht in diesem Jahr Feldtruppen ausziehen, dann schließen sich alle Länder den Gaz-Leuten an.

Der Verlust des Kupfers kann mit dem Raub durch David (II) zusammenhängen, wie er im AT geschildert wird (siehe dazu weiter oben). Allerdings konnte Rib-Addi nach der verlorenen Schlacht keine Briefe mehr nach Ägypten schreiben. Es müsste sich folglich bei dem Raub des Kupfers um eine von der Schlacht unabhängige Aktion oder sogar um einen etwas anders zu bewertenden Vorgang gehandelt haben, wie etwa eine Auslösung, wie sie Rib-Addi schildert. Wegen der späten Einordnung von Brief Nr. 77 kann es sich hierbei nur um ein Schreiben an den Schwiegervater handeln, wenn auch die Vater-Anrede fehlt. Es ist daher wahrscheinlicher, dass Rib-Addi schon seit längerer Zeit der Schwiegersohn des Amanappa ist.

In (Vater-)Brief Nr. 73 fragt Rib-Addi ebenfalls mit deutlichem Vorwurf, warum der Adressat keine Feldtruppen vom König verlangt habe, mit denen er Amurri-Land dem Abdi-Aschirta wieder abnehmen und das Land wieder auf die Seite des Königs bringen könnte. Abdi-Aschirta habe den Leuten von Ammia geschrieben, dass sie ihren Herrn töten sollten. Diese hätten sich dann den Gaz-Leuten angeschlossen. Die königstreuen Regenten fürchten dasselbe auch für sich. Wie dem Schluss des Briefes Nr. 73 zu entnehmen ist, war Amanappa kurz zuvor in Sumur gewesen. Damit könnte die Befreiung Sumurs von den Schechlal-Kriegern (Sa.Gaz-Mesch) gemeint sein, also eventuell der 16. Feldzug. Allerdings ist Abdi-Aschirta inzwischen abgefallen, was ebenfalls in diese Zeit gehört.

Der Brief Nr. 82 des Rib-Addi an Amanappa, "meinen Vater", ist wieder ein Hilferuf des Schwiegersohnes. Der Absender hat wiederholt an den Adressaten geschrieben: Kannst du mich nicht nehmen aus der Hand Abdi-Aschirtas? Gemeint ist wohl die Bedrohung durch diesen und nicht eine Gefangennahme. Alle Gaz-Leute seien mit ihm, und die Regenten haben auf nichts gehört, vielmehr an ihn geschrieben, und auf diese Weise ist er mächtig geworden. Selbstverständlich weist Amanappa alle Kritik zurück, wie das Zitat aus einem Amanappa-Brief verdeutlicht, das Rib-Addi in seinem Brief Nr. 82 verwendet:

Du hast mir wiederholt den Bescheid gegeben: "Sende deinen Mann! Er soll mit mir zum Hof kommen. Er ist aber nicht angekommen, sonst hätte ich ihn nebst Rettungstruppen an dich gesandt, bis ausziehen die Feldtruppen, um dein Leben zu schützen."

Rib-Addi fährt fort mit einem Zitat aus einem seiner früheren Briefe: Und ich habe zu dir gesagt: "Nicht kann ich ihn senden, ohne dass Abdi-Aschirta es hört, und wer wird mich nehmen aus seinen Händen?"

Offensichtlich standen bürokratisch-höfische Formalitäten der Rettung des Rib-Addi im Wege. In Anbetracht von dessen misslicher Lage wirken diese Hindernisse auf uns heute wie eine Schikane. Aber es geht auch Trost von Achet-Aton aus, mit dem Rib-Addi jedoch nur wenig geholfen ist:

Du hast gesagt zu mir: "Du sollst dich nicht fürchten!" Und ein anderes Mal: "Sende ein Schiff nach Iarimuta, und es werden für dich hinausgehen Geldstücke (und) Kleider von ihnen." Die Leute, die du mir gegeben hast, sind alle geflohen.

Gänzlich unbegreiflich ist für Rib-Addi, dass Amanappa nur zehn Paar Pferde genommen hat, obwohl ihm der König genau die 30 Paar Pferde angeboten hat, die Rib-Addi in mehreren Briefen gefordert hatte. Der letzte Satz klingt wie eine Drohung Rib-Addis:

Wenn in zwei Monaten keine Feldtruppen da sind, dann werde ich die Stadt verlassen, und ich ziehe ab, und gerettet ist mein Leben.

Da fehlt nur noch der Satz: "Das habt ihr dann davon!"

Auch der Brief Nr. 86 des Rib-Addi an Amanappa enthält Hinweise auf den Getreideskandal: Der Adressat hat dem Absender geschrieben, Ianchamu habe "Überfluss von Getreide" an Rib-Addi geschickt. Es ist ebenso unklar, was mit dieser Lieferung geschehen ist und ob sie überhaupt stattgefunden hat, wie das, was es mit den Geldstücken (von Iarimuta?) auf sich hat. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass dieser Brief zu den so genannten "Ummachnu-Briefen" gehört:

Ummachnu (= Ba'lat-Ur.Mach.Mesch, Brief Nr. 273?), offenbar eine Priesterin der Göttin Ba'lat von Gubla, und ihr Gatte Ischkura scheinen als Sklaven oder menschliche Pfänder, möglicherweise für Getreide, nach Ägypten verbracht worden zu sein. Rib-Addi fordert in mehreren Briefen die Rückgabe der beiden, da die Hingabe dieser Personen - vermutlich wegen ihres besonderen Standes -  rechtswidrig gewesen sei. Otto Weber meint in seinem Kommentar dazu22:

Wenn Knudtzon richtig ergänzt hat, bietet dieser Brief an Amanappa eine recht interessante Aufklärung. Ischkuru hätte demnach die Zugehörigkeit seiner Gattin zu der Göttin Ba'lat verheimlicht, "damit sie nicht ..... (ti-kali =) i[rgend etwas]".

Es ist schwer, die Vermutung zu unterdrücken, dass mit dieser dunklen Geschichte die so merkwürdige Doppelerzählung von dem Betrug Abrahams mit Sarai in Ägypten (1. Mose 12,10ff.) oder Abrahams mit Sara, bzw. Isaaks mit Rebekka, im Lande Gerar (1. Mose 20 und 26), wo das Weib um äußerer Vorteile willen als Schwester ausgegeben wurde, in irgendwelchem Zusammenhang stehen könnte.

Angesichts der zwischen Ianchamu und der Joseph-Geschichte offen zutage liegenden Berührungspunkte ist ein Zusammenhang nicht ganz von der Hand zu weisen.

Wie wir schon bei früheren Gelegenheiten feststellen konnten, hat das AT vielfach historisch belegbare Ereignisse mit Personen des AT zusammengeführt, die daran völlig unbeteiligt waren, oder es wurden Ereignisse mit den richtigen Personen anders ausgelegt bzw. in die Erzählung eingefügt. Worum es bei der Ummachnu-Geschichte nun tatsächlich ging, bleibt trotzdem in der Schwebe.

In seinem Brief Nr. 87 an Amanappa beklagt sich Rib-Addi darüber, dass der von Amanappa angeforderte Bote, der Krieger und Wagen nach Gubla holen sollte, mit leeren Händen nach Hause gekommen sei. Als dies bekannt geworden sei, habe sich die Stadt Beruna "ihm" angeschlossen, womit offenbar Abdi-Aschirta gemeint ist, der daraufhin Sa.Gaz-Leute und Wagen dort stationiert habe und nun die Stadt Gubla zu belagern beginne. Dasselbe geht auch aus dem Brief Nr. 88 des Rib-Addi an den König hervor. Auf diesem Höhepunkt der Gefahr werden so gut wie alle Städte in der Region erobert oder zumindest belagert. Scharenweise laufen die Regenten zu den Rebellen über. Es droht das Land für Ägypten verloren zu gehen. Die Entsendung von Feldtruppen ist dringend erforderlich.

Der Ruf nach Feldtruppen ist auch der Hauptinhalt des Briefes Nr. 93 des Rib-Addi an Amanappa: Der Adressat hat dem Absender offenbar versprochen, ihn aufzusuchen. Der Absender bittet ihn, 300 Leute vom König mitzubringen, um die Stadt zu "besichtigen". Man (damit sind die übrigen Regenten gemeint) erwarte das Ausziehen der Feldtruppen, also regulärer Truppen, da "er" (= Abdi-Aschirta) mächtig ist gegen den König. Im Falle der Rückeroberung von Beruna würden sich die abtrünnigen "Leute" von Abdi-Aschirta ab- und dem König wieder zuwenden.

Wenn aber in diesem Jahr keine Feldtruppen da sind, dann wird er (Abdi-Aschirta) mächtig bis in Ewigkeit.

Der Brief Nr. 96, den Knudtzon mangels Erwähnung eines Namens in diesem Brief überschrieben hat "Ein Oberst an Rib-Addi" scheint von dem Schwiegervater Amanappa des Adressaten zu stammen; denn der Absender redet Rib-Addi mit "mein Sohn" an und spricht von sich selbst als "der Oberst, dein Vater". Er hat von Rib-Addi erfahren, dass dieser Leuten aus Sumur den Zutritt in seine Stadt verwehrt hat, da in Sumur eine Seuche ausgebrochen sei. Insofern gehört dieser Brief in eine Zeit, als Sumur noch nicht gefallen war und dem Rib-Addi das Wasser noch nicht bis zum Halse stand. Trotzdem ist der Inhalt des Briefes, wenn es sich dabei nicht um einen kodierten Geheimtext handeln sollte, von kaum vorstellbarem Zynismus:

Der Absender fragt Rib-Addi, um was für eine Seuche es sich in Sumur handele, um solche von Menschen oder von Eseln, und falls von Eseln, welche Seuche es denn genau sei. Seine größte Sorge gilt nicht etwa den Menschen, sondern den Eseln des Königs. Am Schluss des Briefes weist der "Oberst" Amanappa (?) aber dennoch darauf hin, dass er dem König in Sachen Gubla geschrieben habe und auf Antwort warte.

Im Jahre 651 ndFl sind dann tatsächlich Truppen gekommen, und zwar das große Herr: der 17. Feldzug. Ob Rib-Addi erst durch seinen Schwiegervater Amanappa wieder nach Gubla hineingeführt wurde, oder ob er sich mit seinem Kupfer in Tyrus freigekauft hat, lässt sich nicht mehr mit letzter Sicherheit entscheiden. Jedenfalls führte er seine Korrespondenz von Gubla aus mit dem "König des Kampfes" nach dem 17. Feldzug weiter.

Es ist nicht angebracht noch möglich, im Rahmen dieses Buches alle Amarnabriefe zu besprechen, zu analysieren und zeitlich richtig einzuordnen. Selbstverständlich werden sich auch in den folgenden Kapiteln dieses siebten Buches noch Gelegenheiten ergeben, auf die Briefe zurückzukommen.

Letzter Stand: 12. Juli 2013


16 und 17 Abraham Meister, Biblisches Namen-Lexikon, Verlag Mitternachtsruf, Pfäffikon ZH/Schweiz
18 Knudtzon/Weber, op.cit., S.1166, Briefe Nrn. 79, 83 (alu bît-ar-cha) und 91 (alu bît-ar-ka) des Rib-Addi an den König.
19 dito, op.cit., S.1279, Brief Nr. 179 eines unbekannten Absenders an den König.
20 J.A. Knudtzon, op.cit, S. 1153;
21 dto., S. 1153;
22 J.A. Knudtzon, op.cit., S.1172
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