Siebtes Buch: 642 bis 656 ndFl

3. Kapitel:

Assyrien und Babylonien (3. Teil)


Reihe 11

==================+==========+==================+====================
Herrscher in Assur|Reihe -11-|Babylonien        |Ägypten
------------------+----------+------------------+--------------------
Nimrod-Sanherib   |1061-1056 |Rest der 2. Dyna- |
Zariku-Samsi-Adad |1055-1050 |stie von Isin     |Größter (mittlerer)
Sin-schar-ukin    |1049-1031 |dto.              |Teil der 21. oder
Salmanassar       |1030-1019 |2.Dyn.d.Meerlandes|Priester-Dynastie
Adad-narari       |1018-1013 |Dynastie von Bassu|
==================+==========+==================+====================

Wenn man die berichtigte Reihenfolge der Assyrer dieser Gruppe mit ihren konventionellen Jahreszahlen mit den in Babylonien sitzenden Dynastien vergleicht, dann ergibt sich ein anderes Bild (siehe unten):

Eriba-Adad (II) ist Sanherib/Tiglath-Pileser (I) selbst. Wir haben im vorigen Abschnitt (Reihe 10) gesehen, dass Assur-bel-kala sehr wohl der Sohn Tiglath-Pilesers I ist. Samsi-Adad (IV) als dessen Sohn will uns nicht so recht gefallen. Daher beziehen wir die Angabe "dessen Sohn" bei Samsi-Adad (IV) besser auf die nachfolgenden Herren, auf Assurnasirpal (I) (der ja mit Assur-bel-kala identisch ist) und auf Salmanassar (II). Assur-nirari (IV) hingegen sollte als Sohn des Samsi-Adad (IV) ausgewiesen sein.

Berichtigte Reihenfolge
(unter Beibehaltung der falschen Jahreszahlen)
Assyrien v.Chr. Babylonien v.Chr.
Samsi-Adad
Mutakkil-Nusku2
Assur-Uballit3
Adad-narari
Assur-Uballit2
Nimrod-Sanherib
Salmanassar
Sin-schar-ukin
1055-1050
1137-1128 
-- 
1018-1013
-- 
1061-1056
1030-1019
1049-1031
2. Isin-Dynastie (Endphase)
   Nebukadrezzur (der Elamit) 
   Kossäer-Dynastie 
   Bassu-Dynastie (3 Könige)
   Kossäer-Dynastie 
2. Isin-Dynastie (Endphase)
2. Meerland-Dynastie (3 Könige)
2. Isin- u. 2. Meerland-Dyn.
1170-1039
996- 991 
  
1016- 996
  
1170-1039
1038-1017
2: Ära Nebukadrezzur; 3: Ära Kurigalzu und Nachfolger

Hieraus kann bedenkenlos der Schluss gezogen werden, dass die 21jährige Herrschaft der drei Könige, die in Babylon regierten (einschl. des auf 996-991 v.Chr. angesetzten Elamiten) sowohl der elamitischen Bassu-Meerland-Dynastie des Nebukadrezzur (vormals Kedor-Laomor von Elam und Ea-Gamil, letzter aus der 1. Meerland-Dynastie), als auch der Isin-Meerland-Dynastie des Kossäers Kurigalzu-Tudhaliyas (bzw. Tidehal-Ulamburiasch) zugeordnet werden müssen. Sie sind in gewisser Weise als parallel (statt nacheinander) und in gewisser Weise sogar als identisch anzusehen. Die 21jährige Herrschaft dieser drei Könige aus zwei verschiedenen Dynastien begann mit der Gründung Babylons durch den Elamiten Nebukadrezzur (= Nabu-kudur-ussur; 632 ndFl), auf den für kurze Zeit Adad-schum-nassir folgte (641 ndFl; womöglich ist er mit dem "einsamen", namenlosen Elamiten gemeint), und endete 21 Jahre später (653 ndFl) mit der Vertreibung des dritten Herrschers, des Tudhaliyas-Mursilis-(= Marduk-)nadin-ach aus der Isin-Karduniasch-Dynastie. Da aus obigem Beispiel (Tabelle "Berichtigte Reihenfolge") zu ersehen ist, dass die assyrischen Herrscher nicht parallel zu den einzelnen babylonischen Dynastien regierten, sondern dass sie "über Kreuz" zuzuordnen sind, so bekommt die Identifizierung der jeweiligen Dynastien miteinander noch mehr Unterstützung:

Assyrien ndFl Babylonien
Samsi-Adad
Mutakkil-Nusku
Assur-Ub./Semir.
-629
?  -641
641-653
Amurru- und Ur-III-Dynastie
Nebukadr.= Bassu-Meerl.: Elam
Kossäer- = Isin-Meerland-Dyn.
Adad-narari
Assur-Uballit
Nimrod-Sanherib
Salmanassar
Sin-schar-ukin
653-656
656-659
656-677
677-682
682-689
Die in Babylon regierenden
Herrscher sind Statthalter
sowohl aus der Amurru- als
auch aus den beiden Meerland-
Dynastien (s. weiter unten!).

Die Angabe, Nebukadnezar I (1146-1123) stamme aus der 2. Dynastie von Isin, die mit insgesamt 11 Königen 131 Jahre in Babylon regierte (1170-1039), ist deshalb nicht korrekt und bedarf der Auslegung. Es ist hierbei übersehen worden, dass die daran anschließenden identischen Dynastien Meerland (II) und Bassu noch vor die Isin-Dynastie gehören, genau genommen sogar noch vor die der Kossäer (= Isin-Karduniasch), mit der die Isin-Dynastie aber bekanntlich identisch ist. Eine ähnliche Situation finden wir bei den ersten Dynastien von Isin und Meerland ebenfalls vor:

Die 1. Dynastie des Meerlandes, die korrekt als letzten Herrscher Ea-Gamil = Nebukadrezzur nennt, begann schon unter Samsuiluna (konventionell), das heißt gemeint ist hier die "sichru"-Dynastie, die den Bassu-Ast der elamitischen bzw. chaldäischen Meerland-Dynastie bildet, aus der u.a. Nebukadrezzur hervorging. Sie verlief in ihren Anfängen parallel zur Amurru-Dynastie, und zwar genau seit Samsuiluna-Schulgi, der den Urgroßvater des Nebukadrezzur zum Großwesir machte.

Die als "elamitisch" bezeichnete 1. Dynastie von Isin, die von Ischbierra-Hattusilis ebenfalls zur Zeit der Amurru-Dynastie gegründet wurde, führt über die Kossäer-Chaldäer, deren wichtigster Vertreter ganz offensichtlich Mursilis-Tudhaliyas-Ulamburiasch ist, bis zu dessen Urenkel Nabonid = Hattusilis III, der (wahrscheinlich) der letzte (36.) Kossäer auf dem babylonischen Thron ist: Ellil-nadin-ach.

+----------------------------------------+
|  PERSEUS         +----- SUPPILULIUMAS  |
|  |               |      |              |
|  ISCHBIERRA      |      NABU-UKIN-ZER  |
|= HATTUSILIS I    |    = MURSILIS II    |
|  |               |      |              |
|  MURSILIS I      |      NABU-NADIN-ACH |
|= ULAMBURIASCH    |    = ELLIL-NADIN-ACH|
|= TUDHALIYAS -----+    = HATTUSILIS III |
+----------------------------------------+

Dabei ist zu bedenken, dass die Kossäer-Kussarer-Kassiten-Chaldäer auch in Isin-Karduniasch = West-Elam regierten, wodurch die große Zahl (36) zustande kommt. Außerdem haben wir hiermit eine Erklärung dafür, dass auch die Isin-Dynastie als "elamitisch" bezeichnet wird; denn in vielen Quellen wird auch Isin-Kleinasien als "Elam" (im kissischen Land) bezeichnet, weshalb ich zur Unterscheidung die Bezeichnungen West-Elam (Kleinasien) und Ost-Elam (Persien) verwenden werde.

Für Ägypten gilt noch das unter "Reihe 10" Gesagte. Wie schon in einem früheren Kapitel dargelegt worden ist, war diese Zeit konventionell in Ägypten ebenso chaotisch wie in Mesopotamien und ganz besonders im "dunklen Zeitalter Griechenlands und Kleinasiens".

Reihe 12

==================+==========+====================+==================
Herrscher in Assur|Reihe -12-|Babylonien          |Ägypten
------------------+----------+--------------------+------------------
Assur-(Hammur)abi |1012-  ?  |Dynastie von Bassu  |Rest der 21. oder
Ära Nebukadrezzur | 996-991  |Ein Elamit          |Priester-Dynastie,
Assur-Re-Isesi    | ?  -967  |Dynastie H (22 Kön.)|geh. ins 7.Jh.ndFl
Nimrod-Sanherib   | 966-934  |dto.                |Anf. 22. Libysche
Salmanassar       | 933-912  |dto.(bis 732)       |Dyn., gehört dto.
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Die Verwirrung in dieser Epoche wird besonders deutlich durch den Neubeginn der Geschichte in der Zeit Hammurabis aus der Amurru-Dynastie. Gekreuzt von der Bassu-Elam-Dynastie reicht die fiktive Datierung bis zu Chus-Isesi, dem Vater des Nimrud, der hier Tiglath-Pileser (II) heißt und korrekt gefolgt wird von seinem Sohn Assur-Dan (II). Auf die Bassu-Dynastie folgt die sogenannte Dynastie "H" mit ihren 22 Königen, die bis ins Jahr 732 v.Chr. reicht. Die Wissenschaft selbst bezeichnet die nun folgende Zeit als "das Zeitalter der Wirrnisse". Dem ist nichts hinzuzufügen außer der Frage "wieso erst ab hier ?" Waren die vorigen Zeitalter konventionell weniger verworren ?

Unter Babylonien wird kein König, der mit Assyrien in Verbindung gekommen sein könnte, für diese Reihe namentlich erwähnt. Das AT beginnt in dieser Zeit (konventionell) mit Salomo, der das Reich seines angeblichen Vaters David (I) in seinen Grenzen erhalten haben soll. Tatsächlich leben David (II) und Usia-Asarja-Salomo in dieser (spätassyrischen) Zeit. Von einem Großreich Israel ist jedoch in dieser Phase der Geschichte keine Spur zu sehen. Wir beobachten aber, dass seit der Zeit Josuas (um 1200 v.Chr.), der ein Zeitgenosse der Reihe 8 war, über die Zeit der Reihen 9 und 10 hinweg die Richterzeit im AT abgelaufen ist. Sie endet dort (nicht in Wirklichkeit!) mit Samuel, der um 1050 v.Chr. angesetzt wird und somit ein Zeitgenosse der Reihe 11 gewesen sein müsste und der in Wirklichkeit ins 5./6. Jhdt. ndFl gehört.

Die Richterzeit wird in mehreren Kapiteln dieses Buches rehistorifiziert, so dass wir uns eine Betrachtung an dieser Stelle ersparen können. Auch zu den anderen biblischen Personen werde ich erst in späteren Kapiteln wieder abhandeln.

In Ägypten regieren zur Zeit der Reihe 12 noch die letzten Priesterkönige der 21. Dynastie. Sie sind tatsächlich die Zeitgenossen der spätassyrischen Phase, ebenso die Könige aus den Libyschen Dynastien 22, 23 und 24 sowie die Äthiopier aus der 25. Dynastie. Erst recht gehören die Könige aus der sogenannten Assyrischen Zwischenherrschaft noch hierher, und zwar an das Ende der Assyrerzeit. Nähere Einzelheiten sind bereits oder werden noch besprochen.

Reihe 13

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Herrscher in Assur |Reihe -13-|Babylonien         |Ägypten
-------------------+----------+-------------------+------------------
Adad-narari        | 911-891  |Schamasch-Mudammik |XXII. Libysche
Nimrod-Sanherib    | 890-885  |Nabu-schum-ukin I  |      Dynastie
Sin-schar-ukin     | 884-859  |Nabu-apal-idin     |dto.
Salmanassar        | 858-824  |Marduk-zakir-schum |dto., b.745 v.Chr.
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Mit Adad-narari (II) beginnt die assyrische Chronologie, die konventionell nach dem "Zeitalter der Wirrnisse" als einigermaßen gesichert angesehen wird. Dass sie keineswegs gesichert ist, werde ich zeigen. Da ist schon gleich im Ansatz ein gravierender Fehler gemacht worden; denn die Anbindung dieser Chronologie an eine Sonnenfinsternis des Jahres 763 v.Chr. (konv.) ist insofern problematisch, als diese Finsternis in eine Zeit fällt, die schon für den antiken Astronomen Ptolemäus als "ungenau" galt. Er selbst berechnete in seinem Kanon der Finsternisse keine Sonnenfinsternis (rückblickend), die vor dem Zeitalter Nabonassars stattgefunden hatte.

Das ist auch verständlich; denn um eine Finsternis zu berechnen, benötigte man genaueste Angaben feststehender astronomischer Werte (Lage der Erde im Raum, die genaue Jahreslänge, Mondbahndaten usw.). Da sich diese Werte aber in den Jahren 728 und 676 ndFl (entsprechend 152 bzw. 204 v.Chr.) verändert hatten, konnte er, dem diese älteren Werte offenbar nicht vorlagen (möglicherweise aber dennoch die zwischen 676 und 728 ndFl), seine Berechnungen nicht über das Jahr 676 ndFl entsprechend 204 v.Chr. oder - wie es konventionell gesehen wird - das Jahr 747 v.Chr., in dem Nabonassar seine Regierung in Babylon antrat, hinausführen.

Gleichgültig, wie falsch die konventionellen Jahreszahlen auch sind - eine Sonnenfinsternis vor besagtem Zeitalter kann auf gar keinen Fall genau datiert werden. Was für Ptolemäus nicht möglich war, ist den Wissenschaftlern in unserer Zeit, die ohnehin daran glauben, das Jahr habe seit eh und je 365,2422 Tage gehabt, auch nicht möglich. Der Beginn der assyrischen Chronologie, wie ihn die Schulwissenschaft festlegt, ist eine reine Farce.

Eine weitere Unstimmigkeit ist nur mit einer etwas kühneren Methode aus der Welt zu schaffen. Wenn wir daran festhalten wollen, dass Tukulti-Ninurta, also Nimrud, der Sohn des Ägypters Chus-Isesi war, dann stellt uns die aus Assur stammende Sarkophag-Inschrift Assurnasirpals vor ein nicht unerhebliches Problem. Diese ist eine Filiation, also eine Vater-Sohn-Folge, und erscheint mehrmals auf dem Sarkophag des Assurnasirpal; sie erwähnt jedoch nicht jedesmal den Großvater. Die Inschrift lautet:

+--------------------------------------------------------+
|       Assur-nasir-apli schar kischati schar mat Assur  |
|  apil Tukulti-Ninurta  schar kischati schar mat Assur  |
|  apil Adad-narari      schar kischati schar mat Assur4 |
+--------------------------------------------------------+

Darin bedeutet schar-mat-Assur "König des Landes Assur", apil "Sohn (des)" und schar-kischati vermutlich "König des kissischen Landes", also auch über die Kassiten-Hethiter. Das aber konnte Assurnasirpal von sich selbst nur bedingt behaupten. Die Tücke an dieser Inschrift ist nun die, dass nach unseren Überlegungen Adad-narari nicht der Vater des Tukulti-Ninurta gewesen sein kann. Wenn wir jedoch unterstellen, dass der Enkel seinen Großvater väterlicherseits aus ähnlichen Gründen verleugnete wie dies der Sohn schon mit seinem ägyptischen Vater getan hatte, dann bleibt uns als mögliche Interpretation nur der Ausweg, dass es sich bei Adad-narari um den Großvater mütterlicherseits handelte. Dies würde bedeuten, dass die Mutter des Assurnasirpal eine Tochter des Adad-narari gewesen wäre:

CHUS                 ADAD-NARARI
|                    |
TUKULTI-NINURTA  oo  Tochter
|
ASSURNASIRPAL


Vielleicht ließ der Enkel den halbherzig hinzugenommenen Großvater auch deshalb teilweise aus seiner Inschrift wegfallen.

Die durch diese Inschrift gesichert erscheinende Filiation hat zu der irrigen Annahme geführt, dass die drei Könige Adad-narari II, Tukulti-Ninurta II und Assurnasirpal II in dieser Reihenfolge nacheinander regiert hätten. Das trifft für die beiden ersten auch zu; doch Salmanassar III, den man erst nach Assurnasirpal II auf dem Thron sieht, ist nicht der Sohn des Assurnasirpal, sondern dessen älterer Halbbruder, der noch vor ihm regierte. Außerdem sind die 34 Regierungsjahre Salmanassars zum größten Teil seine Feldherrnjahre, die parallel zu den Feldherrn- und Regierungsjahren seines Vaters liegen. Salmanassar regierte nur fünf Jahre (677-682 ndFl) als König Asarhaddon-Assurdan = Sardanapal von Assyrien. Seine Jahre als Feldherr zählen ab dem Regierungsantritt seines Onkels Adad-narari (649 ndFl), der durch seinen Sieg über die Hethiter von (oder richtiger: bei) Karkemisch an die Macht kam. Folglich liegt die Regierungszeit Tukulti-Ninurtas, der erst 659 ndFl auf den assyrischen Thron kam, innerhalb der Feldherrnzeit des Salmanassar (649-677 ndFl = 28/29 Jahre + 5 Königsjahre bis 682 ndFl = 34 Jahre).

Die Regierungszeit Assurnasirpals war ebenfalls nicht annähernd so lang wie hier angegeben. Er regierte nur sieben Jahre (682-689 ndFl), war aber ebenfalls schon vorher als erfolgreicher Heerführer für seinen Vater tätig. Unter anderem führte er die 10 Stämme Israels fort, die niemals wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sein sollen. An ihrer Statt siedelte er andere Völker in Kanaan an. Der große und erhabene Asnaphar (oder Osnappar), der Fremde in Samaria ansiedelte (Esr. 4, 10) ist derselbe König von Assyrien, der nach dreijähriger Belagerung Samarias, der Hauptstadt von Israel, die Israeliten wegführte und sie gegen Fremdvölker austauschte (2. Kön. 17, 6 und 24), nämlich Assurnasirpal-Scharukin. Sein Bruder Salmanassar hatte Samaria erobert und Israel den Assyrern tributpflichtig gemacht, er selbst führte nach Ausbleiben der Zahlungen die Belagerung und die Eroberung sowie gemeinsam mit seinem Bruder die Fortführung durch. Beide handelten im Auftrage und im Dienste ihres Vaters Sanherib.

Am Beginn der Regierungszeit Adad-nararis steht - wie wir schon wissen - sein Sieg über die Hethiter. Deren Bundesgenossen müssen - evtl. an anderen Plätzen - ebenfalls besiegt worden sein. Es tauchen nämlich zwei neue Namen auf. Den einen, Schamasch-Mudammik, haben wir schon mit Mursilis-Tudhaliyas verbunden. Schamasch (= Sonne) steht für das "Zentralgestirn Großkönig", um das die Provinzkönige (später Satrapen genannt) wie "Planetengötter" kreisen: Nabu (= Merkur), Nergal (= Mars), Marduk (= Jupiter) und Ellil-Bel-Adad (= Saturn, der Himmelskönig), der mittlerweile durch Assur ersetzt worden ist. Schamasch-Mudammik bedeutet - ebenso wie Labarnasi-Maruttasch - "Großkönig Marduk bzw. Mursilis".

Marduk war seit eh und je (bereits aus vorsintflutlicher Zeit herrührend) der Stadtgott von Babylon. Nebukadrezzur nannte sich auch "der Große Herr Marduk", außerdem führte er den chaldäischen Gottesnamen Nabu (= Chaldi) in seinem Großkönigsnamen. Als Herr über ganz Vorderasien konnte der andere Marduk(-nadin-ach), nämlich Tudhaliyas-Mursilis, seinem Großkönigs(= Labarnas)-namen noch Schamasch hinzufügen. Die Götternamen Ellil bzw. Adad (Vegetations- und Wettergott, als Sturmgott auch Kriegsgott) wurden nach dem Tode Samsi-Adads ersetzt durch die Namen der Kriegsgötter Nergal (mit dem alten Feuer- und Seuchengott Nusku identisch) und Assur. In der keilschriftlichen Wiedergabe sind Adad und Teschub identisch: Ideogramm Im. Die ideografische Schreibung für Nergal ist Masch.Masch, was an Mars, den Kriegsgott der Römer anklingt. Ich gebe zu, dass es auch in der berichtigten Altertumsgeschichte nicht immer leicht ersichtlich ist, warum und zu welcher Zeit welcher Göttername bevorzugt wurde.

Der andere Gegner Adad-nararis war Nabu-schum-ukin, mit dem er einen Vertrag schloss. Die Frage ist, ob er diesen vor oder nach seinem Sieg unterschrieb. Wie wir bereits gesehen haben, ist der (Nabu-)Chaldäer Schum-ukin nicht nur ein "schum"-Sohn von Zababa-(Adad-)schum-idin, also von Samsi-Adad, sondern er ist auch mit folgenden Herren identisch:

Nabu-schum-ischkun/ukin; er ist auch Bel-schum-ischkun, der Vater des Neriglissar-Muwatallis, und Schamasch-schum-ukin, der Bruder Assurbanipals.

Er ist außerdem: Mutakkil-Nusku = Assur-tak-lak = Adad-bela-ukin, Nergal-(M)Uschezib = Schuzub, der Babylonier, und Adad-Muschesch von Uruk.

Ich neige der Interpretation zu, dass Nabu-schum-ukin ein Bundesgenosse der Hethiter war, der nach deren Niederlage gegen Adad-narari von dem Sieger, seinem älteren Bruder (beide waren Söhne des Samsi-Adad und der Semiramis), eine neue Chance bekam, indem dieser ihn in Babylon einsetzte, wie es der Vertrag offensichtlich beinhaltete. In Uruk setzte Adad-narari den ebenfalls besiegten Kaschtiliasch ein. Tiglath-Pileser stieg als Sanherib auf den Thron in Kalach als Unterkönig seines Halbbruders Adad-narari.

Nach einer assyrischen Inschrift soll Adad-narari (II) der Sohn Assur-Dans gewesen sein. Es liegt auch ein Brief des Adad-Muschesch (= Nabu-schum-ukin) an die zwei Assyrerkönige Assur-narara und Nabu-daa(n) vor (nach Knudtzon, dem Übersetzer und Interpreten der Amarnabriefe). Sie lebten alle drei in derselben Zeit, wie auch aus der berichtigten Altertumsgeschichte hervorgeht. Doch das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den beiden Assyrern war nicht Vater und Sohn. Adad-narari residierte offensichtlich in Assur, während sein Neffe Salman-Assur- oder -Nabu-Dan im "Fort Salmanassar" in Kalach seinen Hauptaufenthalt zu dieser Zeit gehabt haben dürfte. Es ist aber auch möglich, dass in Kalach zunächst noch Tiglath-Pileser residierte, wo Nimrod dem AT zufolge gewohnt hat, und welche Stadt er womöglich zu dieser Zeit erst gründete: Kalach-Nimrod. In diesem Falle wäre Salmanassars Aufenthalt eher in einer südlicheren Residenz zu suchen, wie seine derzeitige chaldäisch-elamitische Namensform Nabu- vermuten lässt. Dass Adad-narari der Schwiegersohn Salmanassars war, ist auszuschließen; denn eine Tochter des um 629 ndFl geborenen Salmanassar, die frühestens um 650 ndFl geboren sein kann, konnte mit dem 656 ndFl bereits verstorbenen Adad-narari nicht vermählt worden sein.

Der babylonische Zeitgenosse Assurnasirpals (II) war tatsächlich - wie angegeben - Nabu-apal-idin, der mit diesem Namen, unter welchem er den Schamasch- oder Sonnentempel in Sippar, der altehrwürdigen "Sonnenstadt der Sipparer", wiederaufbaute, allerdings nach Uruk gehört. In Babylon nannte er sich Marduk-apal-idin bzw. - wie das AT ihn benennt - Merodach-Baladan. Er ist mit dem Marduk-apal-ussur identisch, der vor Eriba-Marduk (= Sanherib) in Babylon regierte (konv. um 770 v.Chr.; siehe Reihe 15!). Merodach-Baladan gehört ebenfalls in die Zeit Sanheribs (676/677 ndFl), aber auch in die Zeit Scharukin-Assurnasirpals. Er ist nämlich der Nabu-apal-ussur = Nabopolassar (griechische Schreibweise), der unter Sin-schar-ischkun in Babylon auftaucht und dem Assyrerreich gemeinsam mit den Persern ein Ende macht.

Insofern ist hier wieder eine der typischen Halbwahrheiten in der konventionellen Darstellung erkennbar, indem Nabu-apal-idin von Uruk mit demselben Nabu-apal-idin von Babylon verwechselt wird, der dem Marduk-zakir-schum (I) von Babylon am Beginn seiner politischen Laufbahn voraufging. Zwischen beiden Vorgängen liegen aber mehr als zwanzig Jahre: zwischen 653/4, dem ersten, und 676/7 ndFl, dem letzten Jahr des Sanherib = Tukulti-Ninurta (885 v.Chr. entsprechend in Wirklichkeit dem Jahr 676/677 ndFl). Nabu-apal-idin regierte auch in Wirklichkeit im Anschluss daran hauptsächlich unter Assurnasirpal-Scharukin in Babylon.

Schließlich taucht er in der Zeit Salmanassars (III) wieder auf (beider Regierungen überschneiden sich mit den Jahren 858-852 v.Chr.), die aber in Wirklichkeit vor der Zeit des Assurnasirpal-Scharukin lag, nämlich von 677 bis 682 ndFl. Es ist dies vermutlich die Zeit, in der er den Schamasch-Tempel in Sippar wiederaufbaute; denn unter Salmanassar-Asarhaddon fanden solche Instandsetzungsarbeiten an vielen Plätzen des Reiches statt.

Im 8. Jahr Salmanassars (von 649 ndFl an gerechnet im Jahr 656 ndFl) wurde Mursilis-Tudhaliyas in Hattusas ermordet. Einer seiner Mörder, sein Sohn Asita-wandas = Marduk-bel-usati, floh nach Babylon und stürzte den dort von Assur-Uballit eingesetzten Marduk-zakir-schum vom Thron. Diese Maßnahme kann im Zusammenhang mit der Ermordung des Mursilis-Tudhaliyas gesehen werden. Weil er nicht sogleich vom Tode seines Vaters profitierte, floh Marduk-bel-usati aus Hattusas nach Babylon, wo er bei seinem Bruder Schutz zu finden glaubte, der aber ausblieb. Vermutlich wollte der Bruder den Mörder ausliefern, weshalb diesem nichts weiter übrig blieb, als gegen Zakir-schum zu putschen. Er fand aber auch bei Assur-Uballit keinen Rückhalt. Sondern dieser beauftragte Salmanassar, in Babylon zu intervenieren und Marduk-bel-usati (Belesys) zu vertreiben. Dann machte er Salmanassar zum "Schutzherrn Babyloniens".

Marduk-zakir-schum regierte nicht die angegebenen 23 Jahre (konventionell 851-828 v.Chr.), sondern er hielt sich nur weniger als ein Jahr. Bereits im Jahre 657 ndFl begann mit der Thronbesteigung des Nabonassar (= Nabunassir) in Babylon das nach ihm benannte Zeitalter.

In Ägypten wird die Zeit der Reihe 13 (911-824 v.Chr.) ausgefüllt durch die mittleren Herrscher der 22. Dynastie von Bubastis5:

v.Chr. Name: Thronname
950-929 Scheschonk I Ches-cheper-Re setpen-Re; er ist
Chus-Sesostris;
929-893
 
893-870
870-847
 
847
 
 
 
 
847-828
828-772
Osorkon I
 
Takelotis I
Osorkon II
 
Scheschonk II
 
 
 
 
Takelotis II
Scheschonk III
Sechem-cheper-Re setpen-Re; er ist
Men-cheper-Re Thutmoses III;
vermutlich ebenfalls Chus;
User-maat-Re setpen-Amun; er gilt
als Schwiegersohn des Psusennes.
(Meri-Amun?) Er soll nach anderer
Auffassung gemeinsam mit Osorkon II
874-853 v.Chr. regiert haben; ver-
mutlich identisch mit Osorkon I und
Scheschonk III und IV;
Ches-cheper-Re setpen-Re;
772-767
767-730
Pemu
Scheschonk IV
identisch mit pa-Moschech = Aaron;
Sechem-cheper-Re setpen-Amun; iden-
tisch mit Men-cheper-Re Thutmoses.


Bezeichnend hieran ist, dass drei Thronnamen in der 22. Dynastie auftauchen, die auch in den anderen libyschen Dynastien erscheinen. Es handelt sich tatsächlich nur um diese drei Könige, die als Osorkon, Takelotis und Scheschonk mehrmals in den libyschen Dynastien vorkommen. Das Chaos in diesen Dynastien ist erschreckend. Es liegt parallel zu dem "Zeitalter der Wirrnisse" in Assyrien und Babylonien und zu dem "dunklen Zeitalter Griechenlands und Kleinasiens". Die von mir angegebenen konventionellen Jahreszahlen stellen lediglich eine Auswahl aus den derzeit herrschenden Ansichten dar. Sie schwanken, besonders in der noch zu besprechenden letzten Phase, um Jahre bis zu Jahrzehnten.

Außer Osorkon-Scheschonk Sechem-cheper-Re = Men-cheper-Re Thutmoses gehören alle aufgeführten Regenten in frühere Geschichtsepochen, wo sie schon besprochen worden sind. Es wäre müßig, hier eine Wertung dieser Angaben im einzelnen durchzuführen. Wir halten jedoch fest, dass es sich hauptsächlich um einen Scheschonk-Takelotis Ches-cheper-Re und um einen Osorkon Sechem-cheper-Re handelt, die zweimal aufeinander folgen und zwischen die jener Osorkon-Ramses User-maat-Re Setpen-Re Meri-Amun Ramesse hineingeriet, der auch als Ramses IV bezeichnet werden kann.

Wenn der Leser bei der Betrachtung der obigen Aufstellung sich die berichtigte Geschichte vor Augen führt, dann wird er erkennen, dass die Missverständnisse, die zu der Fehlinterpretation in der konventionellen Darstellung geführt haben, alle auf der Hand liegen. Es bedarf dazu von meiner Seite keines Kommentares mehr.

Die zeitgenössischen Könige von Juda und Israel werde ich im Kapitel Die Chronik der Könige in diesem Band eingehend besprechen. Es wäre hier aber angebracht, einmal auf die konventionellen Datierungen der AT-Geschichte einzugehen. Selbstverständlich besteht auch da ein Dissens unter den Experten, weshalb ich mich nicht mit Jahreszahlen, sondern lediglich mit Synchronizitäten beschäftigen möchte:

Nach dem Tode Salomos beginnt der AT-Geschichte zufolge die "Zeit des geteilten Reiches in Juda und Israel". Am Anfang stehen Rehabeam als König von Juda und Jerobeam als König von Israel. Auf diese beiden folgt die Zeit, in der Asa (in Juda) und Baesa (in Israel) regierten, die jedoch ein und dieselbe Person sind. Jerobeam und Ba-Asa (= Boas) gehören in die Zeit der Feldzüge Manachpirias, die konventionell allerdings runde 600 Jahre früher gesehen werden. Ahab in Israel und Josaphat in Juda bzw. Edom sind in der nächsten Generation ebenfalls Zeitgenossen dieser Phase der Geschichte.

Dann beginnt in der AT-Geschichte die Nahtstelle sichtbar zu werden, an der der Anfang der Königs-Chronik mit allen Konsequenzen wieder an die vorigen Könige angeschlossen werden soll. Es ist letztlich sogar die Zeit Davids (I), die in Teuwatti = David II und in Achis von Gath (= Akizzi von Katna) wieder lebendig wird. Sie läuft weiter unter  Ahas und seinem angeblichen Sohn Hiskia, dem Sohn des David II, die - obwohl wesentlich jünger - sogar noch Zeitgenossen der Söhne des David I waren. Für die (konventionell datierte) Zeit der Reihe 13 kommen auch noch andere Namen aus dem AT in Frage:

Athalja, Sacharja (= Zurata-Sacharaim), Jojada (= Ildaja von Chazi) und vor allem Joas von Juda und Israel. Außerdem gehören Benhadad und Hadadeser von Aram-Zoba hierher, der Rib-Addi von matu-Zubaru aus den Amarnabriefen, der im AT schon unter David (I) erwähnt wird, womit eindeutig erwiesen ist, dass der David des AT aus zwei Personen zusammengesetzt worden ist, da Achis von Gath und Hadadeser keine Zeitgenossen von Saul gewesen sein können.

Der vollständige Neubeginn wird im AT durch Jerobeam II, den (angeblichen) Sohn des Joas von Israel, und durch den mit Hiskia identischen Amazja, den (angeblichen) Sohn des Joas von Juda, bewerkstelligt. Jerobeam II, der natürlich mit dem ersten Träger dieses Namens identisch ist, trägt im AT u. a. auch den Namen Omri. Dies wird im Kapitel Die Chronik der Könige ganz ausführlich besprochen werden.

Das neunte vorchristliche Jahrhundert ist in Hellas in der konventionellen Darstellung noch recht dunkel. Homer, der Verfasser einer Ur-Ilias, und Hesiod, der Verfasser der Theogoneia, einer Göttererschaffungs-Lehre, werden hier gesehen. Der Dorer-Einfall liegt (konventionell) etwa 200 Jahre zurück, und zwar in der Zeit, die obigen Reihen 11 und 12 entspricht. Der 1. Messenische Krieg, der nichts weiter als eine andere Bezeichnung für den Einfall der Dorer in Hellas ist, gehört konventionell in die Zeit der Reihe 13.

In Kleinasien scheint in diesem "dunklen Zeitalter Griechenlands und Kleinasiens" überhaupt nichts geschehen zu sein. Diese Dunkelheit ist jedoch lediglich das Ergebnis des konventionellen Chaos in der Chronologie, das sich in der ersten Hälfte des letzten vorchristlichen Jahrtausends in besonderem Maße bemerkbar macht. Konventionell befinden wir uns in der Zeit, in der die Sintflut in der berichtigten Chronologie tatsächlich stattfand: 879 v.Chr.

Reihe 14

==================+========+====================+====================
Herrscher in Assur|Reihe 14|Babylonien          |Ägypten
------------------+--------+--------------------+--------------------
Samsi-Adad        |823-811 |Marduk-balatsu-ikbi |Rest der 22. Dynast.  
                  |        |Baba-ach-idin       |mit Scheschonk III,
Semiramis         |810-806 |Interregnum mehrerer|Pemu, Scheschonk IV;
Adad-narari       |805-782 |unbedeutender Könige|Beginn der 23. Liby-
Nimrod-Sanherib   |------- |Ninurta-apal-?      |schen Dynastie:
Salmanassar       |781-754 |Eriba-Marduk        |Petubastis (= Pemu).
==================+========+====================+====================

Samsi-Adad (V) gilt hier als Sohn Salmanassars (III). Das soll aus Inschriften hervorgehen. Was diese Inschriften aber auch immer enthalten mögen - eine Vaterschaft Salmanassars an Samsi-Adad kann nicht gemeint sein. Letzterer war der Sohn des Ischme-Dagan und der Kubau-Kybele. Einen Sohn Salmanassars hat es als König von Assyrien niemals gegeben. Es gibt sogar Anzeichen dafür, wie einige Historiker meinen, dass Salmanassar homo- oder bisexuell veranlagt gewesen sei.

Die assyrische Dynastie endet mit Sin-schar-ischkun/ukin = Assurnasirpal, Assur-bel-kala, (Adramelech-?) Scharezer. Die "Weltmacht Assyrien" bestand, wenn man von Adad-narari und Assur-Uballit absieht, die zwar Könige von Assyrien waren, die aber nicht die Großmacht Assyrien begründeten, nur aus einem Vater und seinen beiden Söhnen, von denen ihn einer (oder waren es zwei?) sogar ermordete.

Verblüffend ist, dass der Vater in der Reihe 14 überhaupt nicht erscheint, dafür aber erstmals dessen Mutter, wenn auch als Regentin für seinen Halbbruder: Semiramis. Auf sie komme ich noch ausführlicher zu sprechen, bei welcher Gelegenheit dann auch die Königsfolgen der Reihen 14/15 nochmals aufgegriffen werden. Daher beschränke ich mich hier darauf, die Parallelgeschichte zu untersuchen.

Marduk-balatsu-ikbi, der ja Daniel-Beltsazar und Melischipak ist, kommt noch gerade eben als Zeitgenosse des Samsi-Adad in Kisch (nicht in Babylon) in Frage, da er in einem der letzten Jahre dieses König von (Nabu-)Kedor-Laomor deportiert worden ist. Marduk-zakir-schum dagegen ist als zeitgenössischer Herrscher neben Samsi-Adad zu verwerfen; denn er ist dessen minderjähriger Sohn; aber Baba-ach-idin ist sehr wohl ein Zeitgenosse von Samsi-Adad auf einem Thron; denn er ist es ja selbst: Ur-Zababa-Adad-schum-idin. Für die Silbe "schum" steht in einigen Fällen, in denen die Namensträger einwandfrei miteinander zu identifizieren sind, die Silbe "ach". Das mag damit zu tun haben, dass die assyrischen Namen, wie aus den offiziellen Inschriften und Urkunden bisweilen zu erkennen ist, offenbar fünfteilig waren. So lautet zum Beispiel der komplette Name des Assur-Uballit:

           Assur-etil-schame-irsitu-muballitsu,
woraus     Assur-            ilu-   muballitsu,
           Assur-etil-       ilani
und        Assur-                    Uballit

abzuleiten sind, gewissermaßen als "Kurzformen" des Hauptnamens, die ebenfalls inschriftlich erwähnt werden. Sollte der vollständige Name des Samsi-Adad möglicherweise (Ur-Zababa- bzw.) Samsi-Adad-schum-ach-idin gelautet haben? Das wäre immerhin denkbar.

Da Assur-Uballit (I) konventionell als Sohn Eriba-Adads (I) aufgefasst wird (siehe dazu weiter oben die Reihe 4), er sich selbst jedoch in den Amarnabriefen als Sohn des Assur-nadin-ach bezeichnet, wobei die Möglichkeit ausgeschlossen wird, dass es sich um zwei verschiedene Träger des Namens Assur-Uballit handeln könne, so kann auch hier kein Streit unter den Wissenschaftlern vermieden werden. Er besteht in der Tat. Es ist jedoch nicht zu vermuten, dass "schame" in seinem vollständigen Namen darauf hinweist, dass er unter die "schum"-Söhne Samsi-Adads gehört.

Berichtigte Königsfolge in Babylon (sog. "Interregnum")
-629
629-641
 
641-653
653-654
 654-656
656
656
656-657
657-671
671-673
673-675
 
675-675
675-676
 
 676-696
  SAMSI-ADAD (in Kisch)
NEBUKADREZZUR
(ab 631 in Babylon)
TUDHALIYAS-MURSILIS I
NABU-SCHUM-UKIN
MERODACHBALADAN*)
MARDUK-ZAKIR-SCHUM
MARDUK-BEL-USATI
SALMANASSAR Schutzherr
NABUNASSIR/NABONASSAR
NABU-NADIN-ZER
NABU-SCHUM-UKIN
Zerstörung Babylons
MURSILIS II
SANHERIB
 
NABOPOLASSAR*)
*)beide identisch
  = Baba-ach-idin
 
 
 
 
= 1. 
= 2.
= 3.
 
= 4.
= 5.
= Nabu-schum-ischkun
 
= Marduk-bel-zeri
= Ninurta-apal- und
  Eriba-Marduk
= Marduk-apal-ussur 

Vielmehr ist seiner eigenen Angabe zu glauben, dass sein Vater Assur-nadin-ach (= Marduk-nadin-ach = Mursilis I = Tudhaliyas) war. Nach konventioneller Ansicht haben weder Assur- noch Marduk-nadin-ach irgendetwas mit Tudhaliyas zu tun. Merkwürdigerweise taucht in der synchronistischen Tabelle der Name Assur-nadin-ach in Assur gar nicht auf, sondern dort steht in der Zeile über Assur-Uballit der Name des "falschen Vaters" Eriba-Adad.

Die "fünf unbekannten Könige" in obiger Aufstellung, die nach Baba-ach-idin in Babylon parallel zu Semiramis, Adad-narari und Salmanassar in Babylon regiert haben sollen, können wir bestens ergänzen; es handelt sich um Merodach-baladan, Marduk-zakir-schum, Marduk-bel-usati, Nabu-nassir und Nadinu.

Das ganze sog. Interregnum scheint indessen aus den Fugen geraten zu sein; denn Ninurta-apal, der hier an 7. Stelle erscheint, ist mit dem an der letzten Stelle aufgeführten Eriba-Marduk identisch. Der vor diesem genannte Marduk-apal-ussur ist mit Merodachbaladan-Nabopolassar identisch, und der davor erwähnte Marduk-bel-zeri ist wahrscheinlich Muschezib-Marduk = Schuzub, der Chaldäer = Mursilis II = Marduk-ukin-zer, wodurch sich die Anzahl der Könige in diesem "Interregnum" von 14 auf zehn reduzieren würde. Die drei großen, Baba-ach-idin (= Samsi-Adad), Nebukadrezzur und Marduk-nadin-ach (= Schamasch-Mudammik = Tudhaliyas = Mursilis I), dürfen bei einem Interregnum wohl kaum mitgezählt werden.

Salmanassar IV und Assur-Dan III sind identische Könige, so dass sich eine durchgehende 27jährige Regierungszeit ergibt (781-754 v.Chr.), die für die Feldherrnjahre vor den Großkönigsjahren Salmanassars stehen: 649-677 ndFl, also de facto 28 Jahre. In diese Feldherrnjahre fallen auch noch viele Aktivitäten Sanherib-Tiglath-Pilesers, der seine Feldherrnannalen schon 641 ndFl zu führen begann. Ebenfalls im Jahre 649 ndFl sagte sich Adad-narari von seiner Mutter Semiramis los und begann seine eigene Karriere, die ihn zunächst nach Nuchasse-Arrapachitis-Urartu führte. Hierüber wurde im vorigen Kapitel schon abgehandelt.

Samsi-Adad starb bereits 629 ndFl, so dass es zwischen ihm und dem Regierungsantritt seiner Witwe Semiramis in Assur mindestens die Zeit Nebukadrezzurs, ihres neuen Gemahls, gegeben haben muss, in welcher sie mit ihrem Vater Astyages und mit ihren Söhnen Arioch-Nimrod und Adad-narari im Exil in Urartu war (etwa von 633/635 bis 641/642 ndFl). Dadurch verkürzt sich die angebliche Regierungszeit Adad-nararis (III) von 23 Jahren abzüglich der Zeit von 629-649 ndFl = 20 Jahre auf 3 Jahre, was den Tatsachen entspricht: 653-656 ndFl.

Auf ägyptischer Seite treffen wir parallel zu den Assyrern der Reihe 14 auf die letzten Könige der 22. (libyschen) Dynastie (von Bubastis; siehe dazu auch die Tabelle unter "Reihe 13").

847-828: Takelotis II = Ches-cheper-Re setpen-Re; namensgleich mit Chus-Scheschonk I, der als Zeitgenosse Samsi-Adads (V) korrekt in dessen in Wirklichkeit längere Regierungszeit fällt.
828-772: Scheschonk III als Zeitgenosse des Samsi-Adad und dessen Sohnes Adad-narari sowie des Salmanassar kann hier sowohl Chus- als auch Men-cheper-Re bedeuten. Letzterer ist auch Sechem-cheper-Re, also Sisak = Susakim = Smendes.
772-767: Pemu = pe-Mo-schäch = Aaron-Moses von Bubastis ist identisch mit Petubastis, der in die Zeit der Exodus-Katastrophe Typhon 4 gehört. Daher befriedigt seine Datierung um 776 v.Chr. (Beginn der Olympiaden) zumindest konventionell. Eine andere, abweichende Angabe (784-782 v.Chr. bei Breasted) kommt dem Olympiaden-Beginn nicht näher.
767-730: Scheschonk IV Sechem-cheper-Re Setpen-Amun trägt denselben Namen wie Osorkon I; aufgrund dieses Namens und als Zeitgenosse Salmanassars ist er eindeutig mit Men-cheper-Re zu identifizieren. Er baute in Tanis einen Tempel, dessen Wände dieselben Kriegsannalen zeigen wie ein von Thutmoses III Men-cheper-Re in Theben gebauter.

Weitgehend parallel zur 22. Dynastie treffen wir in einer anderen Deltastadt die 23. Dynastie von Tanis (vermutlich mit Saïs identisch und wie Bubastis im Delta gelegen, daher auch als Libysche Dynastie aufzufassen) mit folgenden Königen an6:

v.Chr. Name: Thronname
817-763 Petubastis Petubastis = Pemu = Aaron gehört eigentlich nach Bubastis; Zeitgenosse Samsi-Adads, in dessen letzten Jahren die Exodus-, Typhon- bzw. Osorkon-(Flut-)Katastrophe losbrach: 776 v.Chr. (Olympiaden);
763-757 Scheschonk IV Sechem-cheper-Re Setpen-Amun; sein Name lautet wie der des Osorkon I, der jedoch konventionell nicht mit dem Flut-Osorkon III identifiziert wird. Er tauchte auch schon (mit abweichenden Jahreszahlen: 767-730 v.Chr.) in der 22. Dynastie auf. Hier wie dort ist er als Zeitgenosse Salmanassars mit Thutmoses III zu identifizieren, der in Tanis den Tempel mit den Inschriften baute.

Das ganze Ausmaß, das das Chaos in dieser Epoche annimmt, wird aber erst richtig deutlich, wenn Breasted Petubastis in die Zeit von 745 bis 721 v.Chr. verlegt, also mehrere Jahrzehnte später als in obiger Tabelle. Entsprechend verworren ist dann auch der restliche Ansatz der in diesen beiden Dynastien gesehenen Herrscher, was soweit geht, dass einige innerhalb derselben Dynastie gleichzeitig regiert haben sollen, und zwar am selben Platz.

Es soll nochmals ausdrücklich betont werden, dass dieses
Chaos lediglich in der konventionellen Sicht existiert,
und dass es ein solches keineswegs in Wirklichkeit gege-
ben hat. Daher ist in der berichtigten Chronologie auch
kein Chaos vorhanden.


In der AT-Chronik ist die Zeit der Reihe 14 die Zeit des Usia von Juda und seines (angeblichen) Sohnes Jotham sowie die des Jerobeam (II) von Israel. Bei der Berechnung der synchronen Regierungsantritte von Usia und Jerobeam stößt man schon auf Rechenfehler und nicht aus der Welt zu diskutierende Widersprüche. Nach meiner Berichtigung dieser Geschichte ist von den Fehlern nichts mehr übriggeblieben. Die Rechnungen gehen jetzt auf, und die Widersprüche sind behoben.

Konventionell fällt in die Zeit dieser Reihe 14 der Beginn der Olympiaden-Rechnung: 776 v.Chr., entsprechend 624 ndFl = 256 v.Chr., und folglich gehört der Trojanische Krieg ebenfalls hierher, der bei den alten Schriftstellern mit dem Beginn des olympischen Kalenders verbunden wird. Ebenso gehört der "Aufruhr des Usia" hierher. In der Zeittafel zur Lutherbibel werden Usias (angebliche) 52 Regierungsjahre zum Beispiel mit 779-739 v.Chr. angegeben, worin der Zweifel an der Richtigkeit der 52 Jahre schon ausgedrückt wird; aber die richtige Geschichte ist noch ganz anders.

In der assyrischen Chronologie wäre das (konventionelle) Jahr des Olympiadenbeginns das 6. Jahr Salmanassars (IV). Hier wird deutlich, dass es zwischen der griechischen und der assyrischen Chronologie eine konventionelle Asynchronizität gibt; denn das 6. Jahr Salmanassars, in welchem die Karkar-Schlacht stattfand, entspricht 654 ndFl.

Mit der Einführung des Olympiaden-Kalenders in Hellas hat die "messbare" Geschichte begonnen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass allgemein mit dem Jahr 776 v.Chr. der Beginn der Aufzeichnungen der Sieger bei den Olympischen Spielen verbunden wird. Andererseits wird auch kommentarlos so getan, als habe die Kalenderbenutzung 776 v.Chr. eingesetzt, nach der man Vierjahreszeiträume (zwischen den Spielen) von diesem Zeitpunkt an als "Olympiaden" gezählt habe. Verwirrung stiftet, dass die Gründung Roms auf der einen Seite an das Datum 776 angebunden wird, dass aber andererseits auch gesagt wird, zu einem so frühen Zeitpunkt könne Rom noch nicht gegründet worden sein (753 v.Chr.), sondern das könne erst Ende des 7. Jahrhunderts v.Chr. möglich gewesen sein. Hier liegen natürlich Dutzende von Ursachen vor, die die wahren Verhältnisse verschleiern.

Was es mit der Gründung der Stadt Rom auf sich hat, habe ich in dem Kapitel Die Etrusker und die Könige von Rom bereits dargelegt. Das aber ist genau die in Rede stehende Zeit (Tudhaliyas-Mursilis in Babylon, Semiramis in Assur).

Der Trojanische Krieg hatte von 635 bis 636 ndFl gedauert, danach begaben sich Tyrsenos-Remus und Romulus-Aeneas getrennt nach Italien. Auch hier sind wir absolut synchron mit der Reihe 14, in der Salmanassar mit seinen Feldzügen beginnt, was auch konventionell passt, und zwar an der Nahtstelle von Salmanassar (IV) zu Assur-Dan (III), mit dem er identisch ist.

Letzter Stand: 1.4.2012

 


 

4 Entnommen Walter Andrae, Das wiedererstandene Assur, herausgegeben von Barthel Hrouda, Verlag C.H.Beck, München. Der Kommentator vermerkt, dass diese Inschrift mehrmals auf dem Sarkophag erscheint und dass der Großvatername bisweilen ausgelassen wird.
5 Nach E. Drioton und J. Vandier.
6 Nach E. Drioton und J. Vandier

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