Kirchenaustritte
Der Königsweg, um auch denkenden jungen Menschen wieder einen Platz in der Kirche zu geben, ist eine Liberalisierung der Gottesvorstellungen und des Gottesbegriffs. Die Kirche steht vor der Wahl: Verharren in mittelalterlichen Vorstellungen eines richtenden und strafenden Gottes, der laut Altem Testament auch mal zornig werden kann, oder die Anerkennung einer geistigen Welt, die wir mit unseren irdischen beschränkten Gehirnen nicht begreifen können, und von der jeder seine eigene Vorstellung hat. Gerade was die Gottesvorstellung betrifft, sollte die Kirche nicht belehrend und einschränkend auftreten, sondern bestenfalls den Weg weisen, Halt geben und auf keinen Fall mit der Strafe Gottes drohen.
Die Kirche sollte es nicht als anmaßend ansehen, wenn sich jemand Gott "anders" vorstellt oder ihn belehren: »Das verstehst du nicht, ich hab Theologie studiert und weiß es besser!« Den seit Dante Alighieris Göttlicher Komödie oft zitierten
Geist der Priesterschaft sprach Martin Luther mit recht allen zu. Die Kirche hat nicht länger das Monopol der Sündenvergebung!
Als Grenze der Vorstellungen sollte die Maxime dienen, dass der Glaube dem Einzelnen und der Menschheit im Ganzen gut tun muss. Dass er uns hilft, dieses Leben sinnvoll zu gestalten und ein erfülltes Leben zu führen. Die Lehren Jesu sind dabei hilfreich. Aber das ist eigentlich Gesellschafts-Philosophie. Deshalb verehre ich Jesus vor allem als Philosophen, nicht als Gott, und stelle ihn in eine Reihe mit Buddha und Sokrates. Jede Predigt besteht eigentlich schon heute zum größten Teil aus Sozialphilosophie. Der mystisch spirituelle Aspekt des Glaubens kommt in den Gottesdiensten oft nur am Rande vor. Sicher auch ein Grund, warum sich manche wieder den alten Naturreligionen, dem Neuheidentum oder fernöstlichen Praktiken zuwenden.